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Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
5 verfasser
Seite 7 von 13
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Charles hörte sich an, was Johanna und Melinda zu sagen hatten, und dachte darüber nach. Melinda ging davon aus, dass sie zuerst das Haus der Bakersfields ansteuerten. Das wäre auch seine Wahl gewesen. Aber bevor sie aufbrachen, konnten sie ruhig noch etwas Zeit vergehen lassen. Nun war es noch nicht dunkel, bei Weitem nicht, denn es war höchstens halb zwei am frühen Nachmittag. Charles würde es eigentlich bevorzugen, gar nicht im Hellen auf die Straße zu gehen, wenn er in Begleitung war. Für sich selbst die Verantwortung zu übernehmen, das war in Ordnung, Alan als Begleitung dabei zu haben, war akzeptabel, doch zwei junge Frauen, von denen eine auch noch seine Tochter war… Charles wollte weder Johanna, noch Melinda gefährden.
Doch während man in den östlichen Gebieten Londons wohl nicht allein auf der Straße war, sobald es dunkel wurde, würde man im beschaulichen Mayfair wohl sofort auffallen. Nicht, dass Charles Beobachter gutheißen würde, aber die respektablen Bürger dort wurden leicht hellhörig, wenn sie des Nachts auf der Straße irgendwelche Aktivität wahrnahmen.
Besser also, noch vor dem Einbruch der Dunkelheit den Einbruch in das Haus durchführen.
Hoffentlich würde das reibungslos verlaufen.
„Eigentlich würde ich es bevorzugen, jeweils nur zu zweit zu gehen“, gab Charles zu. So würde es überschaubarer für ihn sein.
„Und, nehmen Sie es mir nicht übel, Melinda“, formulierte Charles mit einem vorsichtigen Lächeln und lief dieses Mal zum Glück nicht rot an, „doch eine Frau ihres Berufsstandes ist in einer Seitengasse Mayfairs höchst ungewöhnlich. Whitechapel hingegen…“ Er zögerte kurz und sein Blick ruhte dabei auf Johanna. Das war keine geeignete Gegend für sie… für niemanden, eigentlich. Charles beendete den Satz nicht.
„Aber ich will niemandem etwas verbieten. Und ich möchte auch niemanden allein lassen. Also zu Dritt, dann soll es so sein. Ich denke, es macht keinen Sinn, auf den Doktor und Mr. Stirling zu warten.“ Wo die beiden sich herumtrieben, wollte er gar nicht wissen.
„Auch sollten wir nicht allzu lange warten, schließlich können wir nicht wissen, wie viel Zeit wir benötigen.“
Charles schloss die Augen, sie fielen beinahe von selbst zu, und ließ sich noch tiefer in das Polster des Sessels sinken.
„Gönnt mir… gönnt mir noch ein wenig Ruhe, bevor wir aufbrechen.“
Der letzte Teil des Satzes war nur noch ein Murmeln gewesen.
Doch während man in den östlichen Gebieten Londons wohl nicht allein auf der Straße war, sobald es dunkel wurde, würde man im beschaulichen Mayfair wohl sofort auffallen. Nicht, dass Charles Beobachter gutheißen würde, aber die respektablen Bürger dort wurden leicht hellhörig, wenn sie des Nachts auf der Straße irgendwelche Aktivität wahrnahmen.
Besser also, noch vor dem Einbruch der Dunkelheit den Einbruch in das Haus durchführen.
Hoffentlich würde das reibungslos verlaufen.
„Eigentlich würde ich es bevorzugen, jeweils nur zu zweit zu gehen“, gab Charles zu. So würde es überschaubarer für ihn sein.
„Und, nehmen Sie es mir nicht übel, Melinda“, formulierte Charles mit einem vorsichtigen Lächeln und lief dieses Mal zum Glück nicht rot an, „doch eine Frau ihres Berufsstandes ist in einer Seitengasse Mayfairs höchst ungewöhnlich. Whitechapel hingegen…“ Er zögerte kurz und sein Blick ruhte dabei auf Johanna. Das war keine geeignete Gegend für sie… für niemanden, eigentlich. Charles beendete den Satz nicht.
„Aber ich will niemandem etwas verbieten. Und ich möchte auch niemanden allein lassen. Also zu Dritt, dann soll es so sein. Ich denke, es macht keinen Sinn, auf den Doktor und Mr. Stirling zu warten.“ Wo die beiden sich herumtrieben, wollte er gar nicht wissen.
„Auch sollten wir nicht allzu lange warten, schließlich können wir nicht wissen, wie viel Zeit wir benötigen.“
Charles schloss die Augen, sie fielen beinahe von selbst zu, und ließ sich noch tiefer in das Polster des Sessels sinken.
„Gönnt mir… gönnt mir noch ein wenig Ruhe, bevor wir aufbrechen.“
Der letzte Teil des Satzes war nur noch ein Murmeln gewesen.
Umbra- Tiefseemonster
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Charles war kaum nach Beendigung seines letzten Satzes eingeschlafen, sodass weder für Johanna, noch für Melinda eine Chance bestand noch irgendetwas einzuwerfen. Was Johanna betraf, war das eigentlich auch nicht nötig, von daher störte es sie recht wenig. Nun saß sie recht unbeholfen auf dem Sofa des Wohnzimmer, wusste nicht was sie tun sollte oder ob sie etwas sagen sollte. Sie entschied sich aber dafür im selben Raum zu bleiben, wo gerade Charles schlief. Es war geradezu Paradox, wo er doch noch meinte, er wollte sie schützen. Denn jetzt war gerade sie quasi dabei Wache zu halten, während der meistgesuchte Massenmörder in Ruhe ein Nickerchen machte. Johanna beschloss, nicht untätig und gelangweilt auf dem Sofa zu sitzen. Sie suchte den Raum nach Büchern ab und wurde schnell fündig. Ihr war es egal um welches Buch es sich handelte. Sie las gerne und das auch relativ viel, sofern Zeit dafür war und gerade hatte sie diese. Mit einem leisen Seufzer ließ sie sich wieder auf das Sofa nieder und schlug das dunkelgrün eingebundene Buch auf. Kurz schweifte ihr Blick nochmal durch den Raum. Charles schien tief und fest zu schlafen. Sie schenkte Melinda ein kurzes lächeln, sah kurz auf ihre verbundene Hand, begann dann aber letzten Endes doch zu lesen.
Scáth- Forenzombie
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Ineinander verkeilt lagen sie da. Alan brüllte auf ihn ein, doch Randolph hörte ihm gar nicht zu. Tick. Tack. Tick. Tack. Ticktack. Randolphs Miene verzerrte sich zu einem schrecklichem Grinsen. Dafür wirst du büßen, Bastard! Alan winselte etwas davon, die Sache hinter sich zu bringen und dann abzuhauen. Ticktackticktackticktack- dröhnte es in Randolphs Innerem und der Zorn in ihm wurde immer größer. Ich muss ihn umbringen. Ich muss den Kerl einfach umbringen. Ja, Randolph war bereit gewesen Gewalt anzuwenden, aber er hatte nicht vorgehabt irgendwen zu töten. Dieses Arschloch! Während Randolph durchdrehte, versuchte der vernünftigere Teil seines Charakters zu ihm durchzudringen, doch dafür war es bereits zu spät.
"Ich denke gar nicht daran, Bastard!", zischte er und rammte Alan seinen Schädel ins Gesicht.
Alan grunzte schmerzhaft auf. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte er noch gehofft Randolph zur Vernunft bringen zu können, doch dieser war ganz offensichtlich völlig übergeschnappt.
"Du Drecksschwein!", entfuhr es Alan. Aus seiner Nase strömte Blut, wie aus einer Gießkanne, seine Sicht verschwamm kurz.
Wütend rammte er seinem Kontrahenten das Knie in... Alan wusste es nicht. Den Bauch? Die Weichteile? Er hoffte nur es würde ein schmerzhafter Treffer werden, der den Irren von ihm lösen würde.
Inzwischen waren, gedämpft durch Tür und Entfernung und vielleicht zeitweise auch für Alan und Randolph vollkommen durch das Gerangel übertönt, Rufe von oben zu hören - vermutlich nach polizeilicher Hilfe.
Alans Treffer gegen seinen Bauch ließ Randolph aufkeuchen, als ihm die Atemuft wegblieb. Nein! Er durfte nicht gegen diesen Bastard versagen. Niemals! Das Blut rauschte in seinen Ohren, während er seinen Kopf wieder und wieder als Rammbock einsetzte, um Alans Gesicht in Brei zu verwandeln. Mittlerweile hatte er Schmerzen am ganzen Körper und sein Schädel dröhnte, als stände er unter einer schlagenden Kirchenglocke. Die Rufe der Frauen drangen nicht bis zu seinem Bewusstsein durch.
Der Irre war offenbar nicht aufzuhalten. Wie ein Bessener drosch Randolphs Schädel hin und her. Zwar gelang es Alan ein paar mal auszuweichen, so dass die Kopfnüsse nur seine Schulter oder das Schlüsselbein trafen, aber zusehends setzte ihm die kranke Gestalt zu. Sein Jochbein musste mittlerweile geschwollen sein. Warmes Blut ronn aus seiner linken Augenbraue, seine Lippe war aufgeplatzt.
"Ich knall dich ab, du Schwein!", schrie Alan. "Ich knall dich ab!"
Er hatte keine Ahnung wohin der Lauf des Revolvers zeigte. Er drückte einfach ab.
Randolph spürte wie etwas geradewegs durch seinen Unterschenkel schoss. Dann befiel ihn ein unmenschlicher Schmerz und er stieß unwillkürlich einen lauten Schrei aus. Er ließ Alan los und umklammerte sein Bein, aus dem nun immer mehr Blut herausgepumpt wurde und sich über seine Kleidung und den Fußboden verbreitete. Er versuchte das Bein zu bewegen, was sich als schrecklicher Fehler herausstellte. Sein Oberschenkel zuckte und Wellen aus Schmerz jagten durch seinen Körper. Er brach zusammen. Mit letzter Kraft schoss sein Arm vor und griff nach dem Lauf von Alans Revolver, dessen Mündung immer noch rauchte. Der Bastard selbst- Randolph machte sich nicht mehr weiter die Mühe ihn Alan zu nennen, lag ebenfalls sichtlich angeschlagen an die Wand gelehnt. Aber er hatte auch die Waffe. Er versuchte sie dem Bastard zu entreißen, doch er war zu stark. Die Hand des Doktors glitt ab. Er war erledigt. Der Bastard würde ihn erschiessen, wie die Haushälterin. Plötzlich drangen die Rufe der Frauen an sein Ohr. Auch das war die Schuld des Bastards. Hoffentlich würde er eingebuchtet werden.
Wo war eigentlich sein Messer? Randolph tastete danach.
Alan rutschte ein Stück die Wand entlang von dem Irren weg. Mit Glück war es ihm gelungen die Waffe in Besitz zu halten. Nun zielte sie zitternd auf Randolphs Kopf.
Diese Scheissvisage. Ich blas ihm seine dreckige Scheissvisage weg!
"Du scheiss Hurensohn", keuchte Alan und spuckte Blut.
"Deshalb wollte ich abhauen und mit deinem kranken Scheiss nichts zu tun haben. Du bist ein Irrer. Ein völlig Durchgeknallter. Hättest dich auch so auf die Frauen gestürzt, was? Gott!"
Ihm fehlten die Worte und er hatte keine Ahnung von welchem Teufel dieser Mann besessen war, dass er so ausgerastet war. Mühsam raffte Alan sich auf und lehnte sich gegen die Wand.
"Scheisse."
Plötzlich hörte er die Rufe der Frauen. Vermutlich hatten sie sich verbarrikadiert und kreischten aus den Fenstern. Die Bullen würden bald hier sein. In wenigen Sekunden vermutlich.
Entweder knall ich ihn ab, oder ich lass ihn hier für die Polizei. Zieh ihm einfach die Waffe über den Scheissschädel.
"Verfluchte Drecksscheisse."
Alan sah kurz in die Richtung, in der das Zimmer lag, in dem sie mit den Frauen geredet hatten. Der Irre hätte sie zerfleischt...
Doch es durfte keine Zeugen geben. Es durfte einfach nicht. Sie waren Mörder. Die Frauen kannten ihre Gesichter. Es war Randolphs verdammte Scheissschuld.
"Wir bringen das jetzt hier zu Ende, du Arsch", flüsterte Alan und die Worte schmeckten wie Asche auf seiner Zunge.
"Wie Profis..."
Obwohl es ihm zutiefst widerstrebte streckte er dem Irren die Hand entgegen, um ihm aufzuhelfen.
"Hier ist die Polizei!", rief er mit mühsam verstellter Stimme und hoffte die Frauen würden ihm glauben.
"Brauchen sie Hilfe?"
Doch auch wenn die beiden Damen blonde Hausfrauen waren, waren sie sicherlich keine Dummchen. Ob Mrs. Mauney Alan durchschaut hatte, war nicht erkennbar, doch ihre Schwester hatte es nur zu offensichtlich. Nachdem die beiden für einen kurzen Augenblick verstummt waren, erklangen erneut Rufe. Jedoch waren sie diesmal nicht an die Außenwelt gerichtet.
"Sie halten uns für besonders dämlich, was?!", keifte eine Stimme, die eindeutig Mrs. Sutton gehörte. Angst, Verzweiflung, aber auch Wut, die sie verspürte, waren ihr nur zu leicht anhörbar.
"Möge Gott Ihrer Seele gnädig sein, wenn Sie baumeln, Sie verfluchter Mörder! Ich allerdings werde lächelnd dabei zusehen!"
Vielleicht klang sie plötzlich so zuversichtlich, weil ihr klar war, dass nun Hilfe nahte. Kaum war Mrs. Suttons Stimme verstummt, krachte etwas - oder jemand - laut von außen gegen die Eingangstür. Und dann wieder und wieder...
"Immerhin habe ich niemanden umgebracht. Wenn du genau das getan hättest, was du hättest tun sollen wäre diese Frau jetzt noch lebendig und wir hätten keine Probleme mit dem Police Office", Randolph schnitt sich mit seinem Skalpell notdürftig ein langes Stück aus seinem Mantel und verband sich damit notdürftig die Beinverletzung um seinen Blutverlust zu kompensieren. Und schon wieder bin ich am ganzen Körper besudelt. Zur Abwechslung mal mit meinem eigenem Saft! Er versuchte aufzustehen und scheiterte jämmerlich, als ihn ein beißender Schmerz sofort wieder einknicken ließ. Kacke! Nein, er würde den Bastard nicht um Hilfe anflehen. Er begann vom Tatort weg zurutschen, indem er sich mit den Armen voran zog. Sonderlich schnell kam er dabei nicht voran. Er bräuchte irgendeine Stütze.
Mittlerweile ertönten Laute von der Haustür. Jemand warf sich mit ganzem Gewicht entgegen. Mist! Er musste hier weg. Wenn er starb, wollte es Randolph zumindest stilvoll gestalten. Vielleicht war es doch nicht so schlecht den Bastard...Alan um Hilfe zu fragen.
"Alan", zischte er. "Wir müssen zum Hinterausgang!" Er nickte mit dem Kopf zum Treppenabgang. Er rutschte näher heran und versuchte eine der hölzernen Sprossen aus dem Geländer zu reißen. Leider war die Konstruktion wohl etwas stabiler als es den Anschein hatte. Aber er würde vor Alan nicht um Hilfe betteln. Er rüttelte mit aller Kraft an der Sprosse, aber er war zu schwach, zu ausgelaugt. Die Tür begann laut und schrill zu knarren. "Alan, kannst du mir mal kurz behilflich sein? Immerhin bist du Schuld an der Scheiße!" Das überlebe ich nicht! So sieht also das unrühmliche Ende des Randolph Tremaine aus. Und es gibt keinen, der an meinem Grab um mich weinen wird.
Alan sah Randolph dabei zu, wie er recht hilflos über den Boden kroch. Eine seltsame Mischung aus Mitleid und Ekel überflutete ihn.
"Dir behilflich sein? Dir ist nicht mehr zu helfen. Am besten trete ich dich die Treppe runter und lass dich für die Polizei liegen. Hör verdammt noch mal auf, mit dem Scheissgelaber von wegen ich hätte irgendeine Schuld. Du wolltest die Frau in mein Haus schleifen und über sie herfallen! Was hättest du denn gemacht, wenn die sich oben eben gerade gewehrt hätten?" Alans Wut steigerte sich wieder.
"Du warst auf Gewalt aus. Wir hätten reden können... Wir hätten gehen und wiederkommen können. Aber nein, du hast dich kein Stück im Griff, man."
Unsanft packte Alan den Doktor und zog ihn mühsam auf die Beine. Er versuchte ihn zu stützen, so gut es ging.
Randolph stützte sich auf Alans Schulter und humpelte mit ihm Seite an Seite die Treppe hinab. "Ich wollte überhaupt niemanden in dein Haus schleifen!", verteidigte sich Randolph keuchend. "Wir hätten uns dort nur mit weniger auffälligerer Kleidung ausstatten können. Aber irgendein Idiot ist ja sofort zur Haustür gestürmt bevor wir meinen Plan besprechen konnten."
Er wusste das es nutzlos war mit Alan zu diskutieren, aber er konnte es nun mal nicht lassen. An diesem Dilemma ist ganz allein dieser Vollidiot Schuld! Er braucht mich nicht dafür verantwortlich zu machen.
"Achja, und nach dem, was du dir hier eben geleistet hast, würde ich nicht sagen, dass du dich gut im Griff hast!"
Derjenige, der sich bisher an der Haustür zu schaffen gemacht hatte, hatte bisher scheinbar nur sehr geringen Erfolg gehabt. Die Angeln und das Holz ächzten ob der gewaltsamen Belastung, aber gaben nicht nach. Die Tür hatte Alan und Randolph bisher wertvolle Sekunden geschenkt. Doch dem Helfer, für den das Ganze inzwischen bestimmt ziemlich schmerzvoll aussah, und den Damen, von denen wieder hysterisches Gerufe zu hören war, war dies auch aufgegangen.
Mit einem Mal verstummte das Donnern; laute Stimmen, offenbar von mehreren männlichen Personen, tauschten hastige Worte aus. Darauf folgte ein Klirren. Die beiden flüchtigen Verbrecher hörten, wie Scherben einer eingeschlagenen Scheibe auf den Dielenboden eines der Zimmer nahe des Hauseingangsg prasselten. Weiteres Klirren ließ darauf schließen, dass jemand hervorstehende Splitter aus dem Fensterrahmen entfernte, um den Weg freizuräumen.
"Scotland Yard!", stellte sich jemand im gebieterischem Tonfall, aber dabei keuchend vor sowohl Anstrengung als auch Aufregung, vor. Dem Klang der Stimme nach zu urteilen, gehörte sie einem jungen Mann - vermutlich einer der vielen frisch gebackenen Constables, die der London Police Service auf den Straßen der Stadt Präsenz zeigen und sich um alltägliche Belange der Bürger kümmern ließ. Damit fing jeder Anwärter bei der Polizei an. Nicht wenige behielten nach der Probephase Uniform und Bobbyhut, denn Fußvolk wurde benötigt, um die Stadt oft allein dadurch sicherer zu machen, indem es potenzielle Übeltäter durch ihre Anwesenheit abschreckte.
Wieder begann jemand, sich gegen die Tür zu werfen - und wieder ächzte diese lautstark. Der junge Polizist am Fenster versuchte nun, einen Waffenstillstand auszuhandeln, und übertönte dabei mit Mühe das schrille Trillern einer Bobbypfeife, mit der jemand nach Verstärkung rief.
"Sie sind umstellt, also legen Sie...!"
Er pausierte, um schnappartig Luft zu holen. Selbst das konnten Randolph und Alan hören.
"Legen Sie die Waffen nieder und kommen Sie mit erhobenen Händen heraus! Sonst werden wir das Haus stürmen und gezwungen sein, Sie niederzuschießen!"
"Überleg dir besser was du sagst", zischte Alan Randolph zu.
"Immerhin habe ich dich gerade im Griff". Sie mühten sich weiter dem Hintereingang entgegen und Alan war froh diesem Desaster entfliehen zu können, wenn auch im Schneckentempo.
Plötzlich klirrte Glass. Er konnte sich nicht erinnern, ob die Fensterscheiben groß genug waren um hindruchzusteigen, oder nur einen Blick ins Innere ermöglichen würden. Als der Polizist sich als Beamter von Scotland Yard vorstellte, schnaubte Alan verächtlich.
"Wir haben ne Bombe, ihr Scheissschweine!", rief er, so laut und entschlossen er konnte.
"Runter vom Grundstück, oder wir sprengen alles in die Luft!"
Randolph befühlte das Skalpell im Inneren seines Mantels und schielte zu Alan. Er beobachtete interessiert das Pulsieren seiner Halsschlagader. Nur zu gerne hätte er jetzt sein Messer dort hinein gerammt und zugesehen, wie sich Alan röchelnd auf dem Boden wand, hilflos wie ein gestrandeter Walfisch, der eine Fontäne aus Blut in den Himmel spie. Er wollte das dieser Bastard für das, was er getan hat bezahlen würde. Randolph hatte seinerseits eine Person auf dem Gewissen und er bezahlte dafür- jeden Tag seines Lebens an dem die Zeiger einer längst erstorbenen Uhr tickend ihre Kreise zogen. Weiter und weiter und weiter.
Sie hatten diese Frau nicht gekannt. Und doch hatte er sie kaltblütig erschossen und schien sich keine Vorwürfe darüber zu machen. Es hatte ihm wahrscheinlich auch nicht gerade gefreut, doch in diesem Moment hatte sich Randolph offenbart, WAS Alan wirklich war. Seine Vorstellung davon, wie Alan besoffen und jubelnd durch eine Gasse voller brennender Häuser taumelte war noch viel zu harmlos gewesen. Er war eine unkontrollierbare Gefahr- und eine Revolution wie Norly sie vorhatte wäre das gefundene Fressen für einen Kerl wie ihn. In seinem Haus, als sie beide sich unterhalten hatten, hatte Alan ihm erzählt, warum er bei dieser Sache mitmachen wollte. Das Ungleichgewicht in London, die Terrorisierung durch die Police. Randolph zweifelte nicht einmal daran, dass Alan selbst vollkommen überzeugt von diesen Motiven war. Doch im Grunde wollte er sich abreagieren und zerstören. Er würde wenn es soweit war keine Unterschiede zwischen den Menschen machen, die seiner Meinung nach auf der falschen Seite standen. Er würde sie alle brennen lassen, wenn er die Gelegenheit dazu bekam.
Doch Randolph würde nicht noch einmal zulassen, dass das geschah. Auch wenn es vielleicht nicht so gewirkt hatte, als er über den Butler hergefallen war, der Doktor hatte ein Gewissen. Und er wollte nicht noch mehr Tote auf seiner Liste, die ihn im Schlaf verfolgten und die Nerven zerrissen. Er hatte Alan soweit provoziert, dass er durchgedreht war. Und deshalb war auch er Schuld am Tod der Frau. Dies würde nie wieder geschehen. Beim nächsten Mal würde er diesem Bastard nicht mehr seinen Schädel ins Gesicht stoßen. Sein Skalpell würde sich dafür viel besser eignen.
Jetzt allerdings mussten sie erst einmal hier heraus. Er hoffte Alans Bluff gelang oder er würde wohl schneller als erhofft am Galgen baumeln.
Ob die Personen auf der anderen Seite der Haustür Alans Drohung ernst nahmen, oder nicht: Der zweite Versuch, die diese mit Gewalt zu öffnen, wurde umgehend eingestellt. Einen Moment hörten die beiden ineinander verhakten Flüchtigen nur ihren eigenes, schweres Atmen und die Schritte, mit denen sie sich zielstrebig auf den Hinterausgang zuarbeiteten. Wenn es darauf ankam, würden sie wohl niemandem so weglaufen können.
Es blieb zu hoffen, dass nicht nur Alan, sondern auch der Polizist geblufft hatte, als dieser verkündete, dass das Haus umstellt wäre. Die Chancen dazu standen nicht schlecht, immerhin war Pimlico eigentlich eine ruhige Gegend, in der normalerweise nicht an jeder Ecke ein Bobby stand, um auf die öffentliche Ordnung achtzugeben, da dies schlicht und einfach Vergeudung von Ressourcen darstellen würde. Auch war es allseits bekannt, dass die einfachen Bobbies, besonders hier im West End, eigentlich nur ihren Prügel, wie der Schlagstock aufgrund seines Zweckes inoffiziell ebenfalls genannt wurde, bei sich trugen, um ihrem Geschäft nachzugehen. Mehr war auch nicht nötig, um mit Trickbetrügern, Taschenräubern, Betrunkenen und anderen Tagedieben fertigzuwerden. Geiselnahmen waren normalerweise nichts, womit sich der kleine, frischgebackene Police Constable auf sich allein gestellt konfrontiert sehen musste, und das Pfeifen von draußen kündetete immer noch davon, dass jemand hartnäckig um Verstärkung bat. Grund genug, etwas optimistisch sein zu können.
Aber auch wenn Alan und Randolph diese Gedanken kamen, nützte das herzlich wenig, denn überraschenderweise war man trotz (oder wegen?) der Bombendrohung nicht gewillt, weiter Zeit zu schinden und mit den Übeltätern zu verhandeln. Darüber hinaus hatten diese scheinbar doch nicht das Glück, die einzigen zu sein, die einen Revolver zur Verfügung hatten. Kurzerhand – und es war eigentlich verwunderlich, dass man diesen Weg nicht schon sofort gewählt hatte – fiel ein Schuss, dann noch einer und noch einer. Jemand schoss auf das Haustürschloss, um es so zum Nachgeben zu zwingen. Füße eines anderen landeten dort, wo wenigen Augenblicken noch das Fenster eingeschlagen wurde, mit einem dumpfen, gedämpften Geräusch auf Dielen, die das Gewicht des Besitzers knarzend quittierten. Als Alan und Randolph gerade den ersten Blick auf den ersehnten Ausweg aus dem Haus der Witwe Mauney erhaschen konnten, flog die Vordertür krachend auf. Nun war der Weg für die Verfolger endgültig frei.
Jedoch war es der Weg nach draußen für Alan und den verletzten Chirurgen scheinbar auch. Nun hieß es, schleunigst aus dem möglichen Sichtfeld zu gelangen und dabei keine verräterische Blutspur zu hinterlassen.
"Ich denke gar nicht daran, Bastard!", zischte er und rammte Alan seinen Schädel ins Gesicht.
Alan grunzte schmerzhaft auf. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte er noch gehofft Randolph zur Vernunft bringen zu können, doch dieser war ganz offensichtlich völlig übergeschnappt.
"Du Drecksschwein!", entfuhr es Alan. Aus seiner Nase strömte Blut, wie aus einer Gießkanne, seine Sicht verschwamm kurz.
Wütend rammte er seinem Kontrahenten das Knie in... Alan wusste es nicht. Den Bauch? Die Weichteile? Er hoffte nur es würde ein schmerzhafter Treffer werden, der den Irren von ihm lösen würde.
Inzwischen waren, gedämpft durch Tür und Entfernung und vielleicht zeitweise auch für Alan und Randolph vollkommen durch das Gerangel übertönt, Rufe von oben zu hören - vermutlich nach polizeilicher Hilfe.
Alans Treffer gegen seinen Bauch ließ Randolph aufkeuchen, als ihm die Atemuft wegblieb. Nein! Er durfte nicht gegen diesen Bastard versagen. Niemals! Das Blut rauschte in seinen Ohren, während er seinen Kopf wieder und wieder als Rammbock einsetzte, um Alans Gesicht in Brei zu verwandeln. Mittlerweile hatte er Schmerzen am ganzen Körper und sein Schädel dröhnte, als stände er unter einer schlagenden Kirchenglocke. Die Rufe der Frauen drangen nicht bis zu seinem Bewusstsein durch.
Der Irre war offenbar nicht aufzuhalten. Wie ein Bessener drosch Randolphs Schädel hin und her. Zwar gelang es Alan ein paar mal auszuweichen, so dass die Kopfnüsse nur seine Schulter oder das Schlüsselbein trafen, aber zusehends setzte ihm die kranke Gestalt zu. Sein Jochbein musste mittlerweile geschwollen sein. Warmes Blut ronn aus seiner linken Augenbraue, seine Lippe war aufgeplatzt.
"Ich knall dich ab, du Schwein!", schrie Alan. "Ich knall dich ab!"
Er hatte keine Ahnung wohin der Lauf des Revolvers zeigte. Er drückte einfach ab.
Randolph spürte wie etwas geradewegs durch seinen Unterschenkel schoss. Dann befiel ihn ein unmenschlicher Schmerz und er stieß unwillkürlich einen lauten Schrei aus. Er ließ Alan los und umklammerte sein Bein, aus dem nun immer mehr Blut herausgepumpt wurde und sich über seine Kleidung und den Fußboden verbreitete. Er versuchte das Bein zu bewegen, was sich als schrecklicher Fehler herausstellte. Sein Oberschenkel zuckte und Wellen aus Schmerz jagten durch seinen Körper. Er brach zusammen. Mit letzter Kraft schoss sein Arm vor und griff nach dem Lauf von Alans Revolver, dessen Mündung immer noch rauchte. Der Bastard selbst- Randolph machte sich nicht mehr weiter die Mühe ihn Alan zu nennen, lag ebenfalls sichtlich angeschlagen an die Wand gelehnt. Aber er hatte auch die Waffe. Er versuchte sie dem Bastard zu entreißen, doch er war zu stark. Die Hand des Doktors glitt ab. Er war erledigt. Der Bastard würde ihn erschiessen, wie die Haushälterin. Plötzlich drangen die Rufe der Frauen an sein Ohr. Auch das war die Schuld des Bastards. Hoffentlich würde er eingebuchtet werden.
Wo war eigentlich sein Messer? Randolph tastete danach.
Alan rutschte ein Stück die Wand entlang von dem Irren weg. Mit Glück war es ihm gelungen die Waffe in Besitz zu halten. Nun zielte sie zitternd auf Randolphs Kopf.
Diese Scheissvisage. Ich blas ihm seine dreckige Scheissvisage weg!
"Du scheiss Hurensohn", keuchte Alan und spuckte Blut.
"Deshalb wollte ich abhauen und mit deinem kranken Scheiss nichts zu tun haben. Du bist ein Irrer. Ein völlig Durchgeknallter. Hättest dich auch so auf die Frauen gestürzt, was? Gott!"
Ihm fehlten die Worte und er hatte keine Ahnung von welchem Teufel dieser Mann besessen war, dass er so ausgerastet war. Mühsam raffte Alan sich auf und lehnte sich gegen die Wand.
"Scheisse."
Plötzlich hörte er die Rufe der Frauen. Vermutlich hatten sie sich verbarrikadiert und kreischten aus den Fenstern. Die Bullen würden bald hier sein. In wenigen Sekunden vermutlich.
Entweder knall ich ihn ab, oder ich lass ihn hier für die Polizei. Zieh ihm einfach die Waffe über den Scheissschädel.
"Verfluchte Drecksscheisse."
Alan sah kurz in die Richtung, in der das Zimmer lag, in dem sie mit den Frauen geredet hatten. Der Irre hätte sie zerfleischt...
Doch es durfte keine Zeugen geben. Es durfte einfach nicht. Sie waren Mörder. Die Frauen kannten ihre Gesichter. Es war Randolphs verdammte Scheissschuld.
"Wir bringen das jetzt hier zu Ende, du Arsch", flüsterte Alan und die Worte schmeckten wie Asche auf seiner Zunge.
"Wie Profis..."
Obwohl es ihm zutiefst widerstrebte streckte er dem Irren die Hand entgegen, um ihm aufzuhelfen.
"Hier ist die Polizei!", rief er mit mühsam verstellter Stimme und hoffte die Frauen würden ihm glauben.
"Brauchen sie Hilfe?"
Doch auch wenn die beiden Damen blonde Hausfrauen waren, waren sie sicherlich keine Dummchen. Ob Mrs. Mauney Alan durchschaut hatte, war nicht erkennbar, doch ihre Schwester hatte es nur zu offensichtlich. Nachdem die beiden für einen kurzen Augenblick verstummt waren, erklangen erneut Rufe. Jedoch waren sie diesmal nicht an die Außenwelt gerichtet.
"Sie halten uns für besonders dämlich, was?!", keifte eine Stimme, die eindeutig Mrs. Sutton gehörte. Angst, Verzweiflung, aber auch Wut, die sie verspürte, waren ihr nur zu leicht anhörbar.
"Möge Gott Ihrer Seele gnädig sein, wenn Sie baumeln, Sie verfluchter Mörder! Ich allerdings werde lächelnd dabei zusehen!"
Vielleicht klang sie plötzlich so zuversichtlich, weil ihr klar war, dass nun Hilfe nahte. Kaum war Mrs. Suttons Stimme verstummt, krachte etwas - oder jemand - laut von außen gegen die Eingangstür. Und dann wieder und wieder...
"Immerhin habe ich niemanden umgebracht. Wenn du genau das getan hättest, was du hättest tun sollen wäre diese Frau jetzt noch lebendig und wir hätten keine Probleme mit dem Police Office", Randolph schnitt sich mit seinem Skalpell notdürftig ein langes Stück aus seinem Mantel und verband sich damit notdürftig die Beinverletzung um seinen Blutverlust zu kompensieren. Und schon wieder bin ich am ganzen Körper besudelt. Zur Abwechslung mal mit meinem eigenem Saft! Er versuchte aufzustehen und scheiterte jämmerlich, als ihn ein beißender Schmerz sofort wieder einknicken ließ. Kacke! Nein, er würde den Bastard nicht um Hilfe anflehen. Er begann vom Tatort weg zurutschen, indem er sich mit den Armen voran zog. Sonderlich schnell kam er dabei nicht voran. Er bräuchte irgendeine Stütze.
Mittlerweile ertönten Laute von der Haustür. Jemand warf sich mit ganzem Gewicht entgegen. Mist! Er musste hier weg. Wenn er starb, wollte es Randolph zumindest stilvoll gestalten. Vielleicht war es doch nicht so schlecht den Bastard...Alan um Hilfe zu fragen.
"Alan", zischte er. "Wir müssen zum Hinterausgang!" Er nickte mit dem Kopf zum Treppenabgang. Er rutschte näher heran und versuchte eine der hölzernen Sprossen aus dem Geländer zu reißen. Leider war die Konstruktion wohl etwas stabiler als es den Anschein hatte. Aber er würde vor Alan nicht um Hilfe betteln. Er rüttelte mit aller Kraft an der Sprosse, aber er war zu schwach, zu ausgelaugt. Die Tür begann laut und schrill zu knarren. "Alan, kannst du mir mal kurz behilflich sein? Immerhin bist du Schuld an der Scheiße!" Das überlebe ich nicht! So sieht also das unrühmliche Ende des Randolph Tremaine aus. Und es gibt keinen, der an meinem Grab um mich weinen wird.
Alan sah Randolph dabei zu, wie er recht hilflos über den Boden kroch. Eine seltsame Mischung aus Mitleid und Ekel überflutete ihn.
"Dir behilflich sein? Dir ist nicht mehr zu helfen. Am besten trete ich dich die Treppe runter und lass dich für die Polizei liegen. Hör verdammt noch mal auf, mit dem Scheissgelaber von wegen ich hätte irgendeine Schuld. Du wolltest die Frau in mein Haus schleifen und über sie herfallen! Was hättest du denn gemacht, wenn die sich oben eben gerade gewehrt hätten?" Alans Wut steigerte sich wieder.
"Du warst auf Gewalt aus. Wir hätten reden können... Wir hätten gehen und wiederkommen können. Aber nein, du hast dich kein Stück im Griff, man."
Unsanft packte Alan den Doktor und zog ihn mühsam auf die Beine. Er versuchte ihn zu stützen, so gut es ging.
Randolph stützte sich auf Alans Schulter und humpelte mit ihm Seite an Seite die Treppe hinab. "Ich wollte überhaupt niemanden in dein Haus schleifen!", verteidigte sich Randolph keuchend. "Wir hätten uns dort nur mit weniger auffälligerer Kleidung ausstatten können. Aber irgendein Idiot ist ja sofort zur Haustür gestürmt bevor wir meinen Plan besprechen konnten."
Er wusste das es nutzlos war mit Alan zu diskutieren, aber er konnte es nun mal nicht lassen. An diesem Dilemma ist ganz allein dieser Vollidiot Schuld! Er braucht mich nicht dafür verantwortlich zu machen.
"Achja, und nach dem, was du dir hier eben geleistet hast, würde ich nicht sagen, dass du dich gut im Griff hast!"
Derjenige, der sich bisher an der Haustür zu schaffen gemacht hatte, hatte bisher scheinbar nur sehr geringen Erfolg gehabt. Die Angeln und das Holz ächzten ob der gewaltsamen Belastung, aber gaben nicht nach. Die Tür hatte Alan und Randolph bisher wertvolle Sekunden geschenkt. Doch dem Helfer, für den das Ganze inzwischen bestimmt ziemlich schmerzvoll aussah, und den Damen, von denen wieder hysterisches Gerufe zu hören war, war dies auch aufgegangen.
Mit einem Mal verstummte das Donnern; laute Stimmen, offenbar von mehreren männlichen Personen, tauschten hastige Worte aus. Darauf folgte ein Klirren. Die beiden flüchtigen Verbrecher hörten, wie Scherben einer eingeschlagenen Scheibe auf den Dielenboden eines der Zimmer nahe des Hauseingangsg prasselten. Weiteres Klirren ließ darauf schließen, dass jemand hervorstehende Splitter aus dem Fensterrahmen entfernte, um den Weg freizuräumen.
"Scotland Yard!", stellte sich jemand im gebieterischem Tonfall, aber dabei keuchend vor sowohl Anstrengung als auch Aufregung, vor. Dem Klang der Stimme nach zu urteilen, gehörte sie einem jungen Mann - vermutlich einer der vielen frisch gebackenen Constables, die der London Police Service auf den Straßen der Stadt Präsenz zeigen und sich um alltägliche Belange der Bürger kümmern ließ. Damit fing jeder Anwärter bei der Polizei an. Nicht wenige behielten nach der Probephase Uniform und Bobbyhut, denn Fußvolk wurde benötigt, um die Stadt oft allein dadurch sicherer zu machen, indem es potenzielle Übeltäter durch ihre Anwesenheit abschreckte.
Wieder begann jemand, sich gegen die Tür zu werfen - und wieder ächzte diese lautstark. Der junge Polizist am Fenster versuchte nun, einen Waffenstillstand auszuhandeln, und übertönte dabei mit Mühe das schrille Trillern einer Bobbypfeife, mit der jemand nach Verstärkung rief.
"Sie sind umstellt, also legen Sie...!"
Er pausierte, um schnappartig Luft zu holen. Selbst das konnten Randolph und Alan hören.
"Legen Sie die Waffen nieder und kommen Sie mit erhobenen Händen heraus! Sonst werden wir das Haus stürmen und gezwungen sein, Sie niederzuschießen!"
"Überleg dir besser was du sagst", zischte Alan Randolph zu.
"Immerhin habe ich dich gerade im Griff". Sie mühten sich weiter dem Hintereingang entgegen und Alan war froh diesem Desaster entfliehen zu können, wenn auch im Schneckentempo.
Plötzlich klirrte Glass. Er konnte sich nicht erinnern, ob die Fensterscheiben groß genug waren um hindruchzusteigen, oder nur einen Blick ins Innere ermöglichen würden. Als der Polizist sich als Beamter von Scotland Yard vorstellte, schnaubte Alan verächtlich.
"Wir haben ne Bombe, ihr Scheissschweine!", rief er, so laut und entschlossen er konnte.
"Runter vom Grundstück, oder wir sprengen alles in die Luft!"
Randolph befühlte das Skalpell im Inneren seines Mantels und schielte zu Alan. Er beobachtete interessiert das Pulsieren seiner Halsschlagader. Nur zu gerne hätte er jetzt sein Messer dort hinein gerammt und zugesehen, wie sich Alan röchelnd auf dem Boden wand, hilflos wie ein gestrandeter Walfisch, der eine Fontäne aus Blut in den Himmel spie. Er wollte das dieser Bastard für das, was er getan hat bezahlen würde. Randolph hatte seinerseits eine Person auf dem Gewissen und er bezahlte dafür- jeden Tag seines Lebens an dem die Zeiger einer längst erstorbenen Uhr tickend ihre Kreise zogen. Weiter und weiter und weiter.
Sie hatten diese Frau nicht gekannt. Und doch hatte er sie kaltblütig erschossen und schien sich keine Vorwürfe darüber zu machen. Es hatte ihm wahrscheinlich auch nicht gerade gefreut, doch in diesem Moment hatte sich Randolph offenbart, WAS Alan wirklich war. Seine Vorstellung davon, wie Alan besoffen und jubelnd durch eine Gasse voller brennender Häuser taumelte war noch viel zu harmlos gewesen. Er war eine unkontrollierbare Gefahr- und eine Revolution wie Norly sie vorhatte wäre das gefundene Fressen für einen Kerl wie ihn. In seinem Haus, als sie beide sich unterhalten hatten, hatte Alan ihm erzählt, warum er bei dieser Sache mitmachen wollte. Das Ungleichgewicht in London, die Terrorisierung durch die Police. Randolph zweifelte nicht einmal daran, dass Alan selbst vollkommen überzeugt von diesen Motiven war. Doch im Grunde wollte er sich abreagieren und zerstören. Er würde wenn es soweit war keine Unterschiede zwischen den Menschen machen, die seiner Meinung nach auf der falschen Seite standen. Er würde sie alle brennen lassen, wenn er die Gelegenheit dazu bekam.
Doch Randolph würde nicht noch einmal zulassen, dass das geschah. Auch wenn es vielleicht nicht so gewirkt hatte, als er über den Butler hergefallen war, der Doktor hatte ein Gewissen. Und er wollte nicht noch mehr Tote auf seiner Liste, die ihn im Schlaf verfolgten und die Nerven zerrissen. Er hatte Alan soweit provoziert, dass er durchgedreht war. Und deshalb war auch er Schuld am Tod der Frau. Dies würde nie wieder geschehen. Beim nächsten Mal würde er diesem Bastard nicht mehr seinen Schädel ins Gesicht stoßen. Sein Skalpell würde sich dafür viel besser eignen.
Jetzt allerdings mussten sie erst einmal hier heraus. Er hoffte Alans Bluff gelang oder er würde wohl schneller als erhofft am Galgen baumeln.
Ob die Personen auf der anderen Seite der Haustür Alans Drohung ernst nahmen, oder nicht: Der zweite Versuch, die diese mit Gewalt zu öffnen, wurde umgehend eingestellt. Einen Moment hörten die beiden ineinander verhakten Flüchtigen nur ihren eigenes, schweres Atmen und die Schritte, mit denen sie sich zielstrebig auf den Hinterausgang zuarbeiteten. Wenn es darauf ankam, würden sie wohl niemandem so weglaufen können.
Es blieb zu hoffen, dass nicht nur Alan, sondern auch der Polizist geblufft hatte, als dieser verkündete, dass das Haus umstellt wäre. Die Chancen dazu standen nicht schlecht, immerhin war Pimlico eigentlich eine ruhige Gegend, in der normalerweise nicht an jeder Ecke ein Bobby stand, um auf die öffentliche Ordnung achtzugeben, da dies schlicht und einfach Vergeudung von Ressourcen darstellen würde. Auch war es allseits bekannt, dass die einfachen Bobbies, besonders hier im West End, eigentlich nur ihren Prügel, wie der Schlagstock aufgrund seines Zweckes inoffiziell ebenfalls genannt wurde, bei sich trugen, um ihrem Geschäft nachzugehen. Mehr war auch nicht nötig, um mit Trickbetrügern, Taschenräubern, Betrunkenen und anderen Tagedieben fertigzuwerden. Geiselnahmen waren normalerweise nichts, womit sich der kleine, frischgebackene Police Constable auf sich allein gestellt konfrontiert sehen musste, und das Pfeifen von draußen kündetete immer noch davon, dass jemand hartnäckig um Verstärkung bat. Grund genug, etwas optimistisch sein zu können.
Aber auch wenn Alan und Randolph diese Gedanken kamen, nützte das herzlich wenig, denn überraschenderweise war man trotz (oder wegen?) der Bombendrohung nicht gewillt, weiter Zeit zu schinden und mit den Übeltätern zu verhandeln. Darüber hinaus hatten diese scheinbar doch nicht das Glück, die einzigen zu sein, die einen Revolver zur Verfügung hatten. Kurzerhand – und es war eigentlich verwunderlich, dass man diesen Weg nicht schon sofort gewählt hatte – fiel ein Schuss, dann noch einer und noch einer. Jemand schoss auf das Haustürschloss, um es so zum Nachgeben zu zwingen. Füße eines anderen landeten dort, wo wenigen Augenblicken noch das Fenster eingeschlagen wurde, mit einem dumpfen, gedämpften Geräusch auf Dielen, die das Gewicht des Besitzers knarzend quittierten. Als Alan und Randolph gerade den ersten Blick auf den ersehnten Ausweg aus dem Haus der Witwe Mauney erhaschen konnten, flog die Vordertür krachend auf. Nun war der Weg für die Verfolger endgültig frei.
Jedoch war es der Weg nach draußen für Alan und den verletzten Chirurgen scheinbar auch. Nun hieß es, schleunigst aus dem möglichen Sichtfeld zu gelangen und dabei keine verräterische Blutspur zu hinterlassen.
Umbra- Tiefseemonster
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Sie blickte kurz zu Charles herüber der eingeschlafen auf dem Sessel zusammen sank. Da Johanna offensichtlich keine weiteren Schritte im Sinn hatte und in einem Buch zu blättern begann, was Melinda nicht ohne Neid feststellte, stand sie auf und verließ das Zimmer.
Sie hatte gesehen wie die Augen des Hausmädchens über die Seiten gewandert waren und sie selbst musste daran denken, wie lange sie gebraucht hatte die kurze Notiz von Charles zu entziffern. Ihre Schreibkenntnisse reichten für ihren Namen, zu mehr war sie nicht imstande. Was das Lesen betraf, verhielt es sich ähnlich, sie kannte die Buchstaben, aber die meisten Worte konnte sie nur lesen, weil sie sie eben kannte und nun einmal genau wusste, wie bspw. der Schriftzug ‘Laudanum‘ auszusehen hatte. Sie ging zielstrebig zurück in den Operationssaal und säuberte die Glasscheibe der Vitrine. Sie hatte was sie wollte, wenn auch nur in kleinen Mengen, Randolph würde es sicher nicht zu lassen, dass sie mehr von dem Stoff bekam. Als sie damit fertig war, spähte sie vorsichtig aus der Tür heraus um zu sehen ob Johanna ihr gefolgt war, oder sogar Charles wieder wachgeworden war und selbiges getan hatte. Doch der Flur lag still und verlassen vor ihr und sie stieg die Treppen hinauf in das Zimmer in dem sie genächtigt hatte. Sie sah sich um, in der Hoffnung etwas brauchbares zu finden, doch wurde enttäuscht. Außer Betten und Staub hatte der Raum nicht viel zu bieten. Sie setzte sich einen Augenblick auf das Bett und überlegte fieberhaft was ihr noch von Nutzen sein könnte. Gedankenverloren bemerkte sie kaum wie die Zeit vorüber ging. Erst als sie aus dem Fenster blickte und den Stand der Sonne bemerkte, schreckte sie auf. Eilig ging sie nach unten und betrat wieder das Wohnzimmer. Johanna las immer noch und Charles schlief selig in seinem Sessel. Sie warf einen Blick auf die Standuhr. Sie versuchte zu ermessen wie lange es dauern würde zu Johannas zu Hause zurückzukehren um anschließend nach Whitechapel zu gelangen. Sie wollte gerade Johanna etwas dazu sagen, als ihr Blick auf die Prothese von Norly fiel. Sie war mehr als interessiert an Dingen dieser Art, was auch dazu geführt hatte, dass sie die kleine Küchenmaschine so interessant gefunden hatte. Äußerst behutsam tippte sie mit dem Zeigefinger dagegen und war erstaunt über die Stabilität der künstlichen Hand. Vorsichtig wagte sie es sogar den kleinen Finger anzuheben und leicht zu strecken und wieder in seine zu vorige Position zu bringen. Sie warf einen Blick zu Johanna und sagte mit gedämpfter Stimme “Ist das nicht wirklich faszinierend? Wenn man sich mal einen ganzen Menschen daraus vorstellt…das wäre was. Man müsste sicher einen Kopf dazu haben, aber das ist wirklich eine tolle Idee. Ein Mensch aus Stahl. Wenn einmal was kaputt geht könnte man es wieder reparieren oder einfach austauschen.“ Sie warf einen Blick auf ihre lädierte Hand, die noch etwas schmerzte, aber eher unangenehm, als schmerzhaft war. Sie zuckte mit den Schultern und ließ von der Hand ab und schüttelte den Mann leicht an der Schulter. "Charles? Charles, kommen Sie schon, genug mit Dornröschen spielen." Ahhh! Dornröschen…dieses Lied…ah ja! ‘Dornröschen, schlafe hundert Jahr, hundert Jahr, hundert Jahr.‘ Komm schon Herzchen wir wissen beide wie Dornröschen geweckt wurde. Nicht so schüchtern, was ist denn bloß los, wenn man bedenkt, was du sonst für ein paar Pence tust. Hihihihihihi. Melinda hasste es, wenn die Stimme so etwas tat. Vorallem wenn sie Recht hatte. Schließlich beugte sie sich herunter und hauchte Charles einen Kuss auf die Wange. "Es ist spät geworden. Wir sollten los."
Sie hatte gesehen wie die Augen des Hausmädchens über die Seiten gewandert waren und sie selbst musste daran denken, wie lange sie gebraucht hatte die kurze Notiz von Charles zu entziffern. Ihre Schreibkenntnisse reichten für ihren Namen, zu mehr war sie nicht imstande. Was das Lesen betraf, verhielt es sich ähnlich, sie kannte die Buchstaben, aber die meisten Worte konnte sie nur lesen, weil sie sie eben kannte und nun einmal genau wusste, wie bspw. der Schriftzug ‘Laudanum‘ auszusehen hatte. Sie ging zielstrebig zurück in den Operationssaal und säuberte die Glasscheibe der Vitrine. Sie hatte was sie wollte, wenn auch nur in kleinen Mengen, Randolph würde es sicher nicht zu lassen, dass sie mehr von dem Stoff bekam. Als sie damit fertig war, spähte sie vorsichtig aus der Tür heraus um zu sehen ob Johanna ihr gefolgt war, oder sogar Charles wieder wachgeworden war und selbiges getan hatte. Doch der Flur lag still und verlassen vor ihr und sie stieg die Treppen hinauf in das Zimmer in dem sie genächtigt hatte. Sie sah sich um, in der Hoffnung etwas brauchbares zu finden, doch wurde enttäuscht. Außer Betten und Staub hatte der Raum nicht viel zu bieten. Sie setzte sich einen Augenblick auf das Bett und überlegte fieberhaft was ihr noch von Nutzen sein könnte. Gedankenverloren bemerkte sie kaum wie die Zeit vorüber ging. Erst als sie aus dem Fenster blickte und den Stand der Sonne bemerkte, schreckte sie auf. Eilig ging sie nach unten und betrat wieder das Wohnzimmer. Johanna las immer noch und Charles schlief selig in seinem Sessel. Sie warf einen Blick auf die Standuhr. Sie versuchte zu ermessen wie lange es dauern würde zu Johannas zu Hause zurückzukehren um anschließend nach Whitechapel zu gelangen. Sie wollte gerade Johanna etwas dazu sagen, als ihr Blick auf die Prothese von Norly fiel. Sie war mehr als interessiert an Dingen dieser Art, was auch dazu geführt hatte, dass sie die kleine Küchenmaschine so interessant gefunden hatte. Äußerst behutsam tippte sie mit dem Zeigefinger dagegen und war erstaunt über die Stabilität der künstlichen Hand. Vorsichtig wagte sie es sogar den kleinen Finger anzuheben und leicht zu strecken und wieder in seine zu vorige Position zu bringen. Sie warf einen Blick zu Johanna und sagte mit gedämpfter Stimme “Ist das nicht wirklich faszinierend? Wenn man sich mal einen ganzen Menschen daraus vorstellt…das wäre was. Man müsste sicher einen Kopf dazu haben, aber das ist wirklich eine tolle Idee. Ein Mensch aus Stahl. Wenn einmal was kaputt geht könnte man es wieder reparieren oder einfach austauschen.“ Sie warf einen Blick auf ihre lädierte Hand, die noch etwas schmerzte, aber eher unangenehm, als schmerzhaft war. Sie zuckte mit den Schultern und ließ von der Hand ab und schüttelte den Mann leicht an der Schulter. "Charles? Charles, kommen Sie schon, genug mit Dornröschen spielen." Ahhh! Dornröschen…dieses Lied…ah ja! ‘Dornröschen, schlafe hundert Jahr, hundert Jahr, hundert Jahr.‘ Komm schon Herzchen wir wissen beide wie Dornröschen geweckt wurde. Nicht so schüchtern, was ist denn bloß los, wenn man bedenkt, was du sonst für ein paar Pence tust. Hihihihihihi. Melinda hasste es, wenn die Stimme so etwas tat. Vorallem wenn sie Recht hatte. Schließlich beugte sie sich herunter und hauchte Charles einen Kuss auf die Wange. "Es ist spät geworden. Wir sollten los."
Elli- Piratenpinguin
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Charles durchfuhr ein Schreck, als er ihn eine Berührung im Gesicht aus dem Schlaf riss. Sein Herz machte einen Satz und begann schlagartig zu rasen, denn auch nur für einen Sekundenbruchteil, bis Charles realisierte, dass es sich nur um Ms. Bolt und nicht um irgendeine Bedrohung handelte, war sein Verstand unterbewusst auf alles gefasst.
Dabei hatte Melinda wohl Glück gehabt, dass Charles nicht vor lauter Überraschung abwehrend um sich geschlagen oder sie von sich gestoßen hatte. Besonders in den vergangenen Wochen hatte er nie ohne den Gedanken im Hinterkopf, dass jemand ihm im Schlaf überrumpeln könnte, ein Auge zugetan, und auch die Aktion des Doktors letzte Nacht hatte vermutlich nicht zu einer Abnahme dieser Angst beigetragen. Charles wusste, dass sein Schlaf meist ziemlich tief war, aber besonders, dass er nicht gemerkt hatte, dass Tremaine sich an ihn herangeschlichen und ihm den Revolver abgenommen hatte, war für ihn Beweis genug dafür, dass sich diese, seine Eigenschaft unter Umständen noch als fatal herausstellen könnte.
Doch dieses Erwachen war mit Sicherheit kein Böses. Sobald Charles Melinda erkannte, entspannte er sich merklich. Eigene und mechanische Finger, die sich gerade noch in das Polster der Sesselarmlehnen gekrallt hatte, lockerten sich nun, wie auch die Muskeln seines restlicher Körper, auch wenn sein Herz trotzdem eine Weile weiterraste wie ein aufgescheuchtes Pferd und er ebenfalls einen Moment brauchte, um seine Atmung in den Griff zu bekommen. Noch bevor das der Fall war, schlich sich ein Lächeln auf sein Gesicht, das er allein Melinda schenkte und das einem Grinsen schon sehr ähnelte. So nah, wie sie ihm gerade war, fühlte Charles sich versucht, sich vorzubeugen und für das überraschende, aber dennoch auch sanfte Wecken, mit einem richtigen Kuss zu revanchieren.
Er kam ihr schon näher, doch dann bemerkte er, dass sie nicht allein waren – was ihn schlagartig innehalten ließ.
Johanna. All die verwirrenden Gefühle, die ihn während seines Nickerchens nicht begleitet hatte, prasselten nun schlagartig und mit voller Wucht auf ihn ein. Er war Vater. Dieser Gedanke ließ ihn wieder zurücksinken. Das war für ihn immer noch nichts, was er leicht verdauen konnte. Bedauern und Groll schäumten in ihm. Eine gefährliche Mischung, fürwahr.
Nun, vermutlich hatte Melinda Recht. Es war an der Zeit, sie sollten wirklich aufbrechen. Ein kurzer Blick auf die Standuhr verriet Charles, dass er tatsächlich beinahe zwei Stunden geschlafen haben musste. Ihm kam es so vor, als wären ihm die Augen nur kurz zugefallen.
-----
Alan öffnete die Hintertür, spähte verstohlen hinaus. Niemand zu sehen. Der Bursche am Fenster hatte offensichtlich geblufft, denn das Gebäude war keinesfalls umstellt, auch wenn jeden Moment jemand hier in der Hintergasse auftauchen könnte. Das Krachen von auffliegenden Türen hinter ihnen ließ darauf schließen, dass die Polizei bereits dabei war, das Haus der Mauneys zu sichern und nach ihnen zu durchsuchen. Alan zog den stark humpelnden Randolph mit sich ins Freie. Er war wütend und dass bekam nicht zuletzt auch der Doktor zu spüren, denn auch wenn er diesem half, fasste er ihn sicher nicht mit Samthandschuhen an. So schnell es ihnen zusammen möglich war, eilten sie vom Tatort fort.
Von Mrs. Mauneys Schluchzen war nichts mehr zu hören, vermutlich war es zu leise, um auf die Straße zu dringen – andere jedoch machten deutlich mehr Lärm. Noch als Randolph und Alan um die nächste Ecke verschwanden, hörten sie Gerufe mehrerer Stimmen, dessen genauen Wortlaut sie nicht verstanden, und, verschleiert durch übliche Geräusche der Stadt, unstetes Fußgetrappel in ihren Rücken. Hatte sie schon jemand entdeckt? Noch schien es nicht so, denn der Schatten der eng aneinander stehenden Gebäude bot vorläufig einen guten Sichtschutz. Wie lange das jedoch ausreichen würde, war fraglich.
„Hier lang, Sir!“, hörten sie dann klar und deutlich die Stimme, die die beiden dem jungen Polizisten, der vorhin mit ihnen verhandeln wollte, zuordnen konnten. So wie es sich anhörte, hatte der Bobby wohl entdeckt, dass die Täter ihr Heil in der Flucht durch den Hinterausgang gesucht hatten.
Und schon hasteten hinter ihnen Füße über das Pflaster, die mehr als einer und auch mehr als zwei Personen gehörten. Aber auch am Ende der Gasse, auf das Alan und Randolph zusteuerten, blitzte das dunkle Blau einer Polizeiuniform auf – auch wenn ihr Träger vorüberhuschte, ohne sie zu bemerken, denn Alan warf sich mit Randolph geistesgegenwärtig schnell an die Wand.
„Scheiße, Scheiße, Scheiße!“, entfuhr es dem erstaunlich kräftigen, aber dennoch bereits merklich schwer atmendem Alan knurrend.
„Los schon! Bewegen Sie Ihren Arsch!“, schallte ein ungehaltener Befehl irgendwo zwischen den Häusern.
Das war auch ein guter Rat für die Flüchtenden, denn klang bedrohlich näher, als es gut sein konnte.
Alan ließ Randolph keine Zeit mehr zum Verschnaufen, sondern zerrte ihn schon in die nächste verwinkelte Gasse. Ein Segen gab es selbst in Pimlico genug davon.
Dabei hatte Melinda wohl Glück gehabt, dass Charles nicht vor lauter Überraschung abwehrend um sich geschlagen oder sie von sich gestoßen hatte. Besonders in den vergangenen Wochen hatte er nie ohne den Gedanken im Hinterkopf, dass jemand ihm im Schlaf überrumpeln könnte, ein Auge zugetan, und auch die Aktion des Doktors letzte Nacht hatte vermutlich nicht zu einer Abnahme dieser Angst beigetragen. Charles wusste, dass sein Schlaf meist ziemlich tief war, aber besonders, dass er nicht gemerkt hatte, dass Tremaine sich an ihn herangeschlichen und ihm den Revolver abgenommen hatte, war für ihn Beweis genug dafür, dass sich diese, seine Eigenschaft unter Umständen noch als fatal herausstellen könnte.
Doch dieses Erwachen war mit Sicherheit kein Böses. Sobald Charles Melinda erkannte, entspannte er sich merklich. Eigene und mechanische Finger, die sich gerade noch in das Polster der Sesselarmlehnen gekrallt hatte, lockerten sich nun, wie auch die Muskeln seines restlicher Körper, auch wenn sein Herz trotzdem eine Weile weiterraste wie ein aufgescheuchtes Pferd und er ebenfalls einen Moment brauchte, um seine Atmung in den Griff zu bekommen. Noch bevor das der Fall war, schlich sich ein Lächeln auf sein Gesicht, das er allein Melinda schenkte und das einem Grinsen schon sehr ähnelte. So nah, wie sie ihm gerade war, fühlte Charles sich versucht, sich vorzubeugen und für das überraschende, aber dennoch auch sanfte Wecken, mit einem richtigen Kuss zu revanchieren.
Er kam ihr schon näher, doch dann bemerkte er, dass sie nicht allein waren – was ihn schlagartig innehalten ließ.
Johanna. All die verwirrenden Gefühle, die ihn während seines Nickerchens nicht begleitet hatte, prasselten nun schlagartig und mit voller Wucht auf ihn ein. Er war Vater. Dieser Gedanke ließ ihn wieder zurücksinken. Das war für ihn immer noch nichts, was er leicht verdauen konnte. Bedauern und Groll schäumten in ihm. Eine gefährliche Mischung, fürwahr.
Nun, vermutlich hatte Melinda Recht. Es war an der Zeit, sie sollten wirklich aufbrechen. Ein kurzer Blick auf die Standuhr verriet Charles, dass er tatsächlich beinahe zwei Stunden geschlafen haben musste. Ihm kam es so vor, als wären ihm die Augen nur kurz zugefallen.
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Alan öffnete die Hintertür, spähte verstohlen hinaus. Niemand zu sehen. Der Bursche am Fenster hatte offensichtlich geblufft, denn das Gebäude war keinesfalls umstellt, auch wenn jeden Moment jemand hier in der Hintergasse auftauchen könnte. Das Krachen von auffliegenden Türen hinter ihnen ließ darauf schließen, dass die Polizei bereits dabei war, das Haus der Mauneys zu sichern und nach ihnen zu durchsuchen. Alan zog den stark humpelnden Randolph mit sich ins Freie. Er war wütend und dass bekam nicht zuletzt auch der Doktor zu spüren, denn auch wenn er diesem half, fasste er ihn sicher nicht mit Samthandschuhen an. So schnell es ihnen zusammen möglich war, eilten sie vom Tatort fort.
Von Mrs. Mauneys Schluchzen war nichts mehr zu hören, vermutlich war es zu leise, um auf die Straße zu dringen – andere jedoch machten deutlich mehr Lärm. Noch als Randolph und Alan um die nächste Ecke verschwanden, hörten sie Gerufe mehrerer Stimmen, dessen genauen Wortlaut sie nicht verstanden, und, verschleiert durch übliche Geräusche der Stadt, unstetes Fußgetrappel in ihren Rücken. Hatte sie schon jemand entdeckt? Noch schien es nicht so, denn der Schatten der eng aneinander stehenden Gebäude bot vorläufig einen guten Sichtschutz. Wie lange das jedoch ausreichen würde, war fraglich.
„Hier lang, Sir!“, hörten sie dann klar und deutlich die Stimme, die die beiden dem jungen Polizisten, der vorhin mit ihnen verhandeln wollte, zuordnen konnten. So wie es sich anhörte, hatte der Bobby wohl entdeckt, dass die Täter ihr Heil in der Flucht durch den Hinterausgang gesucht hatten.
Und schon hasteten hinter ihnen Füße über das Pflaster, die mehr als einer und auch mehr als zwei Personen gehörten. Aber auch am Ende der Gasse, auf das Alan und Randolph zusteuerten, blitzte das dunkle Blau einer Polizeiuniform auf – auch wenn ihr Träger vorüberhuschte, ohne sie zu bemerken, denn Alan warf sich mit Randolph geistesgegenwärtig schnell an die Wand.
„Scheiße, Scheiße, Scheiße!“, entfuhr es dem erstaunlich kräftigen, aber dennoch bereits merklich schwer atmendem Alan knurrend.
„Los schon! Bewegen Sie Ihren Arsch!“, schallte ein ungehaltener Befehl irgendwo zwischen den Häusern.
Das war auch ein guter Rat für die Flüchtenden, denn klang bedrohlich näher, als es gut sein konnte.
Alan ließ Randolph keine Zeit mehr zum Verschnaufen, sondern zerrte ihn schon in die nächste verwinkelte Gasse. Ein Segen gab es selbst in Pimlico genug davon.
Umbra- Tiefseemonster
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
"Vielen Dank. Jetzt weiß ich wohl endgültig das ich hier störe.", warf Johanna ein. Nicht nur der Kuss, den Melinda Charles gab riss sie aus der Ruhe, vielmehr war es Charles, der sie aus der Fassung brachte, indem er ziemlich deutlich den Anschein machte genau diesen erwidern zu wollen. Johanna schmiss achtlos das Buch in eine Ecke und schüttelte mehr als enttäuscht den Kopf, während sie die Beiden betrachtete. Ob sie sich wohl bewusst waren wie sehr sie Johanna damit verletzten? Beiden schien das nicht klar zu sein.
Ein Mensch aus Stahl, hatte Melinda vorhin gesagt, und wie faszinierend es doch wäre, wenn es so etwas wirklich geben würde. 'Aber was heißt, wenn es so etwas geben würde? Das alles existiert doch schon, und genau eine solche Person steht vor mir. Ja du, liebe Melinda. Hirn und Herz aus Stahl. Bei dir existiert kein Mitgefühl. In deinem Hirn ist kein Platz für Gedanken. Ist wohl ausgefüllt mit Stahl und in der Mitte eine große Portion Egoismus. Und jetzt versuch mir doch mal das Gegenteil zu beweisen? Du, wo es doch so schwer hatte. Gerade du müsstest wissen was es bedeutet, scheiße zu bauen. Und trotzdem tust du es. Du lieferst mir mehr als genug Beweise, die mir das Recht geben so über dich zu denken!', dachte Johanna. Und ihr Verlangen war groß, all das an den Kopf der Frau zu knallen, die schon mal versucht hatte ihren Vater zu verführen. Was Charles betraf, so gab es allerdings nichts, was Johanna hätte sagen können. Sie war zu sprachlos um auch nur einen einzigen Satz zu bilden, der ausdrücken würde was er ihr antat. "So viel zum Thema: Ein guter Vater sein..", murmelte Johanna. Sie war sich nicht sicher ob man sie gehört hatte. Immer noch Kopfschüttelnd lief sie zur Tür. Das war alles so lächerlich. So verdammt Lächerlich. Johanna musste kurz hörbar verbittert lachen. Mit zusammengebissenen Zähnen lief sie in den Gang, hob die Umhängetasche vom Boden auf und hängte sie sich über die Schulter. Innerhalb einer knappen Minute war sie wieder im Wohnzimmer. Ihre Miene war wie versteinert, und mit genauso kaltem Blick starrte sie Charles an.
"Wir können gehen."
Ein Mensch aus Stahl, hatte Melinda vorhin gesagt, und wie faszinierend es doch wäre, wenn es so etwas wirklich geben würde. 'Aber was heißt, wenn es so etwas geben würde? Das alles existiert doch schon, und genau eine solche Person steht vor mir. Ja du, liebe Melinda. Hirn und Herz aus Stahl. Bei dir existiert kein Mitgefühl. In deinem Hirn ist kein Platz für Gedanken. Ist wohl ausgefüllt mit Stahl und in der Mitte eine große Portion Egoismus. Und jetzt versuch mir doch mal das Gegenteil zu beweisen? Du, wo es doch so schwer hatte. Gerade du müsstest wissen was es bedeutet, scheiße zu bauen. Und trotzdem tust du es. Du lieferst mir mehr als genug Beweise, die mir das Recht geben so über dich zu denken!', dachte Johanna. Und ihr Verlangen war groß, all das an den Kopf der Frau zu knallen, die schon mal versucht hatte ihren Vater zu verführen. Was Charles betraf, so gab es allerdings nichts, was Johanna hätte sagen können. Sie war zu sprachlos um auch nur einen einzigen Satz zu bilden, der ausdrücken würde was er ihr antat. "So viel zum Thema: Ein guter Vater sein..", murmelte Johanna. Sie war sich nicht sicher ob man sie gehört hatte. Immer noch Kopfschüttelnd lief sie zur Tür. Das war alles so lächerlich. So verdammt Lächerlich. Johanna musste kurz hörbar verbittert lachen. Mit zusammengebissenen Zähnen lief sie in den Gang, hob die Umhängetasche vom Boden auf und hängte sie sich über die Schulter. Innerhalb einer knappen Minute war sie wieder im Wohnzimmer. Ihre Miene war wie versteinert, und mit genauso kaltem Blick starrte sie Charles an.
"Wir können gehen."
Scáth- Forenzombie
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Sie blickte Johanna hinterher, deren Unmut deutlich zu spüren war. Sie schüttelte leicht den Kopf, sie verstand das Mädchen nicht. Sie hatte Charles eben erst kennen gelernt und das noch durch einen puren Zufall und nun tat sie so, als sei er ihr Besitz. Wäre sie bei ihm aufgewachsen und Melinda wäre dabei gewesen, ihre Mutter auszustechen, hätte sie eine solche Reaktion sicher verstanden, aber so wirkte Johanna auf sie schlichtweg kindisch. Norly würde das Gesagte sicherlich nicht besonders freuen, denn zu Melindas Verwunderung schien er sich darüber zu freuen so unverhofft Vater geworden zu sein. Die Feindseligkeit die im Raum geschwebt hatte, war spürbar gewesen, als das Hausmädchen den Raum verließ. “Gute Väter müssen also wie Mönche leben.“ Sie trat einen Schritt zurück und wartete. Leg dich nicht mit mir an Mädchen.
Sie sah Charles einen Seitenblick zu, als sie sich hinab beugte und die Schnürsenkel ihrer Stiefel neu band. Sie richte sich auf und fuhr beiläufig mit ihren Händen über ihre Hüften. Sie spürte die kleinen eingenähten Taschen mit ihren verschiedenen Inhalten und auch ihren Fächer. Das gab ihr ein gutes Gefühl. “Von mir aus kann es los gehen, ich habe bereits alles zusammengesucht.“
Sie sah Charles einen Seitenblick zu, als sie sich hinab beugte und die Schnürsenkel ihrer Stiefel neu band. Sie richte sich auf und fuhr beiläufig mit ihren Händen über ihre Hüften. Sie spürte die kleinen eingenähten Taschen mit ihren verschiedenen Inhalten und auch ihren Fächer. Das gab ihr ein gutes Gefühl. “Von mir aus kann es los gehen, ich habe bereits alles zusammengesucht.“
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Charles zuckte bekümmert im Sessel zusammen, als Johanna das Buch einfach fortwarf. War dieser Frevel allein kaum zu fassen, waren es aber eher der verletzte und zugleich unglaublich hasserfüllte Blick sowie die Worte seiner Tochter, die ihn wirklich erschütterten.
Was hatte sie sich erhofft, dass sie nur zu offensichtlich so enttäuscht von ihm war? Dass er, da er jetzt wusste, wer sie war, zu Sofia Stead zurückkehren und sie alle zusammen, nach zwanzig Jahren wieder vereint, nun eine glückliche Familie werden würden?
Charles fühlte sich benommen, raffte sich allerdings auf, wobei er sich eher träge aus dem Sessel hievte.
Es würde nie so weit kommen, wusste Charles, selbst wenn sie es versuchen würden. Die Zeit mit Sofia war schön gewesen, doch nicht das, was Johanna sich unter einer Beziehung vorstellen würde. Nun, so viele Jahre nach ihrer Trennung und all den unschönen Ereignissen, die ohne Charles‘ Wissen von Statten gegangen waren – nun, da er eigentlich eher mit zwei als mit einem Bein im Grab stand, würden Sofia und er miteinander kaum glücklich werden. Er hatte Johannas Mutter nie geliebt – und dass sie eine gemeinsame Tochter hatten, würde daran nichts ändern. Außerdem gehörten zu einem Paar immer zwei. Sofia würde keinen Mann wie Scarface nehmen wollen.
Charles hob das Buch auf, strich gedankenverloren über geknickte Seiten und Eselsohren. Er versuchte, den entstandenen Schaden einzudämmen. So etwas zu sehen, tat jedem vernünftigen Mensch in der Seele weh – gerade, wenn man Bücher liebte.
„Gute Väter müssen also wie Mönche leben.“ … War es das, was Johanna so aufbrachte? Dass er anders mit seinen Bedürfnissen umging als die Gesellschaft es anerkannte?
Traurig klappte Charles das Buch zu und stellte es in die Lücke zwischen den anderen Büchern im Regal zurück, in die es offenbar gehörte. Einige Sekunden blieb er dort stehen, noch immer die Hand am Buchrücken.
„Entschuldigen Sie mich“, murmelte Charles, Ms. Bolt adressierend, ohne sie anzusehen, und bewegte sich dann in Richtung Küche.
Lag es an ihr – Melinda? Für Charles schmälerte das Ansehen in der Gesellschaft nicht den Wert eines Menschen. Doch Johanna sah das vielleicht anders. Dachte sie, ihre Mutter wäre für ihn nichts Anderes als eine Prostituierte gewesen? Eine von vielen Bettgeschichten?
Den Weg in die Küche eher unterbewusst hinter sich gebracht, fischte Charles sein Jackett von der Lehne. Johanna hatte offenbar in der Küche aufgeräumt und auch den Stuhl wieder aufgestellt, den er umgeworfen hatte. Charles schlurfte zurück ins Wohnzimmer.
Johanna verstand ihn nicht und schien sich auch zu weigern, wenigstens zu versuchen, nachzuvollziehen, wie seine Position aussah und warum er sich auf Melinda einließ.
Ms. Bolt erklärte, dass sie bereit für den Aufbruch sei, und auch Johanna kehrte zurück. Das feindselige Glitzern in ihren Augen traf Charles wie ein harter Schlag in die Magengrube. Er war versucht, das ebenso grimmig zu erwidern, doch er wandte nur ehrlich verletzt den Blick ab und schob sich an ihr vorbei.
Noch lebte er. Doch es war nicht nur körperliche Begierde, wegen der er sich zu Melinda hingezogen fühlte. Sie ging auf ihn ein und zeigte Interesse an seiner Person. Sie half ihm, sich besser zu fühlen. Genauso wie ihm eine Familie fehlte, fehlte ihm auch die Zuneigung einer Frau. Er war einsam und durch die polizeiliche Verfolgung noch mehr in die Ecke gedrängt als sonst.
Charles verschwand im Badezimmer und schloss hinter sich die Tür ab. Er musste sich nicht erleichtern, er wollte einfach nur einen Moment für sich allein haben.
Was war nur mit Johanna los, dass sie ihm dieses kleine Stückchen Glück nicht gönnte? Wie hätte sie darauf reagiert, wenn er inzwischen verheiratet gewesen und bereits Vater von anderen Kindern gewesen wäre? Hätte sie in dem Fall auch versucht, ihr Gift zu streuen?
Der Gedanke daran ließ Zorn in Charles aufwallen. Johanna wusste nichts über ihn. Sie mischte sich in Dinge ein, die sie nichts angingen – und dann wieder doch. Eigentlich hatte sie Recht: es war falsch von ihm, mit Melinda anzubändeln. Es war unvernünftig. Und doch wollte er es. Die Einsicht, dass etwas unvernünftig war, hatte ihn noch nie von seinem Willen abbringen können. Doch Johanna… sie brachte seine Entschlossenheit ins Wanken. Sie war seine Tochter, die letzte Chance auf eine Familie, die er noch hatte.
Charles war zum Weinen und zum Schreien zumute. Aufgebracht trat er ans Waschbecken und suchte daran Halt. Er sah auf und sein Spiegelbild schaute zurück.
Als er sich selbst so anstarrte, die Hände abgestützt und nach vorn gebeugt, mit finster funkelnden Augen und vor Wut zuckendem Gesicht, war es ihm so, als würde er seinem Vater entgegenblicken. Auch seine Narbe, die, wie immer, wenn er das Gesicht verzog, seine Züge noch mehr verzerrte, und sogar dass er Haar und Bart bewusst anders trug als sein alter Herr zu Lebzeiten, vermochten das nicht zu ändern. Wie immer, wenn Charles dies zum erneuten Mal klar wurde, war das nur noch weitere Nahrung für seinen Groll. Er sah nicht nur aus wie sein Vater, nein, er hatte sich inzwischen komplett in einen verabscheuungswürdigen Abklatsch dieses Mannes verwandelt – nein, in etwas Schlimmeres. Charles hatte sich geschworen, sollte er jemals das Glück haben, eine Familie zu gründen, jemand zu sein, zu dem seine Kinder aufblicken konnten, jemand, den sie bewunderten und liebten, und jemand, der sie im Gegenzug ebenfalls liebte und alles in seiner Macht stehende tat, um ihnen ein behütetes, glückliches Leben zu ermöglichen.
Er hatte versagt.
Er war ein schlechter Vater – das aus Johannas Mund hören zu müssen, zusammen mit diesem vernichtenden Blick, hatte ihn mehr verletzt als jedwede physische Gewalt hätte können, denn der Schmerz darüber zerriss ihn innerlich. Zudem, und das war nicht geringer zu werten, war er ein schlechter Mensch. Er hatte in seinem Leben schlimme Dinge, furchtbare Dinge getan, aus Stolz und Egoismus und stets ohne Reue. Charles hatte Alan in Hills Haus nicht angelogen, als er behauptet hatte, dass er nichts bereute, was er je getan hatte – trotzdem ihn das in seine jetzige Lage gebracht hatte. Das lag daran, dass er stets nur so gehandelt hatte, wie er es selbst für richtig befunden hatte – ungeachtet der Konsequenzen und dessen, wie andere davon dachten.
Charles war so als würde sich ein hämisches Feixen in William J. Norlys Antlitz im Spiegel schleichen.
„Sieh dich nur an, Scarface“, hörte Charles seine eigene Stimme knurren und er musste mit einem Mal den Impuls unterdrücken, begleitet einem Wutschrei, sein Spiegelbild in hunderte Scherben zu zerschlagen. Stattdessen wandte er seinen Blick von sich ab und drehte den Wasserhahn auf, um sich einen Schwall des gefühlt eiskalten Nasses ins Gesicht zu spritzen. Das half etwas. Es vertrieb ein ganz bestimmtes Bedürfnis, das plötzlich in ihm aufgekeimt war: sich hemmungslos betrinken oder sogar nach langer Zeit zu etwas Härterem zu greifen zu wollen, um sich die Sinne zu benebeln.
Als Charles sich abtrocknete, blickte ihm hinter dem Handtuch wieder er selbst entgegen, kühl und gefasst und sogar in seinen Augen unergründlichem Blick. Zum Lächeln war ihm nicht zumute – selbst zu keinem grimmigen, auch wenn das wohl gepasst hätte.
Dann richtete Charles sich zu alter Würde auf und korrigierte kleinlich den Sitz seiner Frisur, die trotz des Kopfverbands ja nicht vollkommen wirr aussehen musste. Genauso verfuhr er mit seiner Kleidung. Er zog seine Taschenuhr auf, da ihm einfiel, dass er das am besten machen sollte, bevor sie stehen blieb, schlüpfte wieder in sein Jackett und seinen rechten Handschuh und band zuvor sogar seine Krawatte neu. Charles ignorierte, dass sein Kehlkopf im Spiegel unwillkürlich zuckte, als er die Schlinge zusammenzog. Wie immer war das, wenn auch ein kaum vergleichbarer, Vorgeschmack auf den bestimmt kratzigen Hanfstrick, der ihn erwartete. Obwohl er diesem Ereignis nicht entgegensehnte, hatte er den Galgen verdient. Doch wer hätte das nicht?
„Wir alle verdienen zu sterben“, murmelte Charles düster.
Er knöpfte das Jackett zu, sodass es den Griff seines Revolvers verbarg, der aus seinem Hosenbund herausragte, und zupfte noch hier und dort herum, bis er zufrieden war, bevor er das Bad verließ. Melinda und Johanna warteten schon auf ihn, doch er bemühte sich nicht um das Aufnehmen einer Unterhaltung, um die Stimmung wieder etwas zu lockern. Charles kehrte noch einmal ins Operationszimmer zurück, steckte den Schlüssel ein, den Dr. Tremaine dagelassen hatte, und hinterließ selbst eine einzeilige Nachricht, die besagte, dass man nicht auf sie warten sollte, da er nicht wusste, wie lang sie fort sein würden.
Charles war distanziert und abweisend, während er Johanna und Melinda zurück nach Mayfair führte, und sprach lediglich, um hin und wieder knappe Anweisungen zu geben. Er wusste genau, wo sie langlaufen und wo besonders aufpassen mussten, um der Polizei auszuweichen und nicht allzu vielen Passanten zu begegnen – was sich an sich in einer Metropole wie London sowieso als schwierig herausstellte. Gerade an einem Sonntag wie diesem, der seinem Namen gerecht wurde und noch vor Frühlingsbeginn für verhältnismäßig warmes Wetter sorgte.
Dennoch hatte Charles Johanna, wortkarg und weiterhin ihrem Blick ausweichend, vor dem Aufbruch seinen dunklen Wollmantel überlassen, denn, im Schatten und wenn der Wind um die Häuser pfiff, konnte es schnell kalt werden. Melinda hingegen hatte sich an Dr. Tremaines Garderobe bedient und eine Jacke übergestreift, die wohl der Mutter des Chirurgen gehörte.
Charles genoss im Stillen das Sonnenlicht, denn davon hatte er in letzter Zeit weniger gesehen als ihm lieb war. Zielstrebig schritt er voran, wechselte ab und zu die Straßenseite und zwängte sich auch zwischen Menschenansammlungen hindurch, wenn es sein musste, aber achtete stets darauf, dass Melinda und Johanna ihn nie aus den Augen verloren, wenn sich der Abstand zwischen ihnen vergrößerte. Mit dem Verband um seinen Kopf war, ihm zu folgen, vermutlich auch nicht allzu schwer, da er dadurch auch von hinten leicht zu erkennen war. Er hatte auf seinen Zylinder verzichtet, da dieser ihm, in Anbetracht dessen, was sie vorhatten, wahrscheinlich eher im Weg als dienlich sein würde.
Johanna hatte ihm Auskunft darüber gegeben, wo sich die einzelnen Familienmitglieder ihres Arbeitgebers üblicherweise zu dieser Tageszeit aufhielten. Da es Sonntag war, war Mr. Bakersfield vermutlich Zuhause – wie auch Mrs. Bakersfield, die Kinder und Johannas Kollegin. Nicht die besten Voraussetzungen für ein heimliches Eindringen in das Haus, wie Charles fand. Gerade nicht nach seinem nicht gerade unauffälligen Eindringen in der letzten Nacht.
Doch die Umgebung war ruhig und Charles und seine Begleiterinnen waren anscheinend keinen neugierigen Blicken ausgesetzt, sodass sie ungestört um das Haus herumschleichen konnten. Eigentlich hätte Charles ein Fenster im Erdgeschoss als Einstiegsmöglichkeit bevorzug, jedoch waren diese ausnahmslos verschlossen und es würde zu viel Lärm machen, eins von ihnen mit Gewalt zu öffnen. Ein geeignetes Messer, um die Verriegelung auszuhebeln, hatte er auch nicht dabei. Das Haustürschloss zu knacken, wäre eine Möglichkeit gewesen, aber vermutlich eine nicht sehr unauffällige. Übrig blieb einer der Balkone auf der straßenabgewandten Seite des Hauses, und zwar speziell wieder der, der direkt in Johannas Schlafzimmer führte – wie Charles es schon mehr oder weniger angekündigt hatte.
Von unten und bei Licht sahen die Klettermöglichkeiten deutlich besser aus als es in der letzten Nacht den Anschein gemacht hatte. Charles fackelte nicht lang, eine Fassade erklomm er bei Weitem nicht zum ersten Mal. Während Melinda und Johanna ihm dabei zusahen, wie er sich zu Beginn an einem praktischerweise vorhandenen, aber wackligem, Blumengerüst hochhangelte und dann gezwungen war, sich mit Füßen und (zum Glück) behandschuhten Fingern immer wieder Ritzen und kleine Vorsprünge im bloßen Mauerwerk zu suchen, musste er sich voll und ganz konzentrieren. Aber auch wenn es mit einem Seil bestimmt einfacher gewesen wäre, machte diese Wand ihm keine sonderlichen Probleme. Der Architekt des Hauses, der die Gefahr von Fassadenkletterern offenbar nicht mit in seine Planung einbezogen hatte, hatte offenbar etwas gegen gebrannte Ziegel gehabt und Naturstein verwenden lassen, der viele Möglichkeiten bot, daran Halt zu finden, wenn man es darauf anlegte.
Dennoch war Charles froh, als er den ersten Ausläufer des Balkons zu fassen bekam und sich daran hochziehen konnte. Weniger elegant rollte er sich über das Geländer und kam schnaufend und im ersten Moment schwankend auf die Füße. Diese Aktion hatte ihn doch leicht ins Schwitzen gebracht. Wahrscheinlich wäre Dr. Tremaine nicht begeistert, wenn er davon wüsste, dass Charles sich fast schon systematisch der Anordnung widersetzte, sich zu schonen – wenn man das Mittagsschläfchen nicht mitzählte, doch das pflegte Charles eigentlich immer zu halten, falls ihn nichts davon abhielt. Seine Kopfschmerzen hielten sich aber im Moment jedenfalls in Grenzen und vollkommen ausgelaugt fühlte er sich auch noch nicht, was sicherlich kein allzu schlechtes Omen war.
Charles gab den beiden jungen Frauen ein Handzeichen, um zu signalisieren, dass soweit alles in Ordnung mit ihm war. Allerdings brauchte er noch einen Moment, um wieder Ruhe in seine Atmung zu bringen, den er dafür nutzte, sich Staub und Dreck von seinem maßgeschneiderten Anzug zu klopfen.
Dann galt seine Aufmerksamkeit jedoch wieder dem Ziel. Die Balkontür war, zu seiner Verwunderung, noch immer nicht abgeschlossen. An Stelle des Hausbesitzers hätte Charles diese Schwachstelle sofort ausgemerzt, nachdem er schon auf so unangenehme Weise darauf hingewiesen worden war, dass sie existierte. Behutsam schob er die Tür hinter sich wieder zu.
Sie hatten sich darauf geeinigt, dass er sich allein um Johannas Sachen kümmerte – beziehungsweise er hatte es vorgeschlagen und niemand hatte ihm widersprochen. Eigentlich behagte es ihm nicht, in den Habseligkeiten einer jungen Frau herumzuwühlen, auch wenn es sich dabei um seine Tochter handelte, aber so war es bei Weitem unauffälliger als wenn drei Eindringlinge in einem Haus voller Personen herumgeisterten. Doch es drang kein Laut, der von Mitgliedern des Bakersfield-Haushalts stammen könnte, an seine Ohren.
Charles beeilte sich und packte in Johannas Koffer, den er unter dem Bett gefunden hatte, alles hinein, was er im Schrank und in der Kommode fand oder ihm anderenorts in die Hand fiel. Zum Schluss musste Charles sich auf das Ding lehnen, um die Lederschnallen schließen zu können.
Das Gewicht des Koffers überraschte Charles weniger, schließlich hatte er ihn gepackt, jedoch vermutete er, dass im Endeffekt doch einige Dinge, die eigentlich nicht Johanna gehörten, ihren Weg dort hineingefunden hatten. Für ein Hausmädchen wäre dies nämlich eine erstaunlich stattliche Habe.
Charles konnte den Koffer jedoch ohne große Anstrengung sogar mit seiner Prothese tragen, was er als sehr nützlich empfand, weil er dadurch seine rechte Hand frei hatte. Zumindest theoretisch, denn nun zog er seinen Revolver und schlich sich in den Flur. Für den Weg nach unten wollte er lieber erneut die Treppe nehmen.
Dafür, dass Kinder im Haus sein sollten, war es wirklich sehr ruhig. Aber auch die Erwachsenen ließen sich nicht blicken. Umso besser. Sie wären vermutlich nicht begeistert gewesen, den berühmt-berüchtigten Scarface nach der Entführung ihrer Haushaltshilfe wiederzusehen.
Leichtfüßig und fast ohne Geräusche zu verursachen, lief Charles die Stufen herab. Im Erdgeschoss angekommen, wurde er nur etwas langsamer und huschte von Türrahmen zu Türrahmen, um sicherzugehen, dass nicht zufällig jemand in den Flur sah oder ging und ihn bemerkte oder sogar mit ihm zusammenstieß. Doch das Haus war wie ausgestorben.
Charles zuckte mit den Schultern, als er die Haustür erreichte, steckte seinen Revolver wieder ein und spähte prüfend ins Freie, bevor er wieder auf die Straße trat, wo Melinda und Johanna auf ihn warteten.
Was hatte sie sich erhofft, dass sie nur zu offensichtlich so enttäuscht von ihm war? Dass er, da er jetzt wusste, wer sie war, zu Sofia Stead zurückkehren und sie alle zusammen, nach zwanzig Jahren wieder vereint, nun eine glückliche Familie werden würden?
Charles fühlte sich benommen, raffte sich allerdings auf, wobei er sich eher träge aus dem Sessel hievte.
Es würde nie so weit kommen, wusste Charles, selbst wenn sie es versuchen würden. Die Zeit mit Sofia war schön gewesen, doch nicht das, was Johanna sich unter einer Beziehung vorstellen würde. Nun, so viele Jahre nach ihrer Trennung und all den unschönen Ereignissen, die ohne Charles‘ Wissen von Statten gegangen waren – nun, da er eigentlich eher mit zwei als mit einem Bein im Grab stand, würden Sofia und er miteinander kaum glücklich werden. Er hatte Johannas Mutter nie geliebt – und dass sie eine gemeinsame Tochter hatten, würde daran nichts ändern. Außerdem gehörten zu einem Paar immer zwei. Sofia würde keinen Mann wie Scarface nehmen wollen.
Charles hob das Buch auf, strich gedankenverloren über geknickte Seiten und Eselsohren. Er versuchte, den entstandenen Schaden einzudämmen. So etwas zu sehen, tat jedem vernünftigen Mensch in der Seele weh – gerade, wenn man Bücher liebte.
„Gute Väter müssen also wie Mönche leben.“ … War es das, was Johanna so aufbrachte? Dass er anders mit seinen Bedürfnissen umging als die Gesellschaft es anerkannte?
Traurig klappte Charles das Buch zu und stellte es in die Lücke zwischen den anderen Büchern im Regal zurück, in die es offenbar gehörte. Einige Sekunden blieb er dort stehen, noch immer die Hand am Buchrücken.
„Entschuldigen Sie mich“, murmelte Charles, Ms. Bolt adressierend, ohne sie anzusehen, und bewegte sich dann in Richtung Küche.
Lag es an ihr – Melinda? Für Charles schmälerte das Ansehen in der Gesellschaft nicht den Wert eines Menschen. Doch Johanna sah das vielleicht anders. Dachte sie, ihre Mutter wäre für ihn nichts Anderes als eine Prostituierte gewesen? Eine von vielen Bettgeschichten?
Den Weg in die Küche eher unterbewusst hinter sich gebracht, fischte Charles sein Jackett von der Lehne. Johanna hatte offenbar in der Küche aufgeräumt und auch den Stuhl wieder aufgestellt, den er umgeworfen hatte. Charles schlurfte zurück ins Wohnzimmer.
Johanna verstand ihn nicht und schien sich auch zu weigern, wenigstens zu versuchen, nachzuvollziehen, wie seine Position aussah und warum er sich auf Melinda einließ.
Ms. Bolt erklärte, dass sie bereit für den Aufbruch sei, und auch Johanna kehrte zurück. Das feindselige Glitzern in ihren Augen traf Charles wie ein harter Schlag in die Magengrube. Er war versucht, das ebenso grimmig zu erwidern, doch er wandte nur ehrlich verletzt den Blick ab und schob sich an ihr vorbei.
Noch lebte er. Doch es war nicht nur körperliche Begierde, wegen der er sich zu Melinda hingezogen fühlte. Sie ging auf ihn ein und zeigte Interesse an seiner Person. Sie half ihm, sich besser zu fühlen. Genauso wie ihm eine Familie fehlte, fehlte ihm auch die Zuneigung einer Frau. Er war einsam und durch die polizeiliche Verfolgung noch mehr in die Ecke gedrängt als sonst.
Charles verschwand im Badezimmer und schloss hinter sich die Tür ab. Er musste sich nicht erleichtern, er wollte einfach nur einen Moment für sich allein haben.
Was war nur mit Johanna los, dass sie ihm dieses kleine Stückchen Glück nicht gönnte? Wie hätte sie darauf reagiert, wenn er inzwischen verheiratet gewesen und bereits Vater von anderen Kindern gewesen wäre? Hätte sie in dem Fall auch versucht, ihr Gift zu streuen?
Der Gedanke daran ließ Zorn in Charles aufwallen. Johanna wusste nichts über ihn. Sie mischte sich in Dinge ein, die sie nichts angingen – und dann wieder doch. Eigentlich hatte sie Recht: es war falsch von ihm, mit Melinda anzubändeln. Es war unvernünftig. Und doch wollte er es. Die Einsicht, dass etwas unvernünftig war, hatte ihn noch nie von seinem Willen abbringen können. Doch Johanna… sie brachte seine Entschlossenheit ins Wanken. Sie war seine Tochter, die letzte Chance auf eine Familie, die er noch hatte.
Charles war zum Weinen und zum Schreien zumute. Aufgebracht trat er ans Waschbecken und suchte daran Halt. Er sah auf und sein Spiegelbild schaute zurück.
Als er sich selbst so anstarrte, die Hände abgestützt und nach vorn gebeugt, mit finster funkelnden Augen und vor Wut zuckendem Gesicht, war es ihm so, als würde er seinem Vater entgegenblicken. Auch seine Narbe, die, wie immer, wenn er das Gesicht verzog, seine Züge noch mehr verzerrte, und sogar dass er Haar und Bart bewusst anders trug als sein alter Herr zu Lebzeiten, vermochten das nicht zu ändern. Wie immer, wenn Charles dies zum erneuten Mal klar wurde, war das nur noch weitere Nahrung für seinen Groll. Er sah nicht nur aus wie sein Vater, nein, er hatte sich inzwischen komplett in einen verabscheuungswürdigen Abklatsch dieses Mannes verwandelt – nein, in etwas Schlimmeres. Charles hatte sich geschworen, sollte er jemals das Glück haben, eine Familie zu gründen, jemand zu sein, zu dem seine Kinder aufblicken konnten, jemand, den sie bewunderten und liebten, und jemand, der sie im Gegenzug ebenfalls liebte und alles in seiner Macht stehende tat, um ihnen ein behütetes, glückliches Leben zu ermöglichen.
Er hatte versagt.
Er war ein schlechter Vater – das aus Johannas Mund hören zu müssen, zusammen mit diesem vernichtenden Blick, hatte ihn mehr verletzt als jedwede physische Gewalt hätte können, denn der Schmerz darüber zerriss ihn innerlich. Zudem, und das war nicht geringer zu werten, war er ein schlechter Mensch. Er hatte in seinem Leben schlimme Dinge, furchtbare Dinge getan, aus Stolz und Egoismus und stets ohne Reue. Charles hatte Alan in Hills Haus nicht angelogen, als er behauptet hatte, dass er nichts bereute, was er je getan hatte – trotzdem ihn das in seine jetzige Lage gebracht hatte. Das lag daran, dass er stets nur so gehandelt hatte, wie er es selbst für richtig befunden hatte – ungeachtet der Konsequenzen und dessen, wie andere davon dachten.
Charles war so als würde sich ein hämisches Feixen in William J. Norlys Antlitz im Spiegel schleichen.
„Sieh dich nur an, Scarface“, hörte Charles seine eigene Stimme knurren und er musste mit einem Mal den Impuls unterdrücken, begleitet einem Wutschrei, sein Spiegelbild in hunderte Scherben zu zerschlagen. Stattdessen wandte er seinen Blick von sich ab und drehte den Wasserhahn auf, um sich einen Schwall des gefühlt eiskalten Nasses ins Gesicht zu spritzen. Das half etwas. Es vertrieb ein ganz bestimmtes Bedürfnis, das plötzlich in ihm aufgekeimt war: sich hemmungslos betrinken oder sogar nach langer Zeit zu etwas Härterem zu greifen zu wollen, um sich die Sinne zu benebeln.
Als Charles sich abtrocknete, blickte ihm hinter dem Handtuch wieder er selbst entgegen, kühl und gefasst und sogar in seinen Augen unergründlichem Blick. Zum Lächeln war ihm nicht zumute – selbst zu keinem grimmigen, auch wenn das wohl gepasst hätte.
Dann richtete Charles sich zu alter Würde auf und korrigierte kleinlich den Sitz seiner Frisur, die trotz des Kopfverbands ja nicht vollkommen wirr aussehen musste. Genauso verfuhr er mit seiner Kleidung. Er zog seine Taschenuhr auf, da ihm einfiel, dass er das am besten machen sollte, bevor sie stehen blieb, schlüpfte wieder in sein Jackett und seinen rechten Handschuh und band zuvor sogar seine Krawatte neu. Charles ignorierte, dass sein Kehlkopf im Spiegel unwillkürlich zuckte, als er die Schlinge zusammenzog. Wie immer war das, wenn auch ein kaum vergleichbarer, Vorgeschmack auf den bestimmt kratzigen Hanfstrick, der ihn erwartete. Obwohl er diesem Ereignis nicht entgegensehnte, hatte er den Galgen verdient. Doch wer hätte das nicht?
„Wir alle verdienen zu sterben“, murmelte Charles düster.
Er knöpfte das Jackett zu, sodass es den Griff seines Revolvers verbarg, der aus seinem Hosenbund herausragte, und zupfte noch hier und dort herum, bis er zufrieden war, bevor er das Bad verließ. Melinda und Johanna warteten schon auf ihn, doch er bemühte sich nicht um das Aufnehmen einer Unterhaltung, um die Stimmung wieder etwas zu lockern. Charles kehrte noch einmal ins Operationszimmer zurück, steckte den Schlüssel ein, den Dr. Tremaine dagelassen hatte, und hinterließ selbst eine einzeilige Nachricht, die besagte, dass man nicht auf sie warten sollte, da er nicht wusste, wie lang sie fort sein würden.
Charles war distanziert und abweisend, während er Johanna und Melinda zurück nach Mayfair führte, und sprach lediglich, um hin und wieder knappe Anweisungen zu geben. Er wusste genau, wo sie langlaufen und wo besonders aufpassen mussten, um der Polizei auszuweichen und nicht allzu vielen Passanten zu begegnen – was sich an sich in einer Metropole wie London sowieso als schwierig herausstellte. Gerade an einem Sonntag wie diesem, der seinem Namen gerecht wurde und noch vor Frühlingsbeginn für verhältnismäßig warmes Wetter sorgte.
Dennoch hatte Charles Johanna, wortkarg und weiterhin ihrem Blick ausweichend, vor dem Aufbruch seinen dunklen Wollmantel überlassen, denn, im Schatten und wenn der Wind um die Häuser pfiff, konnte es schnell kalt werden. Melinda hingegen hatte sich an Dr. Tremaines Garderobe bedient und eine Jacke übergestreift, die wohl der Mutter des Chirurgen gehörte.
Charles genoss im Stillen das Sonnenlicht, denn davon hatte er in letzter Zeit weniger gesehen als ihm lieb war. Zielstrebig schritt er voran, wechselte ab und zu die Straßenseite und zwängte sich auch zwischen Menschenansammlungen hindurch, wenn es sein musste, aber achtete stets darauf, dass Melinda und Johanna ihn nie aus den Augen verloren, wenn sich der Abstand zwischen ihnen vergrößerte. Mit dem Verband um seinen Kopf war, ihm zu folgen, vermutlich auch nicht allzu schwer, da er dadurch auch von hinten leicht zu erkennen war. Er hatte auf seinen Zylinder verzichtet, da dieser ihm, in Anbetracht dessen, was sie vorhatten, wahrscheinlich eher im Weg als dienlich sein würde.
Johanna hatte ihm Auskunft darüber gegeben, wo sich die einzelnen Familienmitglieder ihres Arbeitgebers üblicherweise zu dieser Tageszeit aufhielten. Da es Sonntag war, war Mr. Bakersfield vermutlich Zuhause – wie auch Mrs. Bakersfield, die Kinder und Johannas Kollegin. Nicht die besten Voraussetzungen für ein heimliches Eindringen in das Haus, wie Charles fand. Gerade nicht nach seinem nicht gerade unauffälligen Eindringen in der letzten Nacht.
Doch die Umgebung war ruhig und Charles und seine Begleiterinnen waren anscheinend keinen neugierigen Blicken ausgesetzt, sodass sie ungestört um das Haus herumschleichen konnten. Eigentlich hätte Charles ein Fenster im Erdgeschoss als Einstiegsmöglichkeit bevorzug, jedoch waren diese ausnahmslos verschlossen und es würde zu viel Lärm machen, eins von ihnen mit Gewalt zu öffnen. Ein geeignetes Messer, um die Verriegelung auszuhebeln, hatte er auch nicht dabei. Das Haustürschloss zu knacken, wäre eine Möglichkeit gewesen, aber vermutlich eine nicht sehr unauffällige. Übrig blieb einer der Balkone auf der straßenabgewandten Seite des Hauses, und zwar speziell wieder der, der direkt in Johannas Schlafzimmer führte – wie Charles es schon mehr oder weniger angekündigt hatte.
Von unten und bei Licht sahen die Klettermöglichkeiten deutlich besser aus als es in der letzten Nacht den Anschein gemacht hatte. Charles fackelte nicht lang, eine Fassade erklomm er bei Weitem nicht zum ersten Mal. Während Melinda und Johanna ihm dabei zusahen, wie er sich zu Beginn an einem praktischerweise vorhandenen, aber wackligem, Blumengerüst hochhangelte und dann gezwungen war, sich mit Füßen und (zum Glück) behandschuhten Fingern immer wieder Ritzen und kleine Vorsprünge im bloßen Mauerwerk zu suchen, musste er sich voll und ganz konzentrieren. Aber auch wenn es mit einem Seil bestimmt einfacher gewesen wäre, machte diese Wand ihm keine sonderlichen Probleme. Der Architekt des Hauses, der die Gefahr von Fassadenkletterern offenbar nicht mit in seine Planung einbezogen hatte, hatte offenbar etwas gegen gebrannte Ziegel gehabt und Naturstein verwenden lassen, der viele Möglichkeiten bot, daran Halt zu finden, wenn man es darauf anlegte.
Dennoch war Charles froh, als er den ersten Ausläufer des Balkons zu fassen bekam und sich daran hochziehen konnte. Weniger elegant rollte er sich über das Geländer und kam schnaufend und im ersten Moment schwankend auf die Füße. Diese Aktion hatte ihn doch leicht ins Schwitzen gebracht. Wahrscheinlich wäre Dr. Tremaine nicht begeistert, wenn er davon wüsste, dass Charles sich fast schon systematisch der Anordnung widersetzte, sich zu schonen – wenn man das Mittagsschläfchen nicht mitzählte, doch das pflegte Charles eigentlich immer zu halten, falls ihn nichts davon abhielt. Seine Kopfschmerzen hielten sich aber im Moment jedenfalls in Grenzen und vollkommen ausgelaugt fühlte er sich auch noch nicht, was sicherlich kein allzu schlechtes Omen war.
Charles gab den beiden jungen Frauen ein Handzeichen, um zu signalisieren, dass soweit alles in Ordnung mit ihm war. Allerdings brauchte er noch einen Moment, um wieder Ruhe in seine Atmung zu bringen, den er dafür nutzte, sich Staub und Dreck von seinem maßgeschneiderten Anzug zu klopfen.
Dann galt seine Aufmerksamkeit jedoch wieder dem Ziel. Die Balkontür war, zu seiner Verwunderung, noch immer nicht abgeschlossen. An Stelle des Hausbesitzers hätte Charles diese Schwachstelle sofort ausgemerzt, nachdem er schon auf so unangenehme Weise darauf hingewiesen worden war, dass sie existierte. Behutsam schob er die Tür hinter sich wieder zu.
Sie hatten sich darauf geeinigt, dass er sich allein um Johannas Sachen kümmerte – beziehungsweise er hatte es vorgeschlagen und niemand hatte ihm widersprochen. Eigentlich behagte es ihm nicht, in den Habseligkeiten einer jungen Frau herumzuwühlen, auch wenn es sich dabei um seine Tochter handelte, aber so war es bei Weitem unauffälliger als wenn drei Eindringlinge in einem Haus voller Personen herumgeisterten. Doch es drang kein Laut, der von Mitgliedern des Bakersfield-Haushalts stammen könnte, an seine Ohren.
Charles beeilte sich und packte in Johannas Koffer, den er unter dem Bett gefunden hatte, alles hinein, was er im Schrank und in der Kommode fand oder ihm anderenorts in die Hand fiel. Zum Schluss musste Charles sich auf das Ding lehnen, um die Lederschnallen schließen zu können.
Das Gewicht des Koffers überraschte Charles weniger, schließlich hatte er ihn gepackt, jedoch vermutete er, dass im Endeffekt doch einige Dinge, die eigentlich nicht Johanna gehörten, ihren Weg dort hineingefunden hatten. Für ein Hausmädchen wäre dies nämlich eine erstaunlich stattliche Habe.
Charles konnte den Koffer jedoch ohne große Anstrengung sogar mit seiner Prothese tragen, was er als sehr nützlich empfand, weil er dadurch seine rechte Hand frei hatte. Zumindest theoretisch, denn nun zog er seinen Revolver und schlich sich in den Flur. Für den Weg nach unten wollte er lieber erneut die Treppe nehmen.
Dafür, dass Kinder im Haus sein sollten, war es wirklich sehr ruhig. Aber auch die Erwachsenen ließen sich nicht blicken. Umso besser. Sie wären vermutlich nicht begeistert gewesen, den berühmt-berüchtigten Scarface nach der Entführung ihrer Haushaltshilfe wiederzusehen.
Leichtfüßig und fast ohne Geräusche zu verursachen, lief Charles die Stufen herab. Im Erdgeschoss angekommen, wurde er nur etwas langsamer und huschte von Türrahmen zu Türrahmen, um sicherzugehen, dass nicht zufällig jemand in den Flur sah oder ging und ihn bemerkte oder sogar mit ihm zusammenstieß. Doch das Haus war wie ausgestorben.
Charles zuckte mit den Schultern, als er die Haustür erreichte, steckte seinen Revolver wieder ein und spähte prüfend ins Freie, bevor er wieder auf die Straße trat, wo Melinda und Johanna auf ihn warteten.
Umbra- Tiefseemonster
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Charles hatte auf die Ansage seiner Tochter nicht wirklich reagiert. Doch das Mädchen hatte es wieder einmal geschafft den Mann zu verletzten, dass hatte Melinda ihm ansehen können. Während der ganzen Zeit waren alle recht schweigsam gewesen, lediglich Charles hatte unauffällig einige Anweisungen gegeben, wenn sie die Richtung wechselten. Melinda kannte sich in dieser Ecke der Stadt eher weniger aus, und war gezwungen aufmerksam den anderen zu folgen. Ihren Gedanken hinterher hängen konnte sie schlecht. Wenigstens schwieg ihre Stimme im Kopf momentan und der vordergründige Gedanke in ihrem Kopf, war er abstoßende Geruch den die Jacke verströmte, die sie recht wahllos aus der Garderobe gegriffen hatte. Die Jacke roch nach altem Rauch, Melinda war sich nicht sicher ob es alter Tabakrauch war oder der Gestank denn die Fabriken täglich in den Himmel der tristen Stadt bliesen. Doch der alte Rauch war nicht das schlimmste, je länger sie durch die Straßen liefen, bemerkte sie den beißenden Geruch von Alkohol und noch schlimmer, Erbrochenem. Als Charles sich erstaunlich zügig an dem Haus, das Johanna früher ihr Zuhause genannt hatte, hinauf hangelte, lief Melinda ungeduldig hin und her. Sie hoffe er würde sich beeilen, damit sie bald aus diesem Gestank heraus kam. Einige ihrer Kunden rochen genauso wie die Jacke und erbrechen ging oft mit Überanstrengung ein. Sie sagte nichts zu Johanna, die ebenso schweigsam wie sie selbst war. Endlich kam Charles wieder zurück und Melinda gab zu verstehen, dass sie nun voraus gehen würde. Man sagte den Huren in London nach, dass sie eine Eigenschaft hatte, die man sonst bei Pferden finden konnte. Den Weg zum Stall fanden sie immer zurück, in diesem Fall Whitechapel. Die Veränderungen der Stadtteile konnte man nicht leugnen, es war geradezu greifbar. Während man in manchen Teilen Londons auf Kopfsteinpflaster wandelte, konnte man in dem Stadtteil, den Melinda ihre Heimat genannt hatte, davon nur träumen. Der Boden der aus festgetretener Erde bestand hatte sich in durch den Regen und den Unrat dem man hier einfach auf die Straße zu werfen pflegte, in eine rutschige Schlammschicht verwandelt. Während Melinda zielstrebig ihre Schritte setzte, fragte sie sich, ob es jemals anders hier ausgesehen haben mochte, doch sie glaubte nicht daran. In manchen Ecken lagen Betrunkene am Rand der Straße, die Melinda kaum wahr nahm, das war das übliche Bild was sich hier bot. Sie fragte sich, als sie endlich ihrem Zimmer nah kam, wie es wohl Charles und Johanna hier finden würden, vermutlich waren sie nicht sehr begeistert. Sie schlängelte sich in eine Seitengasse, die vorbei an ihrer Stammkneipe führte. Eine raue Stimme rief ihr zu „Hey Puppe! Endlich mal wieder da. Komm‘ her! Ich hab hier zwei Pence für dich!“. Ohne dem grobschlächtigen Mann Aufmerksamkeit zu schenken, stieg sie über die Beine einer ihr unbekannten Prostituierten die schnarchend an der Wand lehnte. Sie drehte sich um, um nach Charles und Johanna zu sehen, die gleich hinter ihr waren. Es waren nur noch wenige Meter bis zu dem Haus in dem reihenweise Zimmer lagen, die vermietet waren. Hauptsächlich an Huren und Tagelöhner. Melinda hatte sich nie Gedanken darüber gemacht, wie viele hier wohl beheimatet waren. Um diese Tageszeit waren die meisten Zimmer jedoch leer und sie hoffte, dass das auch auf ihre zutraf. Was ihnen jedoch zu Gute kommen könnte, sollte ihre Mitbewohnerin die sich selbst Ginger auf Grund ihrer Haarfarbe nannte, dort sein, dass sich hier niemand für die Belange des Nachbarn interessierte. Selbst bei Schreien oder umherfliegenden Gegenständen hatten ihrer Erfahrung noch nie einen besorgten Mitbürger an ihrer Tür gelockt. Schließlich blieb sie vor der Tür stehen, von welcher der Lack abblätterte “Nun. Herzlich Willkommen in diesem wunderschönen Viertel, welches ich mein Zuhause nennen…darf.“ Sie lauschte an der Tür und hörte deutlich das Ginger gerade einen Kunden hatte. Verärgert blickte sie das alte dünne Holz an, das sie von ihr trennte. Sie hatten eine Vereinbarung getroffen, dass niemand in dem gemeinsamen Zimmer Kunden empfing. Jedoch hatte Ginger sich nie an ihre Vereinbarungen gehalten. “GINGER!“ rief sie wütend, bevor sie sich in ruhigerer Stimme an ihre Begleitung wand, “Vielleicht wäre es besser hier auf mich zu warten.“ Sie sah dabei besonders Johanna an. “Ich denke ich werde nicht lange brauchen.“ Die Geräusche in dem Zimmer hatten sich verändert und sie stieß sie Tür auf. Ginger stand vor ihrem Bett und trug Melindas Mantel, den sie scheinbar einfach schnell um ihre Schultern geworfen hatte. Der Kunde saß halb verdeckt hinter ihr, sie konnte nur die Beine sehen, die wieder in eine Hose steckten. Die Füße waren barfuß, gleich daneben lag ein Uniformoberteil auf dem Boden. Ein Polizist. Verdammte Scheiße. Draußen steht Norly und Ginger hat einen Bobby hier drin! Sie überlegte rasch was sie tun sollte ohne dem Mann weiter Beachtung zu schenken, als dieser plötzlich aufstand und Ginger hart zur Seite stieß. “Ich bekomme noch Geld!“ rief diese empört auf, während sie unsanft zu Boden fiel und der Mantel zu Boden rutschte, sie zerrte daran um sich wieder zu bedecken und versuchte auf die Beine zukommen. Ein harter Tritt in ihre Seite ließ sie wieder zu Boden fallen und schmerzhaft aufstöhnen. Erst in diesem Moment drehte sich der Bobby zu Melinda um und sie erstarrte völlig. Leeland. Leeland Smithson. “Hat sich mein Besuch doch noch gelohnt. Kostenfrei über die Schlampe gerutscht und nun ist das Täubchen doch wieder in den Verschlag zurückgekehrt.“
Ihre Atmung beschleunigte sich panisch als sie in das narbenüberzogene Gesicht starrte.
“Hat das Täubchen Angst? Hm? Wie amüsant. Ich glaube heute hole ich mir endlich was du mir noch schuldest!“
Sollte sie um Hilfe rufen? Doch sie wollte weder Charles noch Johanna in diese Gefahr bringen, ganz zu schweigen davon, dass Leeland mehr von ihr gefürchtet war, als ganz Scotland Yard zusammen. “Was willst du?“ zwang sie sich heraus zu pressen, sie sah zu Ginger herüber von der jedoch keine Hilfe zu erwarten war.
“Ich habe keine Gesicht mehr wegen dir du kleine Missgeburt. Ich denke mir fällt schon was ein, wie ich dich dafür bezahlen lasse. Nun sind wir wirklich mal alleine. Sonst hat ja immer jemand unsere Zweisamkeit gestört. Du erinnerst dich doch sicherlich wie du mir mein Gesicht weggebrannt hast oder nicht?“
Natürlich erinnerte sie sich daran. Wie würde sie es vergessen können. Es war vielleicht vier Jahre her, sie hatte gerade eine ihrer ersten schwarzen Kutschen ergattern können, just in dem Moment als sie zum Aufbruch bereit gewesen war, hatten Bobbies das Haus gestürmt. Bis heute wusste sie nicht, was ihr Kunde verbrochen hatte, als sich plötzlich zwei auf ihn geworfen hatten und nackt aus dem Bett gezogen hatten. Leeland damals selbst noch ein sehr junger Bobby, hatte versucht Melinda zu ergreifen, die ängstlich versucht hatte zu fliehen. Da sie dem Kamin am nächsten gestanden hatte, hatte sie die erste ‘Waffe‘ gegriffen, die sich ihr bot. Eine grobe Metallpfanne, die man als Wärmflasche benutze, sie hatte sie eben selbst erst mit glühenden Kohlen gefüllt, nachdem ihr Kunde ihr das als letzte Aufgabe erteilt hatte. Sie riss unter großer Kraftanstrengung das schwere Metall nach oben und schlug damit um sich. Sie hatte nur eine Chance gehabt und diese ergriffen, sie traf Leeland in der rechten Gesichtshälfte. Die Hitze hatte seine Haut versengt, noch bevor der Knochen brechen konnte. Sein Schrei klang ihr heute noch in den Ohren als sie davon lief. Seine Kollegen hatten sich um ihn gekümmert, so dass sie tatsächlich davon kam. Doch seit diesem Tag war Leeland ihre gefolgt wie ein Schatten. Immer wieder tauchte er hier und dort auf und ließ sie wissen, dass er nur auf den geeigneten Tag wartete, er war ihr lebender Albtraum geworden. Sie wusste, dass seine Verlobte ihn nach dem Vorfall verlassen hatte, was laut Berichten für ihn schlimmer war, als die Schmerzen die ihn seit diesem Tag ständig begleiteten. Zu Beginn hatte sie versucht sich zu entschuldigen, aber sie erkannte schnell, dass Leeland mehr wollte als eine Entschuldigung. Sie hatte ihm alles gegeben, was sie geben konnte. Ihr Geld, ihr Wissen über Freier, ihren Körper. Doch sie war sich bewusst, dass er ihren Tod wollte, nichts anderes. Bis dahin jedoch genoss er es, sie panisch vor sich her zu treiben. Hier war sie die Maus und er die Katze und er spielte mit ihr. Jetzt schien jedoch seine Zeit für seine Vergeltung zu kommen. Sie entschied sich, nun laut zu werden um ihre Begleitung zu warnen“Lauf weg schnell! SCHNELL!“
Leeland lachte, denn er schien zu denken, dass sie mit Ginger sprach “Du hast Recht, Zeugen kann ich nicht gebrauchen. Aber laufen kann sie wohl nicht mehr.“ Er holte erneut aus und trat mit voller Wucht in den Bauch der rothaarigen Irin. Melinda drehte sich auf dem Absatz um, um zu fliehen. Gerade als sie den Türgriff in der Hand hatte und hoffte, dass Johanna und Charles verstanden hatten, das sie gemeint waren, spürte sie einen harten Arm der sich um ihren Hals legte und sie nach hinten von der Tür weg zerrte. Sie wurde fast von den Füßen gerissen, als sie ihren rechten Arm nach oben zog und versuchte seinen Arm wegzuziehen, doch Leeland war ihr körperlich weit überlegen. Sein heißer, stinkender Abend hauchte ihr in ihr Ohr. “Netter Versuch.“ Er lachte und ihr ganzer Körper wurde in sekundenschnelle von Gänsehaut überzogen. Ihr Fächer! Warum hatte sie nicht früher daran gedacht. Doch dieser befand sich an ihrer rechten Seite und es würde ihm auffallen, wenn sie ihren Arm von seinem weg nahm. Scheiße. Ich muss ihn ablenken. Jetzt. Er zog sie noch weiter in den kleinen Raum hinein und drückte dabei ihren Hals zu. Ihre Füße trappelten auf den Holzdielen in den hohen Absätzen laut, als sie versuchte nicht zu stürzen. Ein Schrei entfuhr ihr, als sie sein heiseres Lachen in ihrem Ohr mehr spürte als hörte.
Ihre Atmung beschleunigte sich panisch als sie in das narbenüberzogene Gesicht starrte.
“Hat das Täubchen Angst? Hm? Wie amüsant. Ich glaube heute hole ich mir endlich was du mir noch schuldest!“
Sollte sie um Hilfe rufen? Doch sie wollte weder Charles noch Johanna in diese Gefahr bringen, ganz zu schweigen davon, dass Leeland mehr von ihr gefürchtet war, als ganz Scotland Yard zusammen. “Was willst du?“ zwang sie sich heraus zu pressen, sie sah zu Ginger herüber von der jedoch keine Hilfe zu erwarten war.
“Ich habe keine Gesicht mehr wegen dir du kleine Missgeburt. Ich denke mir fällt schon was ein, wie ich dich dafür bezahlen lasse. Nun sind wir wirklich mal alleine. Sonst hat ja immer jemand unsere Zweisamkeit gestört. Du erinnerst dich doch sicherlich wie du mir mein Gesicht weggebrannt hast oder nicht?“
Natürlich erinnerte sie sich daran. Wie würde sie es vergessen können. Es war vielleicht vier Jahre her, sie hatte gerade eine ihrer ersten schwarzen Kutschen ergattern können, just in dem Moment als sie zum Aufbruch bereit gewesen war, hatten Bobbies das Haus gestürmt. Bis heute wusste sie nicht, was ihr Kunde verbrochen hatte, als sich plötzlich zwei auf ihn geworfen hatten und nackt aus dem Bett gezogen hatten. Leeland damals selbst noch ein sehr junger Bobby, hatte versucht Melinda zu ergreifen, die ängstlich versucht hatte zu fliehen. Da sie dem Kamin am nächsten gestanden hatte, hatte sie die erste ‘Waffe‘ gegriffen, die sich ihr bot. Eine grobe Metallpfanne, die man als Wärmflasche benutze, sie hatte sie eben selbst erst mit glühenden Kohlen gefüllt, nachdem ihr Kunde ihr das als letzte Aufgabe erteilt hatte. Sie riss unter großer Kraftanstrengung das schwere Metall nach oben und schlug damit um sich. Sie hatte nur eine Chance gehabt und diese ergriffen, sie traf Leeland in der rechten Gesichtshälfte. Die Hitze hatte seine Haut versengt, noch bevor der Knochen brechen konnte. Sein Schrei klang ihr heute noch in den Ohren als sie davon lief. Seine Kollegen hatten sich um ihn gekümmert, so dass sie tatsächlich davon kam. Doch seit diesem Tag war Leeland ihre gefolgt wie ein Schatten. Immer wieder tauchte er hier und dort auf und ließ sie wissen, dass er nur auf den geeigneten Tag wartete, er war ihr lebender Albtraum geworden. Sie wusste, dass seine Verlobte ihn nach dem Vorfall verlassen hatte, was laut Berichten für ihn schlimmer war, als die Schmerzen die ihn seit diesem Tag ständig begleiteten. Zu Beginn hatte sie versucht sich zu entschuldigen, aber sie erkannte schnell, dass Leeland mehr wollte als eine Entschuldigung. Sie hatte ihm alles gegeben, was sie geben konnte. Ihr Geld, ihr Wissen über Freier, ihren Körper. Doch sie war sich bewusst, dass er ihren Tod wollte, nichts anderes. Bis dahin jedoch genoss er es, sie panisch vor sich her zu treiben. Hier war sie die Maus und er die Katze und er spielte mit ihr. Jetzt schien jedoch seine Zeit für seine Vergeltung zu kommen. Sie entschied sich, nun laut zu werden um ihre Begleitung zu warnen“Lauf weg schnell! SCHNELL!“
Leeland lachte, denn er schien zu denken, dass sie mit Ginger sprach “Du hast Recht, Zeugen kann ich nicht gebrauchen. Aber laufen kann sie wohl nicht mehr.“ Er holte erneut aus und trat mit voller Wucht in den Bauch der rothaarigen Irin. Melinda drehte sich auf dem Absatz um, um zu fliehen. Gerade als sie den Türgriff in der Hand hatte und hoffte, dass Johanna und Charles verstanden hatten, das sie gemeint waren, spürte sie einen harten Arm der sich um ihren Hals legte und sie nach hinten von der Tür weg zerrte. Sie wurde fast von den Füßen gerissen, als sie ihren rechten Arm nach oben zog und versuchte seinen Arm wegzuziehen, doch Leeland war ihr körperlich weit überlegen. Sein heißer, stinkender Abend hauchte ihr in ihr Ohr. “Netter Versuch.“ Er lachte und ihr ganzer Körper wurde in sekundenschnelle von Gänsehaut überzogen. Ihr Fächer! Warum hatte sie nicht früher daran gedacht. Doch dieser befand sich an ihrer rechten Seite und es würde ihm auffallen, wenn sie ihren Arm von seinem weg nahm. Scheiße. Ich muss ihn ablenken. Jetzt. Er zog sie noch weiter in den kleinen Raum hinein und drückte dabei ihren Hals zu. Ihre Füße trappelten auf den Holzdielen in den hohen Absätzen laut, als sie versuchte nicht zu stürzen. Ein Schrei entfuhr ihr, als sie sein heiseres Lachen in ihrem Ohr mehr spürte als hörte.
Elli- Piratenpinguin
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Johanna war froh, dass bis jetzt alles Problemlos geklappt hatte. Mehrmals war sie kurz davor gewesen in das Haus zu stürmen um ihre Familie noch einmal zu sehen. Ja, ihre Familie. Ihre Arbeitgeber waren mehr als nur das für sie, sie bedeuteten ihr alles. Doch in nur einer Nacht, hatte Johanna ihr komplettes altes Leben zurück gelassen. Sie hatte ein neues Leben begonnen, von dem sie nicht wusste, ob sie es überhaupt lange leben konnte, oder ob es ihr Todesurteil bedeutete. Sie hatte nun eine neue Familie, obwohl sie sich nicht sicher war, ob sie Charles und sich jemals eine Familie nennen konnte.
Johanna konnte sich zurück halten, akzeptierte die Tatsache, dass sie sich wortlos von den Bakersfield's verabschieden musste. Es war sicher besser so gewesen.
Der restliche Weg zu Melinda nach Hause verlief schweigend. Johanna hatte Charles verletzt, mit dem was sie sagte, doch sie plagte kein schlechtes Gewissen. Er hatte sie ebenfalls verletzt.
Johanna verlangte kein Mitleid, das brauchte und wollte sie nicht. Sie wollte nur fair behandelt werden. Doch in den Hintergrund gestellt zu werden war nichts, was sie für fair hielt. Johanna behielt ihren kalten, fast emotionslosen Blick bei. So war ihr auch zumute. Kein bisschen Glück war mehr in ihr Vorhanden, ihre Gefühle waren überboten worden von Anspannung, Wut, Nervosität und Angst. Über die Angst wurde Johanna sich erst wirklich bewusst, als sie tiefer in die Gegend eindrangen, in der Melinda lebte. Sie schien trostlos und dunkel. 'Nicht Kinderfreundlich..', dachte Johanna. Das war allerdings gerade alles andere als wichtig.
Johanna blickte sich hektisch um, als sie über die ersten Schnapsleichen laufen musste, sah immer wieder nach ob Charles auch in der nähe war und beschleunigte dann ihre Schritte um nah bei Melinda zu bleiben. Würde sie die Beiden verlieren, hätte sie keine Chance einen Ausweg aus dieser Gegend zu finden, und Johanna war sich ziemlich sicher zu wissen, was mit einer verirrten Frau passieren würde, wenn ein Betrunkener sie fand.
Glücklicherweise waren sie bald bei Melinda angekommen. Charles und Johanna blieben in einem recht runtergekommenen Flur zurück, während Melinda in ihr Zimmer ging um ihre Sachen zu packen.
Das Schweigen zwischen Charles und Johanna wurde mittlerweile unerträglich. Johanna lehnte sich an die Wand des Flures und blickte zu Boden.
'Hoffentlich dauert das nicht allzu lange..', betete Johanna. Lächerlich, wenn man bedachte, dass sie sich vor wenigen Stunden noch gewünscht hatte, das Melinda möglichst fern von Charles war. Doch jetzt wünschte sie sich tatsächlich, dass sie wieder hier sein würde, um dieses Schweigen weniger unerträglich zu machen.
Gerade wollte Johanna etwas sagen, um das Schweigen zu unterbrechen, als ein Schrei ertönte.
Plötzlich war alles wie früher. Johanna war gerade dabei die Wäsche zu machen, während die beiden Kinder der Bakersfield's spielten. Es war still im Haus, und Johanna genoss die Ruhe. Doch diese war ihr nicht lange gegönnt, denn ein Schrei ertönte. Schnaufend ließ sie die Wäsche zu Boden fallen und eilte sie Treppe nach oben. Mit den Armen hob sie ihr Kleid an, um nicht zu fallen, und lief im Schnellschritt Richtung Kinderzimmer. Dort angekommen riss sie genervt die Tür auf. Jake, der Junge der Bakersfields hatte seine Schwester im Schwitzkasten, die verzweifelt mit den Beinen zappelte.
„Lass sie sofort los!“, rief Johanna hörbar wütend. Schon oft hatten die Kinder sich gestritten und schon oft musste sie die Beiden trennen, wenn sie gerade dabei waren sich gegenseitig in die Knie zu zwingen, und mittlerweile war es Johanna mehr als Leid das zu tun. Sie schnaufte energisch und blickte Jake an, doch der schien sie zu ignorieren, blickte wie besessen auf das Opfer in seinen Armen, bereit, es jeden Moment zu töten.
Das Bild vor Johannas Augen verschwamm. Als sie bemerkte dass sie sich weder in einem Kinderzimmer befand, noch Jake und seine Schwester vor ihr standen, taumelte sie entsetzt zurück. Mit einem dumpfen Schlag viel sie zu Boden, nachdem sie über irgendetwas gestolpert war. Erst jetzt erkannte sie, dass ein fremder Mann Melinda fast erwürgte, und nun war es Johanna, der ein Schrei entfuhr. Geschockt hielt sie sich die Hände vor den Mund, und robbte sich mit den Beinen noch ein Stück weiter von dem Mann weg. Vor ihr sah sie eine Frau liegen. Sie rührte sich nicht mehr.
„Oh Gott..“, entfuhr es Johanna.
Sie musste sich eingebildet haben zuhause zu sein, hatte Melindas Schrei für einen der Kinder gehalten und war statt ins Kinderzimmer gerade in Melindas Zimmer geraten. Sie war von ihrem früheren Leben geradewegs in ihr neues Leben gefallen, und genau das schien gerade ihren Tod zu bedeuten. Oder Melindas.
Johanna konnte sich zurück halten, akzeptierte die Tatsache, dass sie sich wortlos von den Bakersfield's verabschieden musste. Es war sicher besser so gewesen.
Der restliche Weg zu Melinda nach Hause verlief schweigend. Johanna hatte Charles verletzt, mit dem was sie sagte, doch sie plagte kein schlechtes Gewissen. Er hatte sie ebenfalls verletzt.
Johanna verlangte kein Mitleid, das brauchte und wollte sie nicht. Sie wollte nur fair behandelt werden. Doch in den Hintergrund gestellt zu werden war nichts, was sie für fair hielt. Johanna behielt ihren kalten, fast emotionslosen Blick bei. So war ihr auch zumute. Kein bisschen Glück war mehr in ihr Vorhanden, ihre Gefühle waren überboten worden von Anspannung, Wut, Nervosität und Angst. Über die Angst wurde Johanna sich erst wirklich bewusst, als sie tiefer in die Gegend eindrangen, in der Melinda lebte. Sie schien trostlos und dunkel. 'Nicht Kinderfreundlich..', dachte Johanna. Das war allerdings gerade alles andere als wichtig.
Johanna blickte sich hektisch um, als sie über die ersten Schnapsleichen laufen musste, sah immer wieder nach ob Charles auch in der nähe war und beschleunigte dann ihre Schritte um nah bei Melinda zu bleiben. Würde sie die Beiden verlieren, hätte sie keine Chance einen Ausweg aus dieser Gegend zu finden, und Johanna war sich ziemlich sicher zu wissen, was mit einer verirrten Frau passieren würde, wenn ein Betrunkener sie fand.
Glücklicherweise waren sie bald bei Melinda angekommen. Charles und Johanna blieben in einem recht runtergekommenen Flur zurück, während Melinda in ihr Zimmer ging um ihre Sachen zu packen.
Das Schweigen zwischen Charles und Johanna wurde mittlerweile unerträglich. Johanna lehnte sich an die Wand des Flures und blickte zu Boden.
'Hoffentlich dauert das nicht allzu lange..', betete Johanna. Lächerlich, wenn man bedachte, dass sie sich vor wenigen Stunden noch gewünscht hatte, das Melinda möglichst fern von Charles war. Doch jetzt wünschte sie sich tatsächlich, dass sie wieder hier sein würde, um dieses Schweigen weniger unerträglich zu machen.
Gerade wollte Johanna etwas sagen, um das Schweigen zu unterbrechen, als ein Schrei ertönte.
Plötzlich war alles wie früher. Johanna war gerade dabei die Wäsche zu machen, während die beiden Kinder der Bakersfield's spielten. Es war still im Haus, und Johanna genoss die Ruhe. Doch diese war ihr nicht lange gegönnt, denn ein Schrei ertönte. Schnaufend ließ sie die Wäsche zu Boden fallen und eilte sie Treppe nach oben. Mit den Armen hob sie ihr Kleid an, um nicht zu fallen, und lief im Schnellschritt Richtung Kinderzimmer. Dort angekommen riss sie genervt die Tür auf. Jake, der Junge der Bakersfields hatte seine Schwester im Schwitzkasten, die verzweifelt mit den Beinen zappelte.
„Lass sie sofort los!“, rief Johanna hörbar wütend. Schon oft hatten die Kinder sich gestritten und schon oft musste sie die Beiden trennen, wenn sie gerade dabei waren sich gegenseitig in die Knie zu zwingen, und mittlerweile war es Johanna mehr als Leid das zu tun. Sie schnaufte energisch und blickte Jake an, doch der schien sie zu ignorieren, blickte wie besessen auf das Opfer in seinen Armen, bereit, es jeden Moment zu töten.
Das Bild vor Johannas Augen verschwamm. Als sie bemerkte dass sie sich weder in einem Kinderzimmer befand, noch Jake und seine Schwester vor ihr standen, taumelte sie entsetzt zurück. Mit einem dumpfen Schlag viel sie zu Boden, nachdem sie über irgendetwas gestolpert war. Erst jetzt erkannte sie, dass ein fremder Mann Melinda fast erwürgte, und nun war es Johanna, der ein Schrei entfuhr. Geschockt hielt sie sich die Hände vor den Mund, und robbte sich mit den Beinen noch ein Stück weiter von dem Mann weg. Vor ihr sah sie eine Frau liegen. Sie rührte sich nicht mehr.
„Oh Gott..“, entfuhr es Johanna.
Sie musste sich eingebildet haben zuhause zu sein, hatte Melindas Schrei für einen der Kinder gehalten und war statt ins Kinderzimmer gerade in Melindas Zimmer geraten. Sie war von ihrem früheren Leben geradewegs in ihr neues Leben gefallen, und genau das schien gerade ihren Tod zu bedeuten. Oder Melindas.
Scáth- Forenzombie
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Randolph taumelte mit Alan in die schmale Seitengasse. Ihm war ein wenig schwindelig. Er hatte wohl doch mehr Blut verloren, als zunächst geschätzt. Sein Blick irrte über das Straßenpflaster, die Häuser. Doch dort war nirgends ein Ort, an dem sie sich verstecken konnten. Vielleicht wäre es das Beste Alan würde ihn hier zurücklassen. Wahrscheinlich hatte er es ohnehin nur deshalb noch nicht getan, weil er darauf noch keinen Gedanken verschwendet hatte. Dabei wäre es perfekt für ihn. Er könnte einfach entkommen und den Mord könnte er Randolph zuschreiben- schließlich gab es keine Zeugen. Und natürlich würde man eher ihn für den Täter halten: Schließlich war er es der den Butler niedergeschlagen hatte und von seiner eigenen Familie für den Tod seines Vaters verantwortlich gemacht wurde.
Er verspürte keine Angst, als er so durch die Häuserschlucht hastete. Nur Zorn. Warum konnte nie etwas funktionieren? Warum gab es immer irgendwelche Idioten die alles versauten? Warum machte er immer wieder dieselbe Scheiße! Er zerrte sich mit der freien Hand den blutigen Umhang vom Körper. Ich bin Chirurg, verdammt noch mal. Ich sollte den Menschen helfen und sie nicht umbringen. Jetzt hatte er eine weitere Person auf dem Gewissen. Und wenn sie erwischt würden...Randolph machte sich keine Hoffnungen. Ehe sich die Nachricht verbreitet hätte würden die Police seine Wohnung stürmen. Charles, Ms. Stead- schon wieder viel ihm nicht mehr der Vorname der jungen Frau ein- und Melinda. Melinda. Das durfte einfach nicht geschehen.
Sei nicht so egoistisch, Randolph. Seine Augen fanden einen Stock am Boden, der wohl eine passable Krücke abgeben würde. Er nahm ihn auf. Dann wandte er sich mit fester Stimme an Alan: "Gib mir deinen Revolver, Alan! Warne die anderen! Mit mir schaffst du es nicht. Wenn ich das hier überlebe, treffen wir uns bei Melinda" Das war dann wohl einer meiner klaren Augenblicke!, dachte Randolph zynisch.
Er verspürte keine Angst, als er so durch die Häuserschlucht hastete. Nur Zorn. Warum konnte nie etwas funktionieren? Warum gab es immer irgendwelche Idioten die alles versauten? Warum machte er immer wieder dieselbe Scheiße! Er zerrte sich mit der freien Hand den blutigen Umhang vom Körper. Ich bin Chirurg, verdammt noch mal. Ich sollte den Menschen helfen und sie nicht umbringen. Jetzt hatte er eine weitere Person auf dem Gewissen. Und wenn sie erwischt würden...Randolph machte sich keine Hoffnungen. Ehe sich die Nachricht verbreitet hätte würden die Police seine Wohnung stürmen. Charles, Ms. Stead- schon wieder viel ihm nicht mehr der Vorname der jungen Frau ein- und Melinda. Melinda. Das durfte einfach nicht geschehen.
Sei nicht so egoistisch, Randolph. Seine Augen fanden einen Stock am Boden, der wohl eine passable Krücke abgeben würde. Er nahm ihn auf. Dann wandte er sich mit fester Stimme an Alan: "Gib mir deinen Revolver, Alan! Warne die anderen! Mit mir schaffst du es nicht. Wenn ich das hier überlebe, treffen wir uns bei Melinda" Das war dann wohl einer meiner klaren Augenblicke!, dachte Randolph zynisch.
Darnamur- Jünger des Pinguins
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Charles versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Er hatte geschlafen, gegessen und getrunken – all dies war nötig, um seinen Blutverlust auszugleichen und wieder zu Kräften zu kommen. Genauso wie Zeit, doch davon war noch nicht genug vergangen. Dass er nicht wieder auf der Höhe war, merkte er am meisten daran, dass Müdigkeit als ständiger Begleiter in seinen Gliedern steckte und ihn selbst das Gehen anstrengte. Wie er es geschafft hatte, den Balkon zu erreichen, ohne dass seine Muskeln auf halber Strecke den Dienst versagt hatten, war ihm nach dem ganzen Weg nach Whitechapel ein Rätsel. Melinda führte sie zielstrebig, aber nicht übermäßig schnell, und dennoch musste er sich bemühen, um Schritt zu halten, während sie schon durch die schäbigste Ecke des East Ends wanderten. Langsam, aber sicher, verflog die schmerzdämpfende Wirkung des Alkohols, den er zu sich genommen hatte, komplett.
Charles blieb aufmerksam. Er kannte diese Gegend, sehr gut sogar, auch wenn seine Begleiterinnen das vielleicht nicht denken würden. London war seine Stadt, obwohl er hier nicht aufgewachsen war und Hill das von sich selbst behauptete, und das schloss selbst diesen Teil mit ein. Auch wenn es um diese Tageszeit einigermaßen ruhig war, fiel dennoch auf, dass Sonntag war, der einzige Tag in der Woche, an dem selbst die untersten der unteren Klasse nicht zu arbeiten brauchten; zumindest nicht von morgens bis abends. Die Gassen waren belebt – und zwar mit allem möglichen Volk, das Charles wohl unter Umständen als „Gesindel“ bezeichnen würde. Neben den wohl anständigen Menschen, die nur draußen waren, um ihre Besorgungen zu machen, lungerten Gruppen von Jugendlichen herum, die an ihrem freien Tag wohl nichts Gutes im Sinn hatten, neben Trunkenbolden und leichten Mädchen, schmierigen Straßenhändlern, Quacksalbern, Schlägertypen und anderen Halunken, bettelnden Straßenkindern und Landstreichern, auf der Straße vor den Opiumhäusern Tee trinkenden Chinesen und tanzenden Zigeunern. Hier hatte alles und jeder klebrige Hände. Hier war das Straßenbild noch schlimmer als im Zentrum der Stadt. Doch Melinda wählte, und Charles war dankbar dafür, einen Weg größtenteils abseits der Hauptstraßen. Trotzdem ließ er Johanna nicht aus den Augen. Dies hier war wahrlich keine Gegend für sie, so viel Verkommenheit und Elend auf einem Fleck hatte sie mit Sicherheit noch nie gesehen. Sie musste sich fühlen als hätte sie jemand ins kalte Wasser geschubst. Dennoch kam kein aufmunterndes Wort über Charles‘ Lippen.
Sie kamen an dem Ort vorbei, an der Charles am gestrigen Abend Melinda entführt hatte. Genau an der Stelle, an der sie sich gerade befanden, hatte er sie ablegen müssen, um sich mit den Bobbies zu befassen, die ihn bemerkt gehabt hatten. Und genau dort drüben, hinter dieser Ecke, im Schatten dieser heruntergekommenen Mietskaserne, hatte er die beiden mit stumpfer Gewalt überwältigt. Dann hatte er die bewusstlose Ms. Bolt durch die Seitengasse, die sie gerade passierten, zur Kutsche getragen. Eds Kutsche.
Dem widerlichen Kerl, der Melinda zu sich rief, warf Charles einen vernichtenden Blick zu und beobachtete nicht ohne Genugtuung, dass dieser, nachdem ihm schlagartig die Farbe aus dem breiten, alkoholgeprägten Gesicht gewichen war, schleunigst Reißaus nahm.
Der Prostituierten, die an die Wand gelehnt schlief, nur so viel Aufmerksamkeit schenkend, dass er nicht auf sie drauftrat, behielt Charles lieber weiterhin die Gegend im Auge. Sie waren nun fast da.
Als es so weit war und Melinda vor der Tür zu ihrem Zimmer stehen blieb, entging auch Charles nicht, was hinter dieser wohl vor sich ging. Er war dankbar dafür, dass Melinda von sich aus anbot, allein hineinzugehen, denn er merkte, dass er schon wieder rot wurde. Charles stellte Johannas Koffer ab und drehte sich mit dem Rücken zur Wand, die er allerdings tunlichst nicht berührte, um die Umgebung wachsam im Blick zu halten.
Gedämpfte Stimmen drangen nun von innerhalb des Zimmers nach draußen. Charles blieb weiterhin schweigsam, während er zusammen mit seiner Tochter wartete. Er war noch immer verstimmt.
Kurz wurde er aufmerksam, als eine weibliche Stimme laut wurde, doch beunruhigt wurde Charles erst, als er einen Schrei vernahm. Es handelte sich eindeutig um Melinda.
Johanna war schneller als Charles und rauschte durch die Tür – nur, um ihm wieder entgegenzustolpern, als er ebenfalls ins Zimmer hineinstürmte. Unbändige Wut überkam Charles, als er den Mann mit entstelltem Gesicht realisierte, der Melinda seinen Arm mit fest um den Hals gelegt hatte.
„Bleib zurück!“, wies er die zu Boden gestürzte Johanna mit einer Geste an, ohne seinen Blick von dem Kerl abzuwenden.
Ein tiefes Grollen drang aus Charles Kehle. Das würde dieses Narbengesicht büßen, denn der echte Scarface war nun hier, um Melinda zu retten.
„Loslassen“, forderte nun auch er – in gefährlich ruhigem Tonfall. Charles' gesamter Körper war angespannt und er war bereit, den Fremden anzuspringen, um Melinda dem Griff zu entreißen und diesem Dreckskerl eine saftige Lektion zu erteilen, sollte dieser nicht freiwillig gehorchen.
Charles blieb aufmerksam. Er kannte diese Gegend, sehr gut sogar, auch wenn seine Begleiterinnen das vielleicht nicht denken würden. London war seine Stadt, obwohl er hier nicht aufgewachsen war und Hill das von sich selbst behauptete, und das schloss selbst diesen Teil mit ein. Auch wenn es um diese Tageszeit einigermaßen ruhig war, fiel dennoch auf, dass Sonntag war, der einzige Tag in der Woche, an dem selbst die untersten der unteren Klasse nicht zu arbeiten brauchten; zumindest nicht von morgens bis abends. Die Gassen waren belebt – und zwar mit allem möglichen Volk, das Charles wohl unter Umständen als „Gesindel“ bezeichnen würde. Neben den wohl anständigen Menschen, die nur draußen waren, um ihre Besorgungen zu machen, lungerten Gruppen von Jugendlichen herum, die an ihrem freien Tag wohl nichts Gutes im Sinn hatten, neben Trunkenbolden und leichten Mädchen, schmierigen Straßenhändlern, Quacksalbern, Schlägertypen und anderen Halunken, bettelnden Straßenkindern und Landstreichern, auf der Straße vor den Opiumhäusern Tee trinkenden Chinesen und tanzenden Zigeunern. Hier hatte alles und jeder klebrige Hände. Hier war das Straßenbild noch schlimmer als im Zentrum der Stadt. Doch Melinda wählte, und Charles war dankbar dafür, einen Weg größtenteils abseits der Hauptstraßen. Trotzdem ließ er Johanna nicht aus den Augen. Dies hier war wahrlich keine Gegend für sie, so viel Verkommenheit und Elend auf einem Fleck hatte sie mit Sicherheit noch nie gesehen. Sie musste sich fühlen als hätte sie jemand ins kalte Wasser geschubst. Dennoch kam kein aufmunterndes Wort über Charles‘ Lippen.
Sie kamen an dem Ort vorbei, an der Charles am gestrigen Abend Melinda entführt hatte. Genau an der Stelle, an der sie sich gerade befanden, hatte er sie ablegen müssen, um sich mit den Bobbies zu befassen, die ihn bemerkt gehabt hatten. Und genau dort drüben, hinter dieser Ecke, im Schatten dieser heruntergekommenen Mietskaserne, hatte er die beiden mit stumpfer Gewalt überwältigt. Dann hatte er die bewusstlose Ms. Bolt durch die Seitengasse, die sie gerade passierten, zur Kutsche getragen. Eds Kutsche.
Dem widerlichen Kerl, der Melinda zu sich rief, warf Charles einen vernichtenden Blick zu und beobachtete nicht ohne Genugtuung, dass dieser, nachdem ihm schlagartig die Farbe aus dem breiten, alkoholgeprägten Gesicht gewichen war, schleunigst Reißaus nahm.
Der Prostituierten, die an die Wand gelehnt schlief, nur so viel Aufmerksamkeit schenkend, dass er nicht auf sie drauftrat, behielt Charles lieber weiterhin die Gegend im Auge. Sie waren nun fast da.
Als es so weit war und Melinda vor der Tür zu ihrem Zimmer stehen blieb, entging auch Charles nicht, was hinter dieser wohl vor sich ging. Er war dankbar dafür, dass Melinda von sich aus anbot, allein hineinzugehen, denn er merkte, dass er schon wieder rot wurde. Charles stellte Johannas Koffer ab und drehte sich mit dem Rücken zur Wand, die er allerdings tunlichst nicht berührte, um die Umgebung wachsam im Blick zu halten.
Gedämpfte Stimmen drangen nun von innerhalb des Zimmers nach draußen. Charles blieb weiterhin schweigsam, während er zusammen mit seiner Tochter wartete. Er war noch immer verstimmt.
Kurz wurde er aufmerksam, als eine weibliche Stimme laut wurde, doch beunruhigt wurde Charles erst, als er einen Schrei vernahm. Es handelte sich eindeutig um Melinda.
Johanna war schneller als Charles und rauschte durch die Tür – nur, um ihm wieder entgegenzustolpern, als er ebenfalls ins Zimmer hineinstürmte. Unbändige Wut überkam Charles, als er den Mann mit entstelltem Gesicht realisierte, der Melinda seinen Arm mit fest um den Hals gelegt hatte.
„Bleib zurück!“, wies er die zu Boden gestürzte Johanna mit einer Geste an, ohne seinen Blick von dem Kerl abzuwenden.
Ein tiefes Grollen drang aus Charles Kehle. Das würde dieses Narbengesicht büßen, denn der echte Scarface war nun hier, um Melinda zu retten.
„Loslassen“, forderte nun auch er – in gefährlich ruhigem Tonfall. Charles' gesamter Körper war angespannt und er war bereit, den Fremden anzuspringen, um Melinda dem Griff zu entreißen und diesem Dreckskerl eine saftige Lektion zu erteilen, sollte dieser nicht freiwillig gehorchen.
Umbra- Tiefseemonster
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
"Damit du mir in den Rücken schiessen kannst? Träum weiter."
Der durchgeknallte Kerl schien ihn tatsächlich für so dumm zu halten, dass er ihm seine Waffe aushändigte. Aber ein anderer Gedanke war viel dringender. Sie mussten von der Bildfläche verschwinden und zwar schnell. Und gemeinsam. Alan war sich ganz und gar nicht sicher, ob der Doc es schaffen würde dichtzuhalten, falls er den Bullen und ihren Folterknechten in die Hände fiel. Obwohl ihm die Vorstellung, dass Randolph geflegt in einem finsteren Loch durch die Mangel genommen wurde, mittlerweile durchaus gefiel.
"Ausserden habe ich keinen blassen Schimmer wo deine Stammhure wohnt. Wir hauen jetzt hier ab und gehen zu dir zurück. Da kannst du dich wieder zusammennähen ... und mir den Schlüssel zu deinem Scheissdrogenschrank geben."
Aber wo sollten sie jetzt hin? Alan grübelte fieberhaft.
Der durchgeknallte Kerl schien ihn tatsächlich für so dumm zu halten, dass er ihm seine Waffe aushändigte. Aber ein anderer Gedanke war viel dringender. Sie mussten von der Bildfläche verschwinden und zwar schnell. Und gemeinsam. Alan war sich ganz und gar nicht sicher, ob der Doc es schaffen würde dichtzuhalten, falls er den Bullen und ihren Folterknechten in die Hände fiel. Obwohl ihm die Vorstellung, dass Randolph geflegt in einem finsteren Loch durch die Mangel genommen wurde, mittlerweile durchaus gefiel.
"Ausserden habe ich keinen blassen Schimmer wo deine Stammhure wohnt. Wir hauen jetzt hier ab und gehen zu dir zurück. Da kannst du dich wieder zusammennähen ... und mir den Schlüssel zu deinem Scheissdrogenschrank geben."
Aber wo sollten sie jetzt hin? Alan grübelte fieberhaft.
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Es gab Menschen, die mit geringer Intelligenz geschlagen waren. Dann gab es Menschen, die über nicht die geringste Intelligenz verfügten. Gegen die hatte Randolph ja auch gar nichts.
Dann allerdings gab es noch solche richtig beschissenen Bastarde wie Alan, die sowieso an allem etwas auszusetzen hatten, was andere sagten. Als er Melinda als seine "Stammhure" bezeichnete hätte er im gerne die Fresse poliert, aber im Moment hatte noch der "vernünftigere Randolph" die Oberhand.
"Alan, kapier es endlich! MIT MIR kommst du hier nicht weg. Die sind gleich bei uns! Wir sind nicht schnell genug. Und ich habe einen idiotensicheren Plan! Ich gebe mich einfach als Passant aus, der von dir angeschossen wurde. Wenn du mir den Revolver nicht geben willst, dann schieß einfach in die Luft, okay? MELINDA wird wissen, wo ihr Haus ist, denke ich!"
Randolph hatte keine Geduld mehr. Er riss sich von Alan los und stürzte zu Boden. Ein wenig Staub qualmte auf, allerdings noch lange nicht so viel, wie dies in weniger edlen Gegenden Londons der Fall wäre. "Schnell!", sagte er, zum Revolver nickend und riss sich den Verband vom Bein, was ihn erneut die Zähne vor Schmerz zusammenbeissen ließ. Ein geübter Arzt würde natürlich erkennen, dass die Wunde nicht vollkommen neu war, aber er bezweifelte dass ein Police Officer das konnte.
Dann allerdings gab es noch solche richtig beschissenen Bastarde wie Alan, die sowieso an allem etwas auszusetzen hatten, was andere sagten. Als er Melinda als seine "Stammhure" bezeichnete hätte er im gerne die Fresse poliert, aber im Moment hatte noch der "vernünftigere Randolph" die Oberhand.
"Alan, kapier es endlich! MIT MIR kommst du hier nicht weg. Die sind gleich bei uns! Wir sind nicht schnell genug. Und ich habe einen idiotensicheren Plan! Ich gebe mich einfach als Passant aus, der von dir angeschossen wurde. Wenn du mir den Revolver nicht geben willst, dann schieß einfach in die Luft, okay? MELINDA wird wissen, wo ihr Haus ist, denke ich!"
Randolph hatte keine Geduld mehr. Er riss sich von Alan los und stürzte zu Boden. Ein wenig Staub qualmte auf, allerdings noch lange nicht so viel, wie dies in weniger edlen Gegenden Londons der Fall wäre. "Schnell!", sagte er, zum Revolver nickend und riss sich den Verband vom Bein, was ihn erneut die Zähne vor Schmerz zusammenbeissen ließ. Ein geübter Arzt würde natürlich erkennen, dass die Wunde nicht vollkommen neu war, aber er bezweifelte dass ein Police Officer das konnte.
Darnamur- Jünger des Pinguins
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Obwohl Melinda so sehr gehofft hatte, dass die beiden verschwinden würden, vor allem aber Charles, hatten die beiden ihren Ruf entweder nicht verstanden oder absichtlich ignoriert. Nun war sie aber doch froh, dass erst Johanna ins Zimmer gefallen kam. Leeland zuckte zusammen, doch die erhoffte Wirkung hatte das junge Hausmädchen, das auf dem Boden lag, nicht, sein Griff lockerte sich keineswegs. Doch dann kam Charles herein und forderte Leeland auf, Melinda loszulassen. “Das gibt es ja gar nicht! Erst bekomme ich endlich dieses Miststück hier zu fassen und dann spaziert Scarface herein. Ein Glückstreffer, würde ich sagen. Sag bloß, ich hab' dir dein nächstes Opfer vor der Nase weggeschnappt? Hier gibt es genug Huren, such dir eine andere!“ Dann lachte er schallend auf und warf den Kopf dabei in den Nacken, genau auf diesen Augenblick hatte Melinda gewartet. Sie versuchte strampelnd loszukommen und wechselte den rechten gegen den linken Arm aus. Leeland riss sie so hart zurück, dass es ihr kurz die Luft nahm. Doch sie hatte ihren Fächer bereits in ihre Hand genommen; sie wusste, dass sie nur eine Chance hatte und stieß ihn nach hinten. Der Schrei von dem Bobby erfolgte zeitgleich mit dem Gefühl ihrer Hand, ihren Fächer, zusammengeklappt, in etwas Weiches, Lebendiges gerammt zu haben. Der Arm um ihren Hals lockerte sich und Melinda riss ihn fort. Sie wollte wegstürzten, doch obwohl sie Leeland getroffen hatte, war er keineswegs lebensgefährlich verletzt. Der Fächer hatte sich zwar in das Fleisch in seinem Bauch gerammt und helles Blut floss über seinen nackten Oberkörper und wurde von dem Bund seiner Hose aufgesaugt. Trotz der Tatsache, dass Melinda nach vorne gestürmt war, traf sein Schlag ihre Schläfe und sie stürzte benommen auf ihr Bett. Sie hatte sich im Fallen unbewusst gedreht und sah nun zu Leeland hin, der sich eine Hand vor die Wunde hielt und nun Charles anstarrte. Johanna lag noch immer dahinter auf dem Boden. Die ganze Begebenheit konnte nur Sekunden gedauert haben, auch wenn Melinda es wie Stunden vorgekommen war. “So, nun zu dir, Scarface. Für das Schätzchen hinter dir fällt mir auch noch was ein.“
Charles‘ Herz pumpte Adrenalin durch seinen Körper. Er brauchte nicht lange, um die Situation zu analysieren. Es war nur zu offensichtlich, dass der Fremde der Freier sein musste, den Melinda mit ihrer Mitbewohnerin Ginger überrascht hatte. Offenbar war der Kerl Polizist, denn auch wenn dessen dunkelblaue Hose nichtssagend war, sprachen der Schlagstock, die Handschellen und die übrigen Utensilien, die zur Ausrüstung der Londoner Bobbies gehörte, am Gürtel des Mannes Bände. Auch den Rest der Uniform, den ihr Besitzer wahrscheinlich eifrig abgelegt hatte, lag auf dem Boden – dafür hatte Charles jedoch keinen genauen Blick übrig, er registrierte Hemd und Jacke lediglich beiläufig, denn Melinda nutzte die Ablenkung, für die Charles gesorgt hatte, um sich eigenmächtig aus dem bedrängenden Griff zu befreien. Gegen den Schlag, der sie traf, konnte er nichts unternehmen. Dieser ließ ihn angespannt zucken, jedoch beherrschte Charles sich soweit, dass er den Polizisten sofort voll halsbrecherischem Zorn anfiel.
In solchen Situationen siegte ein kühler Kopf, das wusste er und hatte er soweit verinnerlicht, dass er sich nicht zwanghaft daran zu erinnern brauchte. Auch durch die herausfordernden Worte und das selbstsichere Gehabe des Bobbies ließ Charles sich nicht zur Weißglut treiben – zumindest nicht äußerlich.
Stattdessen verzerrte sich Charles‘ eigenes Gesicht zu einer höhnisch grinsenden Grimasse.
Das war Fehler Nummer drei, zählte er in Gedanken, denn nachdem der Bobby Melinda überfallen und geschlagen hatte, litt dieser auch noch unter Selbstüberschätzung.
„Nur zu, Bursche, ich bin gespannt“, antwortete Charles auf die Ankündigung, dass der Mann sich nun mit ihm befassen wollte, mit absolut überzeugend klingender Gelassenheit. In seiner Stimme lag Belustigung und in seinen funkelte Augen Hass, als seine Fäuste sich lösten und er seine Hände zu einer kleinen, aber provokanten Geste ausbreitete, um den Bobby zu einem Tänzchen einzuladen.
Wer ihn unterschätzte und herausforderte, sollte nach dem Aufplustern auch den ersten Schritt in das eigene Verderben tun.
Charles‘ Herz pumpte Adrenalin durch seinen Körper. Er brauchte nicht lange, um die Situation zu analysieren. Es war nur zu offensichtlich, dass der Fremde der Freier sein musste, den Melinda mit ihrer Mitbewohnerin Ginger überrascht hatte. Offenbar war der Kerl Polizist, denn auch wenn dessen dunkelblaue Hose nichtssagend war, sprachen der Schlagstock, die Handschellen und die übrigen Utensilien, die zur Ausrüstung der Londoner Bobbies gehörte, am Gürtel des Mannes Bände. Auch den Rest der Uniform, den ihr Besitzer wahrscheinlich eifrig abgelegt hatte, lag auf dem Boden – dafür hatte Charles jedoch keinen genauen Blick übrig, er registrierte Hemd und Jacke lediglich beiläufig, denn Melinda nutzte die Ablenkung, für die Charles gesorgt hatte, um sich eigenmächtig aus dem bedrängenden Griff zu befreien. Gegen den Schlag, der sie traf, konnte er nichts unternehmen. Dieser ließ ihn angespannt zucken, jedoch beherrschte Charles sich soweit, dass er den Polizisten sofort voll halsbrecherischem Zorn anfiel.
In solchen Situationen siegte ein kühler Kopf, das wusste er und hatte er soweit verinnerlicht, dass er sich nicht zwanghaft daran zu erinnern brauchte. Auch durch die herausfordernden Worte und das selbstsichere Gehabe des Bobbies ließ Charles sich nicht zur Weißglut treiben – zumindest nicht äußerlich.
Stattdessen verzerrte sich Charles‘ eigenes Gesicht zu einer höhnisch grinsenden Grimasse.
Das war Fehler Nummer drei, zählte er in Gedanken, denn nachdem der Bobby Melinda überfallen und geschlagen hatte, litt dieser auch noch unter Selbstüberschätzung.
„Nur zu, Bursche, ich bin gespannt“, antwortete Charles auf die Ankündigung, dass der Mann sich nun mit ihm befassen wollte, mit absolut überzeugend klingender Gelassenheit. In seiner Stimme lag Belustigung und in seinen funkelte Augen Hass, als seine Fäuste sich lösten und er seine Hände zu einer kleinen, aber provokanten Geste ausbreitete, um den Bobby zu einem Tänzchen einzuladen.
Wer ihn unterschätzte und herausforderte, sollte nach dem Aufplustern auch den ersten Schritt in das eigene Verderben tun.
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Leeland griff bedacht an seinen Schlagstock, der an seiner Gürtel stets griffbereit hing. Er legte sich die Lederschlaufe um das Handgelenk und schwang die schwere Waffe durch die Luft. “Da heißt es immer, du seist so blitzgescheit und dann legst du dich mit mir an, nur weil ich dir die Hure weggeschnappt habe?“ Trotz der schmerzenden Wunde sprang er auf Charles zu. Der Stock wirbelte durch die Luft und traf Charles an der rechten Schulter, doch nicht so hart wie Leeland gehofft hatte, er hatte nicht alle Kraft in den Sprung auf seinen Gegner zu legen können. Er war erschöpft, die Schulter von Norly wurde eher kaschierte als richtig getroffen. Er holte bereits zum erneuten Schlag aus.
Melinda lag halb benommen auf dem Bett, fassungs- und hilflos. Sie sah sich im Raum um nach einer Waffe, außer ihrem Fächer der nutzlos außer Reichweite lag.
Charles ließ sich nicht dazu herab, dem Polizisten zu antworten, sondern konzentrierte sich darauf, sich mit dem Kampf zu befassen. Er selbst fühlte sich ausgelaugt und war verletzt, doch die Aufregung gab ihm neuen Schwung. Obwohl er Gewalt vermied, wenn möglich, bedeutete das nicht, dass ihm die Hitze des Gefechts missfiel. Wie immer, hauchte diese ihm neues Leben ein – und das bekam sein Gegner nun zu spüren.
Der erste Schlag des Polizisten überraschte ihn und würde mit Sicherheit einen lästigen Bluterguss geben, doch wirklich schmerzhaft war der Treffer im Rausch der Aufregung nicht. Das Nachspiel würde erst später folgen.
Dem zweiten Schlag wich Charles geschickt mit einem bedachten Schritt nach hinten aus und der Schlagstock zischte vor seinem Gesicht vorbei. Sein Grinsen wurde grimmig, wich jedoch nicht. Sollte der ungestüme Bobby sich nur verausgaben…
Ein weiterer, wütender Schlag folgte, als der Polizist nachrückte, doch diesmal blieb Charles nicht passiv. Nun wich er mit einem Seitschritt aus, bekam mit beiden Händen das Handgelenk seines Gegners zu fassen und nutzte dessen Schwung, um diesen umzuwirbeln. Zufrieden nahm Charles wahr, dass der überrumpelte Polizist von Johanna und auch von Melinda wegstolperte und gegen die Wand krachte, wobei ihm der Schlagstock aus der Hand flog. Charles brachte sich zwischen den Mann und die jungen Frauen, als er dem Bobby nachsetzte.
Überrascht schlug Leeland gegen die Wand. Er schrie kurz auf und drehte sich wieder Charles zu. Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und sah blutigen Speichel auf seiner Hand. "Das wirst du büßen!!" Leeland griff erneut an und schlug mit der blanken Faust zu, er traf Charles in die Seite, etwa auf Höhe der Nieren. Leeland lachte, als dieser aufstöhnte. Dann zog er ein Messer und wirbelte damit herum. "Du wirst ein paar neue Narben haben, wenn ich dich Hill übergebe, du Scheißkerl!"
Nach Atem ringend, strauchelte Charles nach hinten und brachte, wenn auch ungewollt, etwas Abstand zwischen sich und den Bobby, der ihm gerade einen harten Schlag in die Niere verpasst hatte. Nachhallender Schmerz zerrte ungemein an seiner Seite, als er sich aus der zuvor nun gebeugten Haltung wieder aufrichtete, um für den nächsten Schritt des Bobbies bereit zu sein.
Rachsüchtig zog dieser ein Messer und spielte damit prahlerisch herum. Nun war Charles es, der, noch immer schnaufend, auflachte. Es klang geringschätzend.
„Da freut sich wohl jemand auf eine Beförderung“, spottete er, da hieb der Polizist schon zu. Charles sah das kommen und reagierte wieder defensiv, indem er zurückwich.
Leeland lachte auf, als Charles zu reden begann. "Oh ja. Ich werde gefeiert sein, trotz der Visage, die die Schlampe mir verpasst hat. Hat sie in deinem Gesicht auch schon herumgefuhrwerkt? Du solltest froh sein, dass ich mich um sie kümmere." Er griff mit dem Messer an und traf die Hand von Charles. Irritiert blickte auf diese, als die Klinge mit einem metallischen Knirschen absprang, ohne eine Blutspur zu hinterlassen. "Was zum...?"
Doch dann überwiegte die Wut, dass sein Angriff erfolglos ausgegangen war, und griff erneut an.
Melinda rappelte sich auf, wenn auch immer noch schwankend und unsicher, und zog sich halb an der Wand hoch, während die beiden Männer sich schlugen. Als der Bobby plötzlich das Messer in der Hand hatte, riss sie panisch die Augen auf. Niemandem durfte etwas wegen ihr geschehen. Nicht schon wieder. Sie überlegte, wie sie an ihren Fächer kommen könnte. Sie musste helfen. Als sie sich auf dem Bett unauffällig nach vorne zog, rutschten ihre Kleidärmel nach vorne, ihre Wristgun wurde freigelegt. Du bist wirklich selten dämlich, dass dir das nicht früher eingefallen ist. Komm, mal sehen, wen du triffst? Charles oder unseren Liebling Leeland?
Sie starrte auf die beiden Männer. Ohne zu wissen, was sie tun sollte.
Johanna musste träumen. Das alles konnte nicht wahr sein. Sicher lag sie noch in ihrem Bett und schlief, während schon langsam die Sonne aufging und in wenigen Minuten durch das Fenster ihre Nase kitzeln würde. Johanna würde aufstehen, hinunter in die Küche laufen und beginnen, das Frühstück für die Familie vorzubereiten.
Wieder war das Mädchen kurz davor, die Realität zu verlassen. Sie biss in den Zeigefinger der Hand, die noch immer auf ihrem Mund lag. Der Schmerz holte Johanna zurück, ließ sie begreifen, in welcher Lage sie sich gerade befand, und dass sie keinen einzigen Ausweg aus dieser Situation finden würde.
'Du wirst sterben... qualvoll wirst du sterben. Das war's Johanna. Das war's...', schoss es ihr durch den Kopf. Der Schmerz und diese Gedanken trieben ihr Tränen in die Augen, die sich langsam einen Weg über ihre Wangen Richtung Boden suchten. Sie begann zu zittern, sog panisch Luft ein. Das Gefühl, sie könne nicht mehr atmen, raubte ihr den letzten Nerv. Sie schob sich noch weiter von den Anderen weg.
Blut war das nächste, was sie sah. Fast in Strömen rann es aus der Wunde des Polizisten, was ihn allerdings wenig zu stören schien. Melinda lag benommen auf dem Bett, während Charles und der Polizist sich nicht nur in ein Wortgefecht stürzten, sondern in immer kürzeren Abständen zuschlugen.
Johanna blickte sich hektisch um. Ihr Blick blieb besorgt an Melinda hängen. Langsam versuchte sie sich aufzurichten, doch ihre Knie gaben schon nach den ersten Zentimetern nach. Johanna konnte nicht zu ihr, sie konnte nicht helfen. Wie sollte sie auch? Hatte sie jemals inmitten einer mörderischen Prügelei gesessen und auch nur ansatzweise handeln müssen? Die Streitigkeiten zwischen Jake und seiner Schwester waren hiergegen so harmlos wie es kleine Mäuse den Menschen gegenüber waren.
Ein seltsames Klirren riss Johanna wieder aus ihrer Trance. Charles wurde mit einem Messer angegriffen. Johanna hatte das Schlimmste erwartet, als sie die Klinge sah, doch im Gegenteil, Charles schien unverletzt geblieben zu sein. Erst in diesem Moment realisierte Johanna seine künstliche Hand. Melinda hatte noch davon geredet, doch Johanna war zu wütend und verletzt gewesen, um auch nur im Geringsten einen Gedanken an das Gesagte zu verschwenden.
Melinda lag halb benommen auf dem Bett, fassungs- und hilflos. Sie sah sich im Raum um nach einer Waffe, außer ihrem Fächer der nutzlos außer Reichweite lag.
Charles ließ sich nicht dazu herab, dem Polizisten zu antworten, sondern konzentrierte sich darauf, sich mit dem Kampf zu befassen. Er selbst fühlte sich ausgelaugt und war verletzt, doch die Aufregung gab ihm neuen Schwung. Obwohl er Gewalt vermied, wenn möglich, bedeutete das nicht, dass ihm die Hitze des Gefechts missfiel. Wie immer, hauchte diese ihm neues Leben ein – und das bekam sein Gegner nun zu spüren.
Der erste Schlag des Polizisten überraschte ihn und würde mit Sicherheit einen lästigen Bluterguss geben, doch wirklich schmerzhaft war der Treffer im Rausch der Aufregung nicht. Das Nachspiel würde erst später folgen.
Dem zweiten Schlag wich Charles geschickt mit einem bedachten Schritt nach hinten aus und der Schlagstock zischte vor seinem Gesicht vorbei. Sein Grinsen wurde grimmig, wich jedoch nicht. Sollte der ungestüme Bobby sich nur verausgaben…
Ein weiterer, wütender Schlag folgte, als der Polizist nachrückte, doch diesmal blieb Charles nicht passiv. Nun wich er mit einem Seitschritt aus, bekam mit beiden Händen das Handgelenk seines Gegners zu fassen und nutzte dessen Schwung, um diesen umzuwirbeln. Zufrieden nahm Charles wahr, dass der überrumpelte Polizist von Johanna und auch von Melinda wegstolperte und gegen die Wand krachte, wobei ihm der Schlagstock aus der Hand flog. Charles brachte sich zwischen den Mann und die jungen Frauen, als er dem Bobby nachsetzte.
Überrascht schlug Leeland gegen die Wand. Er schrie kurz auf und drehte sich wieder Charles zu. Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und sah blutigen Speichel auf seiner Hand. "Das wirst du büßen!!" Leeland griff erneut an und schlug mit der blanken Faust zu, er traf Charles in die Seite, etwa auf Höhe der Nieren. Leeland lachte, als dieser aufstöhnte. Dann zog er ein Messer und wirbelte damit herum. "Du wirst ein paar neue Narben haben, wenn ich dich Hill übergebe, du Scheißkerl!"
Nach Atem ringend, strauchelte Charles nach hinten und brachte, wenn auch ungewollt, etwas Abstand zwischen sich und den Bobby, der ihm gerade einen harten Schlag in die Niere verpasst hatte. Nachhallender Schmerz zerrte ungemein an seiner Seite, als er sich aus der zuvor nun gebeugten Haltung wieder aufrichtete, um für den nächsten Schritt des Bobbies bereit zu sein.
Rachsüchtig zog dieser ein Messer und spielte damit prahlerisch herum. Nun war Charles es, der, noch immer schnaufend, auflachte. Es klang geringschätzend.
„Da freut sich wohl jemand auf eine Beförderung“, spottete er, da hieb der Polizist schon zu. Charles sah das kommen und reagierte wieder defensiv, indem er zurückwich.
Leeland lachte auf, als Charles zu reden begann. "Oh ja. Ich werde gefeiert sein, trotz der Visage, die die Schlampe mir verpasst hat. Hat sie in deinem Gesicht auch schon herumgefuhrwerkt? Du solltest froh sein, dass ich mich um sie kümmere." Er griff mit dem Messer an und traf die Hand von Charles. Irritiert blickte auf diese, als die Klinge mit einem metallischen Knirschen absprang, ohne eine Blutspur zu hinterlassen. "Was zum...?"
Doch dann überwiegte die Wut, dass sein Angriff erfolglos ausgegangen war, und griff erneut an.
Melinda rappelte sich auf, wenn auch immer noch schwankend und unsicher, und zog sich halb an der Wand hoch, während die beiden Männer sich schlugen. Als der Bobby plötzlich das Messer in der Hand hatte, riss sie panisch die Augen auf. Niemandem durfte etwas wegen ihr geschehen. Nicht schon wieder. Sie überlegte, wie sie an ihren Fächer kommen könnte. Sie musste helfen. Als sie sich auf dem Bett unauffällig nach vorne zog, rutschten ihre Kleidärmel nach vorne, ihre Wristgun wurde freigelegt. Du bist wirklich selten dämlich, dass dir das nicht früher eingefallen ist. Komm, mal sehen, wen du triffst? Charles oder unseren Liebling Leeland?
Sie starrte auf die beiden Männer. Ohne zu wissen, was sie tun sollte.
Johanna musste träumen. Das alles konnte nicht wahr sein. Sicher lag sie noch in ihrem Bett und schlief, während schon langsam die Sonne aufging und in wenigen Minuten durch das Fenster ihre Nase kitzeln würde. Johanna würde aufstehen, hinunter in die Küche laufen und beginnen, das Frühstück für die Familie vorzubereiten.
Wieder war das Mädchen kurz davor, die Realität zu verlassen. Sie biss in den Zeigefinger der Hand, die noch immer auf ihrem Mund lag. Der Schmerz holte Johanna zurück, ließ sie begreifen, in welcher Lage sie sich gerade befand, und dass sie keinen einzigen Ausweg aus dieser Situation finden würde.
'Du wirst sterben... qualvoll wirst du sterben. Das war's Johanna. Das war's...', schoss es ihr durch den Kopf. Der Schmerz und diese Gedanken trieben ihr Tränen in die Augen, die sich langsam einen Weg über ihre Wangen Richtung Boden suchten. Sie begann zu zittern, sog panisch Luft ein. Das Gefühl, sie könne nicht mehr atmen, raubte ihr den letzten Nerv. Sie schob sich noch weiter von den Anderen weg.
Blut war das nächste, was sie sah. Fast in Strömen rann es aus der Wunde des Polizisten, was ihn allerdings wenig zu stören schien. Melinda lag benommen auf dem Bett, während Charles und der Polizist sich nicht nur in ein Wortgefecht stürzten, sondern in immer kürzeren Abständen zuschlugen.
Johanna blickte sich hektisch um. Ihr Blick blieb besorgt an Melinda hängen. Langsam versuchte sie sich aufzurichten, doch ihre Knie gaben schon nach den ersten Zentimetern nach. Johanna konnte nicht zu ihr, sie konnte nicht helfen. Wie sollte sie auch? Hatte sie jemals inmitten einer mörderischen Prügelei gesessen und auch nur ansatzweise handeln müssen? Die Streitigkeiten zwischen Jake und seiner Schwester waren hiergegen so harmlos wie es kleine Mäuse den Menschen gegenüber waren.
Ein seltsames Klirren riss Johanna wieder aus ihrer Trance. Charles wurde mit einem Messer angegriffen. Johanna hatte das Schlimmste erwartet, als sie die Klinge sah, doch im Gegenteil, Charles schien unverletzt geblieben zu sein. Erst in diesem Moment realisierte Johanna seine künstliche Hand. Melinda hatte noch davon geredet, doch Johanna war zu wütend und verletzt gewesen, um auch nur im Geringsten einen Gedanken an das Gesagte zu verschwenden.
Zuletzt von Umbra am So Mai 05 2013, 15:04 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
Umbra- Tiefseemonster
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Ein schelmisches Grinsen schlich sich auf Charles Gesicht, als das des Bobbies vor Verwirrung entgleiste. Er selbst verschwendete seinen Atem nicht, um auf das Gesagte einzugehen, denn er wollte lieber mit seinen Kräften haushalten, anstatt es so zu handhaben wie der wohl noch junge, entstellte Polizist.
Charles hatte diesen einmal erfolgreich entwaffnet und dies auch nun vor. Die ungestüme, von Wut gelenkte Art des Bobbies kam ihm dabei zugute. Kaum hatte dieser die Überraschung ob Charles‘ widerstandsfähiger Hand überwunden, folgte der nächste Angriff – diesmal kein ausholender Hieb, sondern ein schneller Stich Richtung Charles‘ Bauchgegend.
Charles griff auf die altbewährte Methode zurück, auszuweichen, dieses Mal, indem er zurücksprang, und griff dann aber nach beiden Handgelenken seines Gegners. Nun kam die metallene Hand wahrlich zum Einsatz, denn Charles konnte durch die Hydraulik unglaublichen Druck aufbauen, sodass sich die künstlichen Finger wie ein Schraubstock einander näherten. Der Bobbie, dessen Arm dazwischen geraten war, heulte schmerzgepeinigt auf und ließ tatsächlich das Messer fallen. Charles hielt den Polizisten jedoch weiterhin an beiden Handgelenken fest und stampfte diesem nun, da er notgedrungen angestrengt mit diesem rangeln musste und keine Hand mehr frei hatte, mit dem Schuh auf einen der nackten Füße.
Leeland schäumte vor Wut. Dieser verdammte Mistkerl hatte ihm schon wieder eine Waffe entwenden können. Die Schmerzen in seinem Handgelenk waren unbeschreiblich. Zwanghaft versuchte er sich zu entwinden und zappelte jaulend auf und ab. Schließlich zog er sein freies Bein ruckartig nach oben, um Charles zwischen die Beine zu treffen. Er traf jedoch nur die Innenseite des inneren Oberschenkels, was Charles dennoch schmerzhaft registierten musste. Leeland setzte zu einem zweiten Tritt nach und versuchte trotz der Schmerzen, die ihn plagten, diesmal besser zu treffen.
Melinda hingegen hätte schreien können; endlich hatte sie eine Idee gehabt, was sie tun könnte und nun waren Charles und Leeland so miteinander umschlungen, dass sie, ohne Charles in Gefahr zu bringen, niemals schießen könnte.
Charles biss die Zähne zusammen und quittierte den ersten Tritt, auch wenn er schmerzhaft war, lediglich mit einem Grunzen. Er musste sich anstrengen, um den Bobby in Schach zu halten. Eigentlich hatte er sich selbst in eine ungünstige Position manövriert, denn würde er nun loslassen, bliebe ihm wahrscheinlich nicht genug Zeit, um einen donnernden Kinnhaken hinterherzusetzen, bevor ein Präventionsangriff kam.
Charles verließ sich einen Moment zu lang darauf, die Kontrolle zu haben, denn ein zweiter Tritt kam und der Polizist rammte ihm das Knie in die Weichteile. Unsagbarer Schmerz und Übelkeit überfluteten Charles und raubten ihm die Sinne und er nahm gar nicht bewusst wahr, dass er den Bobby losließ. Selbst um aufzuschreien, fehlte ihm die Koordination, sodass er nur krampfhaft Luft ausstieß.
"Ha!" Erfreut sah Leeland, wie Charles von ihm abließ und der schreckliche Schmerz in seinem Handgelenk quasi verschwand. Er holte mit Kraft aus und stieß Charles mit voller Wucht gegen die Wand. Er spuckte ihn an und ein blutiger Speichelpropfen klebte an dessen Jacke. Leeland rieb sich das schmerzende Handgelenk und baute sich vor dem nach Luft schnappenden Gegener auf. "Scheiß doch der Hund drauf. Dafür bring ich dich um. Notwehr wird jedem Polizisten gewährt, selbst bei einer Ratte wie dir." Er griff an seinen Gürtel und holte die Handschellen hervor, das war alles, was er noch als Waffe zu bieten hatte, und er hörte bereits das wunderbare Knirschen der brechenden Gesichtsknochen von Scarface. Er holte aus um das harte Metall in Norlys Gesicht zu schmettern, als ihn etwas in den Rücken traf. Er erschrak kurz und drehte sich zur Seite. Melinda saß wie ein erstarrtes Reh auf dem Bett und hatte nichts Besseres gefunden als ein Kissen, das sie nach Leeland geworfen hatte. Leeland blickte kurz zur Charles, der krampfhaft atmete, und drehte sich zu Melinda um. "Gut. Dann eben erst du." Er holte zum Schlag aus.
Charles hatte diesen einmal erfolgreich entwaffnet und dies auch nun vor. Die ungestüme, von Wut gelenkte Art des Bobbies kam ihm dabei zugute. Kaum hatte dieser die Überraschung ob Charles‘ widerstandsfähiger Hand überwunden, folgte der nächste Angriff – diesmal kein ausholender Hieb, sondern ein schneller Stich Richtung Charles‘ Bauchgegend.
Charles griff auf die altbewährte Methode zurück, auszuweichen, dieses Mal, indem er zurücksprang, und griff dann aber nach beiden Handgelenken seines Gegners. Nun kam die metallene Hand wahrlich zum Einsatz, denn Charles konnte durch die Hydraulik unglaublichen Druck aufbauen, sodass sich die künstlichen Finger wie ein Schraubstock einander näherten. Der Bobbie, dessen Arm dazwischen geraten war, heulte schmerzgepeinigt auf und ließ tatsächlich das Messer fallen. Charles hielt den Polizisten jedoch weiterhin an beiden Handgelenken fest und stampfte diesem nun, da er notgedrungen angestrengt mit diesem rangeln musste und keine Hand mehr frei hatte, mit dem Schuh auf einen der nackten Füße.
Leeland schäumte vor Wut. Dieser verdammte Mistkerl hatte ihm schon wieder eine Waffe entwenden können. Die Schmerzen in seinem Handgelenk waren unbeschreiblich. Zwanghaft versuchte er sich zu entwinden und zappelte jaulend auf und ab. Schließlich zog er sein freies Bein ruckartig nach oben, um Charles zwischen die Beine zu treffen. Er traf jedoch nur die Innenseite des inneren Oberschenkels, was Charles dennoch schmerzhaft registierten musste. Leeland setzte zu einem zweiten Tritt nach und versuchte trotz der Schmerzen, die ihn plagten, diesmal besser zu treffen.
Melinda hingegen hätte schreien können; endlich hatte sie eine Idee gehabt, was sie tun könnte und nun waren Charles und Leeland so miteinander umschlungen, dass sie, ohne Charles in Gefahr zu bringen, niemals schießen könnte.
Charles biss die Zähne zusammen und quittierte den ersten Tritt, auch wenn er schmerzhaft war, lediglich mit einem Grunzen. Er musste sich anstrengen, um den Bobby in Schach zu halten. Eigentlich hatte er sich selbst in eine ungünstige Position manövriert, denn würde er nun loslassen, bliebe ihm wahrscheinlich nicht genug Zeit, um einen donnernden Kinnhaken hinterherzusetzen, bevor ein Präventionsangriff kam.
Charles verließ sich einen Moment zu lang darauf, die Kontrolle zu haben, denn ein zweiter Tritt kam und der Polizist rammte ihm das Knie in die Weichteile. Unsagbarer Schmerz und Übelkeit überfluteten Charles und raubten ihm die Sinne und er nahm gar nicht bewusst wahr, dass er den Bobby losließ. Selbst um aufzuschreien, fehlte ihm die Koordination, sodass er nur krampfhaft Luft ausstieß.
"Ha!" Erfreut sah Leeland, wie Charles von ihm abließ und der schreckliche Schmerz in seinem Handgelenk quasi verschwand. Er holte mit Kraft aus und stieß Charles mit voller Wucht gegen die Wand. Er spuckte ihn an und ein blutiger Speichelpropfen klebte an dessen Jacke. Leeland rieb sich das schmerzende Handgelenk und baute sich vor dem nach Luft schnappenden Gegener auf. "Scheiß doch der Hund drauf. Dafür bring ich dich um. Notwehr wird jedem Polizisten gewährt, selbst bei einer Ratte wie dir." Er griff an seinen Gürtel und holte die Handschellen hervor, das war alles, was er noch als Waffe zu bieten hatte, und er hörte bereits das wunderbare Knirschen der brechenden Gesichtsknochen von Scarface. Er holte aus um das harte Metall in Norlys Gesicht zu schmettern, als ihn etwas in den Rücken traf. Er erschrak kurz und drehte sich zur Seite. Melinda saß wie ein erstarrtes Reh auf dem Bett und hatte nichts Besseres gefunden als ein Kissen, das sie nach Leeland geworfen hatte. Leeland blickte kurz zur Charles, der krampfhaft atmete, und drehte sich zu Melinda um. "Gut. Dann eben erst du." Er holte zum Schlag aus.
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Wieder wurde Charles sämtliche Luft aus den Lungen gepresst, als er mit dem Rücken gegen die Wand prallte. Schmerz war allgegenwärtig, ihm war noch immer schwindelig und nun dröhnte auch noch sein Kopf, da er mit diesem angeschlagen war. Keuchend rang er nach Luft und es war wahrscheinlich nur der Halt, den die Wand ihm bot, der verhinderte, dass seine weichen Knie in diesem Moment nachgaben und er zusammensackte.
Der Bobby ließ die Gelegenheit nicht verstreichen und die Zeit rauschte an Charles vorbei, so wie er das Blut in seinen Ohren rauschen hörte, während der Polizist nach seinen Handschellen griff – offensichtlich mit der Absicht, ihn damit totzuprügeln. Worte und Taten sprachen Bände. Der wutgetriebene Mann holte aus und gerade, als Charles vor Anstrengung zitternd und mit bebenden Nasenflügeln die Hände vor sein Gesicht hob und den Kopf einzog, um diesen zu schützen, hielt der Bobby zuckend inne und wandte sich ab – Melinda zu.
„Nein!“, entfuhr es Charles, begleitet von einem Wutschrei, während er sich schon mit plötzlich neu gefundener Kraft mit einem Fuß von der Wand abstieß und den Bobby, der ihm dummerweise den Rücken zugedreht hatte, schwungvoll ansprang und mit sich riss.
Unwillkürlich flackerten Bilder von Erinnerungen vor Charles' inneren Auge auf. Indien, im Winter ’58. Man durfte einem Tiger nicht den Rücken zuwenden, sonst fiel dieser einen an. Leichter gesagt als getan, wenn es dunkel war, das Lager mitten im Djungel, und die Schreie, die man hörte, einem den eigenen Verstand vernebelten.
Diesmal war Charles die Raubkatze, die ihre unachtsame Beute riss. Zusammen prallten sie erst auf das Bett, verfehlten Melinda dabei nur knapp, fanden sich dann aber auf dem Boden wieder. Charles saß nun auf der Hüfte des Polizisten, um diesen zu fixieren, donnerte ihm seine Faust auf die Nase und umfasste anschließend mit beiden Händen die Kehle des Mannes, um diesen zu würgen.
Es war alles so schnell gegangen, dass Johanna nur noch mitbekam, wie Charles zusammen mit dem Polizisten auf das Bett fielen, knapp an Melinda vorbei. Krampfhaft schloss sie die Augen, hielt sich die Hände auf die Ohren und betete, dass alles vorbei sein würde und sie, sobald sie die Augen wieder öffnete, zuhause wäre.
Leeland presste es die Luft aus den Lungen, als er auf dem Boden aufschlug. Die Hände um seinen Hals pressten zu und wütend schlug er nach dem Kopf des Mannes, der auf ihm kniete. Er war sich sicher zu treffen, aber sehen konnte er kaum etwas. Schwarze Punkte flogen über sein Sichtfeld, als seine Lungen verzweifelt nach Sauerstoff gierten. Er zappelte mit den Beinen, ohne etwas zu erreichen. Die stolpernden Schritte neben seinem Kopf nahm er kaum wahr. Melinda hatte es endlich geschafft, auf die Füße zu kommen, um zu ihrem Fächer zu gelangen. Auf dem Weg spürte sie erst wie sehr sie der Schlag gegen den Kopf mitgenommen hatte, sie taumelte neben Charles und Leeland vorbei, die ringend auf dem Boden lagen. Charles musste einige Schläge einstecken, doch seine Gesichtszüge waren hart. Maus und Katze? Ich würde sagen, das wütende Raubtier ist jemand anders. Das könnte noch eine Menge Spaß bedeuten. Aber dafür müsstet ihr beide überleben. Also schwinge endlich deinen Hintern! Sie stolperte und fiel zu Boden, doch das war gar nicht so schlecht. Ihre Hand landete genau neben dem Fächer, an dem das schon leicht trocknende Blut klebte. Sie griff danach und kam auf die Knie, sie klappte ihn aus, die Klingen sprangen heraus. Ihre Wristgun war vergessen. Sie robbte so schnell sie konnte auf die beiden Männer zu, gelegentlich verhedderte sie sich in ihrem Kleid, doch das hinderte sie nicht. Sie hatte nun keinen Angst mehr. Sie war wütend. Nicht genug, dass Johanna versuchte, ihr die Beute vor der Nase wegzuschnappen, nun versuchte es auch noch dieser Mistkerl von Leeland. Doch das würde sie ihm nicht gönnen. Seine wild herumfliegenden Arme behinderten sie jedoch etwas, als er sie in den Magen traf damit. Sie schnaufte.
Als Leeland spürte, dass er was getroffen hatte, sammelte er seine letzten Kräfte und schlug nach oben. Er traf Charles am Kopf, genau dort, wo der Verband saß.
Der Bobby ließ die Gelegenheit nicht verstreichen und die Zeit rauschte an Charles vorbei, so wie er das Blut in seinen Ohren rauschen hörte, während der Polizist nach seinen Handschellen griff – offensichtlich mit der Absicht, ihn damit totzuprügeln. Worte und Taten sprachen Bände. Der wutgetriebene Mann holte aus und gerade, als Charles vor Anstrengung zitternd und mit bebenden Nasenflügeln die Hände vor sein Gesicht hob und den Kopf einzog, um diesen zu schützen, hielt der Bobby zuckend inne und wandte sich ab – Melinda zu.
„Nein!“, entfuhr es Charles, begleitet von einem Wutschrei, während er sich schon mit plötzlich neu gefundener Kraft mit einem Fuß von der Wand abstieß und den Bobby, der ihm dummerweise den Rücken zugedreht hatte, schwungvoll ansprang und mit sich riss.
Unwillkürlich flackerten Bilder von Erinnerungen vor Charles' inneren Auge auf. Indien, im Winter ’58. Man durfte einem Tiger nicht den Rücken zuwenden, sonst fiel dieser einen an. Leichter gesagt als getan, wenn es dunkel war, das Lager mitten im Djungel, und die Schreie, die man hörte, einem den eigenen Verstand vernebelten.
Diesmal war Charles die Raubkatze, die ihre unachtsame Beute riss. Zusammen prallten sie erst auf das Bett, verfehlten Melinda dabei nur knapp, fanden sich dann aber auf dem Boden wieder. Charles saß nun auf der Hüfte des Polizisten, um diesen zu fixieren, donnerte ihm seine Faust auf die Nase und umfasste anschließend mit beiden Händen die Kehle des Mannes, um diesen zu würgen.
Es war alles so schnell gegangen, dass Johanna nur noch mitbekam, wie Charles zusammen mit dem Polizisten auf das Bett fielen, knapp an Melinda vorbei. Krampfhaft schloss sie die Augen, hielt sich die Hände auf die Ohren und betete, dass alles vorbei sein würde und sie, sobald sie die Augen wieder öffnete, zuhause wäre.
Leeland presste es die Luft aus den Lungen, als er auf dem Boden aufschlug. Die Hände um seinen Hals pressten zu und wütend schlug er nach dem Kopf des Mannes, der auf ihm kniete. Er war sich sicher zu treffen, aber sehen konnte er kaum etwas. Schwarze Punkte flogen über sein Sichtfeld, als seine Lungen verzweifelt nach Sauerstoff gierten. Er zappelte mit den Beinen, ohne etwas zu erreichen. Die stolpernden Schritte neben seinem Kopf nahm er kaum wahr. Melinda hatte es endlich geschafft, auf die Füße zu kommen, um zu ihrem Fächer zu gelangen. Auf dem Weg spürte sie erst wie sehr sie der Schlag gegen den Kopf mitgenommen hatte, sie taumelte neben Charles und Leeland vorbei, die ringend auf dem Boden lagen. Charles musste einige Schläge einstecken, doch seine Gesichtszüge waren hart. Maus und Katze? Ich würde sagen, das wütende Raubtier ist jemand anders. Das könnte noch eine Menge Spaß bedeuten. Aber dafür müsstet ihr beide überleben. Also schwinge endlich deinen Hintern! Sie stolperte und fiel zu Boden, doch das war gar nicht so schlecht. Ihre Hand landete genau neben dem Fächer, an dem das schon leicht trocknende Blut klebte. Sie griff danach und kam auf die Knie, sie klappte ihn aus, die Klingen sprangen heraus. Ihre Wristgun war vergessen. Sie robbte so schnell sie konnte auf die beiden Männer zu, gelegentlich verhedderte sie sich in ihrem Kleid, doch das hinderte sie nicht. Sie hatte nun keinen Angst mehr. Sie war wütend. Nicht genug, dass Johanna versuchte, ihr die Beute vor der Nase wegzuschnappen, nun versuchte es auch noch dieser Mistkerl von Leeland. Doch das würde sie ihm nicht gönnen. Seine wild herumfliegenden Arme behinderten sie jedoch etwas, als er sie in den Magen traf damit. Sie schnaufte.
Als Leeland spürte, dass er was getroffen hatte, sammelte er seine letzten Kräfte und schlug nach oben. Er traf Charles am Kopf, genau dort, wo der Verband saß.
Zuletzt von Umbra am So Mai 05 2013, 15:01 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Charles gab, von blanker, wutgenährter Sturheit gepackt, nicht nach und atmete die Schmerzen, die die Treffer verursachten, stoßweise schnaufend weg, während der Bobby unter ihm verzweifelt nah Luft rang, an den Händen seines Peinigers riss, zappelte und um sich schlug. Charles wollte diesen miesen Wicht nicht erwürgen, das gewiss nicht. Hätte er den Polizisten beseitigen wollen, hätte er auch zu seinem Revolver greifen können.
Vielmehr wollte er, dass sein Gegner für das litt, was er getan und noch vorgehabt hatte. So sog Charles die Angst und Not des Mannes voller Genugtuung in sich auf und genoss den panischen Blick in dessen Augen, die weit aufgerissen hin und her zuckten.
Rache war süß.
Etwas Dunkles verbarg sich in Charles‘ Seele und war nun ans Licht getreten wie ein ureigener Instinkt, das konnte er nicht leugnen, jedoch wäre es nie so weit gekommen, wenn der Polizist es nicht darauf angelegt hätte. Charles würde nicht zulassen, dass sich der durch eine hässliche, große Brandnarbe entstellte Bobby an Melinda vergriff. Oder an Johanna. Er würde die beiden beschützen – komme, was wolle.
Er merkte bereits, dass der Sauerstoffmangel seinem Gegner schwer zu schaffen machte und die Kräfte desselben rapide schwanden. Nicht allen verzweifelten Schlägen nach seinem Gesicht hatte Charles ausweichen können, ein-, zweimal hatte es ihn auch schmerzhaft in die Seite und an der Brust erwischt, doch auch wenn der Bobby damit bereits auf vorhandene, üble Blutergüsse eingedroschen hatte, ließ sich keiner dieser Treffer mit dem vergleichen, der plötzlich und hart seine Stirn ereilte.
Aufschreiend lockerte sich Charles Griff, seine rechte Hand schnellte hoch, um sich gegen den Verband seiner Kopfwunde zu pressen, und er kam dabei etwas aus dem Gleichgewicht, was der Polizist – noch geistesgegenwärtig genug – sofort nutzte, um ihn von sich herunterzustoßen.
Vom Schmerz benommen und Sterne vor seinen Augen tanzen sehend, kippte Charles mit dem Rücken voran zur Seite und begrub, so wie es sich anfühlte, jemanden unter sich. Er hörte, wie der Polizist mit rasselnden Lungen nach Luft schnappte, und spürte, dass ihn ein Tritt am Unterschenkel traf, als der Mann sich strampelnd von Charles‘ Beinen befreite, die noch immer quer über ihm gelegen hatten.
Es war sein letzter verzweifelter Schlag gewesen, der Leeland endlich wieder zu Atem kommen ließ. Er hatte getroffen und das anscheinend gut. Der klammernde Griff um seinen Hals hatte sich schlagartig gelockert und das Gewicht, das eben noch auf ihm gelastet hatte, verschwand. Norly schien von ihm gekippt zu sein und lag nun noch halb auf seinen Beinen. Mit panischem Einsaugen von Luft pumpte Leeland seine Lungen wieder mit Sauerstoff voll und strampelte sich von Charles frei. Er robbte rückwärts und quasi blind nach hinten weg, bis sein Rücken gegen ein Bett stieß. Er zog sich an den Rahmen hoch und schnaufte, bevor er auf alle Viere fiel und wie ein Hund nach Atem rang. Er schmeckte Blut in seinem Mund und noch immer tanzten schwarze Flecken vor seinem Sichtfeld. Er hoffte, Charles würde keinen neuen Angriff starten, und taste auf dem Boden nach einer Waffe. Seine Hände fanden Stoff, er musste neben Ginger gelandet sein. Er tastete weiter und spürte seinen Schlagstock unter seiner Handfläche. Er war unglaublich erschöpft, aber diese Gelegenheit würde er sich nicht entgehen lassen.
Melinda wurde nach hinten geworfen, als unerwartet ein Körper auf ihre landete. Sie riss ihren Fächer nach oben, um anzugreifen, stoppte jedoch in der Bewegung, als sie registrierte, und das keine Sekunde zu früh, dass Charles auf ihr lag und nicht Leeland. Sie war immer noch benommen von dem Schlag gegen die Schläfe. “Charles…“, war alles, was sie flüsternd über die Lippen brachte. Tränen stiegen in ihre Augen. Was hatte sie bloß angerichtet? Reiß dich zusammen! Jammern kannst du später noch, wenn wir das hier überleben.
“Charles, Sie liegen auf mir, das hatte ich mir anders vorgestellt. Kommen Sie schon.“
Leeland schafft es auf die Knie und arbeitete sich keuchend auf die Füße.
„Ver… Verzeihung“, keuchte Charles. Dieser Bobby war zäher als er angenommen hatte. Hier im East End war wohl jeder aus härterem Holz geschnitzt. Doch auch Charles selbst gab sich nicht geschlagen. Er konnte viel Prügel einstecken, wenn es sein musste, jedoch im Gegenzug auch viel austeilen.
Charles hievte sich von Melinda herunter, wobei er sich an den Dielen abstützte, um sie zu schonen. Er konnte kaum etwas sehen, Sterne tanzten noch immer vor seinem Sichtfeld, und Charles blinzelte und schüttelte den Kopf, um sie zu vertreiben. Sein Schädel dröhnte danach umso mehr, doch es half.
Charles sah, wie der Polizist, noch immer röchelnd nach Luft ringend und wieder mit dem Schlagstock in der Hand, begann, sich aufzurappeln
„Fort mit Ihnen“, schnaubte Charles hektisch. Er kniete, doch sein erster Fuß fand den Boden wieder, als er das Bein vorzog, und als er aufstand, unterstützte er sein Gleichgewicht, indem er die Hände auf den leicht zittrigen Oberschenkel legte.
„Laufen Sie.“
Und schon stand er selbst wieder. Er würde Melinda und seiner Tochter Zeit verschaffen.
„Ich.. ich komme nach.“
Vielmehr wollte er, dass sein Gegner für das litt, was er getan und noch vorgehabt hatte. So sog Charles die Angst und Not des Mannes voller Genugtuung in sich auf und genoss den panischen Blick in dessen Augen, die weit aufgerissen hin und her zuckten.
Rache war süß.
Etwas Dunkles verbarg sich in Charles‘ Seele und war nun ans Licht getreten wie ein ureigener Instinkt, das konnte er nicht leugnen, jedoch wäre es nie so weit gekommen, wenn der Polizist es nicht darauf angelegt hätte. Charles würde nicht zulassen, dass sich der durch eine hässliche, große Brandnarbe entstellte Bobby an Melinda vergriff. Oder an Johanna. Er würde die beiden beschützen – komme, was wolle.
Er merkte bereits, dass der Sauerstoffmangel seinem Gegner schwer zu schaffen machte und die Kräfte desselben rapide schwanden. Nicht allen verzweifelten Schlägen nach seinem Gesicht hatte Charles ausweichen können, ein-, zweimal hatte es ihn auch schmerzhaft in die Seite und an der Brust erwischt, doch auch wenn der Bobby damit bereits auf vorhandene, üble Blutergüsse eingedroschen hatte, ließ sich keiner dieser Treffer mit dem vergleichen, der plötzlich und hart seine Stirn ereilte.
Aufschreiend lockerte sich Charles Griff, seine rechte Hand schnellte hoch, um sich gegen den Verband seiner Kopfwunde zu pressen, und er kam dabei etwas aus dem Gleichgewicht, was der Polizist – noch geistesgegenwärtig genug – sofort nutzte, um ihn von sich herunterzustoßen.
Vom Schmerz benommen und Sterne vor seinen Augen tanzen sehend, kippte Charles mit dem Rücken voran zur Seite und begrub, so wie es sich anfühlte, jemanden unter sich. Er hörte, wie der Polizist mit rasselnden Lungen nach Luft schnappte, und spürte, dass ihn ein Tritt am Unterschenkel traf, als der Mann sich strampelnd von Charles‘ Beinen befreite, die noch immer quer über ihm gelegen hatten.
Es war sein letzter verzweifelter Schlag gewesen, der Leeland endlich wieder zu Atem kommen ließ. Er hatte getroffen und das anscheinend gut. Der klammernde Griff um seinen Hals hatte sich schlagartig gelockert und das Gewicht, das eben noch auf ihm gelastet hatte, verschwand. Norly schien von ihm gekippt zu sein und lag nun noch halb auf seinen Beinen. Mit panischem Einsaugen von Luft pumpte Leeland seine Lungen wieder mit Sauerstoff voll und strampelte sich von Charles frei. Er robbte rückwärts und quasi blind nach hinten weg, bis sein Rücken gegen ein Bett stieß. Er zog sich an den Rahmen hoch und schnaufte, bevor er auf alle Viere fiel und wie ein Hund nach Atem rang. Er schmeckte Blut in seinem Mund und noch immer tanzten schwarze Flecken vor seinem Sichtfeld. Er hoffte, Charles würde keinen neuen Angriff starten, und taste auf dem Boden nach einer Waffe. Seine Hände fanden Stoff, er musste neben Ginger gelandet sein. Er tastete weiter und spürte seinen Schlagstock unter seiner Handfläche. Er war unglaublich erschöpft, aber diese Gelegenheit würde er sich nicht entgehen lassen.
Melinda wurde nach hinten geworfen, als unerwartet ein Körper auf ihre landete. Sie riss ihren Fächer nach oben, um anzugreifen, stoppte jedoch in der Bewegung, als sie registrierte, und das keine Sekunde zu früh, dass Charles auf ihr lag und nicht Leeland. Sie war immer noch benommen von dem Schlag gegen die Schläfe. “Charles…“, war alles, was sie flüsternd über die Lippen brachte. Tränen stiegen in ihre Augen. Was hatte sie bloß angerichtet? Reiß dich zusammen! Jammern kannst du später noch, wenn wir das hier überleben.
“Charles, Sie liegen auf mir, das hatte ich mir anders vorgestellt. Kommen Sie schon.“
Leeland schafft es auf die Knie und arbeitete sich keuchend auf die Füße.
„Ver… Verzeihung“, keuchte Charles. Dieser Bobby war zäher als er angenommen hatte. Hier im East End war wohl jeder aus härterem Holz geschnitzt. Doch auch Charles selbst gab sich nicht geschlagen. Er konnte viel Prügel einstecken, wenn es sein musste, jedoch im Gegenzug auch viel austeilen.
Charles hievte sich von Melinda herunter, wobei er sich an den Dielen abstützte, um sie zu schonen. Er konnte kaum etwas sehen, Sterne tanzten noch immer vor seinem Sichtfeld, und Charles blinzelte und schüttelte den Kopf, um sie zu vertreiben. Sein Schädel dröhnte danach umso mehr, doch es half.
Charles sah, wie der Polizist, noch immer röchelnd nach Luft ringend und wieder mit dem Schlagstock in der Hand, begann, sich aufzurappeln
„Fort mit Ihnen“, schnaubte Charles hektisch. Er kniete, doch sein erster Fuß fand den Boden wieder, als er das Bein vorzog, und als er aufstand, unterstützte er sein Gleichgewicht, indem er die Hände auf den leicht zittrigen Oberschenkel legte.
„Laufen Sie.“
Und schon stand er selbst wieder. Er würde Melinda und seiner Tochter Zeit verschaffen.
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Melinda schaffte es nicht wirklich auf ihre Füße, doch sie hielt ihren Fächer fest in der Hand. Bereit ihn jederzeit zu nutzen. Sie würde hier nicht weggehen. Das war ihr Kampf, auch wenn Charles diesen gerade für sie ausführte. Sie würde bis zum bitteren Ende bleiben. "Nein, ich werde nicht laufen. Ich laufe vor dieser miesen Ratte nicht mehr länger weg." Ihre Lebensgeister erwachten und irgendwie schafft sie es aufzustehen.
Leeland beobachte, noch immer nach Luft schnappend, die Reaktionen von Norly und Melinda. Dieser machte sich tatsächlich Sorgen um die Hure. Er griff seinen Stock fest und ging einen Schritt auf die beiden zu. "Bevor ich dich an den Galgen bringe, wirst du der Hure dabei zusehen, wie sie langsam und qualvoll stirbt." Er hob den Stock und stürzte mit einem Schrei auf Melinda zu. Diese duckte sich jedoch blitzschnell weg und Leeland schlug erneut krachend gegen die Wand. Diesmal setzte ihn der Aufprall jedoch nicht außer Gefecht. Er war wie ein verwundetes Nashorn. Voller Wut und voller Angriff. Melinda hatte sich durch ihr Ausweichen, wenn auch unbeabsichtigt, hinter Charles gebracht. Dann musste er diesen eben erst außer Gefecht setzen. Erneut griff er an und traf Charles mit dem Stock an der Hüfte.
Charles sammelte sich für den kommenden Rest des Kampfes. Ärgerlich registrierte er Melindas Widerworte, doch es fehlte ihm der Atem, um zu diskutieren. Er stand zwar wieder auf beiden Beinen, aber er wankte noch etwas und brauchte kurz Zeit, um zu verschnaufen.
So schnell, wie der Bobby schon wieder auf ihn zustürzte, war er nicht, sodass Charles dem Angriff gegen Melinda nichts entgegensetzen konnte. Doch sie schaffte es zum Glück, auszuweichen. Der Polizist rauschte nun erneut gegen die Wand, ließ sich davon jedoch scheinbar kaum ausbremsen, denn schon kam er zurück.
Charles wich einen Schritt nach hinten, doch der Schlagstock des Bobbies traf ihn trotzdem so schmerzhaft an der Hüfte, dass er scharf einatmen musste. Geistesgegenwärtig stieß er den Mann von sich und dieser stolperte wieder zurück.
Charles, der sich dadurch einen Moment Ruhe verschafft hatte, drehte sich derweil ruckartig zu Melinda um und packte sie am Oberarm.
„Sie sollen verschwinden!“, schnauzte er sie nun an und schob sie dabei so weit in Richtung Tür, wie es seine Armlänge zuließ. Im Augenwinkel bemerkte er, wie der Bobby mit erhobenem Schlagstock erneut auf ihn zustürmte und nach seinem Kopf schlug.
Mit einem lauten „Klonk!“ traf Holz auf Metall, als Charles die Waffe mit seiner Prothese abfing. Was ihm normalerweise den Arm gebrochen hätte, richtete nun nicht einmal Schaden an, und als die Wucht des Schlages den Stock gemeinsam mit der Hand des Polizisten wieder zurückprallen ließ, blies Charles zum Gegenangriff. Wieder schnellten seine Hände vor und griffen nach dem Polizisten, dessen Position nun ungewollt abgewandt von ihm war. Diesmal umschlossen sie den rechten Unterarm des Bobbies – seine echte Hand am Handgelenk und die Prothese in der Nähe des Ellenbogens. Ruckartig zog Charles die Gliedmaße seines Gegners seinem Knie entgegen, das er kraftvoll nach oben riss. Bei dem Aufprall gaben Knochen nach und es waren nicht die Charles‘.
Leeland beobachte, noch immer nach Luft schnappend, die Reaktionen von Norly und Melinda. Dieser machte sich tatsächlich Sorgen um die Hure. Er griff seinen Stock fest und ging einen Schritt auf die beiden zu. "Bevor ich dich an den Galgen bringe, wirst du der Hure dabei zusehen, wie sie langsam und qualvoll stirbt." Er hob den Stock und stürzte mit einem Schrei auf Melinda zu. Diese duckte sich jedoch blitzschnell weg und Leeland schlug erneut krachend gegen die Wand. Diesmal setzte ihn der Aufprall jedoch nicht außer Gefecht. Er war wie ein verwundetes Nashorn. Voller Wut und voller Angriff. Melinda hatte sich durch ihr Ausweichen, wenn auch unbeabsichtigt, hinter Charles gebracht. Dann musste er diesen eben erst außer Gefecht setzen. Erneut griff er an und traf Charles mit dem Stock an der Hüfte.
Charles sammelte sich für den kommenden Rest des Kampfes. Ärgerlich registrierte er Melindas Widerworte, doch es fehlte ihm der Atem, um zu diskutieren. Er stand zwar wieder auf beiden Beinen, aber er wankte noch etwas und brauchte kurz Zeit, um zu verschnaufen.
So schnell, wie der Bobby schon wieder auf ihn zustürzte, war er nicht, sodass Charles dem Angriff gegen Melinda nichts entgegensetzen konnte. Doch sie schaffte es zum Glück, auszuweichen. Der Polizist rauschte nun erneut gegen die Wand, ließ sich davon jedoch scheinbar kaum ausbremsen, denn schon kam er zurück.
Charles wich einen Schritt nach hinten, doch der Schlagstock des Bobbies traf ihn trotzdem so schmerzhaft an der Hüfte, dass er scharf einatmen musste. Geistesgegenwärtig stieß er den Mann von sich und dieser stolperte wieder zurück.
Charles, der sich dadurch einen Moment Ruhe verschafft hatte, drehte sich derweil ruckartig zu Melinda um und packte sie am Oberarm.
„Sie sollen verschwinden!“, schnauzte er sie nun an und schob sie dabei so weit in Richtung Tür, wie es seine Armlänge zuließ. Im Augenwinkel bemerkte er, wie der Bobby mit erhobenem Schlagstock erneut auf ihn zustürmte und nach seinem Kopf schlug.
Mit einem lauten „Klonk!“ traf Holz auf Metall, als Charles die Waffe mit seiner Prothese abfing. Was ihm normalerweise den Arm gebrochen hätte, richtete nun nicht einmal Schaden an, und als die Wucht des Schlages den Stock gemeinsam mit der Hand des Polizisten wieder zurückprallen ließ, blies Charles zum Gegenangriff. Wieder schnellten seine Hände vor und griffen nach dem Polizisten, dessen Position nun ungewollt abgewandt von ihm war. Diesmal umschlossen sie den rechten Unterarm des Bobbies – seine echte Hand am Handgelenk und die Prothese in der Nähe des Ellenbogens. Ruckartig zog Charles die Gliedmaße seines Gegners seinem Knie entgegen, das er kraftvoll nach oben riss. Bei dem Aufprall gaben Knochen nach und es waren nicht die Charles‘.
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Leeland schrie auf. Schmerz wallte durch seinen Körper. Wie damals, als Melinda ihm das heiße Metall ins Gesicht geschlagen hatte, bestand seine Welt einen Moment nur aus Schmerz. Charles hielt ihn noch immer fest und er hatte keine Chance, sein Arm war gebrochen, er hatte keine Chance diesen noch einmal kraftvoll einzusetzen. Also nutze er die Waffe, die er noch hatte. Er riss seinen Kopf nach hinten und schlug ihn mit voller Wucht gegen den von Norly. Das Geräusch erinnerte an zwei Widder, die mit Anlauf aufeinander prallten. Leeland stürzte und riss Charles mit sich zu Boden.
Die Worte, die Charles ihr entgegen geschleudert hatten, waren nicht nett gewesen. Doch trotzdem würde Melinda nicht weichen. Sie stand kraftlos an die Wand gelehnt und sah wie die beiden Männer erneut fielen. Jetzt tu endlich was!!!!
Seltsam stumpfer Schmerz durchfuhr Charles‘ Schädel, als dieser vom Hinterkopf des Bobbies getroffen wurde. Er spürte, dass seine Augenbraue aufplatzte und warmes Blut floss. Er stürzte.
Der Polizist riss Charles mit sich und platzierte beim Aufprall wahrscheinlich eher unbewusst den linken Ellenbogen in der Bauchgegend seines Gegners.
Charles stöhnte auf und Übelkeit breitete sich in ihm aus, obwohl der Treffer durchaus viel schlimmer hätte ausfallen können. Er hatte den Bobby erneut entwaffnet, diesmal auf brutale Art und Weise effektiv, jedoch lag er nun unter diesem.
Charles schlug zu, schwächlich, es reichte jedoch aus, um den noch immer schmerzerfüllt keuchenden Polizisten aufheulen zu lassen. Anscheinend hatte Charles dessen Wunde getroffen, die Melinda dem Bobby mit ihrem Klingenfächer beigebracht hatte.
Die beiden Männer rangen miteinander. Der Polizist war, getrieben von Zorn und Mordlust, für Charles trotz des gebrochenen Armes kein leichter Gegner, denn einander umklammernd und beiderseits Stöße austeilend – die alle nicht kraftvoll ausfielen, weil einfach Raum und Gelegenheit fehlten, um auszuholen –, war sowohl für Charles als auch für den Bobby schwer, endgültig Überhand zu gewinnen.
Vor Anstrengung schnaufend und vor Schmerz bei jedem Treffer aufstöhnend, maßen die beiden Männer ihre noch vorhandenen Kräfte. Schließlich lag wieder der Bobby oben, versuchte die Beine des zappelnden Charles mit den eigenen zu fixieren, während er diesem vor Verausgabung fast schon träge mit der Faust am Ende des unversehrten Arms wieder und wieder in die Seite boxte. Charles biss die Zähne zusammen und versuchte seinerseits, den Polizisten von sich zu lösen, indem er mit einer Hand mehr schlecht als recht die Schläge abzuwehrte und die andere mit einem Wutschrei in das Gesicht des Bobbies presste, um diesen von sich zu schieben.
Kaum Zeit schien vergangen, als Johanna wieder die Augen öffnete, doch noch immer befand sie sich am selben Ort. Untätig saß sie auf dem Boden, betrachtete das Geschehen mit Entsetzen, Fassungslosigkeit und mit unfassbarer Angst. Sie wusste nicht was sie tun sollte, sah in jedem Schlag, den Charles einstecken musste, das Ende und wartete nur darauf, bis sie an der Reihe war, bis sie diejenige war, die langsam und qualvoll umgebracht wurde. Doch die Sekunden, die vergingen, fühlten sich wie Stunden an, und jede einzelne Sekunde wurde Johanna bewusst, dass sie irgendetwas tun musste. Zitternd robbte sie sich etwas näher an die Frau, die scheinbar Melindas Zimmergenossin ist, oder war. Nein, sie ist es immer noch, stellte Johanna mit erleichtern fest, obwohl Erleichterung wohl das Letzte war, was man in einer solchen Situation fühlen konnte. Sie griff der Frau unter die Arme, achtete darauf, dass der Mantel, der über ihr lag, auch dort blieb, und zog sie, so behutsam wie es der zitternden Johanna nur möglich war, so weit es ging von der Prügelei weg. Alle nachfolgenden Weckversuche blieben jedoch ohne Erfolg, und so achtete Johanna im Endeffekt nur noch darauf, dass Melindas Mitbewohnerin sicher und weit genug weg von den Anderen lag.
Die Worte, die Charles ihr entgegen geschleudert hatten, waren nicht nett gewesen. Doch trotzdem würde Melinda nicht weichen. Sie stand kraftlos an die Wand gelehnt und sah wie die beiden Männer erneut fielen. Jetzt tu endlich was!!!!
Seltsam stumpfer Schmerz durchfuhr Charles‘ Schädel, als dieser vom Hinterkopf des Bobbies getroffen wurde. Er spürte, dass seine Augenbraue aufplatzte und warmes Blut floss. Er stürzte.
Der Polizist riss Charles mit sich und platzierte beim Aufprall wahrscheinlich eher unbewusst den linken Ellenbogen in der Bauchgegend seines Gegners.
Charles stöhnte auf und Übelkeit breitete sich in ihm aus, obwohl der Treffer durchaus viel schlimmer hätte ausfallen können. Er hatte den Bobby erneut entwaffnet, diesmal auf brutale Art und Weise effektiv, jedoch lag er nun unter diesem.
Charles schlug zu, schwächlich, es reichte jedoch aus, um den noch immer schmerzerfüllt keuchenden Polizisten aufheulen zu lassen. Anscheinend hatte Charles dessen Wunde getroffen, die Melinda dem Bobby mit ihrem Klingenfächer beigebracht hatte.
Die beiden Männer rangen miteinander. Der Polizist war, getrieben von Zorn und Mordlust, für Charles trotz des gebrochenen Armes kein leichter Gegner, denn einander umklammernd und beiderseits Stöße austeilend – die alle nicht kraftvoll ausfielen, weil einfach Raum und Gelegenheit fehlten, um auszuholen –, war sowohl für Charles als auch für den Bobby schwer, endgültig Überhand zu gewinnen.
Vor Anstrengung schnaufend und vor Schmerz bei jedem Treffer aufstöhnend, maßen die beiden Männer ihre noch vorhandenen Kräfte. Schließlich lag wieder der Bobby oben, versuchte die Beine des zappelnden Charles mit den eigenen zu fixieren, während er diesem vor Verausgabung fast schon träge mit der Faust am Ende des unversehrten Arms wieder und wieder in die Seite boxte. Charles biss die Zähne zusammen und versuchte seinerseits, den Polizisten von sich zu lösen, indem er mit einer Hand mehr schlecht als recht die Schläge abzuwehrte und die andere mit einem Wutschrei in das Gesicht des Bobbies presste, um diesen von sich zu schieben.
Kaum Zeit schien vergangen, als Johanna wieder die Augen öffnete, doch noch immer befand sie sich am selben Ort. Untätig saß sie auf dem Boden, betrachtete das Geschehen mit Entsetzen, Fassungslosigkeit und mit unfassbarer Angst. Sie wusste nicht was sie tun sollte, sah in jedem Schlag, den Charles einstecken musste, das Ende und wartete nur darauf, bis sie an der Reihe war, bis sie diejenige war, die langsam und qualvoll umgebracht wurde. Doch die Sekunden, die vergingen, fühlten sich wie Stunden an, und jede einzelne Sekunde wurde Johanna bewusst, dass sie irgendetwas tun musste. Zitternd robbte sie sich etwas näher an die Frau, die scheinbar Melindas Zimmergenossin ist, oder war. Nein, sie ist es immer noch, stellte Johanna mit erleichtern fest, obwohl Erleichterung wohl das Letzte war, was man in einer solchen Situation fühlen konnte. Sie griff der Frau unter die Arme, achtete darauf, dass der Mantel, der über ihr lag, auch dort blieb, und zog sie, so behutsam wie es der zitternden Johanna nur möglich war, so weit es ging von der Prügelei weg. Alle nachfolgenden Weckversuche blieben jedoch ohne Erfolg, und so achtete Johanna im Endeffekt nur noch darauf, dass Melindas Mitbewohnerin sicher und weit genug weg von den Anderen lag.
Zuletzt von Umbra am So Mai 05 2013, 15:00 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Leeland hatte keine Ahnung, wie er es geschafft hatte, nach oben zu gelangen, doch nun saß er auf Norly und wehrte sich gegen dessen schwachen Schläge, eben so wie er selbst nur noch im Stande war, schwache Angriffe zu führen, und das auch nur noch mit einem, oder besser gesagt: einem und einem halben Arm. Das pure Adrenalin hielt ihn am Kämpfen. Er holte zu einem Schlag in den Magen aus und rechnete damit, seine Hand in eine weiche Magengrube zu versenken, doch zu seiner Überraschung wurde sein Schlag von einem harten Gegenstand gebremst. Instinktiv umschlossen seine schmerzenden Finger diesen und rissen ihn an sich. Er lachte auf. Blutige Speichelfäden flogen in das Gesicht von Charles, als Leeland plötzlich dessen Revolver auf ihn richtete. Leelands Schusshand war momentan nicht zu gebrauchen, aber aus einer Entfernung von nicht mal einem Meter würde Leeland Scarface das Gesicht auch mit seiner schlechteren Hand wegschießen können. Ein irres Lachen hallte durch den Raum und vor seinem inneren Auge sah Leelend sich selbst auf einer Bühne stehen, während ihm die Ehrenmänner der Stadt, ja, des Landes gratulierten und das Königshaus ihn zum Sir schlug, weil er London von der Bestie Norly befreit hatte. "Tja, Scarface, das war es!" Ein Schrei von Melinda durchbrach die Stille. "NEIN!" Er drückte den Abzug quälend langsam nach unten, um die Panik von Charles zu genießen, als ihn plötzlich ein unsagbarer Schmerz zur Seite sacken ließ. Ein Schuss löste sich und schlug donnernd wenige Zentimeter neben Charles in den Dielenfußboden ein. Charles schloss reflexartig die Augen, kleine Holzsplitter flogen in sein Gesicht.
Melinda sah nicht, wo die Kugel einschlug, doch endlich löste sie sich aus ihrer Starre, die sie eben noch gefangen gehalten hatte. Jetzt Melinda! Schnell, bevor es zu spät ist! LOS!!! Sie sprang nach vorne und rammte ihren zusammengeklappten Fächer in den seitlichen, aber schon vorderen Halsbereich des Bobbies.
Leeland bemerkte davon wenig, er griff sich verwirrt an den Hals, dort wo der Schmerz herkam und versuchte seinen Kopf zu drehen. Melinda stand dort. Seine Finger ertasteten einen länglichen Gegenstand der in seinem Hals steckte. "Wir sehen uns in der Hölle, Scheißkerl!", sagte Melinda, als sie den Fächer aufspringen ließ und die Kehle von Leeland innerlich und äußerlich entzweiriss. Blut spratzte aus der Wunde und überschüttete Charles damit, als Leeland mit einem letzten gurgelnden Geräusch zur Seite fiel.
Melinda selbst stürzte auf die Knie. Überall war Blut und sie war sich nicht sicher, ob Leeland Charles getroffen hatte. Sie kroch panisch näher. "Scheiße. Scheiße. Scheiße. Charles? Oh Gott, bitte..."
Sie nahm seinen Kopf behutsam zwischen die Hände. Zum ersten Mal seit achtzehn Jahren begann sie zu beten, dafür, dass das Charles nicht das Leben gekostet hatte.
Ein Schuss erklang. Johanna erstarrte. Die Augen weit aufgerissen, ähnlich eines Pferdes, das gerade dem Tod in die Augen blickte, und am ganzen Körper angespannt, wagte Johanna es nicht sich zu bewegen. Ihr Herz schien zu stehen, sie wagte es nicht zu atmen, versuchte gar nicht erst nach Luft zu schnappen, bis ein weiteres Geräusch ertönte. Ein Geräusch das weitaus schlimmer klang als ein Schuss. Obwohl Johanna es nicht wollte, drehte sich ihr Kopf in Richtung des Geräuschs. Melinda hatte ihren Fächer in den Hals des Polizisten gesteckt und ließ ihn aufspringen. Die Klingen durchschnitten das Fleisch in rasender Geschwindigkeit, Blut spritzte in alle Richtungen, ließ nichts unbedeckt und breitete sich immer weiter aus. Er war tot. Der Polizist war tot.
Melinda kroch zu Charles. Regungslos lag er am Boden. Der Schuss. Er schien für Charles bestimmt gewesen zu sein und hatte seinen Soll scheinbar erfüllt. Charles war tot. Der Polizist war tot. Überall war Blut, floss in Strömen aus Wunden oder breitete sich leise immer weiter aus. Totenstille. Ein metallener Geruch bahnte sich einen Weg in Johannas Nase. Ihr Magen drehte sich urplötzlich um. Zuviel war das, was sie sehen, hören und gerade im Moment auch riechen musste. Sie konnte sich gerade noch mit den Händen abstützen, als sie sich krampfhaft übergab. Panisch schob sie sich von allem weg, ihre Beine wollten sie nicht tragen, ihre Arme zitterten, waren kraftlos. Die leeren, kalten und toten Augen des Polizisten starrten Johanna an. Sie brach zusammen, vergrub ihren Kopf unter ihren Armen. Sie schluchzte, konnte aber nicht weinen. Jetzt war alles aus, dachte sie. Alles war vorbei.
Melinda sah nicht, wo die Kugel einschlug, doch endlich löste sie sich aus ihrer Starre, die sie eben noch gefangen gehalten hatte. Jetzt Melinda! Schnell, bevor es zu spät ist! LOS!!! Sie sprang nach vorne und rammte ihren zusammengeklappten Fächer in den seitlichen, aber schon vorderen Halsbereich des Bobbies.
Leeland bemerkte davon wenig, er griff sich verwirrt an den Hals, dort wo der Schmerz herkam und versuchte seinen Kopf zu drehen. Melinda stand dort. Seine Finger ertasteten einen länglichen Gegenstand der in seinem Hals steckte. "Wir sehen uns in der Hölle, Scheißkerl!", sagte Melinda, als sie den Fächer aufspringen ließ und die Kehle von Leeland innerlich und äußerlich entzweiriss. Blut spratzte aus der Wunde und überschüttete Charles damit, als Leeland mit einem letzten gurgelnden Geräusch zur Seite fiel.
Melinda selbst stürzte auf die Knie. Überall war Blut und sie war sich nicht sicher, ob Leeland Charles getroffen hatte. Sie kroch panisch näher. "Scheiße. Scheiße. Scheiße. Charles? Oh Gott, bitte..."
Sie nahm seinen Kopf behutsam zwischen die Hände. Zum ersten Mal seit achtzehn Jahren begann sie zu beten, dafür, dass das Charles nicht das Leben gekostet hatte.
Ein Schuss erklang. Johanna erstarrte. Die Augen weit aufgerissen, ähnlich eines Pferdes, das gerade dem Tod in die Augen blickte, und am ganzen Körper angespannt, wagte Johanna es nicht sich zu bewegen. Ihr Herz schien zu stehen, sie wagte es nicht zu atmen, versuchte gar nicht erst nach Luft zu schnappen, bis ein weiteres Geräusch ertönte. Ein Geräusch das weitaus schlimmer klang als ein Schuss. Obwohl Johanna es nicht wollte, drehte sich ihr Kopf in Richtung des Geräuschs. Melinda hatte ihren Fächer in den Hals des Polizisten gesteckt und ließ ihn aufspringen. Die Klingen durchschnitten das Fleisch in rasender Geschwindigkeit, Blut spritzte in alle Richtungen, ließ nichts unbedeckt und breitete sich immer weiter aus. Er war tot. Der Polizist war tot.
Melinda kroch zu Charles. Regungslos lag er am Boden. Der Schuss. Er schien für Charles bestimmt gewesen zu sein und hatte seinen Soll scheinbar erfüllt. Charles war tot. Der Polizist war tot. Überall war Blut, floss in Strömen aus Wunden oder breitete sich leise immer weiter aus. Totenstille. Ein metallener Geruch bahnte sich einen Weg in Johannas Nase. Ihr Magen drehte sich urplötzlich um. Zuviel war das, was sie sehen, hören und gerade im Moment auch riechen musste. Sie konnte sich gerade noch mit den Händen abstützen, als sie sich krampfhaft übergab. Panisch schob sie sich von allem weg, ihre Beine wollten sie nicht tragen, ihre Arme zitterten, waren kraftlos. Die leeren, kalten und toten Augen des Polizisten starrten Johanna an. Sie brach zusammen, vergrub ihren Kopf unter ihren Armen. Sie schluchzte, konnte aber nicht weinen. Jetzt war alles aus, dachte sie. Alles war vorbei.
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Als der Bobby abdrückte, war es Charles als würde die Welt um ihn herum langsamer werden. Das Mündungsfeuer, begleitet von dem unsagbar lauten Knall so nah an seinem Gesicht, ließ sein Herz einen Schlag aussetzen und ihn reflexartig zusammenzucken. Er spürte Hitze – oder Schmerz? – an seiner Wange, aber diese breitete sich wie eine Flutwelle über seinen gesamten Körper aus. Keuchend schnappte Charles nach Luft, als er die Augen aufschlug und sich bewusst war, noch zu leben. Der Polizist hockte noch immer auf ihm. Dieser musste ihn trotz der geringen äußerst geringen Entfernung verfehlt haben.
Bevor Charles oder sein Gegner weitere Schritte unternehmen konnten, um sich gegenseitig ins Jenseits zu befördern, schnellte etwas in Charles‘ Blickfeld, das im Hals des Bobbies stecken blieb. Blut blieb aus, in ersten Moment, doch dann lösten die zierlichen Finger, die die Waffe umklammerten, deren Mechanismus aus und Charles beobachtete, wie sich das kaum zu erkennende Loch ruckartig von innen nach außen zu einem breiten Schlitz ausdehnte. Charles nahm noch wahr, wie der Mann Blut spuckte, als ihm schon ein Schwall desselben entgegenstürzte, und der Reflex ihn erneut die Augen schließen ließ, als dieser ihn erreichte, ihn ergiebig benetzte und ihm Gesicht, Hals und Oberkörper bespritzte.
Wohlige Wärme ergoss sich über Charles, doch konzentriert presste er die Lippen zusammen und blinzelte mit überrascht-gequältem Gesichtsausdruck erst wieder vorsichtig, als er das Gewicht des Polizisten nicht mehr auf sich lasten spürte und das Schlimmste vorüber zu sein schien.
Melinda tauchte über Charles auf, sie legte ihm ihre blutbesudelten Hände auf seine blutbesudelten Wangen. Charles schenkte ihr ein Lächeln, so absurd dies in der jetzigen Situation auch war, aber er freute sich, sie zu sehen. Als er sich ihres sorgeerfüllten Blickes bewusst wurde, legte er seine eigene Hand beruhigend auf die, die auf seiner rechten Gesichtshälfte ruhte.
„Sie haben ihn getötet“, stellte Charles fest. Es war kein Vorwurf, das gewiss nicht, er war Ms. Bolt dankbar dafür. Als er dies sagte, wurde ihm jedoch etwas bewusst.
„Der Schuss…“ Charles‘ Augen zuckten beunruhigt über Melindas Züge.
„Ich höre meine eigene Stimme nicht.“
Stattdessen klingelte es unaufhörlich in seinen Ohren, unterlegt von einem dumpfen Rauschen. Dennoch war Charles sich sicher, dass er seine Worte auch wirklich aussprach, denn er spürte, wie diese seine Kehle verließen.
Charles‘ Hand glitt von der Melindas herunter und er ließ sie wieder auf den Boden sinken. Dann biss er die Zähne zusammen und zog eine schmerzgeprägte Grimasse, als er seinen Oberkörper auf seine Ellenbogen hob. Als er an sich hinuntersah, stellte er fest, dass es sich nur wie ein Blutbad angefühlt hatte, das Melinda ihm beschert hatte: Es war auch genau ein solches gewesen. Alles war warm und nass und rot – zumindest ansatzweise, auf dem edlen, grauen Stoff seines Jacketts und seiner Hose wirkte das vergossene und verspritzte Blut fast schon schwarz.
Nun, da sich schlagartig Erleichterung in Charles breitgemacht hatte und die Hitze des Gefechts vorüber war, wurde er sich all der Treffer, die der Polizist ihm beigebracht hatte, deutlicher bewusst. Er brauchte einen Moment, um sich daran zu gewöhnen.
Charles setzte sich auf, es schwindelte ihn etwas, doch sein Blick ruhte nun auf dem aufgeschlitzten Bobby, dessen Lebenssaft sich schnell ausbreitete, aber auch teilweise zwischen die Dielen sickerte.
Wahrlich eine Sauerei.
Charles sah seinen Handschuh feucht glänzen, als er damit den noch halbwegs sauberen Ärmel seines Jacketts fixierte und sich behelfsmäßig und nur sehr oberflächlich sein Gesicht abwischte.
„Zum Teufel, ich habe ein Vermögen für diesen Anzug ausgegeben“, schnaubte er hinter seinem improvisierten Lappen, doch als er zu einem Lachen ansetzte, durchzuckte Schmerz seinen Brustkorb, und er musste husten – was nicht weniger quälend war. Obwohl er noch immer leicht außer Atem war, versuchte er nun, nicht zu viel Luft auf einmal einzuziehen oder auszustoßen. Unwillkürlich sog er dabei den Blutgeruch in sich hinein, der über allem hing.
Blut und Pulver, Schweiß, billiges Parfüm, Alkohol, Erbrochenes, Whitechapel.
Bevor Charles oder sein Gegner weitere Schritte unternehmen konnten, um sich gegenseitig ins Jenseits zu befördern, schnellte etwas in Charles‘ Blickfeld, das im Hals des Bobbies stecken blieb. Blut blieb aus, in ersten Moment, doch dann lösten die zierlichen Finger, die die Waffe umklammerten, deren Mechanismus aus und Charles beobachtete, wie sich das kaum zu erkennende Loch ruckartig von innen nach außen zu einem breiten Schlitz ausdehnte. Charles nahm noch wahr, wie der Mann Blut spuckte, als ihm schon ein Schwall desselben entgegenstürzte, und der Reflex ihn erneut die Augen schließen ließ, als dieser ihn erreichte, ihn ergiebig benetzte und ihm Gesicht, Hals und Oberkörper bespritzte.
Wohlige Wärme ergoss sich über Charles, doch konzentriert presste er die Lippen zusammen und blinzelte mit überrascht-gequältem Gesichtsausdruck erst wieder vorsichtig, als er das Gewicht des Polizisten nicht mehr auf sich lasten spürte und das Schlimmste vorüber zu sein schien.
Melinda tauchte über Charles auf, sie legte ihm ihre blutbesudelten Hände auf seine blutbesudelten Wangen. Charles schenkte ihr ein Lächeln, so absurd dies in der jetzigen Situation auch war, aber er freute sich, sie zu sehen. Als er sich ihres sorgeerfüllten Blickes bewusst wurde, legte er seine eigene Hand beruhigend auf die, die auf seiner rechten Gesichtshälfte ruhte.
„Sie haben ihn getötet“, stellte Charles fest. Es war kein Vorwurf, das gewiss nicht, er war Ms. Bolt dankbar dafür. Als er dies sagte, wurde ihm jedoch etwas bewusst.
„Der Schuss…“ Charles‘ Augen zuckten beunruhigt über Melindas Züge.
„Ich höre meine eigene Stimme nicht.“
Stattdessen klingelte es unaufhörlich in seinen Ohren, unterlegt von einem dumpfen Rauschen. Dennoch war Charles sich sicher, dass er seine Worte auch wirklich aussprach, denn er spürte, wie diese seine Kehle verließen.
Charles‘ Hand glitt von der Melindas herunter und er ließ sie wieder auf den Boden sinken. Dann biss er die Zähne zusammen und zog eine schmerzgeprägte Grimasse, als er seinen Oberkörper auf seine Ellenbogen hob. Als er an sich hinuntersah, stellte er fest, dass es sich nur wie ein Blutbad angefühlt hatte, das Melinda ihm beschert hatte: Es war auch genau ein solches gewesen. Alles war warm und nass und rot – zumindest ansatzweise, auf dem edlen, grauen Stoff seines Jacketts und seiner Hose wirkte das vergossene und verspritzte Blut fast schon schwarz.
Nun, da sich schlagartig Erleichterung in Charles breitgemacht hatte und die Hitze des Gefechts vorüber war, wurde er sich all der Treffer, die der Polizist ihm beigebracht hatte, deutlicher bewusst. Er brauchte einen Moment, um sich daran zu gewöhnen.
Charles setzte sich auf, es schwindelte ihn etwas, doch sein Blick ruhte nun auf dem aufgeschlitzten Bobby, dessen Lebenssaft sich schnell ausbreitete, aber auch teilweise zwischen die Dielen sickerte.
Wahrlich eine Sauerei.
Charles sah seinen Handschuh feucht glänzen, als er damit den noch halbwegs sauberen Ärmel seines Jacketts fixierte und sich behelfsmäßig und nur sehr oberflächlich sein Gesicht abwischte.
„Zum Teufel, ich habe ein Vermögen für diesen Anzug ausgegeben“, schnaubte er hinter seinem improvisierten Lappen, doch als er zu einem Lachen ansetzte, durchzuckte Schmerz seinen Brustkorb, und er musste husten – was nicht weniger quälend war. Obwohl er noch immer leicht außer Atem war, versuchte er nun, nicht zu viel Luft auf einmal einzuziehen oder auszustoßen. Unwillkürlich sog er dabei den Blutgeruch in sich hinein, der über allem hing.
Blut und Pulver, Schweiß, billiges Parfüm, Alkohol, Erbrochenes, Whitechapel.
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Alan zögerte, hin und her gerissen. Auf der einen Seite wollte er diesen Kranken so schnell wie möglich loswerden. Andererseits missfiel ihm die Vorstellung ihn der Polizei zu überlassen. Was würde er erzählen? Es ließ sich nicht vorhersagen. Er könnte den Polizisten ebenso gut berichten, dass er das arme Opfer eines Verrückten war, der um sich geballert hat. Oder er verpfiff ihn. Würde er das tun? Wenn die Bullen nachhaken würden, Druck auf ihn ausüben würden?
Alan schaute auf die Waffe. Er könnte auf ihn schiessen. Nicht vorbei, oder in die Luft, sondern gezielt auf ihn. Den kranken Perversen hinrichten. Hier, jetzt, auf offener Strasse. Scheisse, verdammt! Das war doch nicht die Revolution, die er wollte. Das war der schwärzeste Abgrund aus Norlys durchgedrehter Fantasiewelt. Eine kranke Realität.
Gott, was ist aus ihm geworden? Und wann ist es geschehen? Was hat sich verändert, dass er von einer Minute auf die andere ein Mörder geworden war?
Scheisse, er war wie Norly. Scheisse.
Alan hob die Waffe. Er blickte Randolph an.
"Okay, ich lass dich hier liegen. Ich werde mich Richtung Innenstadt wenden."
Er atmete kurz und tief durch.
"Auch wenn ich kein Problem damit hätte eine kranke Kreatur wie dich nie wieder zu sehen... wünsche ich dir doch Glück."
Alan drückte ab. Die Pistole knallte, die Kugel sauste davon und durchschlug auf der gegenüberliegenden Strassenseite eine Fensterscheibe.
Alan floh vom Ort des Geschehens.
Alan schaute auf die Waffe. Er könnte auf ihn schiessen. Nicht vorbei, oder in die Luft, sondern gezielt auf ihn. Den kranken Perversen hinrichten. Hier, jetzt, auf offener Strasse. Scheisse, verdammt! Das war doch nicht die Revolution, die er wollte. Das war der schwärzeste Abgrund aus Norlys durchgedrehter Fantasiewelt. Eine kranke Realität.
Gott, was ist aus ihm geworden? Und wann ist es geschehen? Was hat sich verändert, dass er von einer Minute auf die andere ein Mörder geworden war?
Scheisse, er war wie Norly. Scheisse.
Alan hob die Waffe. Er blickte Randolph an.
"Okay, ich lass dich hier liegen. Ich werde mich Richtung Innenstadt wenden."
Er atmete kurz und tief durch.
"Auch wenn ich kein Problem damit hätte eine kranke Kreatur wie dich nie wieder zu sehen... wünsche ich dir doch Glück."
Alan drückte ab. Die Pistole knallte, die Kugel sauste davon und durchschlug auf der gegenüberliegenden Strassenseite eine Fensterscheibe.
Alan floh vom Ort des Geschehens.
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Re: Götterblut - Kapitel 2: Gut geplant ist halb gewonnen
Erleichtert seufzte Melinda auf, als Charles die Augen öffnete. Das Blut um sie herum, dass sich langsam in ihr Kleid sog, war also von Leeland. Sie warf einen kurzen Blick auf diesen herüber.
“Scheiße. Es tut mir leid wegen ihrem Anzug, Charles, aber DAS hatte ich nun wirklich nicht geplant.“ Ihr war klar, dass Charles sie nicht hören konnte, das musste an dem Schuss liegen, doch sie hoffte er würde von ihren Lippen ablesen können was sie meinte. Langsam stand sie auf und ging zu Ginger herüber die auf dem Boden lag, Johanna befand sich gleich daneben, aber Melinda schenkte ihr keine Beachtung. Sie war zu geschockt und mich sich selbst beschäftigt um sich nun noch um das Häufchen Elend zu kümmern. Endlich befreite sie sich von der stinkenden Jacke und zog ihren Mantel, von der bewusstlosen Frau, die Jacke bedeckte nun die Blöße der Hure. Obwohl in Whitechapel niemand so wirklich am Nachbarn interessiert war, beschloss Melinda, dass keine Zeit zu verlieren war. Die Handschellen die noch auf dem Boden lagen, ließen eine leises metallisches Klirren hören, als sie sich um Gingers Handgelenke schlossen. In diesem Moment öffnete die Irin blinzelnd ihre Augen und sah sich verwirrt um. Ein Stöhnen drang über ihre Lippen, als ihr offensichtlich bewusst wurde, was geschehen sein musste. Sie atmete panisch ein und versuchte nach hinten zu kriechen, wobei sie ihre Fesseln bemerkte. Stumm und mit weit aufgerissenen Augen blickte sie von ihren Händen zu Melinda hoch und wieder zurück. “Glaub‘ mir Herzchen, das ist nur zu deinem Besten. Wenn du schön brav still bist, passiert dir nicht. Wenn wir weg sind, kannst du gerne um ‚Hilfe‘ rufen. Verstanden?“ Ginger nickte stumm und Melinda fragte sich wo sie gerade die Kaltschnäuzigkeit hergenommen hatte, so zu agieren. Ohne sich weiter um die Frauen zu kümmern, ging sie zu ihrem Bett und stemmte sich energisch gegen den unteren Teil des Holzrahmens. Laut quietschend holperte das Holz protestierend über die Holzdielen. Sie ging in die Hocke und hob ein loses Brett hoch, sie blickte auf ihre Habseligkeiten, oder besser gesagt: Das was noch davon übrig war. Zwar war die Kugel die Leeland in den Boden gefeuert hatte, an einer völlig anderen Stelle eingeschlagen, doch hier schien sie erst zum Stillstand gekommen. Die wenigen Pfundnoten die Melinda sich mit Mühe erarbeitet und gespart hatte, lagen zerschossen im Boden. Sie seufzte, griff die Munition die sie holen wollte, sehr erfreut darüber, dass die Kugel in diese eingeschlagen war, denn dies hätte sicherlich zu einer Explosion geführt, und einige andere Habseligkeiten, bevor sie sich wieder aufrichtete. Sie blickte zu Ginger herüber die sie noch immer panisch anstarrte und ging dann zu Charles herüber. Sie bot ihm ihre Hand als Hilfe zum Aufstehen an. “Ich mach das mit dem Anzug wieder gut. Versprochen. Aber wir sollten verschwinden. Schnell.“ Nun ließ Ginger einen Schrei hören, denn scheinbar hatte sie erkannt, dass Scarface höchst persönlich im Raum befindlich war. Der scharfe Blick den sie dafür von Melinda einfing, ließ sie jedoch wie ein eingeschüchtertes Reh verstummen.
“Scheiße. Es tut mir leid wegen ihrem Anzug, Charles, aber DAS hatte ich nun wirklich nicht geplant.“ Ihr war klar, dass Charles sie nicht hören konnte, das musste an dem Schuss liegen, doch sie hoffte er würde von ihren Lippen ablesen können was sie meinte. Langsam stand sie auf und ging zu Ginger herüber die auf dem Boden lag, Johanna befand sich gleich daneben, aber Melinda schenkte ihr keine Beachtung. Sie war zu geschockt und mich sich selbst beschäftigt um sich nun noch um das Häufchen Elend zu kümmern. Endlich befreite sie sich von der stinkenden Jacke und zog ihren Mantel, von der bewusstlosen Frau, die Jacke bedeckte nun die Blöße der Hure. Obwohl in Whitechapel niemand so wirklich am Nachbarn interessiert war, beschloss Melinda, dass keine Zeit zu verlieren war. Die Handschellen die noch auf dem Boden lagen, ließen eine leises metallisches Klirren hören, als sie sich um Gingers Handgelenke schlossen. In diesem Moment öffnete die Irin blinzelnd ihre Augen und sah sich verwirrt um. Ein Stöhnen drang über ihre Lippen, als ihr offensichtlich bewusst wurde, was geschehen sein musste. Sie atmete panisch ein und versuchte nach hinten zu kriechen, wobei sie ihre Fesseln bemerkte. Stumm und mit weit aufgerissenen Augen blickte sie von ihren Händen zu Melinda hoch und wieder zurück. “Glaub‘ mir Herzchen, das ist nur zu deinem Besten. Wenn du schön brav still bist, passiert dir nicht. Wenn wir weg sind, kannst du gerne um ‚Hilfe‘ rufen. Verstanden?“ Ginger nickte stumm und Melinda fragte sich wo sie gerade die Kaltschnäuzigkeit hergenommen hatte, so zu agieren. Ohne sich weiter um die Frauen zu kümmern, ging sie zu ihrem Bett und stemmte sich energisch gegen den unteren Teil des Holzrahmens. Laut quietschend holperte das Holz protestierend über die Holzdielen. Sie ging in die Hocke und hob ein loses Brett hoch, sie blickte auf ihre Habseligkeiten, oder besser gesagt: Das was noch davon übrig war. Zwar war die Kugel die Leeland in den Boden gefeuert hatte, an einer völlig anderen Stelle eingeschlagen, doch hier schien sie erst zum Stillstand gekommen. Die wenigen Pfundnoten die Melinda sich mit Mühe erarbeitet und gespart hatte, lagen zerschossen im Boden. Sie seufzte, griff die Munition die sie holen wollte, sehr erfreut darüber, dass die Kugel in diese eingeschlagen war, denn dies hätte sicherlich zu einer Explosion geführt, und einige andere Habseligkeiten, bevor sie sich wieder aufrichtete. Sie blickte zu Ginger herüber die sie noch immer panisch anstarrte und ging dann zu Charles herüber. Sie bot ihm ihre Hand als Hilfe zum Aufstehen an. “Ich mach das mit dem Anzug wieder gut. Versprochen. Aber wir sollten verschwinden. Schnell.“ Nun ließ Ginger einen Schrei hören, denn scheinbar hatte sie erkannt, dass Scarface höchst persönlich im Raum befindlich war. Der scharfe Blick den sie dafür von Melinda einfing, ließ sie jedoch wie ein eingeschüchtertes Reh verstummen.
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