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Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
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Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Donnerstag, 12. März 1868, 22:18 Uhr
Stunden später, als das Tageslicht sich schon längst verabschiedet hatte, und die Stille der Nacht über Manchester herrschte, hielt eine Gruppe Reisender – wie man unschwer an ihrem Gepäck, das sie mit sich führten, hätte erkennen können – auf einen Ort zu, zu denen ein gewisser Charles Norly, derzeit eher bekannt unter dem Namen „Scarface“, sie führte.
Aber nicht nur Charles konnte sich inzwischen eines eher zweifelhaften Ruhms erfreuen, sondern auch seine Begleiter. Eine jede und ein jeder hier war inzwischen bekannt dafür, irgendwie in Verbindung mit dem vermeintlichen Serienmörder in ihrer Mitte zu stehen.
Melinda Bolt, die sich in ihren jungen Jahren schon einige unliebsame Feinde gemacht hatte, an deren Spitze zweifelsohne Chief Commissioner Sir Wilkes Carl Hill persönlich stand, wurde für den Mord am Polizisten Leeland Smithson gesucht, den sie (davon waren die Behörden überzeugt) gemeinschaftlich mit Scarface begangen hatte. Maura Thomson, durch ihre Neugier in diese Angelegenheit hineingerutscht, wurde vom Scotland Yard für den Überfall auf Scarfaces Butler Oxley gesucht, bei der sie auf frischer Tat ertappt worden war. Dabei war die Polizei vermutlich ebenfalls an ihrer Verbindung zu Gilbert Wright interessiert, mit dem sie diese Tat zusammen begangen hatte. Wright war zuvor ohnehin schon aufgefallen, weil er sich bewaffnet in die Verhaftung Scarfaces am Manchester Bahnhof eingemischt hatte. Dr. Randolph Tremaine war ins Zentrum der Ermittlungen des frischen Chief Inspectors Jonathan Drake gerückt, nachdem er unfreiwilligerweise in den Vierfachmord im Hause Mauney verwickelt worden war. Dass er, auf Kaution draußen, die Stadt verlassen hatte, ausgelöst von der jungen Johanna Stead, die kurz zuvor von Scarface verschleppt worden und kurz danach ermordet worden war, warf vermutlich nicht das beste Licht auf den armen Doktor. Doch wenn Mr. C, auf den er sich eingelassen hatte, sein Versprechen halten würde, sah zumindest Randolphs Lage nicht allzu düster aus. Dann blieb noch Thomas Oxley, Scarfaces erwähnter Butler. Bisher gab es keinen Beweis, dass der Mann seit Beginn der Morde Kontakt zu seinem Arbeitgeber gepflegt hatte. Bisher hatte er sich gegen jeden Verdacht behaupten können. Dennoch war er nun, Charles und seinem eigenen Leben zuliebe, hier.[1]
Charles war sich bewusst, dass er das Schicksal all dieser Menschen an seiner Seite (und auch das vieler anderer) nachhaltig geändert hatte, auch wenn dies nicht seine primäre Absicht gewesen war. Er war sich nicht sicher, was die Zukunft bringen würde. In der jüngsten Vergangenheit, jedenfalls, lag viel unnötiges Leid.
Es war an der Zeit, nach London zurückzukehren.
Aus genau diesem Grund waren sie hier.
Seinen Begleitern war vermutlich schon vor einer Weile aufgefallen, dass Charles nicht das Ziel verfolgte, mit dem Zug zurück in die Hauptstadt Britanniens zu kehren. Auf Nachfragen, was er denn nun im Sinn hätte, hatte er bisher aber nur mit mysteriös wirkenden Antworten reagiert. Sie waren zu Fuß von der Norman Mill aufgebrochen und hatten sich vielleicht eine Viertelstunde einen Weg durch das Industriegebiet Wigans geschlängelt.
Charles wirkte, hatte man ihn vor einiger Zeit noch in einem absolut desaströsen Zustand erlebt, nun frisch, ausgeruht und sogar einigermaßen beschwingt. Er hatte seine geliehenen Kleidungsstücke wieder gegen einen Maßanzug getauscht, unter der eine farblich gewagte, dunkelviolette Weste hervorlugte, da sein Mantel im geöffneten Zustand seine leicht humpelnde Gestalt umwehte und den Blick darauf freigab. Auch zierte wieder ein Zylinder seinen Kopf. Denjenigen, den Gilbert in der Kutsche, mit der er geflohen war, entführt hatte, würde Charles wohl nie wiedersehen. Aber Daheim hatte sich Ersatz gefunden.
Der Schlaf, womit er eigentlich die komplette Zeit zwischen der Ankunft bei der Norman Mill bis zu Aufbruch von diesem Ort verbracht hatte, hatte ihm merklich gutgetan. Charles atmete die kühle, feuchte Nachtluft in dem Wissen ein, dass er nun viel klarer Denken konnte.
Wenigstens regnete es momentan nicht.
Seine Schritte wurden langsamer, als er an einer langen, bestimmt drei Meter hohen Mauer entlangstreifte. Schließlich blieb er vor einem mächtigen Gittertor stehen, in das eine normalgroße Gittertür eingelassen worden war, und stellte seinen Koffer neben sich ab – zumindest den einen seiner Koffer, den er trug (den anderen schleppte Oxley).
Nach kurzer Analyse der Tür, stellte er fest, dass sie mit Kette und Vorhängeschloss sorgfältig von Innen abgesperrt worden war – und, mit einem Griff durch das Gitter, auch, dass das Schloss sich nicht in eine Position bewegen ließ, in der es sich (da seine motorischen Fähigkeiten etwas eingeschränkt waren) knacken lassen würde.
Charles‘ Blick schweifte kurz über den Hof und über die Fassade der Fabrikhalle, die auf der anderen Seite lag.
„Ich würde vorschlagen“, äußerte er anschließend und wandte sich seinen Begleitern zu, „dass ich auf die andere Seite klettere und von dort den Weg für Sie freimache.“
Charles fixierte dabei den Doktor. Dann trat er vom Tor weg an die Mauer heran.
[1] Jeder bekommt einen neuen Aspekt. Ich nenne ihn provisorisch „Scarfaces Komplize“ und er beinhaltet, dass ihr sowohl vom Scotland Yard gesucht werdet, also euch im Zweifelsfall im Umgang mit rechtschaffenen Menschen bedeckt halten solltet, dass aber andererseits die Unterwelt, besonders Charles' Freunde, euch gegenüber positiv gesinnt sind, solange ihr ihnen keinen Grund gebt, es nicht zu sein. Ihr könnt diesen Aspekt (auch den Namen), so ausformulieren und gestalten, wie ihr wollt.
Stunden später, als das Tageslicht sich schon längst verabschiedet hatte, und die Stille der Nacht über Manchester herrschte, hielt eine Gruppe Reisender – wie man unschwer an ihrem Gepäck, das sie mit sich führten, hätte erkennen können – auf einen Ort zu, zu denen ein gewisser Charles Norly, derzeit eher bekannt unter dem Namen „Scarface“, sie führte.
Aber nicht nur Charles konnte sich inzwischen eines eher zweifelhaften Ruhms erfreuen, sondern auch seine Begleiter. Eine jede und ein jeder hier war inzwischen bekannt dafür, irgendwie in Verbindung mit dem vermeintlichen Serienmörder in ihrer Mitte zu stehen.
Melinda Bolt, die sich in ihren jungen Jahren schon einige unliebsame Feinde gemacht hatte, an deren Spitze zweifelsohne Chief Commissioner Sir Wilkes Carl Hill persönlich stand, wurde für den Mord am Polizisten Leeland Smithson gesucht, den sie (davon waren die Behörden überzeugt) gemeinschaftlich mit Scarface begangen hatte. Maura Thomson, durch ihre Neugier in diese Angelegenheit hineingerutscht, wurde vom Scotland Yard für den Überfall auf Scarfaces Butler Oxley gesucht, bei der sie auf frischer Tat ertappt worden war. Dabei war die Polizei vermutlich ebenfalls an ihrer Verbindung zu Gilbert Wright interessiert, mit dem sie diese Tat zusammen begangen hatte. Wright war zuvor ohnehin schon aufgefallen, weil er sich bewaffnet in die Verhaftung Scarfaces am Manchester Bahnhof eingemischt hatte. Dr. Randolph Tremaine war ins Zentrum der Ermittlungen des frischen Chief Inspectors Jonathan Drake gerückt, nachdem er unfreiwilligerweise in den Vierfachmord im Hause Mauney verwickelt worden war. Dass er, auf Kaution draußen, die Stadt verlassen hatte, ausgelöst von der jungen Johanna Stead, die kurz zuvor von Scarface verschleppt worden und kurz danach ermordet worden war, warf vermutlich nicht das beste Licht auf den armen Doktor. Doch wenn Mr. C, auf den er sich eingelassen hatte, sein Versprechen halten würde, sah zumindest Randolphs Lage nicht allzu düster aus. Dann blieb noch Thomas Oxley, Scarfaces erwähnter Butler. Bisher gab es keinen Beweis, dass der Mann seit Beginn der Morde Kontakt zu seinem Arbeitgeber gepflegt hatte. Bisher hatte er sich gegen jeden Verdacht behaupten können. Dennoch war er nun, Charles und seinem eigenen Leben zuliebe, hier.[1]
Charles war sich bewusst, dass er das Schicksal all dieser Menschen an seiner Seite (und auch das vieler anderer) nachhaltig geändert hatte, auch wenn dies nicht seine primäre Absicht gewesen war. Er war sich nicht sicher, was die Zukunft bringen würde. In der jüngsten Vergangenheit, jedenfalls, lag viel unnötiges Leid.
Es war an der Zeit, nach London zurückzukehren.
Aus genau diesem Grund waren sie hier.
Seinen Begleitern war vermutlich schon vor einer Weile aufgefallen, dass Charles nicht das Ziel verfolgte, mit dem Zug zurück in die Hauptstadt Britanniens zu kehren. Auf Nachfragen, was er denn nun im Sinn hätte, hatte er bisher aber nur mit mysteriös wirkenden Antworten reagiert. Sie waren zu Fuß von der Norman Mill aufgebrochen und hatten sich vielleicht eine Viertelstunde einen Weg durch das Industriegebiet Wigans geschlängelt.
Charles wirkte, hatte man ihn vor einiger Zeit noch in einem absolut desaströsen Zustand erlebt, nun frisch, ausgeruht und sogar einigermaßen beschwingt. Er hatte seine geliehenen Kleidungsstücke wieder gegen einen Maßanzug getauscht, unter der eine farblich gewagte, dunkelviolette Weste hervorlugte, da sein Mantel im geöffneten Zustand seine leicht humpelnde Gestalt umwehte und den Blick darauf freigab. Auch zierte wieder ein Zylinder seinen Kopf. Denjenigen, den Gilbert in der Kutsche, mit der er geflohen war, entführt hatte, würde Charles wohl nie wiedersehen. Aber Daheim hatte sich Ersatz gefunden.
Der Schlaf, womit er eigentlich die komplette Zeit zwischen der Ankunft bei der Norman Mill bis zu Aufbruch von diesem Ort verbracht hatte, hatte ihm merklich gutgetan. Charles atmete die kühle, feuchte Nachtluft in dem Wissen ein, dass er nun viel klarer Denken konnte.
Wenigstens regnete es momentan nicht.
Seine Schritte wurden langsamer, als er an einer langen, bestimmt drei Meter hohen Mauer entlangstreifte. Schließlich blieb er vor einem mächtigen Gittertor stehen, in das eine normalgroße Gittertür eingelassen worden war, und stellte seinen Koffer neben sich ab – zumindest den einen seiner Koffer, den er trug (den anderen schleppte Oxley).
Nach kurzer Analyse der Tür, stellte er fest, dass sie mit Kette und Vorhängeschloss sorgfältig von Innen abgesperrt worden war – und, mit einem Griff durch das Gitter, auch, dass das Schloss sich nicht in eine Position bewegen ließ, in der es sich (da seine motorischen Fähigkeiten etwas eingeschränkt waren) knacken lassen würde.
Charles‘ Blick schweifte kurz über den Hof und über die Fassade der Fabrikhalle, die auf der anderen Seite lag.
„Ich würde vorschlagen“, äußerte er anschließend und wandte sich seinen Begleitern zu, „dass ich auf die andere Seite klettere und von dort den Weg für Sie freimache.“
Charles fixierte dabei den Doktor. Dann trat er vom Tor weg an die Mauer heran.
[1] Jeder bekommt einen neuen Aspekt. Ich nenne ihn provisorisch „Scarfaces Komplize“ und er beinhaltet, dass ihr sowohl vom Scotland Yard gesucht werdet, also euch im Zweifelsfall im Umgang mit rechtschaffenen Menschen bedeckt halten solltet, dass aber andererseits die Unterwelt, besonders Charles' Freunde, euch gegenüber positiv gesinnt sind, solange ihr ihnen keinen Grund gebt, es nicht zu sein. Ihr könnt diesen Aspekt (auch den Namen), so ausformulieren und gestalten, wie ihr wollt.
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Stoisch folgte Gilbert der Gruppe von Menschen, die anscheinend vor gar nicht allzu langer Zeit - und das vollkommen ungefragt - ein Teil seines Lebens geworden waren. Zumindest fühlte er sich momentan so, als würde er diese Leute nie mehr loswerden können. Dabei sah die Zukunft gar nicht mal so düster aus. Charles Norly hatte ihm versprochen, dafür zu sorgen, dass er sicher aus dem Land geschafft wurde. Bisher hatte es kein Anzeichen gegeben, dass der Mann sich nicht an die Abmachung halten würde. Zwar war es offensichtlich, dass sie nicht mit dem Zug nach London zurückkehren würden - von wo aus sich Gilbert dann endlich irgendwie abkapseln können würde - aber das wäre auch eine ziemlich bescheuerte Idee gewesen. Dass nicht nur Norly, sondern auch er selbst und höchstwahrscheinlich auch der Rest der Gruppe polizeilich gesucht wurden, war leider eine Tatsache, an die sich Gil langsam aber sicher gewöhnt hatte. So war der Zug ganz einfach keine sichere Alternative mehr gewesen. Man hätte sie dort sicherlich gesucht. Wie sie stattdessen nach London kommen würden, war anscheinend ein Geheimnis aber das störte ihn nicht. Zwar hatte Norly in der Vergangenheit einige schlechte Entscheidungen getroffen aber Gilbert schätzte den Mann dennoch als hochintelligent ein. Er würde schon etwas passendes gefunden haben.
Mit den Gedanken war der Maler allerdings nur zum Teil bei ihrer momentanen Situation. Er erinnerte sich an den gestrigen Abend, der eine nette Alternative zu den schrecklichen Stunden davor gewesen war. Nachdem jeder das Haus verlassen hatte - und dabei war es Gilbert dieses mal tatsächlich egal gewesen, wohin es sie alle getrieben hatte - hatte Gilbert endlich wieder durchatmen und sich etwas entspannen können. Kein Charles Norly, der wieder irgendeinen kriminellen Plan ausheckte. Keine Miss Thomson, die sowieso wieder nur ihre eigenen, seltsamen Pläne verfolgen würde. Noch immer konnte es Gilbert nicht wirklich fassen, dass die Frau freiwillig zu Norly zurückgekehrt war. Sie hatte die Möglichkeit gehabt, sich aus der ganzen Sache herauszuhalten und hatte sie einfach links liegen lassen. Früher oder später würde ihr klar werden, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Zwar hatte er noch keinen großen Kontakt zu Miss Benton gehabt aber in der Situation, in der sich Gilbert befunden hatte, war auch sie ihm ein Dorn im Auge gewesen - wie eigentlich jede Person, die sich ihm genährt hatte. Selbst von Oxley hatte er sich ferngehalten.
Es war der schönste Abend gewesen, den er schon lange gehabt hatte. Zwar war Oxley seiner Bitte nach Alkohol nicht nachgekommen aber das hatte Gilbert nicht aufhalten können, etwas zu trinken. Schließlich führte er immer mindestens eine Flasche Gin und Laudanum mit sich. So hatte er sich recht schnell, nachdem die anderen verschwunden waren und auch Oxley kein Interesse gezeigt hatte, sich mit ihm zu unterhalten, in sein Zimmer zurückgezogen, dass er auch schon vorher besetzt hatte. Alles war noch so, wie er es dagelassen hatte. Sogar das halbfertige Bild stand noch an seinem Platz. Gil hatte sich nicht Lumpen lassen und sich großzügig, sowohl vom Gin, als auch von der Opiumtinktur, eingeschüttet. Einige Minuten lang hatte er einfach nur entspannt, an seinem Getränk genippt und sich das Gelände hinter dem Haus angesehen. Schließlich war es aber so gekommen, wie es hatte kommen müssen. Er hatte sich seinen Pinsel geschnappt und mit dem Malen angefangen. Das Bild war noch nicht fertig geworden und in den nächsten Minuten - oder waren es Stunden gewesen? Die Zeit verflog so schnell beim Malen - hatte er das geändert. Erst als ihm sein Handgelenk wehtat und er mit dem Ergebnis zufrieden gewesen war, hatte er sich schließlich der Erschöpfung ergeben und war auf dem Bett in sich zusammengesunken.
Jetzt war er hier und folgte diesen Leuten wieder. Es war eine schöne Auszeit gewesen, die er sich hatte gönnen können. Das war jetzt vorbei. Doch Gilbert musste nur einige Stunden, vielleicht ein oder zwei Tage, noch mit diesen Leuten aushalten, bis er endlich verschwinden konnte. Die Vorstellung, seine Heimat verlassen zu müssen, störte ihn nicht mehr wirklich. Er hatte sowieso schon immer vorgehabt zu reisen. Andere Länder zu sehen und diese zu malen. Es war zwar eine erzwungene Reise aber das war nicht schlimm. Solange er diese ganze Sache mit Scarface und seinen Leuten hinter sich hatte, würde es das wert sein.
Zum Glück schien es Norly besser zu gehen. Nach seinem Ausbruch hatte er sich anscheinend endlich beruhigt und war damit wieder der alte. Das hatte natürlich ganz offensichtlich auch Nachteile aber er hoffte einfach, dass die Vorteile die Nachteile überwogen. Außerdem war ihm ein Charles Norly mit klarem Verstand einfach lieber, als ein Verrückter, der durch Mord- und Rachegedanken geführt wurde. Gilbert sah sich neugierig in ihrer Umgebung um und nickte seinem Führer schließlich zu, als dieser vorschlug, auf die andere Seite der Mauer zu klettern. Er selbst würde das sowieso nicht hinkriegen und wenn sie durch dieses Tor gehen mussten, würde es wohl keinen anderen Weg geben. Erst einmal würde sich Gilbert raushalten. Sein Typ war hier nicht gefragt. Stattdessen schlenderte er an der Mauer entlang und versuchte herauszufinden, wo sie sich befanden.
Mit den Gedanken war der Maler allerdings nur zum Teil bei ihrer momentanen Situation. Er erinnerte sich an den gestrigen Abend, der eine nette Alternative zu den schrecklichen Stunden davor gewesen war. Nachdem jeder das Haus verlassen hatte - und dabei war es Gilbert dieses mal tatsächlich egal gewesen, wohin es sie alle getrieben hatte - hatte Gilbert endlich wieder durchatmen und sich etwas entspannen können. Kein Charles Norly, der wieder irgendeinen kriminellen Plan ausheckte. Keine Miss Thomson, die sowieso wieder nur ihre eigenen, seltsamen Pläne verfolgen würde. Noch immer konnte es Gilbert nicht wirklich fassen, dass die Frau freiwillig zu Norly zurückgekehrt war. Sie hatte die Möglichkeit gehabt, sich aus der ganzen Sache herauszuhalten und hatte sie einfach links liegen lassen. Früher oder später würde ihr klar werden, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Zwar hatte er noch keinen großen Kontakt zu Miss Benton gehabt aber in der Situation, in der sich Gilbert befunden hatte, war auch sie ihm ein Dorn im Auge gewesen - wie eigentlich jede Person, die sich ihm genährt hatte. Selbst von Oxley hatte er sich ferngehalten.
Es war der schönste Abend gewesen, den er schon lange gehabt hatte. Zwar war Oxley seiner Bitte nach Alkohol nicht nachgekommen aber das hatte Gilbert nicht aufhalten können, etwas zu trinken. Schließlich führte er immer mindestens eine Flasche Gin und Laudanum mit sich. So hatte er sich recht schnell, nachdem die anderen verschwunden waren und auch Oxley kein Interesse gezeigt hatte, sich mit ihm zu unterhalten, in sein Zimmer zurückgezogen, dass er auch schon vorher besetzt hatte. Alles war noch so, wie er es dagelassen hatte. Sogar das halbfertige Bild stand noch an seinem Platz. Gil hatte sich nicht Lumpen lassen und sich großzügig, sowohl vom Gin, als auch von der Opiumtinktur, eingeschüttet. Einige Minuten lang hatte er einfach nur entspannt, an seinem Getränk genippt und sich das Gelände hinter dem Haus angesehen. Schließlich war es aber so gekommen, wie es hatte kommen müssen. Er hatte sich seinen Pinsel geschnappt und mit dem Malen angefangen. Das Bild war noch nicht fertig geworden und in den nächsten Minuten - oder waren es Stunden gewesen? Die Zeit verflog so schnell beim Malen - hatte er das geändert. Erst als ihm sein Handgelenk wehtat und er mit dem Ergebnis zufrieden gewesen war, hatte er sich schließlich der Erschöpfung ergeben und war auf dem Bett in sich zusammengesunken.
Jetzt war er hier und folgte diesen Leuten wieder. Es war eine schöne Auszeit gewesen, die er sich hatte gönnen können. Das war jetzt vorbei. Doch Gilbert musste nur einige Stunden, vielleicht ein oder zwei Tage, noch mit diesen Leuten aushalten, bis er endlich verschwinden konnte. Die Vorstellung, seine Heimat verlassen zu müssen, störte ihn nicht mehr wirklich. Er hatte sowieso schon immer vorgehabt zu reisen. Andere Länder zu sehen und diese zu malen. Es war zwar eine erzwungene Reise aber das war nicht schlimm. Solange er diese ganze Sache mit Scarface und seinen Leuten hinter sich hatte, würde es das wert sein.
Zum Glück schien es Norly besser zu gehen. Nach seinem Ausbruch hatte er sich anscheinend endlich beruhigt und war damit wieder der alte. Das hatte natürlich ganz offensichtlich auch Nachteile aber er hoffte einfach, dass die Vorteile die Nachteile überwogen. Außerdem war ihm ein Charles Norly mit klarem Verstand einfach lieber, als ein Verrückter, der durch Mord- und Rachegedanken geführt wurde. Gilbert sah sich neugierig in ihrer Umgebung um und nickte seinem Führer schließlich zu, als dieser vorschlug, auf die andere Seite der Mauer zu klettern. Er selbst würde das sowieso nicht hinkriegen und wenn sie durch dieses Tor gehen mussten, würde es wohl keinen anderen Weg geben. Erst einmal würde sich Gilbert raushalten. Sein Typ war hier nicht gefragt. Stattdessen schlenderte er an der Mauer entlang und versuchte herauszufinden, wo sie sich befanden.
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Maura Thomson war in bester Laune.
Mit gereckter Brust und etwas, das man schon fast ein Lächeln hätte nennen können, schritt sie direkt hinter Charles her, den Mantel dank der kühlen Nachtluft zugeknöpft, in der einen Tasche ihr Notizbuch, in der anderen ein langes Küchenmesser, das sie in Charles Anwesen … ausgeborgt hatte – doch da der Butler Oxley (gegen den sie ihre anfängliche Antipathie inzwischen abgelegt hatte) sie nun begleitete, würde das Ding ohnehin niemand vermissen. Beides, Buch und Messer, schlug bei jedem Schritt sacht gegen ihre Oberschenkel, doch das störte sie nicht weiter; eher noch war es angenehm, sich ständig der Anwesenheit beider Gegenstände vergewissert zu sehen.
Oh ja, sie hatte sich immer ein Abenteuer gewünscht. In ihren langweiligen Ehejahren, die sie nur durch das Schreiben und das Verhätscheln ihres Sohnes ausgehalten hatte, war das die Alternative gewesen, die sie immer herbeigesehnt hatte … das, oder den Freitod. Jetzt, wo Selbstmord keine Option mehr war, stand das Abenteuer auf einmal vor ihrer Tür – und sie war mitten hineingesprungen und fühlte sich pudelwohl.
Bevor Charles und die anderen endlich zurück zur Norman Mill gekommen waren, hatte Maura tatsächlich ihren Abend mit dem King, Rosie und ihren Kindern bei dem von Charles erwähnten Kampf verbracht und war nicht enttäuscht worden. Es waren mehrere Boxmatches gewesen, die in einem provisorischen Ring in einem der Räume veranstaltet worden waren. Es war eine lauschige, fast schon gemütliche Atmosphäre gewesen, so zumindest war es ihr vorgekommen; sie hatte dagesessen, die Jungen beobachtet, wie sie sich gegenseitig eins auf ihre Nasen gegeben hatten, und dabei an ihre eigene Kindheit zurückgedacht, wo sie dasselbe noch mit George und Edmund gemacht hatte. Damals hatte sie immer gewonnen … ob sie das heute auch noch würde? Einen albernen Moment lang war sie versucht gewesen, selbst an einem der Kämpfe teilzunehmen, aber das wäre in ihrem Alter schlicht unsinnig gewesen; außerdem hatte sie sich ungern von einer tätowierten Göre die Nase brechen lassen wollen. Stattdessen hatte sie sich sogar ein wenig mit dem King unterhalten – obwohl sie seinen ‚Namen‘ noch immer bescheuert fand, schien er ein vernünftiger Kerl zu sein. Aufrecht … ehrlich … eben das, was sie an Menschen der unteren Schichten schätzte. Viel besser als dieser ganze schlecht kaschierte Sündenpfuhl derer, die sich für die Oberschicht hielten.
Als sie schließlich vor einer Mauer samt verschlossenem Tor Halt machten, sondierte Maura erst einmal die Lage, und, als das nichts Interessantes zum Vorschein brachte, die Mauer: Backstein, knapp drei Meter hoch. Glatt. Sie sah mit hochgezogenen Augenbrauen zu Norly – nie im Leben. Und wenn er noch so ausgeruht war. Kurz entschlossen trat sie neben Norly an die Mauer. „Sie wollen da alleine drüber? Keine gute Idee.“ Einen Gegenvorschlag machte sie jedoch nicht … was vor allem daran lag, dass sie selbst es wohl auch nicht über die Mauer geschafft hätte. Verdammt. Sie machte die Beine etwas breiter, dann formte sie mit den Händen eine Trittstufe auf Höhe ihres Beckens. Die Räuberleiter … noch ein Überbleibsel aus ihrer Kindheit. Auffordernd sah sie zu Norly, nicht einmal unfreundlich. „Los, kommen Sie! Ich helfe Ihnen, dann geht’s leichter. Aber ich hoffe, Sie wissen ausnahmsweise mal, was Sie tun.“
Mit gereckter Brust und etwas, das man schon fast ein Lächeln hätte nennen können, schritt sie direkt hinter Charles her, den Mantel dank der kühlen Nachtluft zugeknöpft, in der einen Tasche ihr Notizbuch, in der anderen ein langes Küchenmesser, das sie in Charles Anwesen … ausgeborgt hatte – doch da der Butler Oxley (gegen den sie ihre anfängliche Antipathie inzwischen abgelegt hatte) sie nun begleitete, würde das Ding ohnehin niemand vermissen. Beides, Buch und Messer, schlug bei jedem Schritt sacht gegen ihre Oberschenkel, doch das störte sie nicht weiter; eher noch war es angenehm, sich ständig der Anwesenheit beider Gegenstände vergewissert zu sehen.
Oh ja, sie hatte sich immer ein Abenteuer gewünscht. In ihren langweiligen Ehejahren, die sie nur durch das Schreiben und das Verhätscheln ihres Sohnes ausgehalten hatte, war das die Alternative gewesen, die sie immer herbeigesehnt hatte … das, oder den Freitod. Jetzt, wo Selbstmord keine Option mehr war, stand das Abenteuer auf einmal vor ihrer Tür – und sie war mitten hineingesprungen und fühlte sich pudelwohl.
Bevor Charles und die anderen endlich zurück zur Norman Mill gekommen waren, hatte Maura tatsächlich ihren Abend mit dem King, Rosie und ihren Kindern bei dem von Charles erwähnten Kampf verbracht und war nicht enttäuscht worden. Es waren mehrere Boxmatches gewesen, die in einem provisorischen Ring in einem der Räume veranstaltet worden waren. Es war eine lauschige, fast schon gemütliche Atmosphäre gewesen, so zumindest war es ihr vorgekommen; sie hatte dagesessen, die Jungen beobachtet, wie sie sich gegenseitig eins auf ihre Nasen gegeben hatten, und dabei an ihre eigene Kindheit zurückgedacht, wo sie dasselbe noch mit George und Edmund gemacht hatte. Damals hatte sie immer gewonnen … ob sie das heute auch noch würde? Einen albernen Moment lang war sie versucht gewesen, selbst an einem der Kämpfe teilzunehmen, aber das wäre in ihrem Alter schlicht unsinnig gewesen; außerdem hatte sie sich ungern von einer tätowierten Göre die Nase brechen lassen wollen. Stattdessen hatte sie sich sogar ein wenig mit dem King unterhalten – obwohl sie seinen ‚Namen‘ noch immer bescheuert fand, schien er ein vernünftiger Kerl zu sein. Aufrecht … ehrlich … eben das, was sie an Menschen der unteren Schichten schätzte. Viel besser als dieser ganze schlecht kaschierte Sündenpfuhl derer, die sich für die Oberschicht hielten.
Als sie schließlich vor einer Mauer samt verschlossenem Tor Halt machten, sondierte Maura erst einmal die Lage, und, als das nichts Interessantes zum Vorschein brachte, die Mauer: Backstein, knapp drei Meter hoch. Glatt. Sie sah mit hochgezogenen Augenbrauen zu Norly – nie im Leben. Und wenn er noch so ausgeruht war. Kurz entschlossen trat sie neben Norly an die Mauer. „Sie wollen da alleine drüber? Keine gute Idee.“ Einen Gegenvorschlag machte sie jedoch nicht … was vor allem daran lag, dass sie selbst es wohl auch nicht über die Mauer geschafft hätte. Verdammt. Sie machte die Beine etwas breiter, dann formte sie mit den Händen eine Trittstufe auf Höhe ihres Beckens. Die Räuberleiter … noch ein Überbleibsel aus ihrer Kindheit. Auffordernd sah sie zu Norly, nicht einmal unfreundlich. „Los, kommen Sie! Ich helfe Ihnen, dann geht’s leichter. Aber ich hoffe, Sie wissen ausnahmsweise mal, was Sie tun.“
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Charles blickte Gilbert kurz hinterher, der keine Anstalten machte, ihm Hilfe anzubieten, als dies schon überraschenderweise von Mauras Seite aus geschah. Natürlich war Charles sich sicher, es auch ohne das Zutun anderer über eine lächerliche Mauer wie diese gelangen zu können, allerdings würde er ein freundlich gemeintes Angebot nicht abschlagen.
Bevor Charles jedoch Mauras Hände als Trittleiter verwendete, verleitete sie ihn dazu, noch einige Worte zu verlieren.
„Es ist mir schleierhaft, wie Sie annehmen können, dass ich generell nicht wüsste, was ich tue“, äußerte Charles leicht pikiert.
„Ich erinnere mich nicht, mich in letzter Zeit in einer solchen Situation befunden zu haben… erst Recht nicht in Ihrer Anwesenheit, Madam. Wüsste ich nicht haargenau, was ich tue und warum ich es tue, hätte ich den Scotland Yard gewiss nicht erfolgreich zum Narren halten können.“
Dann schlich sich allerdings ein selbstgefälliges Schmunzeln in sein Gesicht.
„Wenn Sie erst sehen, warum ich Sie hierhergeführt habe, wird Ihnen Ihr Spott schon vergehen.“
Vielleicht verging dieser ihr schon in dem Moment, als Charles sich recht mühelos die Mauer überwand, indem er sich an der Kante hochzog und schließlich einen Fuß aufsetzte, um auch den rechtlichen Teil seines Körpers nach oben zu befördern. Darauf, auf der anderen Seite einfach hinunterzuspringen, verzichtete er allerdings – auch wenn er fehlenden Schlaf hatte nachholen können, bedeutete das nicht, dass sein geschundener Körper sich gleichermaßen schnell erholt hatte. Charles ließ sich langsam an den Händen hinab und sprang nur das letzte, kleine Stück, und landete leichtfüßig dort, wo er wollte.
Zufrieden, obwohl trotzdem eine leichte Welle des Schmerzes über seine Verletzungen hinweggezuckt war, rückte Charles seine Kleidung und seinen Hut zurecht, bevor er zur Gittertür und damit in das Sichtfeld der anderen zurückkehrte. Von dieser Seite sah das Schloss viel besser aus. Um es von hier zu öffnen, müsste er sich nicht verrenken – und das war eine enorme Erleichterung. Während Charles aus seinem Mantel schlüpfte und ihn, mit der Außenseite nach unten, vor sich auf dem regennassen Pflaster ausbreitete, wandte er sich verbal an seine Begleiter:
„Da ich Ihnen nun Vertrauen schenke, wäre es vermutlich von Vorteil, wenn Sie auch mir Vertrauen schenken würden“, brachte er das Thema an, auf das Mrs. Thomson ihn nun gebracht hatte.
„Auf gegenseitiger Basis wird dies unserer Zusammenarbeit nur förderlich sein“, wagte er zu behaupten und ließ sich behutsam auf die Knie sinken, damit das Vorhängeschloss sich auf Augenhöhe befand. Er fischte eine etwa handgroße Ledermappe aus seinem Mantel unter sich, der nun verhinderte, dass seine Hose durchweichte. In dieser befand sich sein spezielles Werkzeug, das die Polizei zum Glück nicht einbehalten hatte. Charles entfaltete das Etui und wählte sorgfältig einen Satz Dietriche aus, den er für geeignet hielt.
Bereits in jungen Jahren hatte die Neugier ihn dazu verleitet, das eher unkonventionelle Öffnen von Schlössern zu lernen. Geheimnisse, die jemand meinte, wegschließen zu müssen, hatten schon damals einen besonderen, verlockend verbotenen Reiz auf ihn ausgeübt. Heute, mit einer Hand weniger, fiel ihm das Schlösserknacken vielleicht nicht mehr so leicht wie früher, aber er hatte einen Weg gefunden, sich damit zu arrangieren. Wie bei vielen anderen Alltagssituationen auch, benutzte Charles hauptsächlich seine rechte, gesunde Hand. Auf andere Augen mochte es ungewohnt wirken, wenn er das Werkzeug, das er mit der linken Hand zu bedienen gedachte, zunächst mit der rechten in die richtige Position brachte, aber für Charles war das inzwischen beiläufige Routine.
„Wenn Ihnen mein Stil nicht gefällt, zwinge ich Sie gewiss nicht, mit mir zu gehen. Sie haben sich genauso dazu entschieden, mit mir hier zu sein, wie ich mich dazu entschieden habe, Sie hierhinzuführen. Wir alle hier treffen freie Entscheidungen.“
Etwa eine halbe Minute später sprang das Schloss auf. Charles räumte erst seine Dietriche wieder ein, ehe er die Kette entfernte und im Aufstehen die Tür öffnete und seinen Mantel wieder an sich nahm.
Bevor Charles jedoch Mauras Hände als Trittleiter verwendete, verleitete sie ihn dazu, noch einige Worte zu verlieren.
„Es ist mir schleierhaft, wie Sie annehmen können, dass ich generell nicht wüsste, was ich tue“, äußerte Charles leicht pikiert.
„Ich erinnere mich nicht, mich in letzter Zeit in einer solchen Situation befunden zu haben… erst Recht nicht in Ihrer Anwesenheit, Madam. Wüsste ich nicht haargenau, was ich tue und warum ich es tue, hätte ich den Scotland Yard gewiss nicht erfolgreich zum Narren halten können.“
Dann schlich sich allerdings ein selbstgefälliges Schmunzeln in sein Gesicht.
„Wenn Sie erst sehen, warum ich Sie hierhergeführt habe, wird Ihnen Ihr Spott schon vergehen.“
Vielleicht verging dieser ihr schon in dem Moment, als Charles sich recht mühelos die Mauer überwand, indem er sich an der Kante hochzog und schließlich einen Fuß aufsetzte, um auch den rechtlichen Teil seines Körpers nach oben zu befördern. Darauf, auf der anderen Seite einfach hinunterzuspringen, verzichtete er allerdings – auch wenn er fehlenden Schlaf hatte nachholen können, bedeutete das nicht, dass sein geschundener Körper sich gleichermaßen schnell erholt hatte. Charles ließ sich langsam an den Händen hinab und sprang nur das letzte, kleine Stück, und landete leichtfüßig dort, wo er wollte.
Zufrieden, obwohl trotzdem eine leichte Welle des Schmerzes über seine Verletzungen hinweggezuckt war, rückte Charles seine Kleidung und seinen Hut zurecht, bevor er zur Gittertür und damit in das Sichtfeld der anderen zurückkehrte. Von dieser Seite sah das Schloss viel besser aus. Um es von hier zu öffnen, müsste er sich nicht verrenken – und das war eine enorme Erleichterung. Während Charles aus seinem Mantel schlüpfte und ihn, mit der Außenseite nach unten, vor sich auf dem regennassen Pflaster ausbreitete, wandte er sich verbal an seine Begleiter:
„Da ich Ihnen nun Vertrauen schenke, wäre es vermutlich von Vorteil, wenn Sie auch mir Vertrauen schenken würden“, brachte er das Thema an, auf das Mrs. Thomson ihn nun gebracht hatte.
„Auf gegenseitiger Basis wird dies unserer Zusammenarbeit nur förderlich sein“, wagte er zu behaupten und ließ sich behutsam auf die Knie sinken, damit das Vorhängeschloss sich auf Augenhöhe befand. Er fischte eine etwa handgroße Ledermappe aus seinem Mantel unter sich, der nun verhinderte, dass seine Hose durchweichte. In dieser befand sich sein spezielles Werkzeug, das die Polizei zum Glück nicht einbehalten hatte. Charles entfaltete das Etui und wählte sorgfältig einen Satz Dietriche aus, den er für geeignet hielt.
Bereits in jungen Jahren hatte die Neugier ihn dazu verleitet, das eher unkonventionelle Öffnen von Schlössern zu lernen. Geheimnisse, die jemand meinte, wegschließen zu müssen, hatten schon damals einen besonderen, verlockend verbotenen Reiz auf ihn ausgeübt. Heute, mit einer Hand weniger, fiel ihm das Schlösserknacken vielleicht nicht mehr so leicht wie früher, aber er hatte einen Weg gefunden, sich damit zu arrangieren. Wie bei vielen anderen Alltagssituationen auch, benutzte Charles hauptsächlich seine rechte, gesunde Hand. Auf andere Augen mochte es ungewohnt wirken, wenn er das Werkzeug, das er mit der linken Hand zu bedienen gedachte, zunächst mit der rechten in die richtige Position brachte, aber für Charles war das inzwischen beiläufige Routine.
„Wenn Ihnen mein Stil nicht gefällt, zwinge ich Sie gewiss nicht, mit mir zu gehen. Sie haben sich genauso dazu entschieden, mit mir hier zu sein, wie ich mich dazu entschieden habe, Sie hierhinzuführen. Wir alle hier treffen freie Entscheidungen.“
Etwa eine halbe Minute später sprang das Schloss auf. Charles räumte erst seine Dietriche wieder ein, ehe er die Kette entfernte und im Aufstehen die Tür öffnete und seinen Mantel wieder an sich nahm.
Umbra- Tiefseemonster
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Wüsste ich nicht haargenau, was ich tue und warum ich es tue, hätte ich den Scotland Yard gewiss nicht erfolgreich zum Narren halten können.
Oder weil jeder deiner Schritte verfolgt und gedeckt wird. Narr.
Randolph war in missmutiger Stimmung. Der lange Marsch hatte ihn ausgelaugt und die Kraft, die er in der kurzen Ruhepause, in der er im Übrigen von absurden Alpträumen gequält worden war, gesammelt hatte, hatte ihn bereits wieder verlassen. Er hatte immer noch Kopfschmerzen von den Ereignissen des noch gar nicht so weit zurückliegenden Tages und seine Beinschmerzen hatten sich wieder verschlimmert.
Durchaus möglich, dass das daran lag, dass er wie ein Wahnsinniger Treppen hinauf und hinunter gestürmt war. Und jetzt diese Wanderung in völliger Finsternis. Charles hatte sich natürlich wieder mal in Schweigen gehüllt, was das Ziel dieser Expedition betraf und nur betont, dass sie dann schon sehen würden, was der eigentlich Sinn hinter dieser Reise war.
Natürlich. Sie würden es sehen. Wie sie es bei der Norman Mill gesehen hatten, als er blindlings ins Innere gestürmt und von seinem Freund niedergeknüppelt worden war. Dem jetzigen Vorhaben stand Randolph ungefähr mit derselben Skepsis gegenüber, zumal sie wieder vor einer scheinbar verlassenen Fabrikhalle gestrandet waren. Dies alles kam ihm vor wie ein makaberes Deja Vu.
Mürrisch blickte er sich nach Anhaltspunkten um, wo zur Hölle sie sich hier eigentlich befanden. Irgendwo in Wigan, das war ihm klar. Aber dann verlor sich auch schon sein Orientierungssinn. Sie standen hier vor einer namenlosen Fabrikhalle mit Backsteinmauern, die zum einem düster und zum anderen bedrohlich aussah.
Und wen hatten sie alles dabei, für diese Unternehmung? Melinda, von der er gestern erfahren hatte, dass sie eine Mörderin ist. Charles, der ihm schon wieder etwas zu übermütig und enthusiastisch wirkte. Mrs. Thomson, der er nicht vertraute und die er versuchte nie länger als ein paar Sekundenbruchteile aus den Augen zu verlieren. Und Mr.Wright.
Mr.Wright wirkte recht normal. Nicht das ihn das zu einer Nacht-und-Nebel-Aktion qualifizieren würde. Der Mann sollte jetzt eigentlich in seiner Wohnung sein, bei seiner Familie, wenn er eine hatte, und in Ruhe schlafen.
Randolph hatte auf dem Weg nicht viele Worte gewechselt. Zwischen Melinda und ihm hatte ein unangenehmes Schweigen geherrscht. Er hätte es brechen können, aber dafür war er zu matt gewesen. Charles hatte er nur vergeblich nach ihrem eigentlichen Ziel gefragt. Den Rest des Weges hatte der Doktor schweigend verbracht und über seine neuen Erkenntnisse nachgedacht. Auch, weil er sich mit irgendetwas von dem pochenden Schmerz in seinem Unterschenkel ablenken musste.
Die Nachforschungen, die er gestern noch im Stadtarchiv betrieben hatte, hatten sich als fruchtbar gewiesen. Es war ein langwieriger Prozess gewesen, aber letzten Endes war er an viele Fakten und Ereignisse herangekommen, die ihm neu gewesen waren. Viele Artikel hatten sich über die wirtschaftliche Lage des Hauses Norly gedreht. Ihren Überseehandel, wichtige Partner und der letztendliche Ruin, um den sich aber einige Gerüchte rankten.
Für Randolph waren zwei Sachen besonders interessant gewesen.
Zum einen eine Geschichte über einen Überfall auf Charles. Norly hatte den Angreifer mit seinem eigenem Messer getötet, nachdem dieser es zuvor schon im Bein seines Opfers versenkt hatte. Charles hatte darauf beharrt, dass es ein gezielter Mordanschlag gewesen sei und kein versuchter Raub, aber da der Täter in Sachen Diebstahl und Ausrauben von Passanten bekannt und gesucht war, hatte man es damit abgetan und Charles‘ Beurteilung der Lage auf den Schock zurückgeführt. Zu diesem Artikel gab es auch Meldungen von Norlys Nachbarn, die meinten, er würde in letzter Zeit an paranoiden Wahnvorstellungen leiden.
In Anbetracht der jetzigen Lage war sich Randolph alles andere als sicher, ob das reine Wahnvorstellungen gewesen waren. Das wäre schon fast ein Zufall. Und Randolph war immer misstrauisch, was Zufälle betraf.
Das Zweite, was Randolph sehr interessant gefunden hatte, war die Handelsbeziehung zwischen Norlys Vater und einem gewissen George Bakersfield, die irgendwann nach dem Tod von Charles‘ Bruder Timothy in die Brüche gegangen war. Randolph konnte sich zwar nicht erinnern, dass Norly jemals den Namen Bakersfield in den Mund genommen hatte, aber er vermutete immer noch, dass die Wurzel allen Übels in seiner eigenen Vergangenheit lag. Schließlich schien es sich bei der Sache mit den Morden um eine persönliche Angelegenheit zu handeln. Und in dieser Vergangenheit hatte dieser Bakersfield vielleicht doch eine wichtige Rolle gespielt.
Vor seinem geistigen Auge sah er das Foto vor sich, dass er im Archiv aufgestöbert hatte.
William Norly und George Bakersfield, wie sie sich zum Besiegeln ihrer Partnerschaft die Hand reichten. Im Hintergrund konnte man den jungen Charles und Timothy sehen. Sie waren damals wohl Anfang bis Mitte zwanzig, und sich beinahe so ähnlich, als könnten sie Zwillinge sein. Nur wirkte Timothy in diesem Augenblick um einiges glücklicher als Charles.
Timothy würde, rein vom Äußeren her, eigentlich bestimmt einen guten Scarface abgegeben. Randolph wäre bereit gewesen das in Erwägung ziehen, schließlich hatte er auch früher schon kurzzeitig über Familienangehörige von Charles nachgedacht. Allerdings schien Timothy bereits vor einiger Zeit verstorben zu sein.
Der Doktor musterte, wie Thomson Norly beim Erklimmen der Mauer half. Bevor er nun groß seine Theorien weiterspann, sollte er sich wirklich darauf konzentrieren, was sie da eigentlich gerade taten.
Im Idealfall würde es nicht enden, wie in der Konfrontation mit O’Sullivan.
Oder weil jeder deiner Schritte verfolgt und gedeckt wird. Narr.
Randolph war in missmutiger Stimmung. Der lange Marsch hatte ihn ausgelaugt und die Kraft, die er in der kurzen Ruhepause, in der er im Übrigen von absurden Alpträumen gequält worden war, gesammelt hatte, hatte ihn bereits wieder verlassen. Er hatte immer noch Kopfschmerzen von den Ereignissen des noch gar nicht so weit zurückliegenden Tages und seine Beinschmerzen hatten sich wieder verschlimmert.
Durchaus möglich, dass das daran lag, dass er wie ein Wahnsinniger Treppen hinauf und hinunter gestürmt war. Und jetzt diese Wanderung in völliger Finsternis. Charles hatte sich natürlich wieder mal in Schweigen gehüllt, was das Ziel dieser Expedition betraf und nur betont, dass sie dann schon sehen würden, was der eigentlich Sinn hinter dieser Reise war.
Natürlich. Sie würden es sehen. Wie sie es bei der Norman Mill gesehen hatten, als er blindlings ins Innere gestürmt und von seinem Freund niedergeknüppelt worden war. Dem jetzigen Vorhaben stand Randolph ungefähr mit derselben Skepsis gegenüber, zumal sie wieder vor einer scheinbar verlassenen Fabrikhalle gestrandet waren. Dies alles kam ihm vor wie ein makaberes Deja Vu.
Mürrisch blickte er sich nach Anhaltspunkten um, wo zur Hölle sie sich hier eigentlich befanden. Irgendwo in Wigan, das war ihm klar. Aber dann verlor sich auch schon sein Orientierungssinn. Sie standen hier vor einer namenlosen Fabrikhalle mit Backsteinmauern, die zum einem düster und zum anderen bedrohlich aussah.
Und wen hatten sie alles dabei, für diese Unternehmung? Melinda, von der er gestern erfahren hatte, dass sie eine Mörderin ist. Charles, der ihm schon wieder etwas zu übermütig und enthusiastisch wirkte. Mrs. Thomson, der er nicht vertraute und die er versuchte nie länger als ein paar Sekundenbruchteile aus den Augen zu verlieren. Und Mr.Wright.
Mr.Wright wirkte recht normal. Nicht das ihn das zu einer Nacht-und-Nebel-Aktion qualifizieren würde. Der Mann sollte jetzt eigentlich in seiner Wohnung sein, bei seiner Familie, wenn er eine hatte, und in Ruhe schlafen.
Randolph hatte auf dem Weg nicht viele Worte gewechselt. Zwischen Melinda und ihm hatte ein unangenehmes Schweigen geherrscht. Er hätte es brechen können, aber dafür war er zu matt gewesen. Charles hatte er nur vergeblich nach ihrem eigentlichen Ziel gefragt. Den Rest des Weges hatte der Doktor schweigend verbracht und über seine neuen Erkenntnisse nachgedacht. Auch, weil er sich mit irgendetwas von dem pochenden Schmerz in seinem Unterschenkel ablenken musste.
Die Nachforschungen, die er gestern noch im Stadtarchiv betrieben hatte, hatten sich als fruchtbar gewiesen. Es war ein langwieriger Prozess gewesen, aber letzten Endes war er an viele Fakten und Ereignisse herangekommen, die ihm neu gewesen waren. Viele Artikel hatten sich über die wirtschaftliche Lage des Hauses Norly gedreht. Ihren Überseehandel, wichtige Partner und der letztendliche Ruin, um den sich aber einige Gerüchte rankten.
Für Randolph waren zwei Sachen besonders interessant gewesen.
Zum einen eine Geschichte über einen Überfall auf Charles. Norly hatte den Angreifer mit seinem eigenem Messer getötet, nachdem dieser es zuvor schon im Bein seines Opfers versenkt hatte. Charles hatte darauf beharrt, dass es ein gezielter Mordanschlag gewesen sei und kein versuchter Raub, aber da der Täter in Sachen Diebstahl und Ausrauben von Passanten bekannt und gesucht war, hatte man es damit abgetan und Charles‘ Beurteilung der Lage auf den Schock zurückgeführt. Zu diesem Artikel gab es auch Meldungen von Norlys Nachbarn, die meinten, er würde in letzter Zeit an paranoiden Wahnvorstellungen leiden.
In Anbetracht der jetzigen Lage war sich Randolph alles andere als sicher, ob das reine Wahnvorstellungen gewesen waren. Das wäre schon fast ein Zufall. Und Randolph war immer misstrauisch, was Zufälle betraf.
Das Zweite, was Randolph sehr interessant gefunden hatte, war die Handelsbeziehung zwischen Norlys Vater und einem gewissen George Bakersfield, die irgendwann nach dem Tod von Charles‘ Bruder Timothy in die Brüche gegangen war. Randolph konnte sich zwar nicht erinnern, dass Norly jemals den Namen Bakersfield in den Mund genommen hatte, aber er vermutete immer noch, dass die Wurzel allen Übels in seiner eigenen Vergangenheit lag. Schließlich schien es sich bei der Sache mit den Morden um eine persönliche Angelegenheit zu handeln. Und in dieser Vergangenheit hatte dieser Bakersfield vielleicht doch eine wichtige Rolle gespielt.
Vor seinem geistigen Auge sah er das Foto vor sich, dass er im Archiv aufgestöbert hatte.
William Norly und George Bakersfield, wie sie sich zum Besiegeln ihrer Partnerschaft die Hand reichten. Im Hintergrund konnte man den jungen Charles und Timothy sehen. Sie waren damals wohl Anfang bis Mitte zwanzig, und sich beinahe so ähnlich, als könnten sie Zwillinge sein. Nur wirkte Timothy in diesem Augenblick um einiges glücklicher als Charles.
Timothy würde, rein vom Äußeren her, eigentlich bestimmt einen guten Scarface abgegeben. Randolph wäre bereit gewesen das in Erwägung ziehen, schließlich hatte er auch früher schon kurzzeitig über Familienangehörige von Charles nachgedacht. Allerdings schien Timothy bereits vor einiger Zeit verstorben zu sein.
Der Doktor musterte, wie Thomson Norly beim Erklimmen der Mauer half. Bevor er nun groß seine Theorien weiterspann, sollte er sich wirklich darauf konzentrieren, was sie da eigentlich gerade taten.
Im Idealfall würde es nicht enden, wie in der Konfrontation mit O’Sullivan.
Darnamur- Jünger des Pinguins
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Ungläubig starrte Melinda Gilbert hinterher. Charles musste nun also die Mauer überwinden und der feiner Herr war einfach davon gestiefelt. Nun war es Maura die ihre Hilfe angeboten hatte. Sie selbst war zu klein und zierlich um Charles eine Hilfe sein zu können und Randolph war körperlich mehr als angeschlagen. Ohnehin wollte sie momentan etwas Abstand zwischen sich und den Doc bringen. Sie war noch immer zu tiefst verletzt von seiner Reaktion und fand auch keinen Grund um auf ihn zuzugehen.
Sie schnaubte während sie beobachtete wie Norly nun die Mauer überwand und sich an dem Schloss zu schaffen machte.
Statt wie die anderen zu warten, ging sie mit zügigen Schritten Gilbert hinterher. "Wright!" zürnte sie ihm nach.
"Schwingen sie ihren Arsch hierher! Tun sie wenigstens so, als würden sie sich für die Belange der anderen interessieren. Sie könnten wenigstens ihre Hilfe anbieten!" Sie war stehen geblieben, ihre Worte musste jedoch zu ihm durchgedrungen sein.
Dann drehte sie sich auf der Stelle wieder um und murmelte "Eingebildeter Schnösel, hat wohl Angst seine edlen Künstlerhände schmutzig zu machen." Die Hure spuckte auf den Boden.
Gerade als sie wieder am Tor ankam, zog Charles rasselnd die Kette zur Seite und öffnete das Tor. Ohne zu zögern schritt sie hindurch und blickte in der Dunkelheit so gut es ging umher. Was Charles wohl im Schilde führte?
Sie schnaubte während sie beobachtete wie Norly nun die Mauer überwand und sich an dem Schloss zu schaffen machte.
Statt wie die anderen zu warten, ging sie mit zügigen Schritten Gilbert hinterher. "Wright!" zürnte sie ihm nach.
"Schwingen sie ihren Arsch hierher! Tun sie wenigstens so, als würden sie sich für die Belange der anderen interessieren. Sie könnten wenigstens ihre Hilfe anbieten!" Sie war stehen geblieben, ihre Worte musste jedoch zu ihm durchgedrungen sein.
Dann drehte sie sich auf der Stelle wieder um und murmelte "Eingebildeter Schnösel, hat wohl Angst seine edlen Künstlerhände schmutzig zu machen." Die Hure spuckte auf den Boden.
Gerade als sie wieder am Tor ankam, zog Charles rasselnd die Kette zur Seite und öffnete das Tor. Ohne zu zögern schritt sie hindurch und blickte in der Dunkelheit so gut es ging umher. Was Charles wohl im Schilde führte?
Elli- Piratenpinguin
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
„Ist Ihnen das wirklich so unklar, Mr. Norly?“ Auch Maura musste schmunzeln, während sie Norlys Gewicht so gut wie möglich nach oben drückte. Es war schon beeindruckend … von einem Mann in Norlys Alter hätte sie eine solche Beweglichkeit nicht erwartet. Scheinbar steckte in ‚Scarface‘ doch mehr Verbrecher, als er gern selbst zur Schau stellte. „Wissen Sie, wenn ich jemanden würde erschießen wollen, dann täte ich es, bevor er halb Salford zusammenschreit. Aber ihre Methoden sind natürlich ganz allein ihre Sache …“ Ihr amüsierter Unterton unterstrich, dass sie das – natürlich – ironisch meinte, aber irgendwie war es auch ganz unterhaltsam, Norly auf seine Fehler hinzuweisen. Zumindest hatte sie den Eindruck, dass ihr das ein wenig aus dem Konzept brachte.
Auch das Tor war für Norly kein Hindernis. Maura zog eine Augenbraue in die Höhe, als er nur wenige Sekunden brauchte, bis es aufschwang. Nicht übel. Tatsächlich gefiel ihr dieser Stil immer mehr … die nächsten Tage würden auf jeden Fall interessant bleiben, so viel stand fest. Und sie würde sich von niemandem abhalten lassen, sie weiter in der Nähe dieser faszinierenden Gruppe zu verbringen.
Scheinbar war sie ja nun ohnehin ein Teil von ihr geworden … es überraschte sie ehrlich, dass Norly ihr sein Vertrauen schenkte. Scheinbar war sie überzeugender rübergekommen, als erwartet … nicht, dass sie etwas dagegen hatte. Nur, ob sie Norlys Vertrauen auch erwiderte, da war sie sich noch nicht ganz sicher. Wie hätte sie jetzt schon ausschließen können, dass all das hier nur Maskerade war? Das konnte sie nicht, obwohl es ihr mehr und mehr unwahrscheinlich erschien.
Statt jedoch direkt darauf zu antworten, griff sie lieber das vorige Thema noch einmal auf: „So, Sie wollen mir also meinen Spott nehmen? Da werden Sie gut zu tun haben, aber Sie haben Ihre Chance verdient. Also: Wo sind wir hier?“ Das Schmunzeln nach wie vor auf den Lippen, trat sie als erste durch das just geöffnete Tor und sah sich auf der nun offenliegenden Seite um.
Auch das Tor war für Norly kein Hindernis. Maura zog eine Augenbraue in die Höhe, als er nur wenige Sekunden brauchte, bis es aufschwang. Nicht übel. Tatsächlich gefiel ihr dieser Stil immer mehr … die nächsten Tage würden auf jeden Fall interessant bleiben, so viel stand fest. Und sie würde sich von niemandem abhalten lassen, sie weiter in der Nähe dieser faszinierenden Gruppe zu verbringen.
Scheinbar war sie ja nun ohnehin ein Teil von ihr geworden … es überraschte sie ehrlich, dass Norly ihr sein Vertrauen schenkte. Scheinbar war sie überzeugender rübergekommen, als erwartet … nicht, dass sie etwas dagegen hatte. Nur, ob sie Norlys Vertrauen auch erwiderte, da war sie sich noch nicht ganz sicher. Wie hätte sie jetzt schon ausschließen können, dass all das hier nur Maskerade war? Das konnte sie nicht, obwohl es ihr mehr und mehr unwahrscheinlich erschien.
Statt jedoch direkt darauf zu antworten, griff sie lieber das vorige Thema noch einmal auf: „So, Sie wollen mir also meinen Spott nehmen? Da werden Sie gut zu tun haben, aber Sie haben Ihre Chance verdient. Also: Wo sind wir hier?“ Das Schmunzeln nach wie vor auf den Lippen, trat sie als erste durch das just geöffnete Tor und sah sich auf der nun offenliegenden Seite um.
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Charles hatte Mauras Kommentar bezüglich der Geschehnisse in Salford nicht verbal kommentiert, aber zumindest gedanklich hieß er nicht gut, dass Sie offenbar glaubte, sich über ihn lustigmachen zu müssen. Kurz hatte ihm auf der Zunge gelegen, ihr zu widersprechen und sie darauf hinzuweisen, dass die erwähnte Szene gewiss nicht so abgelaufen sei, wie sie sich das vorstelle, allerdings hatte er dann doch geschwiegen. Er wollte mit der Sache abschließen, so wie Melinda es ihm geraten hatte.
Sobald die ersten seiner Begleiter durch das soeben geöffnete Tor traten, schlüpfte Charles kurz einen Schritt auf die Straße zurück, um seinen Koffer aufzulesen, den er dort vor seiner Kletterei zurückgelassen hatte, und beeilte sich dann wieder, auf den Hof zurückzuhuschen und sich an die Spitze der Gruppe zu setzen.
„Wir befinden uns hier“, beantworte Charles anschließend Mauras Frage nach dieser Örtlichkeit, „auf dem Betriebsgelände einer Werkstatt, in die ich vor einiger Zeit investiert habe.“
Während er weiterredete, sah er sich in der Dunkelheit um. Vor ihnen erstreckte sich der gepflasterte Innenhof des ummauerten Grundstücks, der von zwei flachen, nur das Erdgeschoss umfassenden Gebäuden, jeweils direkt links und rechts von ihnen gelegen, und von der weitaus größeren Halle, etwa zwanzig Meter vor ihnen, gesäumt wurde.
Charles drang vorerst nicht weiter vorwärts, sondern wandte sich der Gruppe zu.
„Da ich zu großen Teilen Anteilseigner bin, wenn auch eher inoffiziell“, gab er, im Plauderton, zu, „ist es mir nicht unbedingt verboten, mich hier umzusehen… Genau genommen ist es aber doch Einbruch“, gestand er, „also wäre es besser, kein Aufsehen zu erregen – erst recht nicht, weil ich gedenke, hier etwas auszuborgen, das sich als nützlich für unsere Zwecke erweisen wird, und weil dieses Unterfangen möglicherweise etwas Zeit kosten wird, wobei es natürlich umso unpraktischer sein dürfte, von fremden Parteien bedrängt zu werden… Zum Beispiel von der Polizei, die nachts ihre Kreise durch die Straßen ziehen…“
Fast wie auf ein Kommando tauchte ein sich bewegender Lichtstrahl an der Fassade der Lagerhalle auf.
„… oder von den Gentlemen, die diesen Ort hier bewachen“, ergänzte Charles.
„Schnell, hier entlang!“, zischte er und eilte, in geduckter Haltung in den Schatten des rechten, flachen Gebäudes.[1]
[1] Würfelt alle Heimlichkeit (egal, was ihr nun zu tun gedenkt, also postet eure Aktion, das Wurfergebnis verbaue ich dann in meinem nächsten Beitrag).
Sobald die ersten seiner Begleiter durch das soeben geöffnete Tor traten, schlüpfte Charles kurz einen Schritt auf die Straße zurück, um seinen Koffer aufzulesen, den er dort vor seiner Kletterei zurückgelassen hatte, und beeilte sich dann wieder, auf den Hof zurückzuhuschen und sich an die Spitze der Gruppe zu setzen.
„Wir befinden uns hier“, beantworte Charles anschließend Mauras Frage nach dieser Örtlichkeit, „auf dem Betriebsgelände einer Werkstatt, in die ich vor einiger Zeit investiert habe.“
Während er weiterredete, sah er sich in der Dunkelheit um. Vor ihnen erstreckte sich der gepflasterte Innenhof des ummauerten Grundstücks, der von zwei flachen, nur das Erdgeschoss umfassenden Gebäuden, jeweils direkt links und rechts von ihnen gelegen, und von der weitaus größeren Halle, etwa zwanzig Meter vor ihnen, gesäumt wurde.
Charles drang vorerst nicht weiter vorwärts, sondern wandte sich der Gruppe zu.
„Da ich zu großen Teilen Anteilseigner bin, wenn auch eher inoffiziell“, gab er, im Plauderton, zu, „ist es mir nicht unbedingt verboten, mich hier umzusehen… Genau genommen ist es aber doch Einbruch“, gestand er, „also wäre es besser, kein Aufsehen zu erregen – erst recht nicht, weil ich gedenke, hier etwas auszuborgen, das sich als nützlich für unsere Zwecke erweisen wird, und weil dieses Unterfangen möglicherweise etwas Zeit kosten wird, wobei es natürlich umso unpraktischer sein dürfte, von fremden Parteien bedrängt zu werden… Zum Beispiel von der Polizei, die nachts ihre Kreise durch die Straßen ziehen…“
Fast wie auf ein Kommando tauchte ein sich bewegender Lichtstrahl an der Fassade der Lagerhalle auf.
„… oder von den Gentlemen, die diesen Ort hier bewachen“, ergänzte Charles.
„Schnell, hier entlang!“, zischte er und eilte, in geduckter Haltung in den Schatten des rechten, flachen Gebäudes.[1]
[1] Würfelt alle Heimlichkeit (egal, was ihr nun zu tun gedenkt, also postet eure Aktion, das Wurfergebnis verbaue ich dann in meinem nächsten Beitrag).
Umbra- Tiefseemonster
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Mühsam versuchte Randolph dem Geplänkel und den Worten der anderen zu folgen.
Er tat sich etwas schwer damit. Sein Schädel schmerzte.
Der Doktor schielte aus müden Augen zum Nachthimmel empor. Das kalte Licht des Mondes war von grauschwarzen Wolken vernebelt. Er fühlte sich kalt. Kalt und starr wie es die Leiche von Matthew O’Sullivan nun war. Wo auch immer man seinen blutbesudelten, massigen Körper hinverfrachtet hatte.
Die Tür schwang auf und aus dem Hintergrund starrte Randolph in Charles‘ Gesicht, während dieser zu reden begann. Missmutig humpelte er den anderen zum Tor hinterher.
Genau genommen ist es aber Einbruch.
Das machte nun wohl auch nicht mehr viel aus.
„Was wollt ihr euch denn ausborgen?“, hakte Randolph misstrauisch nach. Er hob seinen Arztkoffer an, den er während der kurzen Rast hatte abstellen können und humpelte schleppend Richtung Tor, um sich einen Überblick zu beschaffen. In diesem Augenblick tauchte der Lichtstrahl auf und Jemand begann sich auf der Straße zu nähern. Scheiße. Diesen Ort bewachen.
Charles hastete schon ins Innere. Randolph traf einen schnellen Entschluss und packte sich Mr. Wright, der noch als Einziger, in seiner Nähe stand
„Ich bleibe draußen“, raunte er ihm zu. „Dort drinnen halte ich nur auf.“
Dann tat er sein Bestes um schleunigst davon zu humpeln, was gar nicht so leicht fiel mit dem Koffer in der Rechten.
Würden sie im Inneren dieser Fabrik einer Verfolgungsjagd ausgesetzt werden, Randolph würde es sicher nicht schaffen zu entkommen. Außerdem war ihm die Angelegenheit schon wieder suspekt. Norly war einfach nicht in der Lage sie vernünftig in einen Plan einzuweihen. Es ärgerte den Doktor. Er wollte nicht einfach vollkommen blind in eine ihm nicht vertraute Umgebung stolpern, zu mal es ihm schon schwerfiel überhaupt voranzukommen und sich auf den Beinen zu halten.
Er hielt sich nahe an der Mauer, um von ihrem Schatten eingehüllt zu bleiben. Randolph würde erstmal versuchen auf Distanz zu bleiben und dann versuchen den oder die Männer, die da zu dieser späten Stunde die Straße entlang schlenderten, zu observieren. Leise aber bestimmt brachte er sich in Deckung.
Er tat sich etwas schwer damit. Sein Schädel schmerzte.
Der Doktor schielte aus müden Augen zum Nachthimmel empor. Das kalte Licht des Mondes war von grauschwarzen Wolken vernebelt. Er fühlte sich kalt. Kalt und starr wie es die Leiche von Matthew O’Sullivan nun war. Wo auch immer man seinen blutbesudelten, massigen Körper hinverfrachtet hatte.
Die Tür schwang auf und aus dem Hintergrund starrte Randolph in Charles‘ Gesicht, während dieser zu reden begann. Missmutig humpelte er den anderen zum Tor hinterher.
Genau genommen ist es aber Einbruch.
Das machte nun wohl auch nicht mehr viel aus.
„Was wollt ihr euch denn ausborgen?“, hakte Randolph misstrauisch nach. Er hob seinen Arztkoffer an, den er während der kurzen Rast hatte abstellen können und humpelte schleppend Richtung Tor, um sich einen Überblick zu beschaffen. In diesem Augenblick tauchte der Lichtstrahl auf und Jemand begann sich auf der Straße zu nähern. Scheiße. Diesen Ort bewachen.
Charles hastete schon ins Innere. Randolph traf einen schnellen Entschluss und packte sich Mr. Wright, der noch als Einziger, in seiner Nähe stand
„Ich bleibe draußen“, raunte er ihm zu. „Dort drinnen halte ich nur auf.“
Dann tat er sein Bestes um schleunigst davon zu humpeln, was gar nicht so leicht fiel mit dem Koffer in der Rechten.
Würden sie im Inneren dieser Fabrik einer Verfolgungsjagd ausgesetzt werden, Randolph würde es sicher nicht schaffen zu entkommen. Außerdem war ihm die Angelegenheit schon wieder suspekt. Norly war einfach nicht in der Lage sie vernünftig in einen Plan einzuweihen. Es ärgerte den Doktor. Er wollte nicht einfach vollkommen blind in eine ihm nicht vertraute Umgebung stolpern, zu mal es ihm schon schwerfiel überhaupt voranzukommen und sich auf den Beinen zu halten.
Er hielt sich nahe an der Mauer, um von ihrem Schatten eingehüllt zu bleiben. Randolph würde erstmal versuchen auf Distanz zu bleiben und dann versuchen den oder die Männer, die da zu dieser späten Stunde die Straße entlang schlenderten, zu observieren. Leise aber bestimmt brachte er sich in Deckung.
Darnamur- Jünger des Pinguins
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Gilbert schlenderte weiter an der Mauer entlang und sah sich in der nahen Umgebung um. Überall alte Fabrikgebäude und Lagerhallen aber einen Hinweis darauf, wo sie sich genau befanden, fand der Maler nicht. Weder ein deutliches Schild, noch irgendwelche Rohstoffe oder Materialien, durch die man darauf schließen konnte, was hier in der Nähe hergestellt wurde. Kaum hatte er sich davon gemacht, kam Miss Benton hinter ihm her und maulte ihn an. Statt sich schuldig zu fühlen oder selbst wütend zu werden, hob Gilbert nur ungläubig eine Augenbraue.
"Spielen sie sich nicht so auf, Miss." rief er der Frau hinterher, die bereits wieder dabei war, sich von ihm zu entfernen. "Statt mich anzumaulen hätten sie ihm auch selbst Hilfe anbieten können aber anscheinend möchten auch sie ihre Hände nicht schmutzig machen. Sie überlassen die Arbeit lieber einer Frau, die mindestens 20 Jahre älter ist als sie." konterte er kalt und völlig ernsthaft. Mit einer Sache hatte sie allerdings Recht. Ihn interessierten die Belange der anderen nicht. Er wollte weder in dieser Gegend, noch mit all diesen Personen hier sein. Er war lediglich bei der Gruppe geblieben, weil er gesucht wurde und Norly ein Versprechen einzuhalten hatte. Was sie alle hier taten war ihm eigentlich völlig egal. Schon bald hatte dieser ganze Albtraum ein Ende und dann würde er niemanden hier wiedersehen müssen.
Trotzdem folgte er Melinda zurück zur Gruppe und begab sich zu dem nun aufgeschlossenen Tor. Sehr interessant mit anzusehen, dass Norly anscheinend auch Schlösser knacken konnte. Er mochte sich für unschuldig halten was die Scarface-Morde anging aber ein Krimineller war er trotzdem und gehörte damit - ungeachtet der Scarfacesache - in ein Gefängnis. Gilbert hörte dem Mann weiter zu. Also waren sie nicht nur gerade dabei, einzubrechen, sondern wollten auch irgendetwas stehlen. Ganz wunderbar. Natürlich hatte es Norly nicht als nötig erachtet, dass irgendwie zu erwähnen. Viel schlimmer waren allerdings die Wachen, die hier offensichtlich ihre Kreise drehten.
Die Entscheidung, was er jetzt tun sollte, wurde ihm von dem Doktor abgenommen. Zumindest einer, der vielleicht noch ein bisschen Grips im Kopf hatte. Der Mann gehörte zu einer von zwei Personen, denen Gilbert zumindest zu einem ganz geringen Teil vertraute. Von all den Leuten, die sich in dieser Nacht hier versammelt hatten, war Tremaine derjenige, den Gil am wenigsten missachtete. Das war auch der Grund warum er diesem zustimmend zunickte. "Sie haben Recht, ich komme mit ihnen." Mit diesen geflüsterten Worten packte er seinen Koffer und das kleine Täschchen mit den Medikamenten und folgte dem Doktor durch die Nacht.
"Spielen sie sich nicht so auf, Miss." rief er der Frau hinterher, die bereits wieder dabei war, sich von ihm zu entfernen. "Statt mich anzumaulen hätten sie ihm auch selbst Hilfe anbieten können aber anscheinend möchten auch sie ihre Hände nicht schmutzig machen. Sie überlassen die Arbeit lieber einer Frau, die mindestens 20 Jahre älter ist als sie." konterte er kalt und völlig ernsthaft. Mit einer Sache hatte sie allerdings Recht. Ihn interessierten die Belange der anderen nicht. Er wollte weder in dieser Gegend, noch mit all diesen Personen hier sein. Er war lediglich bei der Gruppe geblieben, weil er gesucht wurde und Norly ein Versprechen einzuhalten hatte. Was sie alle hier taten war ihm eigentlich völlig egal. Schon bald hatte dieser ganze Albtraum ein Ende und dann würde er niemanden hier wiedersehen müssen.
Trotzdem folgte er Melinda zurück zur Gruppe und begab sich zu dem nun aufgeschlossenen Tor. Sehr interessant mit anzusehen, dass Norly anscheinend auch Schlösser knacken konnte. Er mochte sich für unschuldig halten was die Scarface-Morde anging aber ein Krimineller war er trotzdem und gehörte damit - ungeachtet der Scarfacesache - in ein Gefängnis. Gilbert hörte dem Mann weiter zu. Also waren sie nicht nur gerade dabei, einzubrechen, sondern wollten auch irgendetwas stehlen. Ganz wunderbar. Natürlich hatte es Norly nicht als nötig erachtet, dass irgendwie zu erwähnen. Viel schlimmer waren allerdings die Wachen, die hier offensichtlich ihre Kreise drehten.
Die Entscheidung, was er jetzt tun sollte, wurde ihm von dem Doktor abgenommen. Zumindest einer, der vielleicht noch ein bisschen Grips im Kopf hatte. Der Mann gehörte zu einer von zwei Personen, denen Gilbert zumindest zu einem ganz geringen Teil vertraute. Von all den Leuten, die sich in dieser Nacht hier versammelt hatten, war Tremaine derjenige, den Gil am wenigsten missachtete. Das war auch der Grund warum er diesem zustimmend zunickte. "Sie haben Recht, ich komme mit ihnen." Mit diesen geflüsterten Worten packte er seinen Koffer und das kleine Täschchen mit den Medikamenten und folgte dem Doktor durch die Nacht.
Thorgrimm- Anzahl der Beiträge : 2050
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
„Eine Werkstatt?“ Maura war ehrlich überrascht. Was wollten sie in einer Werkstatt denn stehlen? Einen Schraubenschlüssel wohl kaum. Leider wusste sie nicht viel von Technik, etwas unheimlich war sie ihr ohnehin, aber wenn Norly hier einbrechen wollte musste der Nutzen ja schon erheblich sein, um was auch immer es sich handelte. Was war so wichtig, dass man den Tod in der Henkersschlinge dafür riskierte?
Lautlos und vorsichtig folgte sie Norly in den Innenhof. Es war dunkel, was mit ihrem dunklen Mantel natürlich von Vorteil war – doch kaum hatte sie das gedacht, flackerte ein Licht über den Innenhof. Verdammt. Einen Moment war sie versucht, ihr Messer zu ziehen, aber vielleicht war es besser, es noch eine Weile geheimzuhalten. Sie hatte den Überraschungseffekt nur ein einziges Mal auf ihrer Seite, und sie würde ihn nicht jetzt schon fortwerfen.
Stattdessen heftete sie sich an Norlys Fersen, drückte sich ebenfalls in die Schatten und huschte geduckt über den Innenhof. Sie sah den Mann mit der Taschenlampe nur aus dem Augenwinkel, er schien an der Mauer eines der Häuser entlang zu gehen. Ein Wachmann, vermutlich … der seine feste Route wohl nicht verlassen würde, wenn sie ihm keinen Anlass gaben. Sie schnaufte leise durch. Ihre Romanhelden hatten solche Situationen schon tausendmal durchlitten, da konnte sie das auch.
Drei Gebäude. Vor einem der Wachmann … vor dem anderen Charles, die Frau und sie selbst. Die beiden Männer hatten wohl den Schwanz eingekniffen … Feiglinge. Aber so waren Männer halt. Wobei sie den Doktor mit seinem Stock sogar verstehen konnte … und von Wright kaum etwas anderes gedacht hätte. Aber dass er gleich beim kleinsten Anzeichen von Schwierigkeiten … tja. Was sollte es.
„In welches Gebäude müssen wir?“, wisperte sie in Charles‘ Richtung, während sie sich im Hof umsah und versuchte, die Bewegungen des Wachmanns abschätzen zu können. Auf keinen Fall durfte er in ihre Richtung leuchten … und wenn doch, sollten sie besser schon nicht mehr dort sein.
Lautlos und vorsichtig folgte sie Norly in den Innenhof. Es war dunkel, was mit ihrem dunklen Mantel natürlich von Vorteil war – doch kaum hatte sie das gedacht, flackerte ein Licht über den Innenhof. Verdammt. Einen Moment war sie versucht, ihr Messer zu ziehen, aber vielleicht war es besser, es noch eine Weile geheimzuhalten. Sie hatte den Überraschungseffekt nur ein einziges Mal auf ihrer Seite, und sie würde ihn nicht jetzt schon fortwerfen.
Stattdessen heftete sie sich an Norlys Fersen, drückte sich ebenfalls in die Schatten und huschte geduckt über den Innenhof. Sie sah den Mann mit der Taschenlampe nur aus dem Augenwinkel, er schien an der Mauer eines der Häuser entlang zu gehen. Ein Wachmann, vermutlich … der seine feste Route wohl nicht verlassen würde, wenn sie ihm keinen Anlass gaben. Sie schnaufte leise durch. Ihre Romanhelden hatten solche Situationen schon tausendmal durchlitten, da konnte sie das auch.
Drei Gebäude. Vor einem der Wachmann … vor dem anderen Charles, die Frau und sie selbst. Die beiden Männer hatten wohl den Schwanz eingekniffen … Feiglinge. Aber so waren Männer halt. Wobei sie den Doktor mit seinem Stock sogar verstehen konnte … und von Wright kaum etwas anderes gedacht hätte. Aber dass er gleich beim kleinsten Anzeichen von Schwierigkeiten … tja. Was sollte es.
„In welches Gebäude müssen wir?“, wisperte sie in Charles‘ Richtung, während sie sich im Hof umsah und versuchte, die Bewegungen des Wachmanns abschätzen zu können. Auf keinen Fall durfte er in ihre Richtung leuchten … und wenn doch, sollten sie besser schon nicht mehr dort sein.
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Randolphs Erkundigung danach, was Charles auszuborgen gedachte, blieb vorerst unbeantwortet, denn der Gefragte verschmolz bereits förmlich mit dem Gebäudeschatten, durch den er sich weiter voranstahl.
Maura Thomson war ihm dichtauf.
„In die Halle“, raunte Charles, ohne innezuhalten. Ohne Zweifel befand sich das Objekt seiner Begierde dort. In den kleineren Gebäuden wurden nur kleinere Bauteile, Schmierfett und dergleichen gelagert. Damit konnte Charles momentan nichts anfangen.
Immer darauf bedacht, wo er hintrat und welche Stellen vom spärlichen Licht unerfasst blieben, schlich Charles an der Gebäudewand, die der Außenmauer zugewandt war, entlang. Etwa eine Körperlange Platz war dieser Pfad breit – breit genug, um sich unbeschwert bewegen zu können… sicher auch ungesehen, derzeit, aber Charles ging kein Risiko ein und blieb in der Dunkelheit, nah an der backsteinernen Mauer der rechten Werkstatt, und eilte lautlos bis zur nächsten Ecke auf mittlerer Höhe des Gebäudes, an der sich ein Durchgang zum Hof befand. Diesen konnte man von hier beschränkt im Blick behalten.
Wenige Sekunden später, gerade als er bemerkte, dass Melinda, Oxley und Mrs. Thomson ihm vorsichtig folgten (und sich dabei nicht einmal ungeschickt anstellten), allerdings auch nur diese drei seiner Begleiter, durchbrach ein zu gut zu hörendes, metallisch rasselndes Geräusch die friedlich-nächtliche Atmosphäre.
Charles wusste in diesem Moment nicht, um was es dabei handelte, aber es war genau aus der Richtung gekommen, in der Dr. Tremaine und Mr. Wright verblieben waren.[1]
Sofort im Anschluss ließ ein plötzliches, lautes Gellen Charles zusammenzucken, das die nächtliche Atmosphäre durchbrach:
„Oi, wer ist da?!“, rief eine männliche Stimme über das Gelände.
Charles fluchte innerlich. Bestimmt der Wachmann.
Äußerlich lag ein leises, verärgertes Knurren in seiner Kehle.
Er fragte sich, was so schwer daran war, seinen Anweisungen zu folgen... Ihm zu folgen. Hatte er nicht kurz vorher einige Worte über Vertrauen verloren?
Nun waren Sie nicht unbemerkt geblieben… Wobei das nur für einen Teil der Gruppe zutraf. Sicher ließ sich das auch nun positiv verwenden.
Charles spähte weiterhin durch den Gang und behielt den Hof im Auge. Er wartete auf den Wachmann, der sich, dem Lichtstrahl nach zu urteilen, direkt auf das Tor zustiefelte.
[1] Gilbert hat, vermutlich in der Eile, unbedacht gegen die Kette getreten, die Charles neben dem Tor auf dem Boden hat liegen lassen. Diese ist lautstark rasselnd über die Pflastersteine geschlittert.
Maura Thomson war ihm dichtauf.
„In die Halle“, raunte Charles, ohne innezuhalten. Ohne Zweifel befand sich das Objekt seiner Begierde dort. In den kleineren Gebäuden wurden nur kleinere Bauteile, Schmierfett und dergleichen gelagert. Damit konnte Charles momentan nichts anfangen.
Immer darauf bedacht, wo er hintrat und welche Stellen vom spärlichen Licht unerfasst blieben, schlich Charles an der Gebäudewand, die der Außenmauer zugewandt war, entlang. Etwa eine Körperlange Platz war dieser Pfad breit – breit genug, um sich unbeschwert bewegen zu können… sicher auch ungesehen, derzeit, aber Charles ging kein Risiko ein und blieb in der Dunkelheit, nah an der backsteinernen Mauer der rechten Werkstatt, und eilte lautlos bis zur nächsten Ecke auf mittlerer Höhe des Gebäudes, an der sich ein Durchgang zum Hof befand. Diesen konnte man von hier beschränkt im Blick behalten.
Wenige Sekunden später, gerade als er bemerkte, dass Melinda, Oxley und Mrs. Thomson ihm vorsichtig folgten (und sich dabei nicht einmal ungeschickt anstellten), allerdings auch nur diese drei seiner Begleiter, durchbrach ein zu gut zu hörendes, metallisch rasselndes Geräusch die friedlich-nächtliche Atmosphäre.
Charles wusste in diesem Moment nicht, um was es dabei handelte, aber es war genau aus der Richtung gekommen, in der Dr. Tremaine und Mr. Wright verblieben waren.[1]
Sofort im Anschluss ließ ein plötzliches, lautes Gellen Charles zusammenzucken, das die nächtliche Atmosphäre durchbrach:
„Oi, wer ist da?!“, rief eine männliche Stimme über das Gelände.
Charles fluchte innerlich. Bestimmt der Wachmann.
Äußerlich lag ein leises, verärgertes Knurren in seiner Kehle.
Er fragte sich, was so schwer daran war, seinen Anweisungen zu folgen... Ihm zu folgen. Hatte er nicht kurz vorher einige Worte über Vertrauen verloren?
Nun waren Sie nicht unbemerkt geblieben… Wobei das nur für einen Teil der Gruppe zutraf. Sicher ließ sich das auch nun positiv verwenden.
Charles spähte weiterhin durch den Gang und behielt den Hof im Auge. Er wartete auf den Wachmann, der sich, dem Lichtstrahl nach zu urteilen, direkt auf das Tor zustiefelte.
[1] Gilbert hat, vermutlich in der Eile, unbedacht gegen die Kette getreten, die Charles neben dem Tor auf dem Boden hat liegen lassen. Diese ist lautstark rasselnd über die Pflastersteine geschlittert.
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Ein lautes Rasseln ertönte dicht bei ihm. Scheiße. Randolph humpelte weiter und duckte sich in den Schatten der Mauer. Links neben ihm tauchte Mr.Wrights Schemen auf. Scheinbar war er ihm gefolgt. Randolph nickt ihm zu. In Ordnung.
Nun blieb keine Zeit zum Diskutieren, Eigentlich hatte er durch Gilbert an die anderen weitergeben wollen, dass er außen vor bleiben würde, aber es war die freie Entscheidung des Mannes ihn auch nach hier draußen zu folgen.
Jedenfalls mussten sie weg von hier. Er wusste nicht, was nun letztendlich das Geräusch ausgelöst hatte, aber es hatte definitiv die Aufmerksamkeit in ihre Richtung gelenkt.
Und gerade als er sich das dachte, hörte er auch schon die Stimme des Wärters: Oi, wer ist da?
Eine Ratte. Eine Katze. Oder im schlimmsten Fall ein Kerl. der dir mit einem Krückstock auflauern wird.
Das Einzige, was Randolph hoffte, dass das Geräusch den Mann nicht auf die anderen aufmerksam machen würde, die sich in den Innenhof hinein geschlichen hatten. Das Tor, fiel ihm ein. Es würde auffallen, dass man sich daran zu schaffen gemacht hatte. Scheiße. Aber Charles Norly und Melinda musste er vorerst sich selbst überlassen. Jetzt blieb ihm ohnehin gerade keine andere Wahl.
Er hinkte mit Wright im Schlepptau tiefer in die Schatten hinein und hielt sich dabei nahe an der Mauer. Hier waren sie einigermaßen von der schützenden Finsternis umgeben. Ihr Verfolger hatte natürlich ein Licht. Sie mussten sich beeilen und Abstand gewinnen. Und das ohne dabei die Geräusche einer trampelnden Kamel-Karawane von sich zu geben. Wären sie erst einmal in Sicherheit, würde Randolph weitere Überlegungen anstellen.
Nun blieb keine Zeit zum Diskutieren, Eigentlich hatte er durch Gilbert an die anderen weitergeben wollen, dass er außen vor bleiben würde, aber es war die freie Entscheidung des Mannes ihn auch nach hier draußen zu folgen.
Jedenfalls mussten sie weg von hier. Er wusste nicht, was nun letztendlich das Geräusch ausgelöst hatte, aber es hatte definitiv die Aufmerksamkeit in ihre Richtung gelenkt.
Und gerade als er sich das dachte, hörte er auch schon die Stimme des Wärters: Oi, wer ist da?
Eine Ratte. Eine Katze. Oder im schlimmsten Fall ein Kerl. der dir mit einem Krückstock auflauern wird.
Das Einzige, was Randolph hoffte, dass das Geräusch den Mann nicht auf die anderen aufmerksam machen würde, die sich in den Innenhof hinein geschlichen hatten. Das Tor, fiel ihm ein. Es würde auffallen, dass man sich daran zu schaffen gemacht hatte. Scheiße. Aber Charles Norly und Melinda musste er vorerst sich selbst überlassen. Jetzt blieb ihm ohnehin gerade keine andere Wahl.
Er hinkte mit Wright im Schlepptau tiefer in die Schatten hinein und hielt sich dabei nahe an der Mauer. Hier waren sie einigermaßen von der schützenden Finsternis umgeben. Ihr Verfolger hatte natürlich ein Licht. Sie mussten sich beeilen und Abstand gewinnen. Und das ohne dabei die Geräusche einer trampelnden Kamel-Karawane von sich zu geben. Wären sie erst einmal in Sicherheit, würde Randolph weitere Überlegungen anstellen.
Darnamur- Jünger des Pinguins
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Melinda fühlte sich gut. Sie war ausgeruht und die meisten Schmerzen, die ihren Körper gequält hatten, waren nur noch hintergründig zu spüren. Natürlich hatte sie vor dem Aufbruch noch etwas Gin zu sich genommen, das hatte sie schnell wieder auf die Beine gebracht.
Charles unbemerkt zu folgen, war daher eine nette Aufgabe, welche sie gut erledigte. Das gehen in hohen Schuhen ohne Geräusche zu verursachen, war eine Sache für sich, dennoch war es mit etwas Übung möglich. Die Verkleidung die sie getragen hatte, als sie Charles entdeckt hatte, wollte sie sich für später aufheben. In London würde sie sicherlich nützlich sein können.
Die Aussicht endlich wieder nach London zu kommen, weckte in ihr eine ungeahnte Lebensfreude. Endlich wieder das gute alte London. Sie atmete den Geruch der Halle tief ein. Sie konnte den Geruch jedoch nicht genau benennen. Es roch nach Farbe, Metall?
Gerade als sie fragen wollte, was nun eigentlich Sache war, hörte sie etwas entfernt ein lautes Klirren. Sie zuckte herum und blickte in die Richtung, aus der der Geräusch gekommen war.
Randy!
Da war auch schon ein Lichtstrahl zu sehen. Sicherlich eine Wache. Was sollte sie tun?
Ihr erster Gedanke war es Randy zur Hilfe zu eilen. Er konnte nicht fliehen, das würde sein Bein nicht mitmachen.
Gilbert könnte in seiner Nähe sein und vielleicht helfen. Doch so wie sie ihn kennengelernt hatte, würde er das sicherlich nicht machen, sondern wieder einmal selbst das Weite suchen. Das hatte er mit seiner Antwort, als sie ihm gesagt hatte, er solle helfen wunderbar bewiesen. Wie hätte sie Charles über den Zaun helfen können? Klein und dürr wie sie war? Sie half Charles auf ganz andere Weise, die Mr. Wright sicherlich nicht hören wollen würde. Doch statt sich selbst einzugestehen, dass er hätte seine Hilfe anbieten können, hatte er sogleich einen Angriffsposition eingenommen und mit dem Finger auf sie gezeigt. Bestimmt ein verwöhntes Einzelkind.
Da sie ihr Gepäck dabei hatte, wäre es ein leichtes gewesen ebenso Krach zu machen, damit der Wachmann abgelenkt sein würde.
Für was? Für Randolph Tremaine? Der dich ohne zu Fragen verdächtigt? Nein nicht einmal verdächtig, sondern gleich anklagt?
Melinda schluckte. Sie hatte für einen Augenblick vergessen, was geschehen war, wie verletzt ihr einziger Freund sie hatte. Sie schüttelte im Dunkeln den Kopf.
Nein, sie würde sich nicht in Gefahr bringen für jemanden, der sie gleich als Schuldig sah.
Sollte er doch sehen, wie es ihm ohne sie gehen würde.
Stattdessen zog sie sich weiter in die Halle zurück, während Charles angespannt in die Richtung des Lichtes blickte. Sie war neugierig was er vor hatte…
Charles unbemerkt zu folgen, war daher eine nette Aufgabe, welche sie gut erledigte. Das gehen in hohen Schuhen ohne Geräusche zu verursachen, war eine Sache für sich, dennoch war es mit etwas Übung möglich. Die Verkleidung die sie getragen hatte, als sie Charles entdeckt hatte, wollte sie sich für später aufheben. In London würde sie sicherlich nützlich sein können.
Die Aussicht endlich wieder nach London zu kommen, weckte in ihr eine ungeahnte Lebensfreude. Endlich wieder das gute alte London. Sie atmete den Geruch der Halle tief ein. Sie konnte den Geruch jedoch nicht genau benennen. Es roch nach Farbe, Metall?
Gerade als sie fragen wollte, was nun eigentlich Sache war, hörte sie etwas entfernt ein lautes Klirren. Sie zuckte herum und blickte in die Richtung, aus der der Geräusch gekommen war.
Randy!
Da war auch schon ein Lichtstrahl zu sehen. Sicherlich eine Wache. Was sollte sie tun?
Ihr erster Gedanke war es Randy zur Hilfe zu eilen. Er konnte nicht fliehen, das würde sein Bein nicht mitmachen.
Gilbert könnte in seiner Nähe sein und vielleicht helfen. Doch so wie sie ihn kennengelernt hatte, würde er das sicherlich nicht machen, sondern wieder einmal selbst das Weite suchen. Das hatte er mit seiner Antwort, als sie ihm gesagt hatte, er solle helfen wunderbar bewiesen. Wie hätte sie Charles über den Zaun helfen können? Klein und dürr wie sie war? Sie half Charles auf ganz andere Weise, die Mr. Wright sicherlich nicht hören wollen würde. Doch statt sich selbst einzugestehen, dass er hätte seine Hilfe anbieten können, hatte er sogleich einen Angriffsposition eingenommen und mit dem Finger auf sie gezeigt. Bestimmt ein verwöhntes Einzelkind.
Da sie ihr Gepäck dabei hatte, wäre es ein leichtes gewesen ebenso Krach zu machen, damit der Wachmann abgelenkt sein würde.
Für was? Für Randolph Tremaine? Der dich ohne zu Fragen verdächtigt? Nein nicht einmal verdächtig, sondern gleich anklagt?
Melinda schluckte. Sie hatte für einen Augenblick vergessen, was geschehen war, wie verletzt ihr einziger Freund sie hatte. Sie schüttelte im Dunkeln den Kopf.
Nein, sie würde sich nicht in Gefahr bringen für jemanden, der sie gleich als Schuldig sah.
Sollte er doch sehen, wie es ihm ohne sie gehen würde.
Stattdessen zog sie sich weiter in die Halle zurück, während Charles angespannt in die Richtung des Lichtes blickte. Sie war neugierig was er vor hatte…
Elli- Piratenpinguin
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Natürlich wusste Gilbert nichts von den Plänen des Doktors. Er hatte seinen eigenen Plan und der war recht einfach. Er würde sich von Norly und dieser Fabrikhalle fernhalten und sich lieber an Tremaine halten. Dieser hatte kein Problem damit, dass er ihm folgte. Gut. Wenigstens einer, der nicht immer davon ausging, dass Gil unnötiger Ballast war und sich nicht nützlich machen konnte. Vorsichtig folgte er dem Doktor und zog dabei seine Koffer hinter sich her. Er achtete nicht auf den Boden und trat ausversehen gegen die Kette, die neben dem Tor liegengelassen worden war. "Scheiße!" schoss es ihm durch den Kopf, als das metallene Ding lautstark über den Pflasterstein schlitterte.
Natürlich wurde das Geräusch gehört und die einsame Wache machte sich auf den Weg zu ihm und dem Doktor. Der Lichtstrahl bahnte sich langsam aber sicher einen Weg über den Hof, auf das Tor zu. Der Wachmann würde zwar niemanden dort vorfinden aber sicherlich das offene Tor entdecken und damit eins und eins zusammenzählen können. Verdammt. Wieso hatte Norly die Kette auch einfach liegen lassen? Wieso musste Gilbert so ungeschickt sein und dagegentreten?
Noch schneller als vorher - schließlich dürfte es jetzt keine Ketten mehr geben, die Geräusche machen konnten - schlich er hinter dem Doktor her, der sich weiter an der Wand fortbewegte. Eine gute Sache hatte das ganze. Mit dieser Aktion hatte er die Aufmerksamkeit der Wache auf sich gezogen und dem Rest der Gruppe einen Vorteil verschafft. Ungewollt natürlich aber immerhin. Doch was sollten sie tun, wenn sie entdeckt werden würden? Ein Plan begann sich in seinen Gedanken zu bilden. Doch wie jeder Plan, der in so einer Situation erdacht wurde, würde er nur der allerletzte Ausweg sein. Hoffentlich konnten er und der Doktor dem Wachmann und seinem Lichtstrahl entkommen.
Natürlich wurde das Geräusch gehört und die einsame Wache machte sich auf den Weg zu ihm und dem Doktor. Der Lichtstrahl bahnte sich langsam aber sicher einen Weg über den Hof, auf das Tor zu. Der Wachmann würde zwar niemanden dort vorfinden aber sicherlich das offene Tor entdecken und damit eins und eins zusammenzählen können. Verdammt. Wieso hatte Norly die Kette auch einfach liegen lassen? Wieso musste Gilbert so ungeschickt sein und dagegentreten?
Noch schneller als vorher - schließlich dürfte es jetzt keine Ketten mehr geben, die Geräusche machen konnten - schlich er hinter dem Doktor her, der sich weiter an der Wand fortbewegte. Eine gute Sache hatte das ganze. Mit dieser Aktion hatte er die Aufmerksamkeit der Wache auf sich gezogen und dem Rest der Gruppe einen Vorteil verschafft. Ungewollt natürlich aber immerhin. Doch was sollten sie tun, wenn sie entdeckt werden würden? Ein Plan begann sich in seinen Gedanken zu bilden. Doch wie jeder Plan, der in so einer Situation erdacht wurde, würde er nur der allerletzte Ausweg sein. Hoffentlich konnten er und der Doktor dem Wachmann und seinem Lichtstrahl entkommen.
Thorgrimm- Anzahl der Beiträge : 2050
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Wenn du nichts tust, bist du nicht besser als er. Du solltest überlegen, was auf lange Sicht besser ist.
Melinda seufzte, ihre Stimme hatte ja Recht. Randolph nun einfach fallen zu lassen, so wie er es bei ihr getan hatte, schien wirklich nicht der rechte Weg zu sein.
Zum Glück hatte sie sich einfach darüber hinweggesetzt, dass Charles ihr Hurenkleid nicht mochte und eben dieses angezogen. Statt ihren Plan weiter zu verfolgen und sich die Halle näher anzuschauen, was auf sie zukommen würde, machte sie sich schleunigst auf den Weg, auf das Licht der Taschenlampe hin. Das konnte ganz schön in die Hose gehen. Aber was sollte es schon.
Als sie in der Mitte des Hofes angekommen war, welchen sie eben noch so leise wie möglich überquert hatte, trat sie wieder mit ihren Absätzen auf, die laut klackernd ihre Anwesenheit verkündeten. So rasch es ihre Lunge zu ließ eilte sie auf das Tor zu.
"Hey Süßer! Lust auf ein Schäferstündchen?"
Melinda seufzte, ihre Stimme hatte ja Recht. Randolph nun einfach fallen zu lassen, so wie er es bei ihr getan hatte, schien wirklich nicht der rechte Weg zu sein.
Zum Glück hatte sie sich einfach darüber hinweggesetzt, dass Charles ihr Hurenkleid nicht mochte und eben dieses angezogen. Statt ihren Plan weiter zu verfolgen und sich die Halle näher anzuschauen, was auf sie zukommen würde, machte sie sich schleunigst auf den Weg, auf das Licht der Taschenlampe hin. Das konnte ganz schön in die Hose gehen. Aber was sollte es schon.
Als sie in der Mitte des Hofes angekommen war, welchen sie eben noch so leise wie möglich überquert hatte, trat sie wieder mit ihren Absätzen auf, die laut klackernd ihre Anwesenheit verkündeten. So rasch es ihre Lunge zu ließ eilte sie auf das Tor zu.
"Hey Süßer! Lust auf ein Schäferstündchen?"
Elli- Piratenpinguin
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Tatsächlich erwies sich das Ausharren für Charles nicht umsonst, denn das Licht wackelte so stetig über den Hof und gewann an Helligkeit, dass kein Zweifel daran bestand, dass sein Träger nun Schritt für Schritt näherkam. Nur darauf wartend, dass der Wachmann an dem Durchgang vorbeilief, in dessen Dunkelheit Charles lauerte, setzte er nun einen Fuß lautlos vor den anderen, um sich vorsichtig in Richtung des Hofs heranzutasten.
Seinen Koffer ließ er dabei natürlich zurück – der würde nur im Weg sein.
Eine Gaslaterne schob sich in Charles‘, durch Mauerwerk beengtes Sichtfeld. Daran eine Hand, die zu einem vorsichtig voranschreitenden Mann in grauer Uniform gehörte. Charles blieb, mit den Schatten verschmolzen, vor dem suchenden Blick dieses armen Teufels verborgen, der wohl kaum ahnen konnte, was – oder, genauer gesagt: wer – nun gleich über ihn kommen würde.
Charles gedachte, ihm einen kleinen Vorsprung zu geben und sich dann von hinten zu nähern, sobald…
„Hey, Süßer! Lust auf ein Schäferstündchen?“[1]
Melinda!
Charles spähte auf den Hof und entdeckte sie, unweit entfernt, im Lichtkegel der Laterne. Im ersten Moment überwog eine unbehagliche Sorge um sie (und auch eifersüchtigen Ärger über den Inhalt ihrer Worte – egal, dass sie in dieser Situation kaum ernst gemeint waren), bevor er erkannte, dass ihre Aktion eine brauchbare, konkrete Ablenkung darstellte.
Der Wachmann leuchtete Melinda verdutzt an.
„Wie…? Wie bist du durch das Tor gekommen?“
Er blickte sich, nachdem er einen Augenblick den offenen Eingang beäugt hatte, misstrauisch zu den Seiten um, als vermute er sich als Ziel eines Scherzes mit versteckten Beobachtern.
Wenn er nur wüsste.
Charles schlüpfte hinter ihm auf den Hof und öffnete den Schraubverschluss des kleinen Fläschchens, das ihm schon zuvor nützliche Dienste erwiesen hatte. Rasch benetzte er sein Taschentuch mit der farblosen, schnell verdampfenden Flüssigkeit, verschloss das Fläschchen wieder und ließ es an seinem angestammten Platz, in seiner Manteltasche, verschwinden.
„Hör zu, Schätzchen“, sagte der Wachmann etwas missmutig, während er sich Melinda näherte, „wenn Webber dich geschickt hat, tritt ihm von mir in den Arsch. Klar hätte ich Lust, aber ich muss hier gerade arbeiten, weil ich mir sowas wie dich nicht leisten kann…“
Der Mann zögerte kurz, bevor sein Tonfall geheimnis- und gleichermaßen hoffnungsvoll wurde.
„Nun… Wie wäre es, wenn ich dir als Bezahlung zeige, was ich hier bewache? Versprochen, das ist sicher dreimal so viel wfffghh-“
Seine Worte wurden jäh von einem hinterhältigen Angriff unterbrochen, den er nicht hatte kommen sehen[2] – insbesondere von einer Hand, die ein Tuch auf seine Nase-Mund-Partie presste. Aber auch der andere, ihn umschlingende und mit aller Kraft festhaltende Arm, überkam ihm aus dem Nichts, sodass selbst ein kurzer, überrumpelter Versuch, sich diesem Griff zu entwinden, fruchtlos ausfiel.
Der Wachmann sank schlaff in sich zusammen, wobei Charles ihm die Lampe abnahm, bevor sie ihm aus den Fingern gleiten konnte, und den Fall des Bewusstlosen abfing, bevor er ihn behutsam zu Boden sinken ließ.
Ein triumphierendes Grinsen lag in Charles‘ Gesicht, als er Melindas Blick suchte. Das Gaslicht gab ihren makellosen, blauen Augen einen kühlen Schein; ähnlich, wie der Saphir an ihrem Geburtstagsgeschenk das Licht reflektierte, doch auf eine viel anziehendere Weise. Hätten sie keine Beobachter, hätte er nun nur zu gern ihre Nähe gesucht und den Geschmack ihrer schwungvollen, zarten Lippen aufs Neue gesucht.
Stattdessen nahm er den Schlüsselbund, den sein ohnmächtiges Opfer offen am Gürtel trug, an sich.
„Wright, Benton!“, rief Charles halblaut dem Tor zu. „Nun kommen Sie endlich, die Nacht wird nicht jünger! Und verschließen Sie das Tor hinter sich mit Kette und Schloss, das wird uns im Zweifelsfall etwas Zeit verschaffen.“
Er selbst stellte die Laterne neben sich ab und schnappte sich die Handgelenke des Wachmanns, um damit zu beginnen, ihn mit sich, quer über den Hof, zu schleifen.
[1] Überzeugen +1 gegen +1
[2] Heimlichkeit +4 gegen +2
Seinen Koffer ließ er dabei natürlich zurück – der würde nur im Weg sein.
Eine Gaslaterne schob sich in Charles‘, durch Mauerwerk beengtes Sichtfeld. Daran eine Hand, die zu einem vorsichtig voranschreitenden Mann in grauer Uniform gehörte. Charles blieb, mit den Schatten verschmolzen, vor dem suchenden Blick dieses armen Teufels verborgen, der wohl kaum ahnen konnte, was – oder, genauer gesagt: wer – nun gleich über ihn kommen würde.
Charles gedachte, ihm einen kleinen Vorsprung zu geben und sich dann von hinten zu nähern, sobald…
„Hey, Süßer! Lust auf ein Schäferstündchen?“[1]
Melinda!
Charles spähte auf den Hof und entdeckte sie, unweit entfernt, im Lichtkegel der Laterne. Im ersten Moment überwog eine unbehagliche Sorge um sie (und auch eifersüchtigen Ärger über den Inhalt ihrer Worte – egal, dass sie in dieser Situation kaum ernst gemeint waren), bevor er erkannte, dass ihre Aktion eine brauchbare, konkrete Ablenkung darstellte.
Der Wachmann leuchtete Melinda verdutzt an.
„Wie…? Wie bist du durch das Tor gekommen?“
Er blickte sich, nachdem er einen Augenblick den offenen Eingang beäugt hatte, misstrauisch zu den Seiten um, als vermute er sich als Ziel eines Scherzes mit versteckten Beobachtern.
Wenn er nur wüsste.
Charles schlüpfte hinter ihm auf den Hof und öffnete den Schraubverschluss des kleinen Fläschchens, das ihm schon zuvor nützliche Dienste erwiesen hatte. Rasch benetzte er sein Taschentuch mit der farblosen, schnell verdampfenden Flüssigkeit, verschloss das Fläschchen wieder und ließ es an seinem angestammten Platz, in seiner Manteltasche, verschwinden.
„Hör zu, Schätzchen“, sagte der Wachmann etwas missmutig, während er sich Melinda näherte, „wenn Webber dich geschickt hat, tritt ihm von mir in den Arsch. Klar hätte ich Lust, aber ich muss hier gerade arbeiten, weil ich mir sowas wie dich nicht leisten kann…“
Der Mann zögerte kurz, bevor sein Tonfall geheimnis- und gleichermaßen hoffnungsvoll wurde.
„Nun… Wie wäre es, wenn ich dir als Bezahlung zeige, was ich hier bewache? Versprochen, das ist sicher dreimal so viel wfffghh-“
Seine Worte wurden jäh von einem hinterhältigen Angriff unterbrochen, den er nicht hatte kommen sehen[2] – insbesondere von einer Hand, die ein Tuch auf seine Nase-Mund-Partie presste. Aber auch der andere, ihn umschlingende und mit aller Kraft festhaltende Arm, überkam ihm aus dem Nichts, sodass selbst ein kurzer, überrumpelter Versuch, sich diesem Griff zu entwinden, fruchtlos ausfiel.
Der Wachmann sank schlaff in sich zusammen, wobei Charles ihm die Lampe abnahm, bevor sie ihm aus den Fingern gleiten konnte, und den Fall des Bewusstlosen abfing, bevor er ihn behutsam zu Boden sinken ließ.
Ein triumphierendes Grinsen lag in Charles‘ Gesicht, als er Melindas Blick suchte. Das Gaslicht gab ihren makellosen, blauen Augen einen kühlen Schein; ähnlich, wie der Saphir an ihrem Geburtstagsgeschenk das Licht reflektierte, doch auf eine viel anziehendere Weise. Hätten sie keine Beobachter, hätte er nun nur zu gern ihre Nähe gesucht und den Geschmack ihrer schwungvollen, zarten Lippen aufs Neue gesucht.
Stattdessen nahm er den Schlüsselbund, den sein ohnmächtiges Opfer offen am Gürtel trug, an sich.
„Wright, Benton!“, rief Charles halblaut dem Tor zu. „Nun kommen Sie endlich, die Nacht wird nicht jünger! Und verschließen Sie das Tor hinter sich mit Kette und Schloss, das wird uns im Zweifelsfall etwas Zeit verschaffen.“
Er selbst stellte die Laterne neben sich ab und schnappte sich die Handgelenke des Wachmanns, um damit zu beginnen, ihn mit sich, quer über den Hof, zu schleifen.
[1] Überzeugen +1 gegen +1
[2] Heimlichkeit +4 gegen +2
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Einen wirklichen Plan hatte Melinda nicht gehabt, wie es weitergehen würde, wenn der Wachmann auf sie eingegangen wäre, aber das erwies sich nicht als Problem, als der Wachmann plötzlich etwas ins Gesicht bedrückt bekam und rasch zu Boden sank.
Triumphierend blickte sie auf den zusammen gesunkenen Mann und grinste Charles an.
"Das lief überraschend gut." sagte sie erfreut. Der Wachmann atmete flach aber beständig, also kein Grund zu Sorge.
Sie hätte Charles geholfen den Bewusstlosen wegzuziehen, wusste aber das sie keine Kraft dazu haben würde. Sie hoffte darauf das Wright vielleicht einmal irgendwas Gutes tun würde, nachdem er vorhin schon durch nicht vorhandene Teamarbeit geglänzt hatte. Lautlos ging sie neben Charles her.
Triumphierend blickte sie auf den zusammen gesunkenen Mann und grinste Charles an.
"Das lief überraschend gut." sagte sie erfreut. Der Wachmann atmete flach aber beständig, also kein Grund zu Sorge.
Sie hätte Charles geholfen den Bewusstlosen wegzuziehen, wusste aber das sie keine Kraft dazu haben würde. Sie hoffte darauf das Wright vielleicht einmal irgendwas Gutes tun würde, nachdem er vorhin schon durch nicht vorhandene Teamarbeit geglänzt hatte. Lautlos ging sie neben Charles her.
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Maura verdrehte genervt die Augen, als sie das laute Kettenrasseln hörte und trat instinktiv noch einen Schritt weiter ins Dunkel. Alles war besser, als jetzt entdeckt zu werden … sie war nicht sicher, wie weit die Loyalität dieser Gruppe ihr gegenüber ging, aber bei einigen ihrer Mitglieder war sie sicher, dass sie sie getrost im Stich lassen würden. Also ließ sie es lieber nicht darauf ankommen.
Zum Glück regelte Miss Benton das Thema, wenn auch auf eine Weise, die Maura ein abfälliges Schnauben entlockte. Ein leises, natürlich. So ein Flittchen … was fand jemand wie Norly bloß an diesem absinthsaufenden Honighäschen? Es war mehr als überraschend, dass ihr Plan aufging. Maura hielt sich für alle Fälle weiter im Schatten, eine Hand in der Tasche mit dem Küchenmesser, doch als sie bemerkte, dass Norly nicht mehr neben ihr stand (wann war er verschwunden?!), war es schon zu spät – der Wachmann sank zu Boden, und Mauras Herz setzte eine Sekunde aus, bis sie Norly mit seinem Tuch sah. Also nicht tot … nur bewusstlos.
Bedacht darauf, im Dunkeln zu bleiben, schritt sie zur übrigen Truppe, zu Norly und Miss Benton, wie sie um den bewusstlosen Wachmann herumstanden. „Sie sind gefährlicher, als man es Ihnen zutraut, Norly“, murmelte sie, mehr zu sich selbst denn zu ihm, nahm nun aber doch die Hand aus der Tasche und sah sich im Innenhof um. Das suchende Licht war – natürlich – nicht mehr da, aber scheinbar hatte sie niemand bemerkt.
Was hatte der Wachmann gesagt? Ein Blick auf das zu bewachende Etwas als Bezahlung? Das war ein reichlich mieser Preis … außer, dass, was sich in dieser Werkstatt fand, war um ein Vielfaches mehr wert, als sie bisher angenommen hatte. Es versprach, interessant zu werden …
„Ich halte das mit der Kette für keine gute Idee … wir sollten uns einen schnellen Fluchtweg offenhalten. Wenn wir erst das Tor wieder öffnen müssen, verlieren wir wertvolle Sekunden.“ Und schließlich mussten sie auch an die Fußlahmen denken … zum Beispiel den humpelnden Doc, der, wie Maura überrascht feststellte, auch Benton hieß. Sehr interessant … Also eine Verwandtschaft? Vater und Tochter vielleicht, oder Geschwister? Bestimmt kein Ehepaar … Charles Norly würde nicht mit einer verheirateten Frau anbandeln. In ihrem inneren Notizbuch vermerkte sie den Namen mit Ausrufungszeichen.
Aber jetzt war nicht die Zeit dazu. Sie betrachtete Norly, wie er den Wachmann außer Sicht zerrte … der kam allein zurecht, also konnte sie nun den nächsten Schritt wagen. Weiterhin auf die Tarnung der Nacht bedacht, schlich Maura weiter bis zur Halle, die Norly ihr gewiesen hatte. Sie wollte nun endlich wissen, worum es hier ging … und es gab nur einen Weg, das rauszufinden.
Zum Glück regelte Miss Benton das Thema, wenn auch auf eine Weise, die Maura ein abfälliges Schnauben entlockte. Ein leises, natürlich. So ein Flittchen … was fand jemand wie Norly bloß an diesem absinthsaufenden Honighäschen? Es war mehr als überraschend, dass ihr Plan aufging. Maura hielt sich für alle Fälle weiter im Schatten, eine Hand in der Tasche mit dem Küchenmesser, doch als sie bemerkte, dass Norly nicht mehr neben ihr stand (wann war er verschwunden?!), war es schon zu spät – der Wachmann sank zu Boden, und Mauras Herz setzte eine Sekunde aus, bis sie Norly mit seinem Tuch sah. Also nicht tot … nur bewusstlos.
Bedacht darauf, im Dunkeln zu bleiben, schritt sie zur übrigen Truppe, zu Norly und Miss Benton, wie sie um den bewusstlosen Wachmann herumstanden. „Sie sind gefährlicher, als man es Ihnen zutraut, Norly“, murmelte sie, mehr zu sich selbst denn zu ihm, nahm nun aber doch die Hand aus der Tasche und sah sich im Innenhof um. Das suchende Licht war – natürlich – nicht mehr da, aber scheinbar hatte sie niemand bemerkt.
Was hatte der Wachmann gesagt? Ein Blick auf das zu bewachende Etwas als Bezahlung? Das war ein reichlich mieser Preis … außer, dass, was sich in dieser Werkstatt fand, war um ein Vielfaches mehr wert, als sie bisher angenommen hatte. Es versprach, interessant zu werden …
„Ich halte das mit der Kette für keine gute Idee … wir sollten uns einen schnellen Fluchtweg offenhalten. Wenn wir erst das Tor wieder öffnen müssen, verlieren wir wertvolle Sekunden.“ Und schließlich mussten sie auch an die Fußlahmen denken … zum Beispiel den humpelnden Doc, der, wie Maura überrascht feststellte, auch Benton hieß. Sehr interessant … Also eine Verwandtschaft? Vater und Tochter vielleicht, oder Geschwister? Bestimmt kein Ehepaar … Charles Norly würde nicht mit einer verheirateten Frau anbandeln. In ihrem inneren Notizbuch vermerkte sie den Namen mit Ausrufungszeichen.
Aber jetzt war nicht die Zeit dazu. Sie betrachtete Norly, wie er den Wachmann außer Sicht zerrte … der kam allein zurecht, also konnte sie nun den nächsten Schritt wagen. Weiterhin auf die Tarnung der Nacht bedacht, schlich Maura weiter bis zur Halle, die Norly ihr gewiesen hatte. Sie wollte nun endlich wissen, worum es hier ging … und es gab nur einen Weg, das rauszufinden.
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Glücklicherweise musste Gilbert nicht auf seinen, innerhalb weniger Sekunden erdachten und vermutlich ziemlich lückenhaften, Plan zurückgreifen. Bevor der Wachmann auch nur in seine Nähe kam, wurde er von einer Person aufgehalten, die Gilbert schnell als Miss Benton erkannte. Bevor sie von dem Wachmann angeleuchtet wurde, war sie schon zu hören. "Hey, Süßer! Lust auf ein Schäferstündchen?" waren ihre Worte. Nicht besonders einfallsreich aber trotzdem effektiv, wie sich schnell zeigte. Der Wachmann ging direkt darauf ein. Fraglich war nur, ob die Frau wirklich weitergegangen wäre, wenn sich nicht Norly eingemischt hätte. Bezweifeln würde es Gilbert langsam nicht mehr. Zumindest musste Gilbert ihr aber, trotz der vorangegangenen, kurzen Auseinandersetzung zugestehen, dass sie schnell handelte und verhindert hatte, dass Alarm geschlagen wurde. Er selbst hatte bisher nicht positiv zu diesem Unternehmen beigetragen aber zu seiner Verteidigung musste er auch sagen, dass er mehr oder weniger dazu gezwungen wurde, mitzukommen, wenn er wieder ein möglichst normales Leben führen wollte.
Auch Norly hatte verhindert, dass Alarm geschlagen wurde. Wieder musste Gilbert erkennen, dass der Mann erstaunlich effektiv war und bestens mit diesen zwielichten Tätigkeiten zurecht kam. Natürlich konnte man argumentieren, dass er es nur tat, um die Gruppe zu schützen. Doch es war Norly gewesen, der sie überhaupt erst hierher geführt hatte, weshalb das Argument direkt totgeschlagen wurde. Er war kein dummer Mann und wusste genau, was hier für Gefahren auf die Gruppe warteten - vor allem wenn man mit Leuten unterwegs war, die sich nie in ihrem Leben damit beschäftigt hatten, in der Nacht herumzuschleichen und irgendwelchen, illegalen Tätigkeiten nachzugehen. Diese Suppe hatte sich der Mann selbst eingebrockt.
Norly war bereits dabei den Wachmann wegzuschleifen, nachdem er darum gebeten hatte, das Tor zu schließen und sich wieder der Gruppe anzuschließen. Doch auch Ms. Thomson brachte sich wieder ein und ihre Worte ließen Gilbert zögern. Beide Parteien hatten nicht unrecht. Sich einen Fluchtweg offen zu halten, konnte sie im Notfall retten aber vermutlich würden Norly - oder vielleicht Ms. Benton - in einem solchen Fall eher zu Gewalt greifen. Der Maler wusste nicht, wie viele Wachmänner noch hier auf dem Gelände patrouillierten aber ein einzelner würde es sicher nicht sein. Wenn ein weiterer Wachmann die Kette und das offene Tor entdecken würde, würde er höchstwahrscheinlich sofort Alarm schlagen und dann hatten sie ein richtiges Problem.
Es gefiel Gilbert zwar nicht aber sie mussten das Tor schließen. "Es ist besser, wir schließen es, damit nicht ein weiterer Wachmann auf schlechte Gedanken kommt." Nach diesen Worten machte er sich daran, dass Tor so leise wie möglich zu schließen und die Kette wieder anzubringen. Erst dann sah er nach dem Doktor und seiner Reaktion auf die Geschehnisse. Würde er den Worten Norlys Folge leisten oder sich weiter entfernen?
Auch Norly hatte verhindert, dass Alarm geschlagen wurde. Wieder musste Gilbert erkennen, dass der Mann erstaunlich effektiv war und bestens mit diesen zwielichten Tätigkeiten zurecht kam. Natürlich konnte man argumentieren, dass er es nur tat, um die Gruppe zu schützen. Doch es war Norly gewesen, der sie überhaupt erst hierher geführt hatte, weshalb das Argument direkt totgeschlagen wurde. Er war kein dummer Mann und wusste genau, was hier für Gefahren auf die Gruppe warteten - vor allem wenn man mit Leuten unterwegs war, die sich nie in ihrem Leben damit beschäftigt hatten, in der Nacht herumzuschleichen und irgendwelchen, illegalen Tätigkeiten nachzugehen. Diese Suppe hatte sich der Mann selbst eingebrockt.
Norly war bereits dabei den Wachmann wegzuschleifen, nachdem er darum gebeten hatte, das Tor zu schließen und sich wieder der Gruppe anzuschließen. Doch auch Ms. Thomson brachte sich wieder ein und ihre Worte ließen Gilbert zögern. Beide Parteien hatten nicht unrecht. Sich einen Fluchtweg offen zu halten, konnte sie im Notfall retten aber vermutlich würden Norly - oder vielleicht Ms. Benton - in einem solchen Fall eher zu Gewalt greifen. Der Maler wusste nicht, wie viele Wachmänner noch hier auf dem Gelände patrouillierten aber ein einzelner würde es sicher nicht sein. Wenn ein weiterer Wachmann die Kette und das offene Tor entdecken würde, würde er höchstwahrscheinlich sofort Alarm schlagen und dann hatten sie ein richtiges Problem.
Es gefiel Gilbert zwar nicht aber sie mussten das Tor schließen. "Es ist besser, wir schließen es, damit nicht ein weiterer Wachmann auf schlechte Gedanken kommt." Nach diesen Worten machte er sich daran, dass Tor so leise wie möglich zu schließen und die Kette wieder anzubringen. Erst dann sah er nach dem Doktor und seiner Reaktion auf die Geschehnisse. Würde er den Worten Norlys Folge leisten oder sich weiter entfernen?
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Randolph wollte sich gerade tiefer in die Schatten zurückziehen, als er hinter sich eine Stimme vernahm.
Hey Süßer! Lust auf ein Schäferstündchen?
Scheiße! Die Zähne des Doktors pressten sich knackend zusammen, als er mit hektischem Blick herumfuhr. So hätte das nicht laufen sollen! Er warf einen Blick zu Wright hinüber und bedeutete ihm kurz zurück zu bleiben, während er mit schweißtriefender Stirn zurück Richtung Gittertor stapfte.
Das wird der Kerl ihr doch nie abkaufen…
Seine Stirn war in Falten gelegt, während er sich mit pfeifendem Atem wieder dem Gelände annäherte. Dabei lauschte er angespannt dem Gespräch. Als er kurz vor dem Eingang stand, realisierte er, dass Melindas Plan aufzugehen schien. Wie wäre es, wenn ich dir als Bezahlung zeige, was ich hier bewache?
Das ist gut. Das ist gut. Das ist…die Laute des Wachmanns erstarben plötzlich. Randolphs Herz schlug laut. Sie hatte ihn doch nicht etwa…? Randolph humpelte hastig um die Ecke und entdeckte erleichtert Norly, wie er den betäubten Wachmann über den Boden schleifte.
Er gab ein leises Räuspern von sich, um seine trockene und zugeschnürte Kehle wieder zu befreien. Wright tauchte auch wieder bei ihm auf.
Randolph verharrte ein, zwei Sekunden gestützt auf seinem Stock, um ein wenig durchzuatmen. „Ja, die Kette…“, murmelte er leise, mehr zu sich selbst. Seine Augen schwirrten zum Tor. Der Einwand von Thomson war tatsächlich berechtigt. Sie hatten bei einer Flucht ohnehin schon einen Nachteil- nämlich ihn. Am Liebsten würde er draußen bleiben. Aber Charles schien darauf zu insistieren, dass Randolph sich der Gruppe anschloss.
Wright war allerdings schon dabei das Tor wieder zu schließen und Randolph wollte den Streit nun auch nicht weiter anfachen. Schließlich wollten sie ja unauffällig bleiben. Ursprünglich. Er wandte sich ab und humpelte wieder in die Nähe der anderen. Wright konnte sehen, dass der Doktor seine Entscheidung getroffen zu haben schien.
„Ich wollte lieber draußen bleiben, weil ich im Inneren nur für unnötige Komplikationen mit meinem Bein sorge.“ Er versuchte Blickkontakt zu dem Mann zu suchen, der erst heute seine Tochter verloren hatte. Randolph war sich nicht sicher, ob Charles bereits wieder zurechnungsfähig war.
„Aber es ist in Ordnung, ich komme mit“, stellte er klar. „Willst….wollt Ihr nun langsam enthüllen, was der Plan ist? Ich fühle mich zugegeben etwas unsicher, blind in ein mir völlig fremdes Territorium vorzudringen.“
Hey Süßer! Lust auf ein Schäferstündchen?
Scheiße! Die Zähne des Doktors pressten sich knackend zusammen, als er mit hektischem Blick herumfuhr. So hätte das nicht laufen sollen! Er warf einen Blick zu Wright hinüber und bedeutete ihm kurz zurück zu bleiben, während er mit schweißtriefender Stirn zurück Richtung Gittertor stapfte.
Das wird der Kerl ihr doch nie abkaufen…
Seine Stirn war in Falten gelegt, während er sich mit pfeifendem Atem wieder dem Gelände annäherte. Dabei lauschte er angespannt dem Gespräch. Als er kurz vor dem Eingang stand, realisierte er, dass Melindas Plan aufzugehen schien. Wie wäre es, wenn ich dir als Bezahlung zeige, was ich hier bewache?
Das ist gut. Das ist gut. Das ist…die Laute des Wachmanns erstarben plötzlich. Randolphs Herz schlug laut. Sie hatte ihn doch nicht etwa…? Randolph humpelte hastig um die Ecke und entdeckte erleichtert Norly, wie er den betäubten Wachmann über den Boden schleifte.
Er gab ein leises Räuspern von sich, um seine trockene und zugeschnürte Kehle wieder zu befreien. Wright tauchte auch wieder bei ihm auf.
Randolph verharrte ein, zwei Sekunden gestützt auf seinem Stock, um ein wenig durchzuatmen. „Ja, die Kette…“, murmelte er leise, mehr zu sich selbst. Seine Augen schwirrten zum Tor. Der Einwand von Thomson war tatsächlich berechtigt. Sie hatten bei einer Flucht ohnehin schon einen Nachteil- nämlich ihn. Am Liebsten würde er draußen bleiben. Aber Charles schien darauf zu insistieren, dass Randolph sich der Gruppe anschloss.
Wright war allerdings schon dabei das Tor wieder zu schließen und Randolph wollte den Streit nun auch nicht weiter anfachen. Schließlich wollten sie ja unauffällig bleiben. Ursprünglich. Er wandte sich ab und humpelte wieder in die Nähe der anderen. Wright konnte sehen, dass der Doktor seine Entscheidung getroffen zu haben schien.
„Ich wollte lieber draußen bleiben, weil ich im Inneren nur für unnötige Komplikationen mit meinem Bein sorge.“ Er versuchte Blickkontakt zu dem Mann zu suchen, der erst heute seine Tochter verloren hatte. Randolph war sich nicht sicher, ob Charles bereits wieder zurechnungsfähig war.
„Aber es ist in Ordnung, ich komme mit“, stellte er klar. „Willst….wollt Ihr nun langsam enthüllen, was der Plan ist? Ich fühle mich zugegeben etwas unsicher, blind in ein mir völlig fremdes Territorium vorzudringen.“
Darnamur- Jünger des Pinguins
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Die Beine des Wachmanns prallten mit einem leisen, dumpfen Geräusch auf die Pflastersteine und Charles atmete schnaufend aus, als er seinen Rücken in seine normale Ausrichtung renkte. Mit dem frisch angeeigneten Schlüsselbund war es ihm ein Leichtes, die Eingangstür des Nebengebäudes, zu der er den Bewusstlosen befördert hatte, zu öffnen, diesen einfach über die Schwelle zu ziehen, und die Tür wieder abzuschließen.
Erst, nachdem dies erledigt war, ging er auf die Bemerkungen und Fragen ein, die er, teils nur am Rande, mitgehört hatte. Es war aber gut zu sehen, dass Mr. Wright sich inzwischen um das Tor gekümmert hatte.
„Keine Sorge, Ihre Fragen werden alle schon bald beantwortet werden“, sicherte Charles seinen Begleitern zu.
„Ich will Ihnen ungern die Überraschung vermiesen.“
Das wäre wirklich zu schade. Mit einem wissenden Schmunzeln trat Charles wieder zum Ort der soeben erfolgten Überwältigung des Störenfrieds und eignete sich dessen Gaslaterne an.
Während Charles Oxleys fragenden Blick überging (der alte Mann hatte sich inzwischen auch aus dem Schatten gepellt), wandte er sich Dr. Tremaine zu.
„Ich kenne mich hier aus“, meinte Charles dann lächelnd, „und für die dunklen Ecken haben wir nun eine Lampe. Sie müssen sich keineswegs blind fühlen, Doktor.“
Er zwinkerte und bat im Anschluss um einen kleinen Moment, in dem Charles seinen Koffer von der Rückseite des Nebengebäudes, wo er ihn hatte stehen lassen, holte.
Beschwingt kehrte er zu den anderen zurück und setzte sich an den Kopf der Gruppe – der verbliebenen Gruppe, den Mrs. Thomson schien sich bereits an der Halle umzusehen. Vermutlich war sie schon vorhin dorthin aufgebrochen. Das war ihm gar nicht aufgefallen.
„Wissen Sie“, begann Charles wieder, „wir werden auf dem Rückweg einen anderen Ausgang nehmen. Selbst wenn wir gezwungen sein sollten, uns zurückzuziehen“, erklärte er den Skeptikern, „gibt es von der Halle aus schnellere Fluchtwege. Ein geöffnetes Haupttor zieht nur unnötig Aufmerksamkeit auf uns.“
Charles verschaffte sich behutsam Platz an der Tür, die Maura schon gefunden hatte, und offenbar eher vergeblich versuchte, sie zu öffnen, stellte für einen kurzen Moment seinen Koffer neben sich ab und suchte den passenden Schlüssel am Bund des Wachmanns.
„Wir sind heute an diesem beschaulichen Ort, weil mir der Gedanke, einen Zug nach London zu besteigen, mit einem beengenden Unbehagen erfüllt“, erzählte Charles, während er mehrere Schlüssel probierte. „Ich gehe fest davon aus, dass der Scotland Yard keine Kosten und Mühen scheuen wird, dem Bahnverkehr zwischen Manchester und dort besondere Aufmerksamkeit zu schenken, nachdem man mich gestern festgenommen hat, kurz nachdem wir aus einem Zug gestiegen sind. Um unsere Rückreise frei von solcherlei polizeilicher Belästigung zu halten, was wir nun wirklich nicht gebrauchen können, musste ich mir also eine Lösung einfallen lassen. Und Sie werden feststellen, sie ist genial.“
Er musste zufrieden und auch vor begeisterter Überzeugung lächeln. Wie passend, das er gerade in diesem Moment den richtigen Schlüssel entdeckte. Klickend ließ er sich im Schloss umdrehen.
„Es ist ein Wink des Schicksals, dass ich in den letzten beiden Jahren viel Zeit und Geld in dieses Projekt investiert habe“, plauderte Charles weiter, als sein Butler ihn mit einem knappen, von Zweifeln erfüllten „Sir“ und einem angesetzten, unausgesprochen bliebenden Folgesatz unterbrechen wollte.
„Kein Wort, Oxley“, bestand Charles, seinerseits unterbrechend, „seien Sie kein Spielverderber. Viel Zeit und Geld“, wiederholte er, um selbst wieder Anschluss an seine Erzählung zu finden, „doch es hat sich zweifelsohne gelohnt.“
Schwarze Dunkelheit erwartete sie hinter der Tür. Charles verschob die Blende der Laterne ein wenig, so dass sie nur einen schwachen, gedämpften Schein von sich gab. Einerseits wusste er nicht genau, ob in der Halle noch Wachen herumschlichen, weswegen weniger Licht weniger auffällig sein dürfte; andererseits wollte er immer noch nicht zu viel verraten. Eine Überraschung blieb nicht Überraschung, wenn man sie vorzeitig visuell erfassen konnte.
„Kommen Sie, hier entlang“, wisperte Charles geheimnisvoll und schritt, nachdem er seinen Koffer wieder an sich genommen hatte, an großen, eher nichtssagenden Holzblenden und Seilrollen entlang. Eine Mischung aus Öl, Leder, Schweißarbeiten und Metall lagen in der Luft. Die Halle war hoch genug, dass man bei dem wenigen Licht die Decke nicht erahnen konnte. Allerdings war das Ende der Holzblenden schon bald in Sicht. Charles schritt um den mehr als mannshohen Zaun herum, und tat dann einige Schritte in Richtung Hallenmitte, als sich schon gewölbte Fenster aus Glas, eingefasst in Messing und Holz, über den Köpfen der Gruppe das Licht zurückwarfen. Hinter ihnen waren ein riesiges Arsenal an Hebeln und Schaltern zu erahnen. Dicke Stützbalken und ein zwei Meter hohes Podest aus ebenso stabilen Holzstreben hielten ein riesiges Gebilde, das vorn in abgerundeter Keilform zusammenlief, wo die Fenster sich trafen. Das andere Ende verschwand in einiger Entfernung in der Dunkelheit. Obwohl diese Konstruktion keinen spitzen Kiel an der Unterseite hatte, erinnerte ihre, mit Metallblenden und -nieten durchsetzte Plankierung stark ein einen Schiffsrumpf. Wenn auch, statt Masten und Segeln, nach oben hin ein System aus Rohren, Stangen, Netzen und Schornsteinen ein bizarres Exoskelett eines robust wirkenden, schlaffen Stoffsacks bildeten.
„Ist sie nicht ein Prachtstück?“, durchbrach Charles in gedämpfter Lautstärke sein Schweigen seit dem Betreten der Halle. Fast klang er ehrfürchtig dabei.
„Ich habe sie Endeavour getauft“, erzählte er und hob die Laterne, sodass ihr Licht auf Goldene, am Rumpf befestigte Lettern fiel, die diesen Namen schrieben.
„Sie ist die erste ihrer Art, neben beiden anderen dort hinten“, er wies in eine unbestimmte Richtung irgendwo am anderen Ende der Halle.
„Sie sind leise und schnell“, schwärmte Charles,„– allein in ihrer Reisegeschwindigkeit mehr als doppelt so schnell wie die modernste Eisenbahn… Und nicht nur deswegen dem Schienenverkehr weit überlegen.“
Charles ging einige Schritte am Rumpf entlang, ihn genau begutachtend, wobei er um die Stützbalken einen Bogen machte, um nicht darüber zu stolpern. und allein dabei wurde klar, dass dieser allein um die vierzig Meter lang sein musste.
„Das Funktionsprinzip ist recht simpel. Warme Luft ist leichter als kalte und steigt in der Atmosphäre nach oben. Erhitzt man große Mengen an Luft und leitet sie in einen Ballon, beginnt er zu fliegen, und trägt das, was man an ihm befestigt, mit sich. So wie den Rumpf eines Schiffes, zum Beispiel. Aber die Maschinen erhitzen nicht nur die Luft, sondern treiben auch die Propellerrotoren an, durch die man nicht nur stumpf auf der Stelle schwebt und dabei wie Pusteblumensamen umhertrudelnd dem Wind ausgesetzt ist, nein: Man kann das Flugschiff steuern, in jede beliebige Richtung. Und will man landen, erlauben die Klappenventile, die sie dort oben an den Seiten des Ballons sehen, eine bewusste Steuerung des Auftriebs und eine sanfte Landung.“
So die Theorie.
„Diese Schiffe werden nicht nur unsere Art, zu reisen, revolutionieren, sondern auch das Kriegswesen und vielleicht sogar den interkontinentalen Handel, wenn ein Weg gefunden Großlastschiffe zu bauen, ohne das benötigte Volumen des Ballons in die Unendlichkeit zu treiben… Es gab im vergangenen Jahrhundert bereits Versuche mit extrem leichtem Wasserstoffgas mit natürlich mehr Tragvermögen, jedoch endete das in flammenden Infernos mit Todesopfern.“
Kaum hatte er das ausgesprochen, war er sich nicht mehr sicher, ob es gut gewesen war, dies zu erwähnen.
„Aber das ist für uns nun irrelevant“, ergänzte er schnell.
„Keine Sorge: Heiße Luft kann nicht explosionsartig verbrennen.“
Zufrieden mit seiner Ansprache, suchte er nun Blickkontakt zu den anderen.
„Sobald die Öfen angefeuert sind, ist dieses Schätzchen in fünfzehn Minuten startbereit.“
Oxley sah besonders unzufrieden aus, aber von diesem alten Miesepeter war Charles in Bezug auf dieses Flugschiffprojekt nichts Anderes gewohnt. Der Butler war eben ein Mann alter Schule, der selbst der Meinung war, der Mensch habe auf dem Wasser nichts zu suchen, weil es sich dabei nicht sein natürliches Terrain handelte – eine Ansicht, die Charles als überzeugte Landratte (gerade weil er viel Zeit auf hoher See verbracht hatte) in diesem Fall durchaus teilte. Aber in der Luft gab es keine eklig schaukelnden Wellen, und allein die Vorstellung davon, die Welt das erste Mal von weit oben zu sehen, erfüllte Charles mit Faszination und sicherlich leicht erkennbarer Vorfreude.
Erst, nachdem dies erledigt war, ging er auf die Bemerkungen und Fragen ein, die er, teils nur am Rande, mitgehört hatte. Es war aber gut zu sehen, dass Mr. Wright sich inzwischen um das Tor gekümmert hatte.
„Keine Sorge, Ihre Fragen werden alle schon bald beantwortet werden“, sicherte Charles seinen Begleitern zu.
„Ich will Ihnen ungern die Überraschung vermiesen.“
Das wäre wirklich zu schade. Mit einem wissenden Schmunzeln trat Charles wieder zum Ort der soeben erfolgten Überwältigung des Störenfrieds und eignete sich dessen Gaslaterne an.
Während Charles Oxleys fragenden Blick überging (der alte Mann hatte sich inzwischen auch aus dem Schatten gepellt), wandte er sich Dr. Tremaine zu.
„Ich kenne mich hier aus“, meinte Charles dann lächelnd, „und für die dunklen Ecken haben wir nun eine Lampe. Sie müssen sich keineswegs blind fühlen, Doktor.“
Er zwinkerte und bat im Anschluss um einen kleinen Moment, in dem Charles seinen Koffer von der Rückseite des Nebengebäudes, wo er ihn hatte stehen lassen, holte.
Beschwingt kehrte er zu den anderen zurück und setzte sich an den Kopf der Gruppe – der verbliebenen Gruppe, den Mrs. Thomson schien sich bereits an der Halle umzusehen. Vermutlich war sie schon vorhin dorthin aufgebrochen. Das war ihm gar nicht aufgefallen.
„Wissen Sie“, begann Charles wieder, „wir werden auf dem Rückweg einen anderen Ausgang nehmen. Selbst wenn wir gezwungen sein sollten, uns zurückzuziehen“, erklärte er den Skeptikern, „gibt es von der Halle aus schnellere Fluchtwege. Ein geöffnetes Haupttor zieht nur unnötig Aufmerksamkeit auf uns.“
Charles verschaffte sich behutsam Platz an der Tür, die Maura schon gefunden hatte, und offenbar eher vergeblich versuchte, sie zu öffnen, stellte für einen kurzen Moment seinen Koffer neben sich ab und suchte den passenden Schlüssel am Bund des Wachmanns.
„Wir sind heute an diesem beschaulichen Ort, weil mir der Gedanke, einen Zug nach London zu besteigen, mit einem beengenden Unbehagen erfüllt“, erzählte Charles, während er mehrere Schlüssel probierte. „Ich gehe fest davon aus, dass der Scotland Yard keine Kosten und Mühen scheuen wird, dem Bahnverkehr zwischen Manchester und dort besondere Aufmerksamkeit zu schenken, nachdem man mich gestern festgenommen hat, kurz nachdem wir aus einem Zug gestiegen sind. Um unsere Rückreise frei von solcherlei polizeilicher Belästigung zu halten, was wir nun wirklich nicht gebrauchen können, musste ich mir also eine Lösung einfallen lassen. Und Sie werden feststellen, sie ist genial.“
Er musste zufrieden und auch vor begeisterter Überzeugung lächeln. Wie passend, das er gerade in diesem Moment den richtigen Schlüssel entdeckte. Klickend ließ er sich im Schloss umdrehen.
„Es ist ein Wink des Schicksals, dass ich in den letzten beiden Jahren viel Zeit und Geld in dieses Projekt investiert habe“, plauderte Charles weiter, als sein Butler ihn mit einem knappen, von Zweifeln erfüllten „Sir“ und einem angesetzten, unausgesprochen bliebenden Folgesatz unterbrechen wollte.
„Kein Wort, Oxley“, bestand Charles, seinerseits unterbrechend, „seien Sie kein Spielverderber. Viel Zeit und Geld“, wiederholte er, um selbst wieder Anschluss an seine Erzählung zu finden, „doch es hat sich zweifelsohne gelohnt.“
Schwarze Dunkelheit erwartete sie hinter der Tür. Charles verschob die Blende der Laterne ein wenig, so dass sie nur einen schwachen, gedämpften Schein von sich gab. Einerseits wusste er nicht genau, ob in der Halle noch Wachen herumschlichen, weswegen weniger Licht weniger auffällig sein dürfte; andererseits wollte er immer noch nicht zu viel verraten. Eine Überraschung blieb nicht Überraschung, wenn man sie vorzeitig visuell erfassen konnte.
„Kommen Sie, hier entlang“, wisperte Charles geheimnisvoll und schritt, nachdem er seinen Koffer wieder an sich genommen hatte, an großen, eher nichtssagenden Holzblenden und Seilrollen entlang. Eine Mischung aus Öl, Leder, Schweißarbeiten und Metall lagen in der Luft. Die Halle war hoch genug, dass man bei dem wenigen Licht die Decke nicht erahnen konnte. Allerdings war das Ende der Holzblenden schon bald in Sicht. Charles schritt um den mehr als mannshohen Zaun herum, und tat dann einige Schritte in Richtung Hallenmitte, als sich schon gewölbte Fenster aus Glas, eingefasst in Messing und Holz, über den Köpfen der Gruppe das Licht zurückwarfen. Hinter ihnen waren ein riesiges Arsenal an Hebeln und Schaltern zu erahnen. Dicke Stützbalken und ein zwei Meter hohes Podest aus ebenso stabilen Holzstreben hielten ein riesiges Gebilde, das vorn in abgerundeter Keilform zusammenlief, wo die Fenster sich trafen. Das andere Ende verschwand in einiger Entfernung in der Dunkelheit. Obwohl diese Konstruktion keinen spitzen Kiel an der Unterseite hatte, erinnerte ihre, mit Metallblenden und -nieten durchsetzte Plankierung stark ein einen Schiffsrumpf. Wenn auch, statt Masten und Segeln, nach oben hin ein System aus Rohren, Stangen, Netzen und Schornsteinen ein bizarres Exoskelett eines robust wirkenden, schlaffen Stoffsacks bildeten.
„Ist sie nicht ein Prachtstück?“, durchbrach Charles in gedämpfter Lautstärke sein Schweigen seit dem Betreten der Halle. Fast klang er ehrfürchtig dabei.
„Ich habe sie Endeavour getauft“, erzählte er und hob die Laterne, sodass ihr Licht auf Goldene, am Rumpf befestigte Lettern fiel, die diesen Namen schrieben.
„Sie ist die erste ihrer Art, neben beiden anderen dort hinten“, er wies in eine unbestimmte Richtung irgendwo am anderen Ende der Halle.
„Sie sind leise und schnell“, schwärmte Charles,„– allein in ihrer Reisegeschwindigkeit mehr als doppelt so schnell wie die modernste Eisenbahn… Und nicht nur deswegen dem Schienenverkehr weit überlegen.“
Charles ging einige Schritte am Rumpf entlang, ihn genau begutachtend, wobei er um die Stützbalken einen Bogen machte, um nicht darüber zu stolpern. und allein dabei wurde klar, dass dieser allein um die vierzig Meter lang sein musste.
„Das Funktionsprinzip ist recht simpel. Warme Luft ist leichter als kalte und steigt in der Atmosphäre nach oben. Erhitzt man große Mengen an Luft und leitet sie in einen Ballon, beginnt er zu fliegen, und trägt das, was man an ihm befestigt, mit sich. So wie den Rumpf eines Schiffes, zum Beispiel. Aber die Maschinen erhitzen nicht nur die Luft, sondern treiben auch die Propellerrotoren an, durch die man nicht nur stumpf auf der Stelle schwebt und dabei wie Pusteblumensamen umhertrudelnd dem Wind ausgesetzt ist, nein: Man kann das Flugschiff steuern, in jede beliebige Richtung. Und will man landen, erlauben die Klappenventile, die sie dort oben an den Seiten des Ballons sehen, eine bewusste Steuerung des Auftriebs und eine sanfte Landung.“
So die Theorie.
„Diese Schiffe werden nicht nur unsere Art, zu reisen, revolutionieren, sondern auch das Kriegswesen und vielleicht sogar den interkontinentalen Handel, wenn ein Weg gefunden Großlastschiffe zu bauen, ohne das benötigte Volumen des Ballons in die Unendlichkeit zu treiben… Es gab im vergangenen Jahrhundert bereits Versuche mit extrem leichtem Wasserstoffgas mit natürlich mehr Tragvermögen, jedoch endete das in flammenden Infernos mit Todesopfern.“
Kaum hatte er das ausgesprochen, war er sich nicht mehr sicher, ob es gut gewesen war, dies zu erwähnen.
„Aber das ist für uns nun irrelevant“, ergänzte er schnell.
„Keine Sorge: Heiße Luft kann nicht explosionsartig verbrennen.“
Zufrieden mit seiner Ansprache, suchte er nun Blickkontakt zu den anderen.
„Sobald die Öfen angefeuert sind, ist dieses Schätzchen in fünfzehn Minuten startbereit.“
Oxley sah besonders unzufrieden aus, aber von diesem alten Miesepeter war Charles in Bezug auf dieses Flugschiffprojekt nichts Anderes gewohnt. Der Butler war eben ein Mann alter Schule, der selbst der Meinung war, der Mensch habe auf dem Wasser nichts zu suchen, weil es sich dabei nicht sein natürliches Terrain handelte – eine Ansicht, die Charles als überzeugte Landratte (gerade weil er viel Zeit auf hoher See verbracht hatte) in diesem Fall durchaus teilte. Aber in der Luft gab es keine eklig schaukelnden Wellen, und allein die Vorstellung davon, die Welt das erste Mal von weit oben zu sehen, erfüllte Charles mit Faszination und sicherlich leicht erkennbarer Vorfreude.
Umbra- Tiefseemonster
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Laune : voll motiviert
Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Für sie selbst überraschend, gefiel Melinda ausnahmsweise einmal, was in den letzten Augenblicken geschehen war. Sie hatte nicht viel dazu beigetragen, außer wieder einmal zu demonstrieren, dass sie eine Hure war. Das konnte sie jedoch gut. Obwohl die meisten Menschen sie bemitleideten oder verachteten, wegen dem was sie tat, lebte sie selbst recht gut damit. Sie hatte keine anderen Talente, als anderen Menschen etwas vorzumachen. Da eignete sich der Beruf als Hure ausgezeichnet. Sie gestand Männern ihre Liebe, wenn sie in Wirklichkeit nichts als Abscheu empfand und ja, man glaubte ihr. Sie konnte ohne dass jemand deswegen empört sein würde, Alkohol trinken und sich Laudanum in ihren Körper pumpen, wann immer es ihr beliebte und sie genug Kleingeld dafür hatte. Zumindest war das bisher so gewesen.
Ihr Welt jedoch geriet langsam ins Wanken und sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. Sie musste gestehen, dass ihr das Töten von Menschen am Anfang erschreckend vorgekommen war, sie jedoch rasch eine pure Freude daran hatte entwickeln können. Der Grund dafür war einfach: Nur in diesem Momenten entschied sie einmal über einen anderen Menschen. Der Rest ihres Leben bestand darin, das andere Menschen über sie entschieden. Es war ersichtlich das Randolph ihr genau das nehmen wollen würde. Sie hatte viel mit sich selbst gerungen. Sollte sie diese einzige Freiheit die sie hatte aufgeben, nur weil dem Doc das nicht gefiel? Er selbst hatte Leben zerstört und das seine Vaters beendet. Nach reiflicher Überlegung war sie zu dem Schluss gekommen, das Termaine ihrer Beziehung einen zu großen Knacks angelastet hatte, als das sie sich von ihm beeinflussen würde. Sie würde ihr Leben nicht ändern, es nur noch mehr verstecken. Wenn das hier alles vorbei war, würde sie sich abschotten. Vielleicht sogar London verlassen oder zumindest ihren Stadtteil. Dort wo Randy sie nicht mehr erreichen würde. Er hatte das wenige was von ihrem Herzen noch übrig war, endgültig gebrochen.
Himmel! Wie oft willst du denn noch deswegen rumheulen. Lass doch mal gut sein jetzt! Du solltest lieber was trinken, auf die gelungene Show mit dem Wachmann. Deine Kehle ist schon ganz trocken. Krächz.
Ihre Stimme würde sie mit Randy zusammen zurücklassen.
Hahahaha. Püppchen, dass kannst du vergessen. Da wo du bist, bin auch ich...vielleicht sind wir beide auch gar nicht mehr so alleine in deinem Kopf wie du denkst. Das wird ein Spaß!
Ihre Gedanken wurden von dem Gerede von Charles unterbrochen. Sie blinzelte sich ins hier und jetzt zurück, nachdem sie eben ihren Gedanken nach gehangen hatte. Sie hatte auf die Worte von Randolph nicht reagiert. Das war auch Charles' Sache. Nicht ihre.
Sie blieb erstaunt stehen, während sie auf das Ding starrte, was Charles ein Schiff bezeichnete. Es war...GIGANTISCH!
Bisher hatte Melinda etwas derartiges noch nicht zu Gesicht bekommen. Sie kannte nur die runden Ballons die am Himmel flogen und auch diese hatte sie bishernur aus der Ferne beobachten können, während sie ihre Kreise über London zogen. Das etwas so Großes fliegen sollen könnte, hätte sie nie für möglich gehalten. Das würde sie auch erst glauben wenn sie das Riesenteil in der Luft sehen würde.
Fast ehrfürchtig berührte sie das bemalte Holz des Schiffes. Das Wort Todesopfer nahm sie am Rand war, doch nahm der Anblick des Schiffes gerade so viel Aufmerksamkeit in Beschlag, dass sie keine Zeit hatte drüber nachzudenken.
Doch plötzlich wurde ihr eine Sache bewusst: Charles hatte vor mit dem Ding nach London zu reisen. Mit ihnen DARIN!
Heilige Scheiße. HEILIGE MUTTER GOTTES! Fliegen! Wir beide! Das wird ein Spaß!!
Das jedoch konnte Melinda kaum glauben, denn wenn gerade eins überwiegte, war es angst. Diese Blöße, dass zuzugeben wollte sie sich aber natürlich nicht geben.
“Wir sollen damit nach London fliegen? Das…wir werden doch gesehen. Auf einem Präsentierteller anreisen!“ gab sie zu Bedenken. Ja, das würde Charles sicher umstimmen. Nur noch ein bisschen Stimmung machen, damit es auch wirklich funktionierte!
“Ich meine ich würde wirklich mehr als gerne damit fliegen. Das Schiff ist großartig und imposant. Aber leider wirklich sehr groß.“ Das sollte genügen.
Melinda Bolt du bist ein verdammter Angsthase!
Ihr Welt jedoch geriet langsam ins Wanken und sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. Sie musste gestehen, dass ihr das Töten von Menschen am Anfang erschreckend vorgekommen war, sie jedoch rasch eine pure Freude daran hatte entwickeln können. Der Grund dafür war einfach: Nur in diesem Momenten entschied sie einmal über einen anderen Menschen. Der Rest ihres Leben bestand darin, das andere Menschen über sie entschieden. Es war ersichtlich das Randolph ihr genau das nehmen wollen würde. Sie hatte viel mit sich selbst gerungen. Sollte sie diese einzige Freiheit die sie hatte aufgeben, nur weil dem Doc das nicht gefiel? Er selbst hatte Leben zerstört und das seine Vaters beendet. Nach reiflicher Überlegung war sie zu dem Schluss gekommen, das Termaine ihrer Beziehung einen zu großen Knacks angelastet hatte, als das sie sich von ihm beeinflussen würde. Sie würde ihr Leben nicht ändern, es nur noch mehr verstecken. Wenn das hier alles vorbei war, würde sie sich abschotten. Vielleicht sogar London verlassen oder zumindest ihren Stadtteil. Dort wo Randy sie nicht mehr erreichen würde. Er hatte das wenige was von ihrem Herzen noch übrig war, endgültig gebrochen.
Himmel! Wie oft willst du denn noch deswegen rumheulen. Lass doch mal gut sein jetzt! Du solltest lieber was trinken, auf die gelungene Show mit dem Wachmann. Deine Kehle ist schon ganz trocken. Krächz.
Ihre Stimme würde sie mit Randy zusammen zurücklassen.
Hahahaha. Püppchen, dass kannst du vergessen. Da wo du bist, bin auch ich...vielleicht sind wir beide auch gar nicht mehr so alleine in deinem Kopf wie du denkst. Das wird ein Spaß!
Ihre Gedanken wurden von dem Gerede von Charles unterbrochen. Sie blinzelte sich ins hier und jetzt zurück, nachdem sie eben ihren Gedanken nach gehangen hatte. Sie hatte auf die Worte von Randolph nicht reagiert. Das war auch Charles' Sache. Nicht ihre.
Sie blieb erstaunt stehen, während sie auf das Ding starrte, was Charles ein Schiff bezeichnete. Es war...GIGANTISCH!
Bisher hatte Melinda etwas derartiges noch nicht zu Gesicht bekommen. Sie kannte nur die runden Ballons die am Himmel flogen und auch diese hatte sie bishernur aus der Ferne beobachten können, während sie ihre Kreise über London zogen. Das etwas so Großes fliegen sollen könnte, hätte sie nie für möglich gehalten. Das würde sie auch erst glauben wenn sie das Riesenteil in der Luft sehen würde.
Fast ehrfürchtig berührte sie das bemalte Holz des Schiffes. Das Wort Todesopfer nahm sie am Rand war, doch nahm der Anblick des Schiffes gerade so viel Aufmerksamkeit in Beschlag, dass sie keine Zeit hatte drüber nachzudenken.
Doch plötzlich wurde ihr eine Sache bewusst: Charles hatte vor mit dem Ding nach London zu reisen. Mit ihnen DARIN!
Heilige Scheiße. HEILIGE MUTTER GOTTES! Fliegen! Wir beide! Das wird ein Spaß!!
Das jedoch konnte Melinda kaum glauben, denn wenn gerade eins überwiegte, war es angst. Diese Blöße, dass zuzugeben wollte sie sich aber natürlich nicht geben.
“Wir sollen damit nach London fliegen? Das…wir werden doch gesehen. Auf einem Präsentierteller anreisen!“ gab sie zu Bedenken. Ja, das würde Charles sicher umstimmen. Nur noch ein bisschen Stimmung machen, damit es auch wirklich funktionierte!
“Ich meine ich würde wirklich mehr als gerne damit fliegen. Das Schiff ist großartig und imposant. Aber leider wirklich sehr groß.“ Das sollte genügen.
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Elli- Piratenpinguin
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Die Tür ging nicht auf. Mist. Maura war versucht, einfach stärker daran zu rütteln, aber das wäre laut gewesen und hätte vielleicht andere Wachleute angelockt, also ließ sie es. Zum Glück klärte sich das Problem schnell, als Norly dazukam und einen Schlüsselbund hervorzauberte. Stumm trat sie einen Schritt zur Seite, doch sie wartete nicht, bis die anderen dazugekommen waren, sondern trat direkt nach Norly in die Halle. Ihre Geduld war zu Ende.
Es war dunkel, und Maura brauchte einen Moment, bis sie überhaupt etwas erkennen konnte. Als es jedoch so weit war, blieb sie stocksteif stehen.
Oh. Mein. Gott. Norly war wahnsinnig … ganz eindeutig.
Sie hob eine Hand an ihre Stirn, als wolle sie die nicht vorhandene Sonne abschirmen, und starrte verbissen Richtung Decke, doch die war für ihren Geschmack viel zu weit oben. Das, was in dieser Halle gewartet hatte, war schlicht … eine Monstrosität. Maura erinnerte sich an all die Bücher, die sie gelesen hatte – es waren viele – und an die Zeichnungen, die bisweilen darin gewesen waren. Die Heißluftballons der Mongolfier-Brüder, ja, die waren ihr ein Begriff, aber dieses Ding überstieg selbst ihre Vorstellungskraft. Ein Luftschiff von derartigen Ausmaßen? Noch vor Sekunden hätte sie jeden ausgelacht, der ihr hätte weismachen wollen, dass ein solches Ding fliegen sollte. Jetzt war ihr plötzlich gar nicht mehr zum Lachen zumute. Sie warf Norly einen leicht schockierten Seitenblick zu, den dieser jedoch gar nicht zu bemerken schien. Kein Wunder, denn er wirkte aufgeregt wie ein Kleinkind an Weihnachten. Seine Narbe schien im dunstigen Licht zu glänzen, und Maura fragte sich einmal mehr, ob sie hier wirklich richtig war. Natürlich, das alles hier war faszinierend, aber die Menschen, mit denen sie hier zu tun hatte, waren sicher nicht ganz normal, allen voran Charles Norly.
Sie sollten sich also keine Sorgen machen? Allein, dass Norly das Wort ‚Explosion‘ erwähnte, machte Maura nervös. Sie sprachen hier von Dingen, die kein Mensch kontrollieren konnte. Geschweige denn sich einer derartigen Gefahr freiwillig auszusetzen. Natürlich verstand sie Norlys Einwand, was die Zugreise betraf … aber DAS?! Ein gestohlenes Luftschiff, für eine Fahrt von Manchester nach London? Das war eine Nummer zu groß für sie. Sie mochte eine Mörderin sein, und bestimmt war der Himmel für immer versperrt für sie, aber sie war keine … Piratin! Oder was auch immer. Sollte Norly sich ruhig für den König des Verbrechens halten, sie blieb lieber mit beiden Füßen auf dem Boden – im wahrsten Sinne des Wortes.
Dabei konnte sie Norlys Faszination sogar gut verstehen. Vorsichtig, als wäre das Schiff aus Glas, trat Maura näher, wagte aber nicht, die Hand danach auszustrecken, und verschränkte stattdessen beide Arme vor der Brust. Vor ihrem inneren Auge sah sie Norly Narbengesicht, wie er am Steuer eines fliegenden Schiffes stand, und mit funkelnden Augen auf das riesige, schmutzige London herabschaute, wie es in der Morgensonne glänzte, ein selbstgerechtes und irgendwie irres Grinsen aufgesetzt. Klar, er sah sich genau in dieser Rolle … und dass sie ihm gefiel, konnte sie ihm nicht einmal übelnehmen.
Ein König und seine Handlanger. Ja, das könnte dir so passen.
„Sie hat recht“, stimmte Maura zu, als Miss Benton ihren Einwand vorbrachte. Ihre Stimme hallte ungewohnt in dem enormen Raum. „Ihr ‚Schätzchen‘, Mr. Norly, ist gefühlt größer als Westminster Abbey. Mit Verlaub, aber wie stellen Sie sich das vor? Wollen Sie im nächsten Wald landen und vor dort aus zu Fuß weiter?“ Sie wusste nicht einmal, ob sie sich wohl dabei fühlte, in einer solchen Höhe über allem zu schweben. Menschen gehörten nicht in die Luft … sollten sie das nicht lieber den Vögeln überlassen?
„Natürlich, ich weiß“, sie schloss die Augen und hob beide Hände in beschwichtigender Geste, „nun komme ich ihnen wieder wie der advocatus diaboli vor; Maura Thomson, die ewige Nörglerin, etwas in der Richtung? Aber ich bitte Sie, überdenken Sie ihren Plan! Ein Luftschiff von dieser Größe zu stehlen“, sie zeigte mit der Hand von einem Ende der Halle zum anderen, „ist Wahnsinn! Dafür landen Sie im schlimmsten Fall am Galgen direkt neben Scarface.“
Es war dunkel, und Maura brauchte einen Moment, bis sie überhaupt etwas erkennen konnte. Als es jedoch so weit war, blieb sie stocksteif stehen.
Oh. Mein. Gott. Norly war wahnsinnig … ganz eindeutig.
Sie hob eine Hand an ihre Stirn, als wolle sie die nicht vorhandene Sonne abschirmen, und starrte verbissen Richtung Decke, doch die war für ihren Geschmack viel zu weit oben. Das, was in dieser Halle gewartet hatte, war schlicht … eine Monstrosität. Maura erinnerte sich an all die Bücher, die sie gelesen hatte – es waren viele – und an die Zeichnungen, die bisweilen darin gewesen waren. Die Heißluftballons der Mongolfier-Brüder, ja, die waren ihr ein Begriff, aber dieses Ding überstieg selbst ihre Vorstellungskraft. Ein Luftschiff von derartigen Ausmaßen? Noch vor Sekunden hätte sie jeden ausgelacht, der ihr hätte weismachen wollen, dass ein solches Ding fliegen sollte. Jetzt war ihr plötzlich gar nicht mehr zum Lachen zumute. Sie warf Norly einen leicht schockierten Seitenblick zu, den dieser jedoch gar nicht zu bemerken schien. Kein Wunder, denn er wirkte aufgeregt wie ein Kleinkind an Weihnachten. Seine Narbe schien im dunstigen Licht zu glänzen, und Maura fragte sich einmal mehr, ob sie hier wirklich richtig war. Natürlich, das alles hier war faszinierend, aber die Menschen, mit denen sie hier zu tun hatte, waren sicher nicht ganz normal, allen voran Charles Norly.
Sie sollten sich also keine Sorgen machen? Allein, dass Norly das Wort ‚Explosion‘ erwähnte, machte Maura nervös. Sie sprachen hier von Dingen, die kein Mensch kontrollieren konnte. Geschweige denn sich einer derartigen Gefahr freiwillig auszusetzen. Natürlich verstand sie Norlys Einwand, was die Zugreise betraf … aber DAS?! Ein gestohlenes Luftschiff, für eine Fahrt von Manchester nach London? Das war eine Nummer zu groß für sie. Sie mochte eine Mörderin sein, und bestimmt war der Himmel für immer versperrt für sie, aber sie war keine … Piratin! Oder was auch immer. Sollte Norly sich ruhig für den König des Verbrechens halten, sie blieb lieber mit beiden Füßen auf dem Boden – im wahrsten Sinne des Wortes.
Dabei konnte sie Norlys Faszination sogar gut verstehen. Vorsichtig, als wäre das Schiff aus Glas, trat Maura näher, wagte aber nicht, die Hand danach auszustrecken, und verschränkte stattdessen beide Arme vor der Brust. Vor ihrem inneren Auge sah sie Norly Narbengesicht, wie er am Steuer eines fliegenden Schiffes stand, und mit funkelnden Augen auf das riesige, schmutzige London herabschaute, wie es in der Morgensonne glänzte, ein selbstgerechtes und irgendwie irres Grinsen aufgesetzt. Klar, er sah sich genau in dieser Rolle … und dass sie ihm gefiel, konnte sie ihm nicht einmal übelnehmen.
Ein König und seine Handlanger. Ja, das könnte dir so passen.
„Sie hat recht“, stimmte Maura zu, als Miss Benton ihren Einwand vorbrachte. Ihre Stimme hallte ungewohnt in dem enormen Raum. „Ihr ‚Schätzchen‘, Mr. Norly, ist gefühlt größer als Westminster Abbey. Mit Verlaub, aber wie stellen Sie sich das vor? Wollen Sie im nächsten Wald landen und vor dort aus zu Fuß weiter?“ Sie wusste nicht einmal, ob sie sich wohl dabei fühlte, in einer solchen Höhe über allem zu schweben. Menschen gehörten nicht in die Luft … sollten sie das nicht lieber den Vögeln überlassen?
„Natürlich, ich weiß“, sie schloss die Augen und hob beide Hände in beschwichtigender Geste, „nun komme ich ihnen wieder wie der advocatus diaboli vor; Maura Thomson, die ewige Nörglerin, etwas in der Richtung? Aber ich bitte Sie, überdenken Sie ihren Plan! Ein Luftschiff von dieser Größe zu stehlen“, sie zeigte mit der Hand von einem Ende der Halle zum anderen, „ist Wahnsinn! Dafür landen Sie im schlimmsten Fall am Galgen direkt neben Scarface.“
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Charles ließ sich in seiner Euphorie nicht von den Bedenken einschränken, die ihm von Seiten von Melinda und Mrs. Thomson entgegenkamen. Solch eine Reaktion war von skeptischen Gemütern durchaus zu erwarten gewesen und Charles war sich sicher, dass diese Bedenken alle unnötig waren. Dies war nicht eine Idee, die aus einer Laune heraus entstanden war: Charles hatte sich weitreichende Gedanken über mögliche Wege nach London gemacht. Die Endeavour hatte er nicht leichtfertig als beste Option ausgemacht. Er hatte konkrete Pläne und die genannten Einwände konnte er mit Leichtigkeit abschmettern.
„Aber, aber, meine Damen“, versuchte er, diese mit einer beruhigenden Tonlage und einem gewinnenden Lächeln für sich und sein Vorhaben einzunehmen, „Sie regen sich unnötig auf. Natürlich ist die Endeavour groß“, wandte er ein, „aber für den Betrachter am Boden wird sie nur ein kleiner Punkt am Himmel sein, weit entfernt. Am nachtschwarzen Himmel, wohlgemerkt – nicht ohne Grund sind wir um diese Uhrzeit hier. Wir werden noch weit vor dem Morgengrauen London erreichen, und um diese Uhrzeit wird ein Großteil der Bevölkerung schlafen, und diejenigen, die es nicht tun“, meinte er schmunzelnd, „haben sicherlich anderes im Sinn, als den Himmel nach Anomalitäten abzusuchen.“
Die zumeist engen Gassen in den nachtaktiven Teilen der Stadt boten ohnehin nicht viel freie Sicht nach oben. Das, was am Boden war, war für die nächtlichen Freigänger mit größter Wahrscheinlichkeit viel interessanter.
Dennoch wollte Charles natürlich nicht unnötige Aufmerksamkeit auf das Schiff und die Gruppe zu lenken. Ein Grund, warum er das Schiff als Reisemittel bevorzugte, war genau, dass man nicht mit einem solchen Gefährt rechnen würde. Schließlich wusste die Öffentlichkeit noch nicht, dass so etwas überhaupt existierte.
„Tatsächlich gedenke ich, nicht mitten in der Stadt zu landen“, führte Charles weiter aus, um die selbsternannte „ewige Nörglerin“ eines Besseren zu belehren.
„Ich schätze, Lambeth oder Southwark würden sich anbieten.“
Bevor es dazu erneute Widerworte geben konnte, erklärte er seine Wahl: „Dort in der Nähe gibt es genug Möglichkeiten, um unterzutauchen. Zwar südlich gelegen, sind diese Bezirke abgelegen, aber doch nicht zu abgelegen, um mitten in der Pampa zu sitzen, was uns in den nördlichen Randgebieten der Stadt erwarten würde. Außerdem erhalten wir so die Gelegenheit, London in seiner ganzen nächtlichen Pracht zu sehen, wenn wir es überfliegen. Westminster Abbey wird direkt unter uns liegen.“
Charles zwinkerte Maura zu.
„Und, um realistisch zu bleiben, ist sie ein ganzes Stück größer als die Endeavour und ihre Schwesterschiffe. Dies hier ist unsere beste und schnellste Gelegenheit, London zu erreichen. Und gleichzeitig werden wir, auch wenn das offiziell nicht so vorgesehen ist, Luftfahrtgeschichte schreiben. Es gibt keinerlei Grund für Sie, dabei ein schlechtes Gewissen zu haben. Dieses Schiff gehört so gut wie mir und ich habe nicht die Absicht, es zu behalten. Also stehle ich es nicht, ich borge es mir aus.“
So legte er die Umstände aus. Nie im Leben würde er auf die Idee kommen, etwas zu stehlen. Er hatte den Bau dieser Schiffe finanziert, also gehörte sie ihm auch – gewissermaßen.
„Man wird mir das im Zweifelsfall verzeihen – angesichts der anderen Verbrechen, die man mir anlastet, ist dies ja nur ein kleines Sandkorn. Nichts wird mich nicht vor dem Galgen retten, also habe ich auch keinen Grund, diese Gelegenheit ungenutzt zu lassen. Und ungenutzt hier herumzustehen, ist wahrlich eine Schande für so ein Prachtstück.“
Anerkennend tätschelte Charles die Planken des Rumpfs neben sich.
„Aber kommen Sie, sehen Sie es sich von innen an. Ich bin mir sicher, Sie werden staunen.“
„Aber, aber, meine Damen“, versuchte er, diese mit einer beruhigenden Tonlage und einem gewinnenden Lächeln für sich und sein Vorhaben einzunehmen, „Sie regen sich unnötig auf. Natürlich ist die Endeavour groß“, wandte er ein, „aber für den Betrachter am Boden wird sie nur ein kleiner Punkt am Himmel sein, weit entfernt. Am nachtschwarzen Himmel, wohlgemerkt – nicht ohne Grund sind wir um diese Uhrzeit hier. Wir werden noch weit vor dem Morgengrauen London erreichen, und um diese Uhrzeit wird ein Großteil der Bevölkerung schlafen, und diejenigen, die es nicht tun“, meinte er schmunzelnd, „haben sicherlich anderes im Sinn, als den Himmel nach Anomalitäten abzusuchen.“
Die zumeist engen Gassen in den nachtaktiven Teilen der Stadt boten ohnehin nicht viel freie Sicht nach oben. Das, was am Boden war, war für die nächtlichen Freigänger mit größter Wahrscheinlichkeit viel interessanter.
Dennoch wollte Charles natürlich nicht unnötige Aufmerksamkeit auf das Schiff und die Gruppe zu lenken. Ein Grund, warum er das Schiff als Reisemittel bevorzugte, war genau, dass man nicht mit einem solchen Gefährt rechnen würde. Schließlich wusste die Öffentlichkeit noch nicht, dass so etwas überhaupt existierte.
„Tatsächlich gedenke ich, nicht mitten in der Stadt zu landen“, führte Charles weiter aus, um die selbsternannte „ewige Nörglerin“ eines Besseren zu belehren.
„Ich schätze, Lambeth oder Southwark würden sich anbieten.“
Bevor es dazu erneute Widerworte geben konnte, erklärte er seine Wahl: „Dort in der Nähe gibt es genug Möglichkeiten, um unterzutauchen. Zwar südlich gelegen, sind diese Bezirke abgelegen, aber doch nicht zu abgelegen, um mitten in der Pampa zu sitzen, was uns in den nördlichen Randgebieten der Stadt erwarten würde. Außerdem erhalten wir so die Gelegenheit, London in seiner ganzen nächtlichen Pracht zu sehen, wenn wir es überfliegen. Westminster Abbey wird direkt unter uns liegen.“
Charles zwinkerte Maura zu.
„Und, um realistisch zu bleiben, ist sie ein ganzes Stück größer als die Endeavour und ihre Schwesterschiffe. Dies hier ist unsere beste und schnellste Gelegenheit, London zu erreichen. Und gleichzeitig werden wir, auch wenn das offiziell nicht so vorgesehen ist, Luftfahrtgeschichte schreiben. Es gibt keinerlei Grund für Sie, dabei ein schlechtes Gewissen zu haben. Dieses Schiff gehört so gut wie mir und ich habe nicht die Absicht, es zu behalten. Also stehle ich es nicht, ich borge es mir aus.“
So legte er die Umstände aus. Nie im Leben würde er auf die Idee kommen, etwas zu stehlen. Er hatte den Bau dieser Schiffe finanziert, also gehörte sie ihm auch – gewissermaßen.
„Man wird mir das im Zweifelsfall verzeihen – angesichts der anderen Verbrechen, die man mir anlastet, ist dies ja nur ein kleines Sandkorn. Nichts wird mich nicht vor dem Galgen retten, also habe ich auch keinen Grund, diese Gelegenheit ungenutzt zu lassen. Und ungenutzt hier herumzustehen, ist wahrlich eine Schande für so ein Prachtstück.“
Anerkennend tätschelte Charles die Planken des Rumpfs neben sich.
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