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Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
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Umbra
Leo
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Durch einen Schleier hinweg nahm Melinda wahr, das Charles sie durch den Raum trug und sie wieder niederließ. Er sprach mit ihr, sie solle wach bleiben. Doch es war so schwer. So unglaublich schwer. Dennoch kämpfte sie wieder gegen ihre ohnmachtartige Müdigkeit an und öffnete die Augen. Verschwommen nahm sie den Raum um sich herum wahr, als Charles fragte ob er Maura holen sollte. Kraftlos schüttelte sie den Kopf und begann unter der Decke die sie umhüllte, sich aus den Kleidern zu schälen. Sie würde das schon schaffen - das musste sie. Sie hatte doch immer in ihrem Leben alles alleine schaffen müssen. Die Beschäftigung ihrere steifen Hände und Glieder hielt sie zumindest etwas wach. Plötzlich sagte jemand anderes etwas, doch sie konnte seine Stimme nicht zuordnen. Wo war Randy? Waren die anderen wohlauf? Sie wusste nichts mehr, außer das ihre Aufgabe war, sich auszuziehen. Sie blickte zu Charles herüber. "Iiiiist Raaaannnaaaadoooolph hier?" mehr brachte sie nicht zu Stande.
Elli- Piratenpinguin
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Es war lange her, seitdem Randolph das letzte Mal ein Theater betreten hatte. Gerade in Soho gab es einige davon und eine gewisse Faszination hatte die Bühne immer auf ihn ausgeübt. Die Darsteller hatten die einmalige Chance in die Rolle unterschiedlichster Figuren zu schlüpfen. Für einige Zeit konnten sie Abstand zu ihrer eigenen Person nehmen, Abstand zu ihrem Leben, ihren Sorgen und Problemen. Sie konnten einfach jemand anderes sein. Randolph hatte sich immer mit Lynette zusammen die Vorstellungen angesehen. Sie hatte das Theater geliebt. Er vermisste ihr Lachen und das Funkeln in ihren Augen.
Er sollte nicht mehr an sie denken. Dieses Kapitel hatte sein Ende gefunden. Randolph fühlte sich schwach, dass er nach all den vergangenen Jahren nicht mit der Sache hatte abschließen können. Für eine gewisse Zeit war es ihm möglich sie zu vergessen, doch früher oder später kehrte der Gedanke an die Zeit zurück, in der er mit ihr zusammen war. An die Zeit, in der sein Leben nicht leicht gewesen war, aber noch nicht das Blut seines Vaters an seinen Händen klebte.
Während er in Gedanken versunken den Kostümfundus durchstöberte und tatsächlich einen Stock fand, der mit einem silbernen Knauf besetzt war, wurde er von Mr. Wright angesprochen. Er beäugte die Flasche Laudanum und stellte sich sofort die Frage, warum der Maler so etwas in seinem Besitz hatte. Das Angebot des Mannes war sicher nett gemeint, doch Randolph wollte nichts um den Schmerz zu betäuben. Was er in diesem Augenblick am Meisten brauchte, war ein klarer Geist und den würde ihm das kleine Fläschchen nicht beschaffen.
"Mir geht es in jeglicher Hinsicht blenden, Mr. Wright", verkündete er recht trocken, während er mit dem Stock einige vorsichtige erste Gehversuche unternahm. "Ich danke Ihnen für Ihr Angebot, doch es ist wohl sinnvoller, wenn Sie sich das Mittel für einen späteren Moment aufheben. Mein Arztkoffer ging während des Absturzes verloren und damit auch sämtliche Arzneien für zukünftige Behandlungen."
Tatsächlich schmerzte sein Bein auch jetzt noch höllisch, aber dieser Schmerz war nichts Neues mehr für ihn. Diese Welt zeigte keine Gnade mit den Schwachen und Randolph blieb nichts anderes übrig, als die Zähne zusammenzubeißen und die Verletzung so gut es ging auszublenden. Auch Taylors Hilfsbereitschaft lehnte er ab. Die Verarztungen die Taylor unternehmen konnte, war er auch in der Lage selbst zu bewältigen. Außerdem traute er dem Mann weiterhin nicht. Seine Motive waren äußerst unklar und er hatte sich bislang noch keine Mühe gegeben aufzudecken, warum er dieses Treffen mit Norly unbedingt herbeirufen wollte. Dass er dafür seinen Schläger mitnahm, der wohl nicht nur lebensmüde, sondern auch talentiert sein musste, wenn man bedachte, wie er die Polizisten zerpflückt hatte, sprach auch nicht gerade für ihn.
"Ein paar Tage wird das Bein schon noch überstehen. Und länger habe ich ohnehin nicht mehr zu leben", entgegnete er ohne zu Lächeln. Für falsche Höflichkeit war er geistig zu ausgezehrt.
Die Worte des Hünen, die dann aber schließlich die Luft durchschnitten überraschten den Doktor dann jedoch sehr. Es war auf jeden Fall eine gute Überlegung und es sprach für den Mann, dass er über Sicherheitslücken ihres neuen Unterschlupfes nachgedacht hatte. Die Überraschung war für Randolph aber vor allem das diese Aussage gerade von diesem Kerl stammte. Das hätte er ihm nicht zugetraut, nach der halsbrecherischen Aktion auf ihrer Flucht hierhin.
Nach kurzer Überlegung nickte der Doktor: "Ich denke der Herr hat recht. Es ist kein Gedankengang, der mir selbst gekommen wäre, in diesem Moment, aber wir sollten jegliches unnötige Risiko vermeiden. Und es könnte passieren, dass jemandem auffällt, dass sich außerhalb der Probezeit jemand des nachts hier herumtreibt. Die Decken und Mäntel werden uns alle warm genug halten."
Er humpelte mit zwei, drei langsamen Schritten weiter, Richtung Melinda. Fast wie im Delirium lag sie in dem Sessel und hatte sich schon ordentlich zugedeckt. Randolph ignorierte Charles Norly, der daneben stand, seine Aufmerksamkeit war einzig und allein auf sie gerichtet, wie sie dort lag, ein kranker, blonder Engel.
"Schlaf ein, Kleine", sagte er in leisem Ton, sodass wohl nur Charles und Sie es hören konnten. "Ich bin hier. Versuche ein wenig Schlaf zu finden. Für heute Nacht sind wir hier sicher."
Erst dann löste sich sein Blick wieder von ihr und traf sich kurz mit dem von Charles. Er wusste, dass er ihr hinterher spioniert hatte, scheinbar genauso wie bei Tillcot. Randolph, der über Tilcotts Stücke Bescheid wusste, musste unweigerlich einen Vergleich zu den Ereignissen der letzten Tage ziehen. Charles trug natürlich keine Schuld an Melindas Verbrechen, aber er hatte sie mit in diese Angelegenheit hineingezogen. Und er hatte sie dazu gebracht sich in ihn zu verlieben. Nach wie vor wusste der Doktor nicht, wie er dazu stehen sollte. Einerseits präsentierte Charles Norly eine verletzliche, ehrenhafte Seite seiner selbst, er wirkte wie das Opfer einer großen Intrige, andererseits neigte er teilweise zu recht extremen Weltanschauungen und unter der Oberfläche waren seiner Finger doch etwas schmutziger, als man vielleicht meinte, wenn man ihn gerade erst kennengelernt hatte.
Er sollte nicht mehr an sie denken. Dieses Kapitel hatte sein Ende gefunden. Randolph fühlte sich schwach, dass er nach all den vergangenen Jahren nicht mit der Sache hatte abschließen können. Für eine gewisse Zeit war es ihm möglich sie zu vergessen, doch früher oder später kehrte der Gedanke an die Zeit zurück, in der er mit ihr zusammen war. An die Zeit, in der sein Leben nicht leicht gewesen war, aber noch nicht das Blut seines Vaters an seinen Händen klebte.
Während er in Gedanken versunken den Kostümfundus durchstöberte und tatsächlich einen Stock fand, der mit einem silbernen Knauf besetzt war, wurde er von Mr. Wright angesprochen. Er beäugte die Flasche Laudanum und stellte sich sofort die Frage, warum der Maler so etwas in seinem Besitz hatte. Das Angebot des Mannes war sicher nett gemeint, doch Randolph wollte nichts um den Schmerz zu betäuben. Was er in diesem Augenblick am Meisten brauchte, war ein klarer Geist und den würde ihm das kleine Fläschchen nicht beschaffen.
"Mir geht es in jeglicher Hinsicht blenden, Mr. Wright", verkündete er recht trocken, während er mit dem Stock einige vorsichtige erste Gehversuche unternahm. "Ich danke Ihnen für Ihr Angebot, doch es ist wohl sinnvoller, wenn Sie sich das Mittel für einen späteren Moment aufheben. Mein Arztkoffer ging während des Absturzes verloren und damit auch sämtliche Arzneien für zukünftige Behandlungen."
Tatsächlich schmerzte sein Bein auch jetzt noch höllisch, aber dieser Schmerz war nichts Neues mehr für ihn. Diese Welt zeigte keine Gnade mit den Schwachen und Randolph blieb nichts anderes übrig, als die Zähne zusammenzubeißen und die Verletzung so gut es ging auszublenden. Auch Taylors Hilfsbereitschaft lehnte er ab. Die Verarztungen die Taylor unternehmen konnte, war er auch in der Lage selbst zu bewältigen. Außerdem traute er dem Mann weiterhin nicht. Seine Motive waren äußerst unklar und er hatte sich bislang noch keine Mühe gegeben aufzudecken, warum er dieses Treffen mit Norly unbedingt herbeirufen wollte. Dass er dafür seinen Schläger mitnahm, der wohl nicht nur lebensmüde, sondern auch talentiert sein musste, wenn man bedachte, wie er die Polizisten zerpflückt hatte, sprach auch nicht gerade für ihn.
"Ein paar Tage wird das Bein schon noch überstehen. Und länger habe ich ohnehin nicht mehr zu leben", entgegnete er ohne zu Lächeln. Für falsche Höflichkeit war er geistig zu ausgezehrt.
Die Worte des Hünen, die dann aber schließlich die Luft durchschnitten überraschten den Doktor dann jedoch sehr. Es war auf jeden Fall eine gute Überlegung und es sprach für den Mann, dass er über Sicherheitslücken ihres neuen Unterschlupfes nachgedacht hatte. Die Überraschung war für Randolph aber vor allem das diese Aussage gerade von diesem Kerl stammte. Das hätte er ihm nicht zugetraut, nach der halsbrecherischen Aktion auf ihrer Flucht hierhin.
Nach kurzer Überlegung nickte der Doktor: "Ich denke der Herr hat recht. Es ist kein Gedankengang, der mir selbst gekommen wäre, in diesem Moment, aber wir sollten jegliches unnötige Risiko vermeiden. Und es könnte passieren, dass jemandem auffällt, dass sich außerhalb der Probezeit jemand des nachts hier herumtreibt. Die Decken und Mäntel werden uns alle warm genug halten."
Er humpelte mit zwei, drei langsamen Schritten weiter, Richtung Melinda. Fast wie im Delirium lag sie in dem Sessel und hatte sich schon ordentlich zugedeckt. Randolph ignorierte Charles Norly, der daneben stand, seine Aufmerksamkeit war einzig und allein auf sie gerichtet, wie sie dort lag, ein kranker, blonder Engel.
"Schlaf ein, Kleine", sagte er in leisem Ton, sodass wohl nur Charles und Sie es hören konnten. "Ich bin hier. Versuche ein wenig Schlaf zu finden. Für heute Nacht sind wir hier sicher."
Erst dann löste sich sein Blick wieder von ihr und traf sich kurz mit dem von Charles. Er wusste, dass er ihr hinterher spioniert hatte, scheinbar genauso wie bei Tillcot. Randolph, der über Tilcotts Stücke Bescheid wusste, musste unweigerlich einen Vergleich zu den Ereignissen der letzten Tage ziehen. Charles trug natürlich keine Schuld an Melindas Verbrechen, aber er hatte sie mit in diese Angelegenheit hineingezogen. Und er hatte sie dazu gebracht sich in ihn zu verlieben. Nach wie vor wusste der Doktor nicht, wie er dazu stehen sollte. Einerseits präsentierte Charles Norly eine verletzliche, ehrenhafte Seite seiner selbst, er wirkte wie das Opfer einer großen Intrige, andererseits neigte er teilweise zu recht extremen Weltanschauungen und unter der Oberfläche waren seiner Finger doch etwas schmutziger, als man vielleicht meinte, wenn man ihn gerade erst kennengelernt hatte.
Darnamur- Jünger des Pinguins
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Randolph war da. Er war noch immer hier. Melinda wollte so viel zu ihm sagen. Ihm so viele Fragen stellen. Wie hatten sie in diese Situation kommen können? War dieses Band der Freundschaft zwischen ihnen vielleicht doch nicht zerstört? Auch wenn Randolph ihr gedroht hatte, was sie nach wie vor nicht besonders ernst nahm, schmerzte es sie, dass alles so anders war. Vielleicht hätte sie damals mit Norly im Gepräck niemals zu ihm gehen sollen. Sie hatte sich keinen anderen Rat gewusst. Aber war es das wirklich wert gewesen? Die Wärme der Decken, die über ihr regelrecht gestapelt wurden, brachten ihr einerseits wieder etwas Gefühl – und leider auch Schmerzen – zurück, aber ebenso nahmen sie auch wieder etwas ihre Müdigkeit. Es schien ihr gerade nicht mehr unmöglich auch nur länger als eine Minute wach zu bleiben.
Was war eigentlich aus ihr geworden? Sie hatte sich eben, trotz ihrer eigenen Situation um die anderen gesorgt. Früher hätte sie andere Leute für die Sorge und Mitgefühl ausgelacht.
Sie war weich geworden. Sie schnaubte ein wenig in ihre Decken aufgrund dieser Erkenntnis und hätte nun zu gerne etwas zu trinken gehabt. Völlig egal was. Aber danach fragen, dazu war sie noch nicht in der Lage. Noch immer klapperten ihre Zähne, auch wenn mittlerweile viel langsamer und nicht mehr ganz unkontrollierbar. Sie blinzelte in den Raum hinein in dem sie sich befanden. Hatte eben nicht jemand etwas von einem Theater gesagt? Oder hatte sie das geträumt? Sie konnte sich, seit sie aus dem Wasser herausgezogen worden war an kaum etwas erinnern. Nur bruchstückhafte Erinnerungen zogen sich durch ihren Kopf.
Du bist echt ein Lappen geworden Melinda Bolt. Früher wärst du mit den nassen Klamotten eben noch mit ein paar Fischern anschaffen gegangen. Wenn man eh schon mal nass ist. Nun liegste hier im edlen bequemen Sessel und bemitleidest dich selbst. Pah!
Untrüglich ein weiteres Zeichen, dass sie sich auf dem Weg der Besserung befand war ganz offensichtlich, dass ihre Stimme wieder kam. Melinda hatte kurzzeitig gehofft, diese wurde nun zusammen mit dem Fallschirm auf dem Boden des Sees liegen, aber dem war wohl nicht so.
Sie musste leicht husten, was sie jedoch in ihre Decken verbarg. Musste nicht jeder mitbekommen, dass sie wieder grob mitbekam was geschah.
Was war eigentlich aus ihr geworden? Sie hatte sich eben, trotz ihrer eigenen Situation um die anderen gesorgt. Früher hätte sie andere Leute für die Sorge und Mitgefühl ausgelacht.
Sie war weich geworden. Sie schnaubte ein wenig in ihre Decken aufgrund dieser Erkenntnis und hätte nun zu gerne etwas zu trinken gehabt. Völlig egal was. Aber danach fragen, dazu war sie noch nicht in der Lage. Noch immer klapperten ihre Zähne, auch wenn mittlerweile viel langsamer und nicht mehr ganz unkontrollierbar. Sie blinzelte in den Raum hinein in dem sie sich befanden. Hatte eben nicht jemand etwas von einem Theater gesagt? Oder hatte sie das geträumt? Sie konnte sich, seit sie aus dem Wasser herausgezogen worden war an kaum etwas erinnern. Nur bruchstückhafte Erinnerungen zogen sich durch ihren Kopf.
Du bist echt ein Lappen geworden Melinda Bolt. Früher wärst du mit den nassen Klamotten eben noch mit ein paar Fischern anschaffen gegangen. Wenn man eh schon mal nass ist. Nun liegste hier im edlen bequemen Sessel und bemitleidest dich selbst. Pah!
Untrüglich ein weiteres Zeichen, dass sie sich auf dem Weg der Besserung befand war ganz offensichtlich, dass ihre Stimme wieder kam. Melinda hatte kurzzeitig gehofft, diese wurde nun zusammen mit dem Fallschirm auf dem Boden des Sees liegen, aber dem war wohl nicht so.
Sie musste leicht husten, was sie jedoch in ihre Decken verbarg. Musste nicht jeder mitbekommen, dass sie wieder grob mitbekam was geschah.
Elli- Piratenpinguin
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
"Das ist eine schlechte Lüge und das wissen sie selbst." erwiderte Gilbert knapp, als der Doktor behauptete, ihm würde es in jeglicher Hinsicht blendend gehen. Die anschließenden Worte, mit denen er auch Taylors Angebot in den Wind schlug, erklärten allerdings seine Einstellung gegenüber des Laudanums. Außerdem hatte der Mann nicht ganz Unrecht. Wenn tatsächlich der Arztkoffer samt aller Arzneien verschwunden war, dann konnte das Laudanum noch bei einer zukünftigen Behandlung Verwendung finden. Es wurde schließlich fast überall eingesetzt. Es beruhigte Körper und Geist in vielerlei Hinsicht. Das war aber nicht der Grund, warum Gil die Flüssigkeit mit sich führte. Er nahm sie des Öfteren zum Malen ein und ursprünglich hatte er ja nur einen kleinen Urlaub und Entspannung geplant. Dafür war Laudanum perfekt geeignet. Gilbert verblieb mit einem halbherzigen "Sie können es sich ja nochmal überlegen. Vielleicht sollten sie das auch - zumindest was die Behandlung ihres Beins angeht." Er wusste, dass der Doktor das nicht tun würde. Auch wenn er sagte, man solle das Laudanum besser aufheben, würde sich Gilbert bedienen. Er wollte keinen Rausch herbeirufen, sondern sich nur ein bisschen beruhigen. Sich eine Auszeit gönnen, nach dem Absturz. Endlich etwas abschalten, jetzt da sie wieder in vermeintlicher Sicherheit waren. Doch bevor er sich dem Schlaf hingeben würde, musste er noch eines erledigen.
Der Maler wanderte zwischen den Regalen hin und her und sammelte dabei einige Decken, Mäntel und Kleidungsstücke ein, die wärmen konnten. Schließlich folgte er dem Rest der Gruppe. Fast alle sammelten sich nun in dem kleinen Raum, der wohl ein Ankleidezimmer für die Darsteller war und so war dieser Ort auch sein Ziel. Mit einem Nicken legte er die wärmenden Stoffe auf eines der Sofas in der Nähe. "Bedienen sie sich. Es gibt dahinten noch mehr." Er selbst hatte jetzt noch kein Interesse daran, sich irgendwo niederzulassen. Stattdessen wartete er geduldig ab, bis er einen Moment fand, in dem er sich an Norly wenden konnte. Gilbert war viel zu müde, um mit dem Mann zu streiten oder sich irgendwie zu beschweren, so wie er es die letzten Stunden, ja sogar Tage, stets getan hatte. Dieses Mal verließen nur wenige Worte seinen Mund. "Wir können nicht ewig hier bleiben und Schutz suchen. Wissen sie schon, wie wir weiter vorgehen wollen?" Es war vermutlich eine Frage, mit der man sich jetzt nicht beschäftigen wollte aber das änderte nichts daran, dass sie beantwortet werden musste. Gil wollte - nein, musste - wissen wie es weiterging. Er wollte sich darauf vorbereiten.
Der Maler wanderte zwischen den Regalen hin und her und sammelte dabei einige Decken, Mäntel und Kleidungsstücke ein, die wärmen konnten. Schließlich folgte er dem Rest der Gruppe. Fast alle sammelten sich nun in dem kleinen Raum, der wohl ein Ankleidezimmer für die Darsteller war und so war dieser Ort auch sein Ziel. Mit einem Nicken legte er die wärmenden Stoffe auf eines der Sofas in der Nähe. "Bedienen sie sich. Es gibt dahinten noch mehr." Er selbst hatte jetzt noch kein Interesse daran, sich irgendwo niederzulassen. Stattdessen wartete er geduldig ab, bis er einen Moment fand, in dem er sich an Norly wenden konnte. Gilbert war viel zu müde, um mit dem Mann zu streiten oder sich irgendwie zu beschweren, so wie er es die letzten Stunden, ja sogar Tage, stets getan hatte. Dieses Mal verließen nur wenige Worte seinen Mund. "Wir können nicht ewig hier bleiben und Schutz suchen. Wissen sie schon, wie wir weiter vorgehen wollen?" Es war vermutlich eine Frage, mit der man sich jetzt nicht beschäftigen wollte aber das änderte nichts daran, dass sie beantwortet werden musste. Gil wollte - nein, musste - wissen wie es weiterging. Er wollte sich darauf vorbereiten.
Thorgrimm- Anzahl der Beiträge : 2050
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Maura legte die Maske zurück ins Regal und wandte sich um. Es war ein seltsames Gefühl. Sie fühlte sich wohl hier – in diesen Mauern, eigentlich in dieser ganzen Situation. Das war mehr, als sie von ihren letzten 20 Jahren behaupten konnte … meistens. Klar, hier war es staubig und verlassen, und dass sie in der Gefahr schwebten, theoretisch jederzeit entdeckt zu werden und im Tower zu landen war ihr sehr wohl bewusst. Aber irgendetwas an ihr genoss dieses Risiko, ebenso wie es die seltsame Stimmung des alten Theaters genoss. Seltsam. Einen seltsamen Augenblick kam ihr der Gedanke, dass ihr ganzes Leben auf diesen Moment hingearbeitet hatte, diese Stunden, die sie in Begleitung eines Serienkillers – oder auch nicht – verbrachte. Doch diese Idee verflog, als sie gedankenverloren einer Staubfluse hinterher sah. Es wäre auch reichlich vermessen, so etwas anzunehmen …
Sie legte den Kopf schief, als Taylor Dr Benton ansprach – und interessanterweise mit einem anderen Namen. Natürlich. Wie töricht war sie gewesen, anzunehmen, dass sie hier jeden mit seinem richtigen Namen kannte? Womöglich waren er und die junge Frau nicht einmal verheiratet, so, wie sie sich an Norly ranwarf.
‚Tremaine‘ … Im Kopf ging sie die ihnen bekannten Namen durch, London wie Manchester, aber ein Dr. Tremaine war nicht darunter gewesen, und auch keiner seiner Namensvettern. Tja, was machte es schon. Namen waren Schall und Rauch … Und Dr Tremaine konnte sie ebenso wenig leiden wie Dr. Benton. Aber da sie nicht vorhatte, irgendeinen der hier anwesenden zu verraten, brachte ihr dieses Wissen wahrscheinlich rein gar nichts.
Aber vielleicht …? Man konnte nie wissen …
Als sie aufsah, war der Großteil ihrer Begleiter in Richtung eines der Umkleidezimmer verschwunden, also folgte sie ihnen kurzerhand. Der jungen Miss X (die ‚Mrs. Benton‘ kaufte sie ihr keine Sekunde länger ab) schien es wirklich schlecht zu gehen, und Maura konnte nicht anders, als für einen kurzen Moment so etwas wie Mitleid zu verspüren. Ein Bild stieg in ihr hoch, ihr Sohn William, wie er zitternd im Bett lag, gerade einmal 6 Jahre alt, in irgendwelchen wilden Fieberfantasien versunken. Sie schüttelte den Kopf. Das war nicht der rechte Zeitpunkt dafür.
Viel wichtiger war das, was auch Wright gerade ansprach – wie sollte es weitergehen? Der Schnauzbart hatte recht, sie konnten sich nicht einfach hier verkriechen und darauf warten, dass der Yard sie fand. Und das würde zumindest sie selbst auch nicht tun. Stattdessen ging sie im Kopf die Liste der Hinweise durch, die sie bislang erhalten hatten, die Arme verschränkt, während ihr Blick an einem gewaltigen Spinnennetz an der Decke hängenblieb.
„Charles Cook“, warf sie schließlich ein, noch bevor Norly antworten konnte. Sie sah die beiden Männer nicht an, versuchte stattdessen, sich zu erinnern, wo genau dieser Name Erwähnung gefunden hatte. „Wir haben doch in Manchester Hinweise auf ihn gefunden, nicht wahr? Der ermordete Ingenieur … Erinnern Sie sich? Die Zeitungen waren voll davon, er fiel aus dem Rahmen … Scarface hatte ihn gefoltert, also hatte er wohl Informationen. Ich glaube, das wäre ein Baum, an dem man graben könnte … Wenn wir herausfänden, warum Scarface sich so für diesen Mann interessiert hat, kommen wir vielleicht seiner wahren Identität ein gutes Stück näher.“
Sie öffnete die Arme, sah Charles an und versuchte, seine Reaktion zu deuten. „Was meinen Sie, Norly? Kannten Sie Cook vielleicht sogar? Schließlich haben Sie schon mehr als einmal betont, dass unser alles Lieblingsmörder es“, sie fuhr mit zwei Fingern durch die Luft, „ach so ‚persönlich‘ auf Sie und ihre Bekanntschaften abgesehen hätte …“
Sie legte den Kopf schief, als Taylor Dr Benton ansprach – und interessanterweise mit einem anderen Namen. Natürlich. Wie töricht war sie gewesen, anzunehmen, dass sie hier jeden mit seinem richtigen Namen kannte? Womöglich waren er und die junge Frau nicht einmal verheiratet, so, wie sie sich an Norly ranwarf.
‚Tremaine‘ … Im Kopf ging sie die ihnen bekannten Namen durch, London wie Manchester, aber ein Dr. Tremaine war nicht darunter gewesen, und auch keiner seiner Namensvettern. Tja, was machte es schon. Namen waren Schall und Rauch … Und Dr Tremaine konnte sie ebenso wenig leiden wie Dr. Benton. Aber da sie nicht vorhatte, irgendeinen der hier anwesenden zu verraten, brachte ihr dieses Wissen wahrscheinlich rein gar nichts.
Aber vielleicht …? Man konnte nie wissen …
Als sie aufsah, war der Großteil ihrer Begleiter in Richtung eines der Umkleidezimmer verschwunden, also folgte sie ihnen kurzerhand. Der jungen Miss X (die ‚Mrs. Benton‘ kaufte sie ihr keine Sekunde länger ab) schien es wirklich schlecht zu gehen, und Maura konnte nicht anders, als für einen kurzen Moment so etwas wie Mitleid zu verspüren. Ein Bild stieg in ihr hoch, ihr Sohn William, wie er zitternd im Bett lag, gerade einmal 6 Jahre alt, in irgendwelchen wilden Fieberfantasien versunken. Sie schüttelte den Kopf. Das war nicht der rechte Zeitpunkt dafür.
Viel wichtiger war das, was auch Wright gerade ansprach – wie sollte es weitergehen? Der Schnauzbart hatte recht, sie konnten sich nicht einfach hier verkriechen und darauf warten, dass der Yard sie fand. Und das würde zumindest sie selbst auch nicht tun. Stattdessen ging sie im Kopf die Liste der Hinweise durch, die sie bislang erhalten hatten, die Arme verschränkt, während ihr Blick an einem gewaltigen Spinnennetz an der Decke hängenblieb.
„Charles Cook“, warf sie schließlich ein, noch bevor Norly antworten konnte. Sie sah die beiden Männer nicht an, versuchte stattdessen, sich zu erinnern, wo genau dieser Name Erwähnung gefunden hatte. „Wir haben doch in Manchester Hinweise auf ihn gefunden, nicht wahr? Der ermordete Ingenieur … Erinnern Sie sich? Die Zeitungen waren voll davon, er fiel aus dem Rahmen … Scarface hatte ihn gefoltert, also hatte er wohl Informationen. Ich glaube, das wäre ein Baum, an dem man graben könnte … Wenn wir herausfänden, warum Scarface sich so für diesen Mann interessiert hat, kommen wir vielleicht seiner wahren Identität ein gutes Stück näher.“
Sie öffnete die Arme, sah Charles an und versuchte, seine Reaktion zu deuten. „Was meinen Sie, Norly? Kannten Sie Cook vielleicht sogar? Schließlich haben Sie schon mehr als einmal betont, dass unser alles Lieblingsmörder es“, sie fuhr mit zwei Fingern durch die Luft, „ach so ‚persönlich‘ auf Sie und ihre Bekanntschaften abgesehen hätte …“
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Charles hielt in seinen Bemühungen, den Ofen schleunigst zu befeuern, inne, als er hinter sich die Stimme von Drews Begleiter wahrnahm. Ihm gefiel es nicht, dass dieser Mann glaubte, ihn bevormunden zu müssen. Stirnrunzelnd wollte Charles gerade erwidern, dass er als bisher erfolgreicher Flüchtiger das Risiko sehr wohl selbst beurteilen konnte und es gerade wichtig war, schnell für Wärme zu sorgen, da lenkte ihn Melindas bibbernde Frage nach Dr. Tremaine ab. Ein Stich der Eifersucht traf ihn – vielleicht tiefer als es notwendig gewesen wäre. Sie machte sich Sorgen um ihren Bekannten... ihren Freund. Das war verständlich. Jedoch war es Charles, der hier an ihrer Seite war und sich kümmerte. Es war Charles, den sie brauchte, damit es ihr besser ging. Zumindest sollte sie ihn brauchen. Doch stattdessen tauchte der erwähnte Randolph auf und drängte sich dazwischen. Mit weiterer Kritik im Gepäck.
In Charles gor Ärger vor sich hin, der überzubrodeln drohte. Vermutlich konnte er dies auch nicht gänzlich verbergen, als Dr. Tremaine zu ihm herübersah. Statt verbal zu reagieren, ließ Charles vom Ofen ab, da dies ja scheinbar so wichtig war, und trat wutstapfend die Flucht aus dem Raum an – nur um dem nächsten Hindernis in die Arme zu laufen.
Er hätte Wright einfach links liegengelassen, denn es war doch offensichtlich, dass er sich selbst erst einmal aufwärmen musste, bevor das Schmieden weiterer Pläne überhaupt in denkbare Nähe rücken würde... wäre da nicht Mrs. Thomson gewesen, der es gelang, ihm mit ihren bissigen Worten die Fassung zu rauben.
Hätte Charles nicht schon vor Kälte wie ein geprügelter Hund geschlottert, so hätte er spätestens an dieser Stelle vor Zorn und Schmerz damit angefangen. Hinter seiner Stirn schwirrten viele mögliche, aber immer ungehaltene, Erwiderungen auf ihren Vorschlag, den Fall Charles Cook genauer zu beleuchten, umher, unter anderem auch, dass Sie sich unterstehen sollte, nun auch in seinem Privatleben herumzuwühlen, aber mit ihrer letzten Anmaßung nahm sie ihm eindeutig den Wind aus den Segeln. Sie schien eine sadistische Freude daran zu haben, in ihm Schuldgefühle und beißende Trauer hervorzurufen und dabei gleichzeitig die grausamen Taten mit Wort und Gestik zu relativieren.
Charles hatte versucht, während der letzten Tage seine Fassade aufrechtzuerhalten. Zumeist war es ihm auch geglückt. Doch gerade... gerade kam auf einmal alles an die Oberfläche. Ja, seine Bekanntschaften, seine Freunde... nicht nur tot, sondern bestialisch und qualvoll niedergemetzelt. Und... Johanna. Diese Wunden waren einfach noch nicht alt genug.
Charles‘ Hals schnürte sich zu, während sich seine Fäuste so fest ballten, dass Phantomschmerz durch seinen nicht vorhandenen, linken Unterarm schoss. Vielleicht verhinderte dies eine Impulsivreaktion, aber nicht, dass Zornesröte seine nun angespannte Mimik umgab.
„Was bilden Sie sich eigentlich ein!“, brach es dann aus ihm heraus, blaffend und wutentbrannt, als ihm schon unwillkürlich Tränen in die Augen stiegen. Er wandte seinen Blick ab und drängte sich schnell vorbei zu seinem Koffer, den er ungelenk aufhob, sich aber davon nicht bremsen ließ. Stattdessen fauchte er Oxley noch ein „Nein!“ entgegen, der sich gerade anschickte, seine Hilfe anzubieten, entriss seinem Butler die Laterne und zog sich in die nächste Darstellerumkleide zurück, deren Tür er mit einem entschlossenen Tritt hinter sich ins Schloss rammte.
In der kleinen Kammer, die im Grunde derjenigen glich, in die er Melinda gebracht hatte, blieb Charles als erstes einige Sekunden stehen. Mehr schnaufend als atmend. Er hatte es so satt. Warum konnten die Menschen ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Jeder hackte auf ihm herum, drängte ihn in die Ecke. Und wenn er überzeugt war, dass es nicht noch schlimmer ging, bedrängte man ihn noch mehr. Aber wäre es nur das gewesen... Nein, man machte sich eine Freude daraus, ihn emotional an den Abgrund zu treiben.
All diese Menschen... Zuletzt Ed und Johanna...
Diese Bastarde! Hill und Scarface und Stirling und Porter... und Timothy.
Dieses Thema war nicht der passende Ansatz, um Spott mit Charles zu treiben. Darüber zu stehen, war ihm gerade unmöglich – er war zu aufgewühlt. Nein, er behauptete nicht einfach, dass man es auf ihn abgesehen hatte... Dies entsprach der Wahrheit. Der grausamen Wahrheit.
Charles versuchte, die Tränen fortzublinzeln, auch wenn er sich bei Weitem noch nicht beruhigt hatte. Er stellte die Laterne, deren Henkel in seinem zitternden Griff quietschte, auf der traurig abgewetzten Kommode ab, die sich das Zimmer mit einem einsamen Tisch, einer Couch, einem Paravent und einem Schminktisch teilte. Ächzend hob Charles den Koffer an und schob ihn auf den Tisch. Weniger sorgfältig, als er es unter anderen Umständen getan hätte. Als er sein Gewehr und auch den Zylinder daneben ablegte, war er allerdings vorsichtiger. Der Revolver und sein Messer folgten. Dann begann er, sich erst aus dem riesigen Mantel und dann aus der klebenden, eisigen Kleidung zu schälen.
Charles fühlte sich hundeelend. Hier war er allein und musste das nicht mehr verbergen. Es fiel ihm schwer, seine tauben, bebenden Hände kontrolliert dazu zu bewegen, sich auszuziehen. An den Hemdsknöpfen fand er seinen Meister, die waren für ihn schon unter normalen Umständen keine einfachen Gegner. Er riss sich das Hemd schließlich resignierend vom Leib und verteilte die Knöpfe dabei auf dem hölzernen Boden. Auch wenn er seine Behinderung in diesem Moment stärker wahrnahm als sonst, ließ ihn sein Stolz nicht bereuen, Oxleys Hilfe abgewiesen zu haben. Glücklicherweise fand er eine Wolldecke, in die er sich dankbar einkuschelte, und sich anschließend daranmachte, den Koffer zu öffnen.
Der Inhalt war vollkommen durcheinandergeraten. Wirklich jedes Kleidungsstück war zerknüllt und zerknittert. Der Absturz und auch das Ablenkungsmanöver des blonden Schotten hatten ganze Arbeit geleistet... Charles löste die Riemen seines durchweichten Handschuhs, den er zu den anderen Gegenständen auf den Tisch warf, und schnappte sich das erstbeste Kleidungsstück, um seine Prothese damit abzutrocknen. Leider war dies nur oberflächlich möglich. Die Restfeuchtigkeit musste an der Luft trocknen. Trotzdem stöberte Charles im Koffer schon einmal nach seinem Ersatzhandschuh... und stieß dabei auf etwas anderes. Allen Widrigkeiten zum Trotz schien sein sündhaft teurer Whisky unversehrt geblieben zu sein. Charles zögerte nicht allzu lang, bevor er dem Koffer den Rücken kehrte und sich stattdessen auf die Couch fallen ließ. Eng von der Decke umschlungen, versuchte er, erst einmal aufzutauen und seine Nerven zu beruhigen. Der Whisky konnte dabei nur hilfreich sein. Charles machte sich nicht die Mühe, nach einem Glas zu suchen. Er trank ungeniert aus der Flasche.
In Charles gor Ärger vor sich hin, der überzubrodeln drohte. Vermutlich konnte er dies auch nicht gänzlich verbergen, als Dr. Tremaine zu ihm herübersah. Statt verbal zu reagieren, ließ Charles vom Ofen ab, da dies ja scheinbar so wichtig war, und trat wutstapfend die Flucht aus dem Raum an – nur um dem nächsten Hindernis in die Arme zu laufen.
Er hätte Wright einfach links liegengelassen, denn es war doch offensichtlich, dass er sich selbst erst einmal aufwärmen musste, bevor das Schmieden weiterer Pläne überhaupt in denkbare Nähe rücken würde... wäre da nicht Mrs. Thomson gewesen, der es gelang, ihm mit ihren bissigen Worten die Fassung zu rauben.
Hätte Charles nicht schon vor Kälte wie ein geprügelter Hund geschlottert, so hätte er spätestens an dieser Stelle vor Zorn und Schmerz damit angefangen. Hinter seiner Stirn schwirrten viele mögliche, aber immer ungehaltene, Erwiderungen auf ihren Vorschlag, den Fall Charles Cook genauer zu beleuchten, umher, unter anderem auch, dass Sie sich unterstehen sollte, nun auch in seinem Privatleben herumzuwühlen, aber mit ihrer letzten Anmaßung nahm sie ihm eindeutig den Wind aus den Segeln. Sie schien eine sadistische Freude daran zu haben, in ihm Schuldgefühle und beißende Trauer hervorzurufen und dabei gleichzeitig die grausamen Taten mit Wort und Gestik zu relativieren.
Charles hatte versucht, während der letzten Tage seine Fassade aufrechtzuerhalten. Zumeist war es ihm auch geglückt. Doch gerade... gerade kam auf einmal alles an die Oberfläche. Ja, seine Bekanntschaften, seine Freunde... nicht nur tot, sondern bestialisch und qualvoll niedergemetzelt. Und... Johanna. Diese Wunden waren einfach noch nicht alt genug.
Charles‘ Hals schnürte sich zu, während sich seine Fäuste so fest ballten, dass Phantomschmerz durch seinen nicht vorhandenen, linken Unterarm schoss. Vielleicht verhinderte dies eine Impulsivreaktion, aber nicht, dass Zornesröte seine nun angespannte Mimik umgab.
„Was bilden Sie sich eigentlich ein!“, brach es dann aus ihm heraus, blaffend und wutentbrannt, als ihm schon unwillkürlich Tränen in die Augen stiegen. Er wandte seinen Blick ab und drängte sich schnell vorbei zu seinem Koffer, den er ungelenk aufhob, sich aber davon nicht bremsen ließ. Stattdessen fauchte er Oxley noch ein „Nein!“ entgegen, der sich gerade anschickte, seine Hilfe anzubieten, entriss seinem Butler die Laterne und zog sich in die nächste Darstellerumkleide zurück, deren Tür er mit einem entschlossenen Tritt hinter sich ins Schloss rammte.
In der kleinen Kammer, die im Grunde derjenigen glich, in die er Melinda gebracht hatte, blieb Charles als erstes einige Sekunden stehen. Mehr schnaufend als atmend. Er hatte es so satt. Warum konnten die Menschen ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Jeder hackte auf ihm herum, drängte ihn in die Ecke. Und wenn er überzeugt war, dass es nicht noch schlimmer ging, bedrängte man ihn noch mehr. Aber wäre es nur das gewesen... Nein, man machte sich eine Freude daraus, ihn emotional an den Abgrund zu treiben.
All diese Menschen... Zuletzt Ed und Johanna...
Diese Bastarde! Hill und Scarface und Stirling und Porter... und Timothy.
Dieses Thema war nicht der passende Ansatz, um Spott mit Charles zu treiben. Darüber zu stehen, war ihm gerade unmöglich – er war zu aufgewühlt. Nein, er behauptete nicht einfach, dass man es auf ihn abgesehen hatte... Dies entsprach der Wahrheit. Der grausamen Wahrheit.
Charles versuchte, die Tränen fortzublinzeln, auch wenn er sich bei Weitem noch nicht beruhigt hatte. Er stellte die Laterne, deren Henkel in seinem zitternden Griff quietschte, auf der traurig abgewetzten Kommode ab, die sich das Zimmer mit einem einsamen Tisch, einer Couch, einem Paravent und einem Schminktisch teilte. Ächzend hob Charles den Koffer an und schob ihn auf den Tisch. Weniger sorgfältig, als er es unter anderen Umständen getan hätte. Als er sein Gewehr und auch den Zylinder daneben ablegte, war er allerdings vorsichtiger. Der Revolver und sein Messer folgten. Dann begann er, sich erst aus dem riesigen Mantel und dann aus der klebenden, eisigen Kleidung zu schälen.
Charles fühlte sich hundeelend. Hier war er allein und musste das nicht mehr verbergen. Es fiel ihm schwer, seine tauben, bebenden Hände kontrolliert dazu zu bewegen, sich auszuziehen. An den Hemdsknöpfen fand er seinen Meister, die waren für ihn schon unter normalen Umständen keine einfachen Gegner. Er riss sich das Hemd schließlich resignierend vom Leib und verteilte die Knöpfe dabei auf dem hölzernen Boden. Auch wenn er seine Behinderung in diesem Moment stärker wahrnahm als sonst, ließ ihn sein Stolz nicht bereuen, Oxleys Hilfe abgewiesen zu haben. Glücklicherweise fand er eine Wolldecke, in die er sich dankbar einkuschelte, und sich anschließend daranmachte, den Koffer zu öffnen.
Der Inhalt war vollkommen durcheinandergeraten. Wirklich jedes Kleidungsstück war zerknüllt und zerknittert. Der Absturz und auch das Ablenkungsmanöver des blonden Schotten hatten ganze Arbeit geleistet... Charles löste die Riemen seines durchweichten Handschuhs, den er zu den anderen Gegenständen auf den Tisch warf, und schnappte sich das erstbeste Kleidungsstück, um seine Prothese damit abzutrocknen. Leider war dies nur oberflächlich möglich. Die Restfeuchtigkeit musste an der Luft trocknen. Trotzdem stöberte Charles im Koffer schon einmal nach seinem Ersatzhandschuh... und stieß dabei auf etwas anderes. Allen Widrigkeiten zum Trotz schien sein sündhaft teurer Whisky unversehrt geblieben zu sein. Charles zögerte nicht allzu lang, bevor er dem Koffer den Rücken kehrte und sich stattdessen auf die Couch fallen ließ. Eng von der Decke umschlungen, versuchte er, erst einmal aufzutauen und seine Nerven zu beruhigen. Der Whisky konnte dabei nur hilfreich sein. Charles machte sich nicht die Mühe, nach einem Glas zu suchen. Er trank ungeniert aus der Flasche.
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Bruce hatte sich bereits auf einiges eingestellt, doch mit dem Erscheinen der gesamten Bande, die sich nach und nach in den Raum drängte hatte er nicht gerechnet. Es war offensichtlich die Frau, die Norly nun endgültig über seine Grenze brachte. Sie suchten also bereits nach denen, die dahinter steckten und Charles Norly offenbar zu schaden versuchten.
Unwillkürlich trat der Schotte einen Schritt zurück, als er realisierte, wie sehr er sich bisher geirrt haben konnte. War es denkbar, dass dies alles nur eine großangelegte Racheaktion an Charles Norly selbst war? Wer wusste schon, wie die Schwerreichen tickten und miteinander umzugehen pflegten? Es wirkte eigentlich absurd, doch wer auch immer diesen Feldzug betrieb besaß bereits sehr viel Einfluss in der Stadt. Warum also musste es überhaupt ein lohnendes Ziel sein?
Norlys resignierender Ausbruch war vielsagend. Er war mit der Situation endgültig überfordert. Bruce zog sich in den Gang zurück und beschloss, sich etwas im Gebäude umzusehen. Es war nicht wahrscheinlich, etwas wirklich wichtiges für das weitere Vorgehen zu entdecken, aber die Stille und Dunkelheit würde helfen, die Gedanken zu ordnen. Vielleicht wusste er gar nichts, was die Bande nicht schon längst herausgefunden hatte. Er hatte nicht genug Zeit gehabt, der Sache mit der Fabrik genauer nachzugehen und andere Zeitungsartikel zu hinterfragen, ehe er seine Schlussfolgerungen gezogen hatte und vielleicht war er nun mit Glück im Unglück, durch seine überhastete Suche nach Antworten so schnell auf Scarface gestoßen zu sein.
Der Schotte erreichte die Bühne, welche durch einen schweren Vorhang vom Zuschauersaal getrennt war. Es war ein seltsames Gefühl, hier zu stehen. Erneut kamen Erinnerungen an die glorreiche Zeit als Boxer zurück, wie die Menge ihn von allen Seiten im Visier hatte. Sicherlich konnte man Charles Norlys Schicksal nicht mit dem seinen Vergleichen, nicht wenn es wirklich um nur um Rache ging. Ging es ihn dann überhaupt etwas an? Ein gutes Motiv für Vergeltung diesen Ausmaßes wäre wohl familiäres Blutvergießen gewesen. Vielleicht auch eine zerstörte Liebe... Es war ermüdend, darüber zu spekulieren. Wie auch immer Norly seinen Peiniger auch erzürnt haben mochte, war es seine Angelegenheit. Aber was, wenn doch mehr dahinter steckte?
Bruce drückte mit der Rechten den schweren Vorhang einen Spalt beiseite und trat vor die Zuschauerränge hinaus. Im Zwielicht wirkte der Saal gespenstisch und wohl viel größer, als er eigentlich war. In gewisser Weise tat ihm Mr. Norly leid, wie er sich gezeigt und verhalten hatte. Für einen stolzen Menschen war es ausgesprochen schwierig, solche Blößen zu zeigen und Bruce hatte Charles in dieser Nacht als stolzen Menschen kennengelernt. Er würde auf jeden Fall mit ihm reden und ihn erzählen, was er herausgefunden hatte. Vermutlich wohl erst in den Morgenstunden, wenn der überlastete Anführer ein paar Stunden Schlaf und Gelegenheit gefunden hatte, seine Gedanken zu ordnen. Die Frau hatte von geliebten Menschen gesprochen, die um ihn herum ermordet wurden. Ein teuflisches System, jemanden auf die Knie zu zwingen. Wer auch immer der Urheber des ganzen war, handelte kalt und ohne Erbarmen. Aus Charles Norlys Anhängern wurde er dabei einfach nicht schlau. Nicht alle von ihnen schienen seine Freunde zu sein und wohl auch nicht angeworben. Was hatte der Säufer mit dem Degen noch behauptet? Norly plane eine Revolution? Es musste wohl noch mehr hinter dem ganzen geben, als Bruce bisher verstand. Er hatte kein großes Verlangen, mit den anderen ins Gespräch zu kommen, weil nach wie vor offensichtlich schien, dass wenigstens einer unter ihnen gegen Norly arbeitete. Es gab wenig, womit er sein hier sein vernünftig argumentieren konnte. Er selbst hätte sich für äußerst verdächtig gehalten, wenigstens an Dr. Taylors stelle. Bruce trat an den Rand der Bühne und setzte sich dort zu Boden, wobei er die Beine über die Kante baumeln ließ. Irgendwo waren leise Geräusche zu vernehmen. Vermutlich von einem der anderen.
Ihre Situation hier war dabei alles andere als ungefährlich. Sie würden nicht mitbekommen, wenn die Polizei das Gebäude umstellte und schließlich durch alle Eingänge zugleich eindrang. Vielleicht lag es an den Menschen, deren Gesellschaft er diese Nacht gefunden hatte, dass ihn das Risiko seltsam distanziert vorkam. Er musste schwach lächeln als er sich vorstellte, wie es sich angefühlt haben musste aus einem brennenden Luftfahrzeug hundert Meter in die Tiefe zu springen. Keinem der Gruppe hätte der Schotte so etwas zugetraut, wenn er sie auf der Straße erblickt hätte und tatsächlich waren diese Leute wohl an ihren Herausforderungen gewachsen. Er erinnerte sich auch an Norlys Bestürzung, dass Bruce es für so selbstverständlich gehalten hatte, die Polizisten anzugreifen, als die Gruppe in Gefahr geraten war. Vielleicht waren diese Leute tatsächlich ein gutes Fundament für eine Rebellion, nur schien es schwer, dies zu akzeptieren. Und der Verräter? Vielleicht hatte jener Bruce bereits als Bedrohung erkannt. Vielleicht wartete er auch ab um aus seiner Gegenwart einen Vorteil zu ziehen. Taylor hatte dies offenbar getan, auch wenn er selbst dabei mehr Glück als Verstand besessen hatte. Dr. Taylor schien eine wichtige Person in der Geschichte zu sein. Warum Norly ihn so abweisend behandelte konnte verschiedene Gründe haben, wenn die beiden alte Freunde waren. Vielleicht fürchtete er ja, dass seine Feinde ihn als nächstes töten wollten.
Bruce schauderte leicht. Diese ganze Geschichte erschien wie geschaffen fürs Theater. Es wäre ein angemessener Ort für das Finale, wenn man es aus der Sicht eines gewissenlosen Racheengels betrachtete, auch wenn dieser Ort das fliegende Schiff wohl nicht von seiner Dramatik her erreichen würde. Er war nicht sicher, ob er hier Schlaf finden würde. Ein Zimmer war wohl am sichersten, auch wenn ihn der Gedanke lockte zwischen den Sesseln der ersten Klasse Lager zu beziehen.
Mit einem leisen Seufzen sprang der Schotte schließlich von der Bühne um sich einen Schlafplatz zu suchen.
Unwillkürlich trat der Schotte einen Schritt zurück, als er realisierte, wie sehr er sich bisher geirrt haben konnte. War es denkbar, dass dies alles nur eine großangelegte Racheaktion an Charles Norly selbst war? Wer wusste schon, wie die Schwerreichen tickten und miteinander umzugehen pflegten? Es wirkte eigentlich absurd, doch wer auch immer diesen Feldzug betrieb besaß bereits sehr viel Einfluss in der Stadt. Warum also musste es überhaupt ein lohnendes Ziel sein?
Norlys resignierender Ausbruch war vielsagend. Er war mit der Situation endgültig überfordert. Bruce zog sich in den Gang zurück und beschloss, sich etwas im Gebäude umzusehen. Es war nicht wahrscheinlich, etwas wirklich wichtiges für das weitere Vorgehen zu entdecken, aber die Stille und Dunkelheit würde helfen, die Gedanken zu ordnen. Vielleicht wusste er gar nichts, was die Bande nicht schon längst herausgefunden hatte. Er hatte nicht genug Zeit gehabt, der Sache mit der Fabrik genauer nachzugehen und andere Zeitungsartikel zu hinterfragen, ehe er seine Schlussfolgerungen gezogen hatte und vielleicht war er nun mit Glück im Unglück, durch seine überhastete Suche nach Antworten so schnell auf Scarface gestoßen zu sein.
Der Schotte erreichte die Bühne, welche durch einen schweren Vorhang vom Zuschauersaal getrennt war. Es war ein seltsames Gefühl, hier zu stehen. Erneut kamen Erinnerungen an die glorreiche Zeit als Boxer zurück, wie die Menge ihn von allen Seiten im Visier hatte. Sicherlich konnte man Charles Norlys Schicksal nicht mit dem seinen Vergleichen, nicht wenn es wirklich um nur um Rache ging. Ging es ihn dann überhaupt etwas an? Ein gutes Motiv für Vergeltung diesen Ausmaßes wäre wohl familiäres Blutvergießen gewesen. Vielleicht auch eine zerstörte Liebe... Es war ermüdend, darüber zu spekulieren. Wie auch immer Norly seinen Peiniger auch erzürnt haben mochte, war es seine Angelegenheit. Aber was, wenn doch mehr dahinter steckte?
Bruce drückte mit der Rechten den schweren Vorhang einen Spalt beiseite und trat vor die Zuschauerränge hinaus. Im Zwielicht wirkte der Saal gespenstisch und wohl viel größer, als er eigentlich war. In gewisser Weise tat ihm Mr. Norly leid, wie er sich gezeigt und verhalten hatte. Für einen stolzen Menschen war es ausgesprochen schwierig, solche Blößen zu zeigen und Bruce hatte Charles in dieser Nacht als stolzen Menschen kennengelernt. Er würde auf jeden Fall mit ihm reden und ihn erzählen, was er herausgefunden hatte. Vermutlich wohl erst in den Morgenstunden, wenn der überlastete Anführer ein paar Stunden Schlaf und Gelegenheit gefunden hatte, seine Gedanken zu ordnen. Die Frau hatte von geliebten Menschen gesprochen, die um ihn herum ermordet wurden. Ein teuflisches System, jemanden auf die Knie zu zwingen. Wer auch immer der Urheber des ganzen war, handelte kalt und ohne Erbarmen. Aus Charles Norlys Anhängern wurde er dabei einfach nicht schlau. Nicht alle von ihnen schienen seine Freunde zu sein und wohl auch nicht angeworben. Was hatte der Säufer mit dem Degen noch behauptet? Norly plane eine Revolution? Es musste wohl noch mehr hinter dem ganzen geben, als Bruce bisher verstand. Er hatte kein großes Verlangen, mit den anderen ins Gespräch zu kommen, weil nach wie vor offensichtlich schien, dass wenigstens einer unter ihnen gegen Norly arbeitete. Es gab wenig, womit er sein hier sein vernünftig argumentieren konnte. Er selbst hätte sich für äußerst verdächtig gehalten, wenigstens an Dr. Taylors stelle. Bruce trat an den Rand der Bühne und setzte sich dort zu Boden, wobei er die Beine über die Kante baumeln ließ. Irgendwo waren leise Geräusche zu vernehmen. Vermutlich von einem der anderen.
Ihre Situation hier war dabei alles andere als ungefährlich. Sie würden nicht mitbekommen, wenn die Polizei das Gebäude umstellte und schließlich durch alle Eingänge zugleich eindrang. Vielleicht lag es an den Menschen, deren Gesellschaft er diese Nacht gefunden hatte, dass ihn das Risiko seltsam distanziert vorkam. Er musste schwach lächeln als er sich vorstellte, wie es sich angefühlt haben musste aus einem brennenden Luftfahrzeug hundert Meter in die Tiefe zu springen. Keinem der Gruppe hätte der Schotte so etwas zugetraut, wenn er sie auf der Straße erblickt hätte und tatsächlich waren diese Leute wohl an ihren Herausforderungen gewachsen. Er erinnerte sich auch an Norlys Bestürzung, dass Bruce es für so selbstverständlich gehalten hatte, die Polizisten anzugreifen, als die Gruppe in Gefahr geraten war. Vielleicht waren diese Leute tatsächlich ein gutes Fundament für eine Rebellion, nur schien es schwer, dies zu akzeptieren. Und der Verräter? Vielleicht hatte jener Bruce bereits als Bedrohung erkannt. Vielleicht wartete er auch ab um aus seiner Gegenwart einen Vorteil zu ziehen. Taylor hatte dies offenbar getan, auch wenn er selbst dabei mehr Glück als Verstand besessen hatte. Dr. Taylor schien eine wichtige Person in der Geschichte zu sein. Warum Norly ihn so abweisend behandelte konnte verschiedene Gründe haben, wenn die beiden alte Freunde waren. Vielleicht fürchtete er ja, dass seine Feinde ihn als nächstes töten wollten.
Bruce schauderte leicht. Diese ganze Geschichte erschien wie geschaffen fürs Theater. Es wäre ein angemessener Ort für das Finale, wenn man es aus der Sicht eines gewissenlosen Racheengels betrachtete, auch wenn dieser Ort das fliegende Schiff wohl nicht von seiner Dramatik her erreichen würde. Er war nicht sicher, ob er hier Schlaf finden würde. Ein Zimmer war wohl am sichersten, auch wenn ihn der Gedanke lockte zwischen den Sesseln der ersten Klasse Lager zu beziehen.
Mit einem leisen Seufzen sprang der Schotte schließlich von der Bühne um sich einen Schlafplatz zu suchen.
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Gilbert hatte mit vielem gerechnet. Damit, überhaupt keine Reaktion oder nur eine dieser kryptischen, nichtssagenden Antworten zu bekommen, die Norly anscheinend so mochte. Auch mit einem Wutausbruch oder irgendeinem Wortschwall hatte er gerechnet. Damit hätte er leben können - wenn auch nicht gerne. Er wollte den Mann ja nicht quälen und hätte ihm durchaus etwas Ruhe gegönnt, wenn er diese gewünscht hätte. Womit Gil aber nicht gerechnet hatte, war eine Flucht. Wer hätte denn ahnen können, dass sich Ms. Thomson einmischte? Und dann auch noch auf eine so respektlose Weise. Es war nicht ganz klar, ob sie sich überhaupt Gedanken über ihre Worte und die daraus resultierenden Folgen gemacht hatte. Sie schien einfach nur die Informationen, die sie hatte, zu wiederholen. Dass sie damit die noch sehr frische Wunde aufriss, schien sie entweder nicht zu interessieren oder ihr nicht klar zu sein. Nur ungerne dachte Gilbert an den Moment zurück, an dem Norly die schlechte Nachricht gehört hatte. Er war völlig außer sich gewesen. Ein anderer, nicht mehr klar denkender Mensch. Ihn jetzt nochmal mit dieser Sache zu konfrontieren war völlig rücksichtslos.
Trotzdem hätte er nicht damit gerechnet, dass sich ein Charles Norly zurückzog. Es bewies allerdings nur, dass er auch nur ein Mensch war, so wie sie alle. Er war stark, ja aber selbst für ihn war irgendwann mal das Fass voll. Er hatte schließlich auch das erlebt, was sie alle in den letzten Tagen hatten durchmachen müssen. Mehr sogar. Im Gegensatz zu Gilbert zum Beispiel, der keine seiner Angehörigen oder Freunde verloren hatte. Zugegeben hatte er kaum Freunde und eine Familie auch nicht mehr so richtig aber das änderte nichts an der Sache. Einen Moment überlegte Gilbert, dem Mann zu folgen und irgendwie mit ihm zu reden. Er wusste noch nicht einmal was er sagen sollte aber ein Verlangen danach, spürte er trotzdem. Nach einer kurzen Überlegung kam er aber zu dem Schluss, dass Norly Ruhe brauchte. Sie alle brauchten Ruhe. Morgen würde es schon wieder völlig anders aussehen. Es gefiel ihm war nicht, ohne das Wissen, wie sie weiter vorgehen wollten, zu Bett zu gehen aber er hatte keine andere Wahl. Er würde sich wohl gedulden müssen.
"Das waren sehr schlecht gewählte Worte, Ms. Thomson." sagte der Maler kalt. Einen Kommentar konnte er sich nicht verkneifen. "Sie wissen selbst, wie ihn das alles getroffen hat. Sie hätten ruhig etwas... vorsichtiger sein können. Respektvoller." Damit sollte es für ihn auch gut sein. Er war müde und wollte jetzt keinen Streit anzetteln. Stattdessen seufzte er laut und nahm sich eine Decke und zwei Mäntel von dem Stapel, den er in das Zimmer gelegt hatte. Bevor er das Zimmer verließ, wandte er sich noch ein letztes Mal an den Doktor. "Mein Angebot steht noch. Überlegen sie es sich." Mit diesen Worten verließ er den Raum wieder und suchte sich ein eigenes kleines Zimmerchen. Hier gab es ja genügend. Er wählte einfach die nächstbeste Tür, öffnete diese und betrat das dahinter liegende Zimmer. Ohne der Einrichtung viel Beachtung zu schenken - denn es zählte für ihn nur eine gemütliche Couch - setzte er sich auf das gepolsterte Möbel und nahm die Flasche Laudanum zur Hand. Etwas Beruhigung und dann eine Mütze Schlaf würden ihm jetzt gut tun.
Trotzdem hätte er nicht damit gerechnet, dass sich ein Charles Norly zurückzog. Es bewies allerdings nur, dass er auch nur ein Mensch war, so wie sie alle. Er war stark, ja aber selbst für ihn war irgendwann mal das Fass voll. Er hatte schließlich auch das erlebt, was sie alle in den letzten Tagen hatten durchmachen müssen. Mehr sogar. Im Gegensatz zu Gilbert zum Beispiel, der keine seiner Angehörigen oder Freunde verloren hatte. Zugegeben hatte er kaum Freunde und eine Familie auch nicht mehr so richtig aber das änderte nichts an der Sache. Einen Moment überlegte Gilbert, dem Mann zu folgen und irgendwie mit ihm zu reden. Er wusste noch nicht einmal was er sagen sollte aber ein Verlangen danach, spürte er trotzdem. Nach einer kurzen Überlegung kam er aber zu dem Schluss, dass Norly Ruhe brauchte. Sie alle brauchten Ruhe. Morgen würde es schon wieder völlig anders aussehen. Es gefiel ihm war nicht, ohne das Wissen, wie sie weiter vorgehen wollten, zu Bett zu gehen aber er hatte keine andere Wahl. Er würde sich wohl gedulden müssen.
"Das waren sehr schlecht gewählte Worte, Ms. Thomson." sagte der Maler kalt. Einen Kommentar konnte er sich nicht verkneifen. "Sie wissen selbst, wie ihn das alles getroffen hat. Sie hätten ruhig etwas... vorsichtiger sein können. Respektvoller." Damit sollte es für ihn auch gut sein. Er war müde und wollte jetzt keinen Streit anzetteln. Stattdessen seufzte er laut und nahm sich eine Decke und zwei Mäntel von dem Stapel, den er in das Zimmer gelegt hatte. Bevor er das Zimmer verließ, wandte er sich noch ein letztes Mal an den Doktor. "Mein Angebot steht noch. Überlegen sie es sich." Mit diesen Worten verließ er den Raum wieder und suchte sich ein eigenes kleines Zimmerchen. Hier gab es ja genügend. Er wählte einfach die nächstbeste Tür, öffnete diese und betrat das dahinter liegende Zimmer. Ohne der Einrichtung viel Beachtung zu schenken - denn es zählte für ihn nur eine gemütliche Couch - setzte er sich auf das gepolsterte Möbel und nahm die Flasche Laudanum zur Hand. Etwas Beruhigung und dann eine Mütze Schlaf würden ihm jetzt gut tun.
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Maura verkniff das Gesicht und verschränkte die Arme. Norly reagierte … naja, wie Norly halt. Völlig überzogen. Und Wright schien ihre Idee auch nicht gerade zu wertschätzen. Typisch. Niemand hörte auf die Frau, wie immer.
„Ich bitte Sie, Wright –Sie glauben ihm diesen Unsinn doch nicht etwa?! Ich sage nur meine Meinung, ob es Mr Norly nun gefällt oder nicht.“ Doch Wright schien nicht in der Laune, sich mit ihr zu unterhalten. Sie wusste nicht einmal, ob er ihr zugehört hatte. Egal.
Die Reaktion war jedenfalls eindeutig. So empfindlich, wie Norly reagiert hatte, wusste sie, dass sie einen wunden Punkt getroffen hatte – und das war ein gutes Zeichen. Er kannte Cook, da war sie nun fast sicher. Also war es eine Spur, die zu verfolgen es wert war. Ein Gedanke, der ihre Laune prompt wieder hob. Sie überlegte, den anderen Anwesenden – den angeblichen Bentons – ihre Gedanken zu offenbaren, entschied sich dann aber dagegen. Dafür war noch früh genug Zeit … außerdem konnte sie den beiden ohnehin nicht recht trauen. Vielleicht könnte sie Wright überreden, ihr zu helfen, bei den anderen war sie noch nicht sicher. Aber sie würde die Spur Cook verfolgen, wenigstens soweit möglich.
Jetzt war es allerdings zu spät dafür. Der Untergang der Endavour lag wohl erst eine knappe Stunde zurück, und jetzt, wo sie sich in vermeintlicher Sicherheit befand, spürte Maura die Erschöpfung, die mit eiserner Hand ihre Gedanken in Beschlag nahm. Sie sollte sich langsam eine Schlafgelegenheit suchen … Dann kamen vielleicht auch bessere Ideen, wie sie ihre Nachforschungen genau beginnen wollte.
Sie löste ihre Arme, deutete ein Nicken in Richtung Tremaine an und verließ die Kammer. Sie sah Wright noch in einem der Zimmer verschwinden, machte sich selbst aber auf zurück in Richtung Bühnenraum. Der Blonde war da, befand sich bei der Bühne und schien etwas zu suchern. Einen Schlafplatz? Sie stellte sich an den Rand der Bühne und betrachtete das Ganze einen kurzen Moment mit erneut verschränkten Armen.
„Dass ich Ihnen nicht trauen kann, heißt nicht, dass wir einander nicht bekannt machen können, nicht wahr?“ Sie setzte ein schmallippiges Lächeln auf, stieg mit einem großen Schritt auf die Bühne, ging dem Blonden entgegen und streckte eine Hand aus, während sie sich entschied, es mit der Wahrheit zu probieren. Besser, sie zeigte noch nicht, wie es klang, wenn sie log. „Maura Thomson. Und Sie?“
„Ich bitte Sie, Wright –Sie glauben ihm diesen Unsinn doch nicht etwa?! Ich sage nur meine Meinung, ob es Mr Norly nun gefällt oder nicht.“ Doch Wright schien nicht in der Laune, sich mit ihr zu unterhalten. Sie wusste nicht einmal, ob er ihr zugehört hatte. Egal.
Die Reaktion war jedenfalls eindeutig. So empfindlich, wie Norly reagiert hatte, wusste sie, dass sie einen wunden Punkt getroffen hatte – und das war ein gutes Zeichen. Er kannte Cook, da war sie nun fast sicher. Also war es eine Spur, die zu verfolgen es wert war. Ein Gedanke, der ihre Laune prompt wieder hob. Sie überlegte, den anderen Anwesenden – den angeblichen Bentons – ihre Gedanken zu offenbaren, entschied sich dann aber dagegen. Dafür war noch früh genug Zeit … außerdem konnte sie den beiden ohnehin nicht recht trauen. Vielleicht könnte sie Wright überreden, ihr zu helfen, bei den anderen war sie noch nicht sicher. Aber sie würde die Spur Cook verfolgen, wenigstens soweit möglich.
Jetzt war es allerdings zu spät dafür. Der Untergang der Endavour lag wohl erst eine knappe Stunde zurück, und jetzt, wo sie sich in vermeintlicher Sicherheit befand, spürte Maura die Erschöpfung, die mit eiserner Hand ihre Gedanken in Beschlag nahm. Sie sollte sich langsam eine Schlafgelegenheit suchen … Dann kamen vielleicht auch bessere Ideen, wie sie ihre Nachforschungen genau beginnen wollte.
Sie löste ihre Arme, deutete ein Nicken in Richtung Tremaine an und verließ die Kammer. Sie sah Wright noch in einem der Zimmer verschwinden, machte sich selbst aber auf zurück in Richtung Bühnenraum. Der Blonde war da, befand sich bei der Bühne und schien etwas zu suchern. Einen Schlafplatz? Sie stellte sich an den Rand der Bühne und betrachtete das Ganze einen kurzen Moment mit erneut verschränkten Armen.
„Dass ich Ihnen nicht trauen kann, heißt nicht, dass wir einander nicht bekannt machen können, nicht wahr?“ Sie setzte ein schmallippiges Lächeln auf, stieg mit einem großen Schritt auf die Bühne, ging dem Blonden entgegen und streckte eine Hand aus, während sie sich entschied, es mit der Wahrheit zu probieren. Besser, sie zeigte noch nicht, wie es klang, wenn sie log. „Maura Thomson. Und Sie?“
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Bruce war nochmals die erste Reihe der Zuschauerplätze entlang gegangen und hatte dabei mit der Hand über die Rücklehnen gestrichen. Ungeachtet der schlichtweg verrückten Nacht war es ein seltsam spannendes Gefühl, in einem Gebäude dieser Größe Unterschlupf gesucht zu haben.
Vor zehn Jahren wäre dieser Besuch wohl ein unvergessliches Abenteuer gewesen, jedoch hatte er diese Phase seiner Jugend bereits mit knochenhartem Boxtraining und ständiger Aufsicht verbracht, um den Leuten, die sich seiner angenommen hatten, zu unverdientem Reichtum zu verhälfen.
Ein kaum hörbares Seufzen entfuhr den Lippen des Schotten, als er sich nur Momente später der Gegenwart einer weiteren Person gewahr wurde. Bruce fuhr etwas zu rasch herum, als dass er seine Überraschung noch hätte vertuschen können und blickte mit einer Mischung aus Argwohn und Neugier auf die Dame, die sich nun Schattenhaft über die Bühne bewegte.
Der Name, Maura Thomson, wie sie sich ihm vorstellte, kam dem Schotten nicht bekannt vor und das Lächeln wollte er auch nicht erwidern. Dafür erschien ihm ihre Lage schlichtweg zu ernst.
Er hatte eigentlich gehofft, es vermeiden zu können, in den Fokus der Bande zu geraten ehe er mit Norly gesprochen hatte, doch war es wohl etwas naiv gewesen, dass man seine Gegenwart einfach ignorieren würde. Die Frau, welche den berüchtigten Scarface angegangen war, wie eine Furie war nicht die unwahrscheinlichste Kandidatin für eine Verräterin in der Runde, selbst wenn es beinahe überzogen offensichtlich erschien, dass sie Charles Norly nicht mochte. Sie konnte eine Verwandte von Norly sein, vielleicht auch eine ehemalige Liebschaft. In beiden Fällen könnte Charles Beziehung zu der bildhübschen Melinda Bolt sowohl ihren Mut, als auch ihre Bissigkeit unter den vermeintlich kriminellen erklären.
Spekulationen in dieser Richtung würden sich jedoch sicher bald von selbst auflösen und vielleicht vermochte er die Dame ja sogar etwas zum plaudern zu bekommen, um sein Bild von der Situation weiter zu vervollständigen.
Maura wirkte abgesehen von ihrer unüblichen Körpergröße nicht übermäßig auffallend und hätte diese Frau nicht vor kurzem einen Sturz aus dem Himmel praktisch unbeschadet überstanden, hätte Bruce sie als leicht gebrechlich eingestuft. Ihre bisherigen Handlungen jedoch, rieten dem jungen Mann zur Vorsicht. Er verwarf auch den Gedanken, ihr nun einen Handkuss zu zu hauchen, denn feine Leute waren sie nun alle nicht. Behutsam ergriff er stattdessen ihre Hand um sie einmal leicht zu schütteln. „Bruce“ Stellte sich Bruce in gewohnter Pragmatik vor und beabsichtigte auch nicht, die charakterstarke Frau mit weiteren Informationen zu versorgen, solange er nicht einschätzen konnte, auf wessen Seite sie stand.
Einige Momente vergingen, in der das Schweigen peinliche Züge anzunehmen begann und das Blau seiner Augen sich vergebens auf das Gesicht der Dame konzentrierte. Einen Kontrahenten wie ein Buch zu lesen war eine Sache. Eine Frau zu verstehen war eine völlig andere Liga, welche wohl nur die wenigsten Männer jemals erreichten. „Warum fordern sie Mr. Norly heraus?“ Bruce sprach aus was er dachte. Geradlinig, wie es so manchen Diplomaten zum schmunzeln gebracht hätte, doch kämpfen mit Worten gehörte nun auch nicht zu seinen Stärken.
Bruce hatte sich bemüht neutral zu klingen, auch wenn er innerlich angespannt war. Sein Blick wirkte dabei fast Maskenhaft, so wie er auch im Ring den Gegnern wenig Möglichkeiten zu bieten gelernt hatte, seine Verfassung abzuschätzen. Ob es ihm in dieser Situation etwas nützte, blieb abzuwarten. Er hatte keinen Vernünftigen antworten parat, wenn Dr. Taylor den Irrtum um sein Hiersein aufzudecken gedachte. In diesem Fall konnte es sehr schnell unangenehm werden.
Vor zehn Jahren wäre dieser Besuch wohl ein unvergessliches Abenteuer gewesen, jedoch hatte er diese Phase seiner Jugend bereits mit knochenhartem Boxtraining und ständiger Aufsicht verbracht, um den Leuten, die sich seiner angenommen hatten, zu unverdientem Reichtum zu verhälfen.
Ein kaum hörbares Seufzen entfuhr den Lippen des Schotten, als er sich nur Momente später der Gegenwart einer weiteren Person gewahr wurde. Bruce fuhr etwas zu rasch herum, als dass er seine Überraschung noch hätte vertuschen können und blickte mit einer Mischung aus Argwohn und Neugier auf die Dame, die sich nun Schattenhaft über die Bühne bewegte.
Der Name, Maura Thomson, wie sie sich ihm vorstellte, kam dem Schotten nicht bekannt vor und das Lächeln wollte er auch nicht erwidern. Dafür erschien ihm ihre Lage schlichtweg zu ernst.
Er hatte eigentlich gehofft, es vermeiden zu können, in den Fokus der Bande zu geraten ehe er mit Norly gesprochen hatte, doch war es wohl etwas naiv gewesen, dass man seine Gegenwart einfach ignorieren würde. Die Frau, welche den berüchtigten Scarface angegangen war, wie eine Furie war nicht die unwahrscheinlichste Kandidatin für eine Verräterin in der Runde, selbst wenn es beinahe überzogen offensichtlich erschien, dass sie Charles Norly nicht mochte. Sie konnte eine Verwandte von Norly sein, vielleicht auch eine ehemalige Liebschaft. In beiden Fällen könnte Charles Beziehung zu der bildhübschen Melinda Bolt sowohl ihren Mut, als auch ihre Bissigkeit unter den vermeintlich kriminellen erklären.
Spekulationen in dieser Richtung würden sich jedoch sicher bald von selbst auflösen und vielleicht vermochte er die Dame ja sogar etwas zum plaudern zu bekommen, um sein Bild von der Situation weiter zu vervollständigen.
Maura wirkte abgesehen von ihrer unüblichen Körpergröße nicht übermäßig auffallend und hätte diese Frau nicht vor kurzem einen Sturz aus dem Himmel praktisch unbeschadet überstanden, hätte Bruce sie als leicht gebrechlich eingestuft. Ihre bisherigen Handlungen jedoch, rieten dem jungen Mann zur Vorsicht. Er verwarf auch den Gedanken, ihr nun einen Handkuss zu zu hauchen, denn feine Leute waren sie nun alle nicht. Behutsam ergriff er stattdessen ihre Hand um sie einmal leicht zu schütteln. „Bruce“ Stellte sich Bruce in gewohnter Pragmatik vor und beabsichtigte auch nicht, die charakterstarke Frau mit weiteren Informationen zu versorgen, solange er nicht einschätzen konnte, auf wessen Seite sie stand.
Einige Momente vergingen, in der das Schweigen peinliche Züge anzunehmen begann und das Blau seiner Augen sich vergebens auf das Gesicht der Dame konzentrierte. Einen Kontrahenten wie ein Buch zu lesen war eine Sache. Eine Frau zu verstehen war eine völlig andere Liga, welche wohl nur die wenigsten Männer jemals erreichten. „Warum fordern sie Mr. Norly heraus?“ Bruce sprach aus was er dachte. Geradlinig, wie es so manchen Diplomaten zum schmunzeln gebracht hätte, doch kämpfen mit Worten gehörte nun auch nicht zu seinen Stärken.
Bruce hatte sich bemüht neutral zu klingen, auch wenn er innerlich angespannt war. Sein Blick wirkte dabei fast Maskenhaft, so wie er auch im Ring den Gegnern wenig Möglichkeiten zu bieten gelernt hatte, seine Verfassung abzuschätzen. Ob es ihm in dieser Situation etwas nützte, blieb abzuwarten. Er hatte keinen Vernünftigen antworten parat, wenn Dr. Taylor den Irrtum um sein Hiersein aufzudecken gedachte. In diesem Fall konnte es sehr schnell unangenehm werden.
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Maura lachte auf und schüttelte die ihr dargebotene Hand. Der Blonde gefiel ihr. Endlich mal jemand, der Klartext sprach, ganz anders als Norly oder Wright. Sehr angenehm. Sie musterte den jungen Mann; er war deutlich größer als sie und gefühlt dreimal so muskulös. Möglicherweise ein ehemaliger Polizist oder Sportler, vielleicht auch ein Arbeiter, den Taylor angeheuert hatte? Es erschien ihr merkwürdig, dass ein so selbstsicherer Mann wie Taylor sich eine Leibwache besorgte. Sie war nicht einmal sicher, ob der Doktor das nötige Geld dazu besaß.
Sicher war aber, dass da vor ihr ein eher simpler Geist stand. Was im Notfall hieß, dass sie ihn – wahrscheinlich – leicht manipulieren konnte. Aber das stand noch in den Sternen; sie würde Bruce nicht unterschätzen. Die erste Lektion, die man als jemand lernte, der selbst gern unterschätzt wurde.
„Ich genieße eine kleine Rivalität.“ Sie bemühte sich um ein ironisch-harmloses Lächeln. „Denken Sie nun schlechter von mir?“ Die Antwort war ihr eigentlich nicht wirklich wichtig. Es war egal, was Bruce von ihr dachte, denn wie es aussah, saßen sie ohnehin im selben Boot. Obwohl es zur Abwechslung einmal schön war, auf jemanden zu treffen, der vernünftig schien. Sie machte einen Schritt zur Seite, ließ sich erst in den Schneidersitz nieder und ließ dann die Beine über den Bühnenrand hängen, den Blick Richtung Zuschauerraum, in der halben Hoffnung, Bruce würde sich neben sie setzen.
„Wissen Sie, Bruce, ich bin keiner von Norlys willigen Handlangern … Anders als Dr Tremaine oder Norlys“ fast hätte sie Betthäschen gesagt „Liebschaft. Auch wenn ich mich einer gewissen Verstrickung in diese Angelegenheiten nicht erwehren kann – und auch einer gewissen Loyalität zu diesen Leuten nicht – sehe ich keinen Grund, meine wahre Meinung zu den Geschehnissen zurückzuhalten.“ Sie wusste selbst nicht, ob das nun gelogen war. War sie eigentlich loyal gegenüber Norly? Nun, zumindest plante sie keinen Verrat und half ihm dabei, seine angebliche Nemesis zu finden.
„Was ist mit Ihnen? Woher kennen Sie Dr Taylor?“
Sicher war aber, dass da vor ihr ein eher simpler Geist stand. Was im Notfall hieß, dass sie ihn – wahrscheinlich – leicht manipulieren konnte. Aber das stand noch in den Sternen; sie würde Bruce nicht unterschätzen. Die erste Lektion, die man als jemand lernte, der selbst gern unterschätzt wurde.
„Ich genieße eine kleine Rivalität.“ Sie bemühte sich um ein ironisch-harmloses Lächeln. „Denken Sie nun schlechter von mir?“ Die Antwort war ihr eigentlich nicht wirklich wichtig. Es war egal, was Bruce von ihr dachte, denn wie es aussah, saßen sie ohnehin im selben Boot. Obwohl es zur Abwechslung einmal schön war, auf jemanden zu treffen, der vernünftig schien. Sie machte einen Schritt zur Seite, ließ sich erst in den Schneidersitz nieder und ließ dann die Beine über den Bühnenrand hängen, den Blick Richtung Zuschauerraum, in der halben Hoffnung, Bruce würde sich neben sie setzen.
„Wissen Sie, Bruce, ich bin keiner von Norlys willigen Handlangern … Anders als Dr Tremaine oder Norlys“ fast hätte sie Betthäschen gesagt „Liebschaft. Auch wenn ich mich einer gewissen Verstrickung in diese Angelegenheiten nicht erwehren kann – und auch einer gewissen Loyalität zu diesen Leuten nicht – sehe ich keinen Grund, meine wahre Meinung zu den Geschehnissen zurückzuhalten.“ Sie wusste selbst nicht, ob das nun gelogen war. War sie eigentlich loyal gegenüber Norly? Nun, zumindest plante sie keinen Verrat und half ihm dabei, seine angebliche Nemesis zu finden.
„Was ist mit Ihnen? Woher kennen Sie Dr Taylor?“
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Er wusste nicht, womit er das Gelächter der Frau provoziert hatte, doch empfand er es nicht gerade als Vertrauenerweckend, als sie davon sprach, eine Rivalität zu dem Mann zu pflegen, den man als Scarface kannte und fürchtete. Ihm kam dabei das Bild einer Piratin in den Sinn, von der er einmal gelesen hatte.
Natürlich schien es zwischen der Wahrheit und dem, was man der breiten Masse erzählte, große Lücken zu geben, aber erwartete sie von Bruce, dass er im Bilde war, nur weil er mit Dr. Taylor gekommen war? Warum fragte sie dann, wie er über ihr Handeln dachte, oder spielte sie vielleicht nur mit ihm? Bruce wurde mulmig zumute und er beschloss, der Frau, die sich nun so offen und interessiert zeigte, lieber mit Vorsicht zu begegnen.
Nachdem er seinen neuen und einzigen Mantel im Park an Charles Norly gegeben hatte, begann es auch endlich den jungen Schotten etwas zu frösteln, aber vielleicht lag es ja auch am wachen und neugierigen Blick von Maura Thomson, wie sie sich so unbekümmert auf die Bühne hockte, wo vor wenigen Minuten noch er selbst gesessen hatte. Er selbst blieb leicht versetzt zu ihr stehen und blickte, immer noch möglichst maskenhaft, leicht zu der großgewachsenen Frau auf.
Ihre Erklärung klang im Grunde vernünftig, was es jedoch nicht einfacher machte, sie einzuschätzen. „Wenn Sie Antworten wollten, haben Sie keinen günstigen Moment gewählt.“ Beantwortete Bruce schließlich ihre erste Frage, ehe die Stille im riesigen Saal wieder die Oberhand gewinnen konnte. Er hätte wohl selbst diesen falschen Moment gewählt, Charles ins Gespräch zu bringen, wenn Norlys Bande ihm diese Möglichkeit nicht aus der Hand genommen hätte.
Dass Maura noch nach seiner Verbindung zu Taylor fragte, konnte bereits einen Verdacht der ungewöhnlichen Frau bedeuten, den sie gegen ihn hegte. Die ganze Wahrheit wäre selbst für den Fall verheerend gewesen, wenn er vor ihr nichts zu befürchten hatte, da es einfach äußerst unwahrscheinlich und damit verdächtig klang, wie sich die Nacht entwickelt hatte. „Dr. Taylor nahm meine Hilfe in Anspruch, um Mr. Norly zu finden.“ Erwiderte er schließlich mit leichtem Unbehagen. Es war nicht gelogen, da vermutlich keiner der beiden ohne die Hilfe des anderen rechtzeitig im Park gewesen wäre, um die Gruppe zu treffen. Dass ein großer Zufall dazu geführt hatte, diese spontane Partnerschaft zu knüpfen und dass Dr. Taylor über die heutige Nacht wohl weit mehr Informationen besessen haben musste, als Bruce, verschwieg der Schotte mit bedacht auf die nahe Zukunft, wenn der Doktor über ihn reden würde.
Diese Leute waren keine Mörder. Dass war bei der Begegnung mit der Streife mehr als deutlich geworden. Im Gegensatz zu Bruce konnten sie nicht sicher sein, was seine Motive betraf und ehe er nicht mit Norly persönlich gesprochen hatte, würde er darüber auch nicht vor ihnen geständig werden. Das dunkle Spiel, welches hier stattfand, entschied über zahlreiche Menschenleben. Vermutlich würden selbst ohne weiteres zu tun der Fädenzieher heute einige Leute durch die Plünderungen ihr Leben verlieren und die Scarfacetoten waren vielleicht nur die Spitze des Eisbergs, wenn man den Aufwand betrachtete, mit dem die Gruppe in immer waghalsigere Situationen gebracht zu werden schien.
Eine Antwort darauf würde wohl nur Charles Norly mit Sicherheit haben.
Bruce fühlte sich hilflos. Er konnte nicht beurteilen, was die Frau wusste und welche Interessen sie verfolgte. Noch weniger konnte er wohl Dr. Taylor vertrauen. Der hatte ihn in Dr. Tremaines Haus zumindest in dem Punkt belogen, dass er angeblich nur den Arzt gesucht hätte. Er musste tatsächlich viel über die heutige Nacht gewusst haben, denn mit Glück hatte es sicher nicht zu tun, dass er ein Fernglas mit sich geführt hatte. Maura Thomson jedoch schien genau in dem Punkt Nachgehakt zu haben, in dem sie womöglich mehr wusste, als Bruce. Das ohnehin blasse Gesicht des Schotten bekam noch etwas mehr weiß um die Nase, als er sich selbst fragte, ob gerade sie vielleicht besser wusste, mit wem der Dr. eigentlich hätte unterwegs sein müssen. „Woher kennen Sie Mr. Norly?“ Brach es schließlich etwas zu hastig, um noch selbstsicher zu wirken, aus dem Mund des Schotten hervor.
Natürlich schien es zwischen der Wahrheit und dem, was man der breiten Masse erzählte, große Lücken zu geben, aber erwartete sie von Bruce, dass er im Bilde war, nur weil er mit Dr. Taylor gekommen war? Warum fragte sie dann, wie er über ihr Handeln dachte, oder spielte sie vielleicht nur mit ihm? Bruce wurde mulmig zumute und er beschloss, der Frau, die sich nun so offen und interessiert zeigte, lieber mit Vorsicht zu begegnen.
Nachdem er seinen neuen und einzigen Mantel im Park an Charles Norly gegeben hatte, begann es auch endlich den jungen Schotten etwas zu frösteln, aber vielleicht lag es ja auch am wachen und neugierigen Blick von Maura Thomson, wie sie sich so unbekümmert auf die Bühne hockte, wo vor wenigen Minuten noch er selbst gesessen hatte. Er selbst blieb leicht versetzt zu ihr stehen und blickte, immer noch möglichst maskenhaft, leicht zu der großgewachsenen Frau auf.
Ihre Erklärung klang im Grunde vernünftig, was es jedoch nicht einfacher machte, sie einzuschätzen. „Wenn Sie Antworten wollten, haben Sie keinen günstigen Moment gewählt.“ Beantwortete Bruce schließlich ihre erste Frage, ehe die Stille im riesigen Saal wieder die Oberhand gewinnen konnte. Er hätte wohl selbst diesen falschen Moment gewählt, Charles ins Gespräch zu bringen, wenn Norlys Bande ihm diese Möglichkeit nicht aus der Hand genommen hätte.
Dass Maura noch nach seiner Verbindung zu Taylor fragte, konnte bereits einen Verdacht der ungewöhnlichen Frau bedeuten, den sie gegen ihn hegte. Die ganze Wahrheit wäre selbst für den Fall verheerend gewesen, wenn er vor ihr nichts zu befürchten hatte, da es einfach äußerst unwahrscheinlich und damit verdächtig klang, wie sich die Nacht entwickelt hatte. „Dr. Taylor nahm meine Hilfe in Anspruch, um Mr. Norly zu finden.“ Erwiderte er schließlich mit leichtem Unbehagen. Es war nicht gelogen, da vermutlich keiner der beiden ohne die Hilfe des anderen rechtzeitig im Park gewesen wäre, um die Gruppe zu treffen. Dass ein großer Zufall dazu geführt hatte, diese spontane Partnerschaft zu knüpfen und dass Dr. Taylor über die heutige Nacht wohl weit mehr Informationen besessen haben musste, als Bruce, verschwieg der Schotte mit bedacht auf die nahe Zukunft, wenn der Doktor über ihn reden würde.
Diese Leute waren keine Mörder. Dass war bei der Begegnung mit der Streife mehr als deutlich geworden. Im Gegensatz zu Bruce konnten sie nicht sicher sein, was seine Motive betraf und ehe er nicht mit Norly persönlich gesprochen hatte, würde er darüber auch nicht vor ihnen geständig werden. Das dunkle Spiel, welches hier stattfand, entschied über zahlreiche Menschenleben. Vermutlich würden selbst ohne weiteres zu tun der Fädenzieher heute einige Leute durch die Plünderungen ihr Leben verlieren und die Scarfacetoten waren vielleicht nur die Spitze des Eisbergs, wenn man den Aufwand betrachtete, mit dem die Gruppe in immer waghalsigere Situationen gebracht zu werden schien.
Eine Antwort darauf würde wohl nur Charles Norly mit Sicherheit haben.
Bruce fühlte sich hilflos. Er konnte nicht beurteilen, was die Frau wusste und welche Interessen sie verfolgte. Noch weniger konnte er wohl Dr. Taylor vertrauen. Der hatte ihn in Dr. Tremaines Haus zumindest in dem Punkt belogen, dass er angeblich nur den Arzt gesucht hätte. Er musste tatsächlich viel über die heutige Nacht gewusst haben, denn mit Glück hatte es sicher nicht zu tun, dass er ein Fernglas mit sich geführt hatte. Maura Thomson jedoch schien genau in dem Punkt Nachgehakt zu haben, in dem sie womöglich mehr wusste, als Bruce. Das ohnehin blasse Gesicht des Schotten bekam noch etwas mehr weiß um die Nase, als er sich selbst fragte, ob gerade sie vielleicht besser wusste, mit wem der Dr. eigentlich hätte unterwegs sein müssen. „Woher kennen Sie Mr. Norly?“ Brach es schließlich etwas zu hastig, um noch selbstsicher zu wirken, aus dem Mund des Schotten hervor.
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Maura nickte abwesend, während sie den Zuschauerraum nach etwas absuchte, das ihrer Aufmerksamkeit wert sein könnte. Fehlanzeige. Das Theater schien tatsächlich verlassen, wenigstens für dieses Wochenende. Es schien schwer vorstellbar, dass es folgenden Montag plötzlich bevölkert sein sollte. Als hätte Scarfaces Präsenz diesen Ort entweiht. Und wahrscheinlich würde es niemand bemerken, stattdessen business as usual, wie man so schön sagte. Nichts als Narren in dieser Welt, schoss es ihr durch den Kopf. Sie war nicht ganz sicher, woher sie diesen Gedanken nahm.
„Ich ziehe es vor, mir meine Antworten selbst zu beschaffen“, kommentierte sie mit einem neuerlichen dünnen Lächeln, den Blick auf die halb im Dunkeln liegende Eingangstür gerichtet, durch die wohl sonst die Theaterzuschauer kamen. Fast erwartete sie, sie könnte sich öffnen, doch das geschah nicht. Natürlich nicht. Gut so – Scotland Yards Besuch wäre in dieser Situation verheerend gewesen! Sie alle brauchten dringend Ruhe und Schlaf. Zudem wäre es in ihrer derzeitigen Situation ein Kunststück sondergleichen, sich aus Schwierigkeiten herauszureden.
„Norly und ich … tja … das ist eine seltsame Geschichte.“ Sie versetzte sich selbst zurück, an diese unwirkliche Szenerie im Lagerhaus. Schon seltsam, wo ihre Neugierde sie da hineinbefördert hatte. „Sagen wir, es war eine Zufallsbekanntschaft … das trifft es wohl noch am besten. Dass ich noch lebe, hat mich dann schon mehr oder weniger überzeugt, keinem Serienmörder gegenüber zu stehen … sonst wären meine Eingeweide wohl nicht mehr an der Stelle, an die sie gehören, nicht? Nach allem, was man so hört, ist sein Doppelgänger eine wahre Bestie. Wie viele Stiche haben diese arme Ladengehilfin getötet, 20? 30?“ Es hatte in der Zeitung gestanden, aber nach all den Gräueltaten von Scarface hatte Maura den Artikel bloß mit mildem Interesse überflogen.
„Wie dem auch sei … Ich fürchte, ich bin gewissermaßen das schwarze Schaf unter Norlys Anhängern. Er hatte wenig andere Wahl, als mich mitzunehmen … Ich schätze, das merkt man ihm an.“ Ihr Blick schweifte über die Bühne. Sie war noch nicht sicher, ob Norly ein schlechter Schauspieler war, oder ein brillanter. Für beides gab es Anhaltspunkte. Aber das war auch nicht ihr derzeitiges Hauptinteresse. Nein, während ihrem Gespräch mit Bruce war ihre Entscheidung endgültig gereift: Charles Cook lautete ihr nächstes Ziel. Vielleicht konnte sie einige der anderen dazu überreden, ihr zu helfen.
Sie sah flüchtig hoch zu Bruce, in sein blondes, so harmlos wirkendes Gesicht, bevor sie sich schweigend wieder dem Zuschauerraum zuwandte und innerlich den Kopf schüttelte. Nein, so weit war es noch nicht. Sicher wäre der Kerl als Leibwache nicht zu verachten gewesen, aber so sicher, dass sie ihm blind vertraute, war es bei weitem noch nicht.
„Was sind ihre Pläne, jetzt, wo Sie und ihr Doktor Norly gefunden haben? Hat er Ihnen etwas dazu gesagt? Er und Norly scheinen ja gemeinsame Geschichte zu haben, und ehrlich gesagt würde es mich brennend interessieren, was für eine …“ … und mal sehen, ob sie Bruce nicht ein bisschen zum Reden bringen konnte …
„Ich ziehe es vor, mir meine Antworten selbst zu beschaffen“, kommentierte sie mit einem neuerlichen dünnen Lächeln, den Blick auf die halb im Dunkeln liegende Eingangstür gerichtet, durch die wohl sonst die Theaterzuschauer kamen. Fast erwartete sie, sie könnte sich öffnen, doch das geschah nicht. Natürlich nicht. Gut so – Scotland Yards Besuch wäre in dieser Situation verheerend gewesen! Sie alle brauchten dringend Ruhe und Schlaf. Zudem wäre es in ihrer derzeitigen Situation ein Kunststück sondergleichen, sich aus Schwierigkeiten herauszureden.
„Norly und ich … tja … das ist eine seltsame Geschichte.“ Sie versetzte sich selbst zurück, an diese unwirkliche Szenerie im Lagerhaus. Schon seltsam, wo ihre Neugierde sie da hineinbefördert hatte. „Sagen wir, es war eine Zufallsbekanntschaft … das trifft es wohl noch am besten. Dass ich noch lebe, hat mich dann schon mehr oder weniger überzeugt, keinem Serienmörder gegenüber zu stehen … sonst wären meine Eingeweide wohl nicht mehr an der Stelle, an die sie gehören, nicht? Nach allem, was man so hört, ist sein Doppelgänger eine wahre Bestie. Wie viele Stiche haben diese arme Ladengehilfin getötet, 20? 30?“ Es hatte in der Zeitung gestanden, aber nach all den Gräueltaten von Scarface hatte Maura den Artikel bloß mit mildem Interesse überflogen.
„Wie dem auch sei … Ich fürchte, ich bin gewissermaßen das schwarze Schaf unter Norlys Anhängern. Er hatte wenig andere Wahl, als mich mitzunehmen … Ich schätze, das merkt man ihm an.“ Ihr Blick schweifte über die Bühne. Sie war noch nicht sicher, ob Norly ein schlechter Schauspieler war, oder ein brillanter. Für beides gab es Anhaltspunkte. Aber das war auch nicht ihr derzeitiges Hauptinteresse. Nein, während ihrem Gespräch mit Bruce war ihre Entscheidung endgültig gereift: Charles Cook lautete ihr nächstes Ziel. Vielleicht konnte sie einige der anderen dazu überreden, ihr zu helfen.
Sie sah flüchtig hoch zu Bruce, in sein blondes, so harmlos wirkendes Gesicht, bevor sie sich schweigend wieder dem Zuschauerraum zuwandte und innerlich den Kopf schüttelte. Nein, so weit war es noch nicht. Sicher wäre der Kerl als Leibwache nicht zu verachten gewesen, aber so sicher, dass sie ihm blind vertraute, war es bei weitem noch nicht.
„Was sind ihre Pläne, jetzt, wo Sie und ihr Doktor Norly gefunden haben? Hat er Ihnen etwas dazu gesagt? Er und Norly scheinen ja gemeinsame Geschichte zu haben, und ehrlich gesagt würde es mich brennend interessieren, was für eine …“ … und mal sehen, ob sie Bruce nicht ein bisschen zum Reden bringen konnte …
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Miss oder Mrs Thomson wirkte bei aller Anstrengung des Schotten, das verschlagene Bild einer Piratenbraut aufrecht zu halten viel zu brav. Die Frau besaß Rückgrat und auch eine lose Zunge, jedoch legte sie auch eine Menschlichkeit an den Tag, welche es schwer machte, in ihr eine kühl kalkulierende Doppelagentin Norlys vermeintlichen Racheengels zu sehen.
Bruce folgte Mauras Blick kurz, ehe er sich wieder auf ihr Antlitz fokussierte. Ja, dieser Ort hier hatte einen eigenartigen Zauber an sich. Es schien, klar, dass auch die Dame vor ihm das so sah. Sie war wohl gebildet, vermutlich aus gutem Hause, oder hatte zumindest schon genug Kultur erlebt, um sich in gewissen Kreisen bewegen zu können. Auf der anderen Seite hockte sie hier recht undamenhaft auf den Brettern die die Welt bedeuteten und hielt sich mit jemanden, den sie eigentlich als gefährlich oder zumindest riskant einstufen musste, als wäre es für sie völlig natürlich. „Es gibt noch jemanden in ihrer Gruppe, dem es scheinbar nicht zu wohl in Mr Norlys Gegenwart ist.“ Entgegnete Bruce ruhig, als Maura sich als schwarzes Schaf bezeichnete. Sein Bezug war auf den Herren genommen, welcher im Park am liebsten dem Vorschlag des Schotten gefolgt wäre, ohne Norly dabei um dessen Meinung zu fragen. Anscheinend reihten sich im Umfeld des vermeintlichen Scarface die Zufälle und seltsamen Begegnungen. Bruce konnte nicht umhin, als an Magie zu denken, denn rein Rational war es schwer zu verdauen, was diese Leute und er selbst in den letzten Tagen erlebt hatten, seitdem sie alle das Phänomen Norly in seinen Bann gezogen hatte. Wieder hatte er das Bild vom brennenden Luftschiff im Kopf. Ja, er konnte sich nicht einmal richtig vorstellen, wie es sein musste, von Tüchern gebremst auf London hinab zu stürzen.
Mauras Worte hingegen wirkten beinahe beruhigend, als wäre alles völlig in Ordnung, so wie es war. Vereinte sie dieses seltsame und abenteuerliche Schicksal vielleicht in gewisser Weise? Nun, einen von ihnen wohl nicht, denn Bruce war sich nach wie vor fast sicher, dass einer in der Gruppe den Personen zuspielen musste, die zwanzig oder dreißig Messerstiche in den Körper einer unschuldigen jungen Frau vollführten, um ihren Zielen ein wenig näher zu sein.
Nochmals sah Bruce fast mit kindlicher Neugier in die Augen der reifen Frau, ehe er einen leisen Seufzer ausstieß und sich ebenfalls wieder auf die Bühne schwang, um den Blick in die leeren Reihen der Tribüne wandern zu lassen.
Was Kunst und Kultur betraf, war er eigentlich nicht sehr gebildet. Er war mitgeschleift worden, als er irgendwie zur Highsociety gehört hatte. Mehr als ein Anhängsel, so wie ein Zierhund. Auch wenn er viel träumte, befasste er sich vielleicht recht wenig mit Träumen oder Visionen von anderen. Erneut kam der Gedanke daran, dass die Geschichte von Norly wohl ein grandioses Theaterstück abgegeben hätte und er musste sachte lächeln.
„Was der Doktor von Norly will, ist mir nicht bekannt.“ Brach Bruce mit knappen Worten das Schweigen. „Ich selbst wollte Scarface in die Augen sehen.“ Der Schotte stockte und wanderte mit dem Blick zu den großen geschlossenen Schwingtüren am ende des Saales. Die folgenden Worte kamen in einem etwas melancholischen Tonfall „Vielleicht kann Mr. Norly mir dabei helfen, ihn zu finden.“
Bruce war sich im Klaren, dass er nun zu pokern begonnen hatte. Sollte Maura eigene Pläne verfolgen, wovon eigentlich sogar im besten Fall auszugehen war, würde sie jede seiner Aussagen in ihrem Sinne deuten. Der Schotte sah keinen Grund, die Frau zu fürchten, doch er kannte die Leute kaum und die Ordnung der Gruppe war wenigstens kompliziert. Maura war wahrscheinlich die Letzte, von der Charles Norly sich gerade etwas sagen lassen würde, aber gerade deshalb konnte es ein Fehler sein, sich gerade ihr zu öffnen. Die Herren mit den Pistolen waren dennoch wohl diejenigen auf die er besonders achten musste.
Bruce folgte Mauras Blick kurz, ehe er sich wieder auf ihr Antlitz fokussierte. Ja, dieser Ort hier hatte einen eigenartigen Zauber an sich. Es schien, klar, dass auch die Dame vor ihm das so sah. Sie war wohl gebildet, vermutlich aus gutem Hause, oder hatte zumindest schon genug Kultur erlebt, um sich in gewissen Kreisen bewegen zu können. Auf der anderen Seite hockte sie hier recht undamenhaft auf den Brettern die die Welt bedeuteten und hielt sich mit jemanden, den sie eigentlich als gefährlich oder zumindest riskant einstufen musste, als wäre es für sie völlig natürlich. „Es gibt noch jemanden in ihrer Gruppe, dem es scheinbar nicht zu wohl in Mr Norlys Gegenwart ist.“ Entgegnete Bruce ruhig, als Maura sich als schwarzes Schaf bezeichnete. Sein Bezug war auf den Herren genommen, welcher im Park am liebsten dem Vorschlag des Schotten gefolgt wäre, ohne Norly dabei um dessen Meinung zu fragen. Anscheinend reihten sich im Umfeld des vermeintlichen Scarface die Zufälle und seltsamen Begegnungen. Bruce konnte nicht umhin, als an Magie zu denken, denn rein Rational war es schwer zu verdauen, was diese Leute und er selbst in den letzten Tagen erlebt hatten, seitdem sie alle das Phänomen Norly in seinen Bann gezogen hatte. Wieder hatte er das Bild vom brennenden Luftschiff im Kopf. Ja, er konnte sich nicht einmal richtig vorstellen, wie es sein musste, von Tüchern gebremst auf London hinab zu stürzen.
Mauras Worte hingegen wirkten beinahe beruhigend, als wäre alles völlig in Ordnung, so wie es war. Vereinte sie dieses seltsame und abenteuerliche Schicksal vielleicht in gewisser Weise? Nun, einen von ihnen wohl nicht, denn Bruce war sich nach wie vor fast sicher, dass einer in der Gruppe den Personen zuspielen musste, die zwanzig oder dreißig Messerstiche in den Körper einer unschuldigen jungen Frau vollführten, um ihren Zielen ein wenig näher zu sein.
Nochmals sah Bruce fast mit kindlicher Neugier in die Augen der reifen Frau, ehe er einen leisen Seufzer ausstieß und sich ebenfalls wieder auf die Bühne schwang, um den Blick in die leeren Reihen der Tribüne wandern zu lassen.
Was Kunst und Kultur betraf, war er eigentlich nicht sehr gebildet. Er war mitgeschleift worden, als er irgendwie zur Highsociety gehört hatte. Mehr als ein Anhängsel, so wie ein Zierhund. Auch wenn er viel träumte, befasste er sich vielleicht recht wenig mit Träumen oder Visionen von anderen. Erneut kam der Gedanke daran, dass die Geschichte von Norly wohl ein grandioses Theaterstück abgegeben hätte und er musste sachte lächeln.
„Was der Doktor von Norly will, ist mir nicht bekannt.“ Brach Bruce mit knappen Worten das Schweigen. „Ich selbst wollte Scarface in die Augen sehen.“ Der Schotte stockte und wanderte mit dem Blick zu den großen geschlossenen Schwingtüren am ende des Saales. Die folgenden Worte kamen in einem etwas melancholischen Tonfall „Vielleicht kann Mr. Norly mir dabei helfen, ihn zu finden.“
Bruce war sich im Klaren, dass er nun zu pokern begonnen hatte. Sollte Maura eigene Pläne verfolgen, wovon eigentlich sogar im besten Fall auszugehen war, würde sie jede seiner Aussagen in ihrem Sinne deuten. Der Schotte sah keinen Grund, die Frau zu fürchten, doch er kannte die Leute kaum und die Ordnung der Gruppe war wenigstens kompliziert. Maura war wahrscheinlich die Letzte, von der Charles Norly sich gerade etwas sagen lassen würde, aber gerade deshalb konnte es ein Fehler sein, sich gerade ihr zu öffnen. Die Herren mit den Pistolen waren dennoch wohl diejenigen auf die er besonders achten musste.
Zuletzt von Fade am Mi Nov 15 2017, 16:34 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Als sich die Versammlung auflöste, weil sich viele nach Charles‘ Flucht ebenfalls zurückzogen, blieben nur noch Oxley und Taylor im Flur vor dem Zimmer zurück, in dem Melinda zuvor untergebracht worden war. Taylor verfolgte jeden, der sich von dannen machte, mit seinen Augen, bevor sein Blick schlussendlich beim Butler verblieb, den Charles einfach stehengelassen hatte.
„Sie müssen einiges mit ihm durchmachen“, meinte Taylor scherzhaft, bevor er in unergründlichem Tonfall hinzufügte: „Er kann sich glücklich schätzen, dass Sie nicht schon längst das Weite gesucht haben. Selbst nun stehen Sie noch zu ihm, loyal und hilfsbereit, wie eh und je, um ihn zu bemuttern...“
Er gewann Oxley mit diesen Worten ein müdes Schmunzeln und ein Schulterzucken ab. Der Butler schien Charles‘ dessen barsche Ablehnung nicht übelgenommen zu haben oder ließ es sich, wenn doch, nicht anmerken. Stattdessen zeigte sich der alte Mann hilfsbereit und nahm Melindas Koffer, den Taylor zuvor einfach neben sich abgestellt hatte, und brachte ihn, an den beiden Ärzten vorbeigehend, ins Zimmer. Dort setzte er ihn in der Nähe der unter Decken und Mänteln begrabenen, jungen Frau ab.
Taylor wandte sich nun, vielleicht, weil er in Oxley keinen bereitwilligen Gesprächspartner gefunden hatte, noch einmal Randolph zu. Skepsis war in seiner Miene zu erkennen, während er Stock und Bein seines Berufskollegen musterte.
„Sind Sie sicher, dass Sie sich nicht überschätzen, Tremaine? Was nützt es irgendwem hier, wenn Sie sich zu Tode schinden – wenn es Ihnen um Ihretwillen schon egal ist? Ich wage zu behaupten, dass Sie vielleicht etwas zu pessimistisch sind. In der Stadt herrscht gerade Chaos, woran Sie alle nicht unschuldig sind, und Ihre Lage mag verzwickt sein, aber ein Weltuntergang ist das noch lange nicht. Sie werden bestimmt noch ein Weilchen länger leben als Sie sich denken.“
Taylors Blick wanderte von Randolphs Bein hinauf und er suchte mit einem Lächeln Augenkontakt.
„Wie wäre es, wenn Sie sich von mir helfen lassen?“, bot er mit kumpelhafter Diplomatie an.
„Wenn es Ihnen bessergeht, können Sie selbst Ihren Freunden besser helfen. Ich schätze, das Verletzungsrisiko ist bei Ihrem derzeitigen Lebensstil ziemlich hoch. Ohne einen voll einsatzfähigen Chirurgen ist diese Truppe doch aufgeschmissen.“
„Sie müssen einiges mit ihm durchmachen“, meinte Taylor scherzhaft, bevor er in unergründlichem Tonfall hinzufügte: „Er kann sich glücklich schätzen, dass Sie nicht schon längst das Weite gesucht haben. Selbst nun stehen Sie noch zu ihm, loyal und hilfsbereit, wie eh und je, um ihn zu bemuttern...“
Er gewann Oxley mit diesen Worten ein müdes Schmunzeln und ein Schulterzucken ab. Der Butler schien Charles‘ dessen barsche Ablehnung nicht übelgenommen zu haben oder ließ es sich, wenn doch, nicht anmerken. Stattdessen zeigte sich der alte Mann hilfsbereit und nahm Melindas Koffer, den Taylor zuvor einfach neben sich abgestellt hatte, und brachte ihn, an den beiden Ärzten vorbeigehend, ins Zimmer. Dort setzte er ihn in der Nähe der unter Decken und Mänteln begrabenen, jungen Frau ab.
Taylor wandte sich nun, vielleicht, weil er in Oxley keinen bereitwilligen Gesprächspartner gefunden hatte, noch einmal Randolph zu. Skepsis war in seiner Miene zu erkennen, während er Stock und Bein seines Berufskollegen musterte.
„Sind Sie sicher, dass Sie sich nicht überschätzen, Tremaine? Was nützt es irgendwem hier, wenn Sie sich zu Tode schinden – wenn es Ihnen um Ihretwillen schon egal ist? Ich wage zu behaupten, dass Sie vielleicht etwas zu pessimistisch sind. In der Stadt herrscht gerade Chaos, woran Sie alle nicht unschuldig sind, und Ihre Lage mag verzwickt sein, aber ein Weltuntergang ist das noch lange nicht. Sie werden bestimmt noch ein Weilchen länger leben als Sie sich denken.“
Taylors Blick wanderte von Randolphs Bein hinauf und er suchte mit einem Lächeln Augenkontakt.
„Wie wäre es, wenn Sie sich von mir helfen lassen?“, bot er mit kumpelhafter Diplomatie an.
„Wenn es Ihnen bessergeht, können Sie selbst Ihren Freunden besser helfen. Ich schätze, das Verletzungsrisiko ist bei Ihrem derzeitigen Lebensstil ziemlich hoch. Ohne einen voll einsatzfähigen Chirurgen ist diese Truppe doch aufgeschmissen.“
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Randolphs Augen bohrten sich wie Skalpellklingen in den Rücken von Maura Thomson, als sie scheinbar vollkommen ungerührt davonstiefelte. Er fragte sich, wie sie sich wohl fühlen würde, wenn jemand aus ihrer Familie oder ihren nahestehenden Vertrauten grausam ermordet werden würde. Er sprach es nicht aus. Seitdem die Frau bei Ihnen war, hatte sie nichts anderes getan, als die Gruppe gegeneinander aufzustacheln und zu provozieren. Er hatte nicht vergessen, was mit dem Iren passiert war und das war zu einem nicht unbeträchtlichem Anteil ihre Schuld gewesen. Er hätte kein Problem damit, wenn sich ihre Wege trennen würden; man hätte diese Frau überhaupt erst niemals mitnehmen dürfen. Aber diese Entscheidung hatte Norly zu treffen. Er warf einen Blick zur zuschmetternden Tür, bevor er seine Aufmerksamkeit Taylor zuwandte.
Er hatte vorhin alles gesagt. Es war in seinen Augen auch kein Pessimismus gewesen, der aus ihm sprach. Es war der bei Weitem wahrscheinlichste Ausgang dieser Situation, dass sie die nächsten Tage nicht überleben würden. Eigentlich hätte sie heute bei der Zerstörung des Luftschiffes schon das Zeitliche segnen müssen. Dennoch überlegte er sich nochmal, ob er das Angebot nicht doch wahrnehmen sollte, einfach um Taylor etwas näher kennenzulernen. Er war kein dummer Mann, er würde ihm nur das erzählen, was er erzählen wollte, aber das eine oder andere würde er zweifellos aus ihm herausbekommen. Und je besser er den Fremden einschätzen konnte, desto weiter würde es ihn dabei bringen sich einen Überblick über die doch noch recht undurchsichtige Situation zu verschaffen, auch wenn sich einiges nun langsam mehr zu klären begann.
"Nun, jetzt sind Sie ja scheinbar hier, um mich zu ersetzen", verkündete Randolph mit gesenkten Augenbrauen. "Aber vielleicht haben Sie recht, ich war schon immer etwas pessimistisch. Meinetwegen können Sie sich das Bein mal ansehen. Auch wenn ich ehrlich gesagt daran zweifle, dass sich da in absehbarer Zeit eine Besserung ergeben wird. Vor allem, wenn die Tage verlaufen, wie der heutige..."
Er hatte vorhin alles gesagt. Es war in seinen Augen auch kein Pessimismus gewesen, der aus ihm sprach. Es war der bei Weitem wahrscheinlichste Ausgang dieser Situation, dass sie die nächsten Tage nicht überleben würden. Eigentlich hätte sie heute bei der Zerstörung des Luftschiffes schon das Zeitliche segnen müssen. Dennoch überlegte er sich nochmal, ob er das Angebot nicht doch wahrnehmen sollte, einfach um Taylor etwas näher kennenzulernen. Er war kein dummer Mann, er würde ihm nur das erzählen, was er erzählen wollte, aber das eine oder andere würde er zweifellos aus ihm herausbekommen. Und je besser er den Fremden einschätzen konnte, desto weiter würde es ihn dabei bringen sich einen Überblick über die doch noch recht undurchsichtige Situation zu verschaffen, auch wenn sich einiges nun langsam mehr zu klären begann.
"Nun, jetzt sind Sie ja scheinbar hier, um mich zu ersetzen", verkündete Randolph mit gesenkten Augenbrauen. "Aber vielleicht haben Sie recht, ich war schon immer etwas pessimistisch. Meinetwegen können Sie sich das Bein mal ansehen. Auch wenn ich ehrlich gesagt daran zweifle, dass sich da in absehbarer Zeit eine Besserung ergeben wird. Vor allem, wenn die Tage verlaufen, wie der heutige..."
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Melinda blinzelte aus den Decken hervor und nickte Oxley zum Dank zu.
Sie verfolgte so gut es ging, was um sie herum passierte und hasste es so inaktiv zu sein. Sie musste langsam wieder auf die Beine kommen und wieder zu ihrer alten Form finden. Aus den Decken heraus angelte sie nach dem Koffer und ließ sich, umhüllt von den Decken, sanft auf den Boden gleiten um sich ein Kleidungsstück herauszusuchen. Sie griff nach ihrem alt vertrauen Kleid und stand auf. Sie trug nun genau genommen nichts, wand den Männern aber ihren Rücken zu.
Hallo Baby! Da sind wird ja wieder! Wuhu!
Soviele Männer hatten sie bereits nackt gesehen, da würde es nun auf zwei mehr auch nicht mehr ankommen. Mit einigen Handgriffen zog sie sich das Kleid zurecht, als ihre Hand dabei ihre Haare streifte, stellte sie fest, dass sie auch langsam begannen zu trocknen. Ganz sicher war sie auf ihren Füßen nicht, sie war doch etwas mitgenommen. Sie verzichtete aufs Erste darauf, sich wieder in ihre Schuhe zu quälen.
Sie drehte sich um und beobachtete Taylor und Randolph im Gespräch. "Kann man das Bein vielleicht schienen? Das auftreten ohne Schutz, ist sicher nicht besonders hilfreich für eine Heilung, oder?" fragte sie während sie versuchte ihre Haare mit den Fingern etwas zu entwirren. Sie zog sich ein Blatt aus einem Knoten gleich am Haaransatz und hustete einige Male kräftig.
Dann zog sie die Decken beiseite und ließ sich wieder auf dem Sessel nieder. Sie war deutlich erschöpft und ihr schmaler Körper hatte solchen Anstrenungen wenig entgegen zu setzen. Sie überlegte ob sie versuchen sollte mit Randolph zu scherzen, aber sie wusste nicht wie es ankommen würde. Aber konnte sie noch mehr zerstören? Vermutlich ohnehin nicht, sie hatte doch ohnehin alles verloren.
Also blickte sie wieder in den Koffer und erblickte eines der Fläschchen Laudanum, dass aus der Tasche gepurzelt sein musste. Sie fischte es heraus und verstaute es ihn ihrem Kleid. Sie könnte einen Schluck Alkohol vertragen. Das würde sie aufwärmen. Viele Nächte hatte ihr Gin geholfen nicht jammernd zusammen zu brechen, wenn sie auf einen Freier wartete.
Sicher würde sich etwas finden lassen.
Doch sie wollte erst noch hier verweilen und etwas Kraft schöpfen. Sie zog sich eine der Decken wieder zu sich und legte sie bis zu den Schultern über sich.
"Ach, Randy, wieviele Tage verlaufen denn wie heute? Wie oft bist du denn schon aus einem brennenden Fluggefährt gesprungen?" sie grinste etwas.
Zeit sich wieder in die Gruppe zu integrieren.
Sie verfolgte so gut es ging, was um sie herum passierte und hasste es so inaktiv zu sein. Sie musste langsam wieder auf die Beine kommen und wieder zu ihrer alten Form finden. Aus den Decken heraus angelte sie nach dem Koffer und ließ sich, umhüllt von den Decken, sanft auf den Boden gleiten um sich ein Kleidungsstück herauszusuchen. Sie griff nach ihrem alt vertrauen Kleid und stand auf. Sie trug nun genau genommen nichts, wand den Männern aber ihren Rücken zu.
Hallo Baby! Da sind wird ja wieder! Wuhu!
Soviele Männer hatten sie bereits nackt gesehen, da würde es nun auf zwei mehr auch nicht mehr ankommen. Mit einigen Handgriffen zog sie sich das Kleid zurecht, als ihre Hand dabei ihre Haare streifte, stellte sie fest, dass sie auch langsam begannen zu trocknen. Ganz sicher war sie auf ihren Füßen nicht, sie war doch etwas mitgenommen. Sie verzichtete aufs Erste darauf, sich wieder in ihre Schuhe zu quälen.
Sie drehte sich um und beobachtete Taylor und Randolph im Gespräch. "Kann man das Bein vielleicht schienen? Das auftreten ohne Schutz, ist sicher nicht besonders hilfreich für eine Heilung, oder?" fragte sie während sie versuchte ihre Haare mit den Fingern etwas zu entwirren. Sie zog sich ein Blatt aus einem Knoten gleich am Haaransatz und hustete einige Male kräftig.
Dann zog sie die Decken beiseite und ließ sich wieder auf dem Sessel nieder. Sie war deutlich erschöpft und ihr schmaler Körper hatte solchen Anstrenungen wenig entgegen zu setzen. Sie überlegte ob sie versuchen sollte mit Randolph zu scherzen, aber sie wusste nicht wie es ankommen würde. Aber konnte sie noch mehr zerstören? Vermutlich ohnehin nicht, sie hatte doch ohnehin alles verloren.
Also blickte sie wieder in den Koffer und erblickte eines der Fläschchen Laudanum, dass aus der Tasche gepurzelt sein musste. Sie fischte es heraus und verstaute es ihn ihrem Kleid. Sie könnte einen Schluck Alkohol vertragen. Das würde sie aufwärmen. Viele Nächte hatte ihr Gin geholfen nicht jammernd zusammen zu brechen, wenn sie auf einen Freier wartete.
Sicher würde sich etwas finden lassen.
Doch sie wollte erst noch hier verweilen und etwas Kraft schöpfen. Sie zog sich eine der Decken wieder zu sich und legte sie bis zu den Schultern über sich.
"Ach, Randy, wieviele Tage verlaufen denn wie heute? Wie oft bist du denn schon aus einem brennenden Fluggefährt gesprungen?" sie grinste etwas.
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Elli- Piratenpinguin
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Dr. Taylor schien zufrieden mit Randolphs Antwort zu sein – zumindest damit, dass sein Angebot angenommen worden war. Er überging einfach, dass der angeschossene Chirurg schon wieder ins Lamentieren verfiel, und ging stattdessen auf Randolphs erste Aussage ein.
„Ich habe nicht vor, Sie zu ersetzen“, meinte er und musterte seinen Gesprächspartner für einen Moment lang ausgiebig, als würde er ihn faszinierend finden. Dann, jedoch, fiel seine Aufmerksamkeit auf Melinda, die sich inzwischen in Bewegung gesetzt – und sich allen Hüllen entledigt hatte. Taylors Augen verharrten kaum merkbar auf ihr, bevor er den Blick schnell sinken ließ und stattdessen seinen eigenen Füßen Beachtung schenkte. Doch während Taylors Reaktion dabei tatsächlich wenig verschreckt wirkte, trat Oxley mit beschämt rotem Kopf die Flucht in den Flur an, wobei er mit der Hand sein Sichtfeld einschränkte, um auch im Augenwinkel bloß kein Stückchen freie Haut zu erhaschen. Taylor machte ihm Platz und die eiligen Schritte des Butlers verhallten schnell – vermutlich suchte er sich nun auch ein Zimmer aus. Als Melinda sich nur wenig später ins Gespräch einmischte und Taylor sich dessen gewahr wurde, dass sie nicht mehr nackt war, blickte er wieder auf, um auf ihren Vorschlag, Randolphs Bein zu schienen, zu antworten:
„Ich bezweifle, dass das in diesem Fall wirklich Linderung verschaffen würde. Ein gebrochener Knochen oder auch ein verletztes Gelenk kann durch eine Schiene stabilisiert werden, aber bei verletztem Muskelgewebe ist das nicht so einfach. Jede Bewegung Beins, wie auch immer diese auch aussehen mag, zerrt an der Wunde und verzögert die Heilung... oder verhindert sie sogar. Vielleicht können Sie Ihrem guten Randy Vernunft beibringen, Miss“, meinte Taylor mit einem freudlosen Lächeln und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Wenn er das Bein nicht ruhighält“, erklärte er ihr, „vernarbt das Gewebe, statt zu heilen. Dann wird er für immer auf den Stock angewiesen sein. Wenn sich die Wunde nicht sogar entzündet.“
Das hatte er im letzten Gespräch mit Randolph schon erwähnt, als er diesen auf der Polizeiwache behandelt hatte.
„Im schlimmsten Fall verlieren er sein Bein oder sein Leben. Und das nicht auf angenehme Weise. Als Chirurg müsste er es eigentlich besser wissen... aber Ärzte sind immer schwierige Patienten. Ich verordne keine absolute Ruhe, bis die Wunde vollkommen verheilt ist, aber wenigstens für ein paar Tage. Das würde schon enorm helfen.“
Taylor fischte eine Taschenuhr aus seiner Jacke hervor und prüfte kurz die Zeit.
„Ich kann nicht lange bleiben“, stellte er dann klar, während er sich locker an den Türrahmen lehnte und die Uhr wieder verschwinden ließ. „Es ist besser, wenn ich an anderen Fronten kämpfe... und außerdem muss ich mich möglichst bald beim Yard blicken lassen.“
Sein Tonfall klang ebenfalls nicht sonderlich begeistert.
„Ich bin tatsächlich nur hier, um mit Charles zu sprechen“, fuhr er fort, „nicht, um einem Kollegen die Stelle streitig zu machen. Ich gebe Charles ein paar Minuten, sich zu beruhigen, und die Zeit kann ich sinnvoll nutzen, um mir Ihre Wunde anzusehen“, wandte er sich wieder direkt an Randolph.
„Danach werde ich mich nicht mehr abwimmeln lassen. Ich habe kaum Ausrüstung dabei, aber es schadet nicht, wenn ich den Verband wechsle. Ich kann später mit den passenden Hilfsmitteln zurückkehren und mehr für Sie tun, sollte sich die Notwendigkeit dafür zeigen. Sicherlich finde ich auch einen Weg, Ihre verlorene Arzttasche zu ersetzen. Dann müssen Sie nur noch einen Weg finden, ein paar Tage lang das Bein nicht zu bewegen oder zu belasten.“
„Ich habe nicht vor, Sie zu ersetzen“, meinte er und musterte seinen Gesprächspartner für einen Moment lang ausgiebig, als würde er ihn faszinierend finden. Dann, jedoch, fiel seine Aufmerksamkeit auf Melinda, die sich inzwischen in Bewegung gesetzt – und sich allen Hüllen entledigt hatte. Taylors Augen verharrten kaum merkbar auf ihr, bevor er den Blick schnell sinken ließ und stattdessen seinen eigenen Füßen Beachtung schenkte. Doch während Taylors Reaktion dabei tatsächlich wenig verschreckt wirkte, trat Oxley mit beschämt rotem Kopf die Flucht in den Flur an, wobei er mit der Hand sein Sichtfeld einschränkte, um auch im Augenwinkel bloß kein Stückchen freie Haut zu erhaschen. Taylor machte ihm Platz und die eiligen Schritte des Butlers verhallten schnell – vermutlich suchte er sich nun auch ein Zimmer aus. Als Melinda sich nur wenig später ins Gespräch einmischte und Taylor sich dessen gewahr wurde, dass sie nicht mehr nackt war, blickte er wieder auf, um auf ihren Vorschlag, Randolphs Bein zu schienen, zu antworten:
„Ich bezweifle, dass das in diesem Fall wirklich Linderung verschaffen würde. Ein gebrochener Knochen oder auch ein verletztes Gelenk kann durch eine Schiene stabilisiert werden, aber bei verletztem Muskelgewebe ist das nicht so einfach. Jede Bewegung Beins, wie auch immer diese auch aussehen mag, zerrt an der Wunde und verzögert die Heilung... oder verhindert sie sogar. Vielleicht können Sie Ihrem guten Randy Vernunft beibringen, Miss“, meinte Taylor mit einem freudlosen Lächeln und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Wenn er das Bein nicht ruhighält“, erklärte er ihr, „vernarbt das Gewebe, statt zu heilen. Dann wird er für immer auf den Stock angewiesen sein. Wenn sich die Wunde nicht sogar entzündet.“
Das hatte er im letzten Gespräch mit Randolph schon erwähnt, als er diesen auf der Polizeiwache behandelt hatte.
„Im schlimmsten Fall verlieren er sein Bein oder sein Leben. Und das nicht auf angenehme Weise. Als Chirurg müsste er es eigentlich besser wissen... aber Ärzte sind immer schwierige Patienten. Ich verordne keine absolute Ruhe, bis die Wunde vollkommen verheilt ist, aber wenigstens für ein paar Tage. Das würde schon enorm helfen.“
Taylor fischte eine Taschenuhr aus seiner Jacke hervor und prüfte kurz die Zeit.
„Ich kann nicht lange bleiben“, stellte er dann klar, während er sich locker an den Türrahmen lehnte und die Uhr wieder verschwinden ließ. „Es ist besser, wenn ich an anderen Fronten kämpfe... und außerdem muss ich mich möglichst bald beim Yard blicken lassen.“
Sein Tonfall klang ebenfalls nicht sonderlich begeistert.
„Ich bin tatsächlich nur hier, um mit Charles zu sprechen“, fuhr er fort, „nicht, um einem Kollegen die Stelle streitig zu machen. Ich gebe Charles ein paar Minuten, sich zu beruhigen, und die Zeit kann ich sinnvoll nutzen, um mir Ihre Wunde anzusehen“, wandte er sich wieder direkt an Randolph.
„Danach werde ich mich nicht mehr abwimmeln lassen. Ich habe kaum Ausrüstung dabei, aber es schadet nicht, wenn ich den Verband wechsle. Ich kann später mit den passenden Hilfsmitteln zurückkehren und mehr für Sie tun, sollte sich die Notwendigkeit dafür zeigen. Sicherlich finde ich auch einen Weg, Ihre verlorene Arzttasche zu ersetzen. Dann müssen Sie nur noch einen Weg finden, ein paar Tage lang das Bein nicht zu bewegen oder zu belasten.“
Zuletzt von Umbra am Fr Nov 17 2017, 14:40 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Das leichte Frösteln, was den jungen Boxer überkam, war nicht seiner Begleitung geschuldet, sondern dem Umstand, dass er durch die nächtlichen Ereignisse leicht verschwitzt war und die Kälte sich allmählich ihren Weg unter seine Muskeln suchte.
Sein Blick war langsam über die Zuschauerränge bis in die vorderste Sitzreihe gewandert und verharrte dort.
Was er hier tat war denkbar töricht und kopflos. Es musste dem Hass auf Londons System geschuldet sein, dass er die einzelnen Fetzen, die er in Erfahrung gebracht hatte nicht einfach auf sich beruhen lassen konnte. Die großen spielten mit den kleinen. Wenn ein Mann wie Charles Norly jedoch der kleine war, dann musste es ein Spiel mit wahrlich hohem Einsatz sein, in dem Menschenleben nicht viel zählten. Sein Blick huschte flüchtig zu Maura Thomson. Vom Schicksal in so ein Abenteuer gezogen zu sein war eine unvergleichliche Erfahrung und die Frau bewies Mut, den man ihr hoch anrechnen musste, denn sonderlich naiv erschien sie ihm nicht. Dennoch passte sie weit weniger in die Gruppe von seltsamen Weggefährten, wie die übrigen. Selbst er, hätte als angehöriger der Norlybande wohl keinen Bürger auf einem Fahndungsplakat neben Scarface verblüfft. Anders Maura. Die Frau passte nicht so ganz ins Raster und ihr Fahndungsbild neben jemanden wie Norly würde für Fragen sorgen.
Bruce bemerkte, wie er sich in seine Gedanken zu verrennen begann. Zuviel was er nicht wusste. Die Zeit arbeitete gegen sie und im Moment ließ er sie einfach verstreichen, wo diese Chance doch nur durch ein geradezu unverschämtes Glück entstanden war.
Mit jugendhaften Elan sprang er wieder von seinem Sitzplatz und wandte sich Maura Thomson zu. „Bitte verzeihen Sie, ich ziehe mich dann zurück. Wir sollten für Morgen etwas Schlaf finden.“ Mit den raschen Worten verließ Bruce den Saal in einem Tempo, welches ein wenig zu hastig schien, um ruhig zu wirken.
Sein Weg führte zur Tür, in der er Norly hatte verschwinden sehen, nachdem er sich, von der Situation überfordert zurückgezogen hatte. Bruce sah sich verstohlen um und lauschte kurz an der Tür, als er niemanden sonst im Gang bemerkte. Er klopfte zweimal möglichst behutsam an der Tür und rief halblaut, so dass es hoffentlich sonst niemand mitbekommen würde, ins Innere. „Mr. Norly?“.
Es dauerte einen Moment ehe ein merklich unleidsames „Was denn?“ aus dem Raum Charles Anwesenheit quittierte.
Der Boxer handelte rasch. Er drückte den Türknauf und offensichtlich war die Türe nicht verschlossen. Er öffnete die Türe gerade so weit, um in einer fließenden Bewegung in den Raum zu huschen und schloss sie wieder rasch und behutsam, wobei er sich mit den Füßen so nah an die Türe stellte, dass man sie nicht ohne weiteres würde öffnen können.
Norlys Anblick war beunruhigend, wobei Bruce sich bereits auf einiges eingestellt hatte. Der gefürchtete Mann saß, nur in eine Decke gewickelt auf einer schmutzig erscheinenden Couch und hielt eine offene Flasche Whiskey in der Hand, von der er offenbar schon getrunken hatte. Seine andere Hand schien er bei Bruce eintreten rasch unter die Decke geschoben zu haben. Womöglich versteckte er eine Waffe oder etwas anderes, dass nicht für die Augen des Eindringlings bestimmt war. Ein flüchtiger Blick über den Raum gab allerdings bereits das Gewehr, eine Pistole und ein Messer am Tisch preis, was schon reichlich Bewaffnung für einen einzigen Mann darstellte.
Der Schotte beabsichtigte weder Norly noch sich selbst die Zeit zu geben auf dumme Gedanken zu kommen und sprach deshalb sofort los. „Der Scarface Mythos wird verwendet, um dunkle Machenschaften in der Stadt zu verbergen. Die Presse und vielleicht sogar das Yard werden dafür Manipuliert und es scheint jemanden in ihrer Nähe zu geben, der diese Leute über ihre Schritte in Kenntnis setzt.“
Bruce verharrte kerzengerade vor der Türe und war angespannt, wie selten zuvor in seinem Leben. Womöglich war er gerade schwungvoll in ein Messer gelaufen, doch selbst wenn er soeben dem Falschen vertrauen schenkte, hatte er doch zumindest eindeutig Flagge gezeigt. Norly würde mit den Informationen umgehen wie er wollte, aber wenn auch nur etwas davon neu für ihn war, konnten die Worte wie eine Bombe gewirkt haben. Angespannt beobachtete der Boxer den Mann vor sich um ihn zu deuten. Wenn Charles körperlich reagieren würde, fühlte sich Bruce zumindest in seinem Element.
Sein Blick war langsam über die Zuschauerränge bis in die vorderste Sitzreihe gewandert und verharrte dort.
Was er hier tat war denkbar töricht und kopflos. Es musste dem Hass auf Londons System geschuldet sein, dass er die einzelnen Fetzen, die er in Erfahrung gebracht hatte nicht einfach auf sich beruhen lassen konnte. Die großen spielten mit den kleinen. Wenn ein Mann wie Charles Norly jedoch der kleine war, dann musste es ein Spiel mit wahrlich hohem Einsatz sein, in dem Menschenleben nicht viel zählten. Sein Blick huschte flüchtig zu Maura Thomson. Vom Schicksal in so ein Abenteuer gezogen zu sein war eine unvergleichliche Erfahrung und die Frau bewies Mut, den man ihr hoch anrechnen musste, denn sonderlich naiv erschien sie ihm nicht. Dennoch passte sie weit weniger in die Gruppe von seltsamen Weggefährten, wie die übrigen. Selbst er, hätte als angehöriger der Norlybande wohl keinen Bürger auf einem Fahndungsplakat neben Scarface verblüfft. Anders Maura. Die Frau passte nicht so ganz ins Raster und ihr Fahndungsbild neben jemanden wie Norly würde für Fragen sorgen.
Bruce bemerkte, wie er sich in seine Gedanken zu verrennen begann. Zuviel was er nicht wusste. Die Zeit arbeitete gegen sie und im Moment ließ er sie einfach verstreichen, wo diese Chance doch nur durch ein geradezu unverschämtes Glück entstanden war.
Mit jugendhaften Elan sprang er wieder von seinem Sitzplatz und wandte sich Maura Thomson zu. „Bitte verzeihen Sie, ich ziehe mich dann zurück. Wir sollten für Morgen etwas Schlaf finden.“ Mit den raschen Worten verließ Bruce den Saal in einem Tempo, welches ein wenig zu hastig schien, um ruhig zu wirken.
Sein Weg führte zur Tür, in der er Norly hatte verschwinden sehen, nachdem er sich, von der Situation überfordert zurückgezogen hatte. Bruce sah sich verstohlen um und lauschte kurz an der Tür, als er niemanden sonst im Gang bemerkte. Er klopfte zweimal möglichst behutsam an der Tür und rief halblaut, so dass es hoffentlich sonst niemand mitbekommen würde, ins Innere. „Mr. Norly?“.
Es dauerte einen Moment ehe ein merklich unleidsames „Was denn?“ aus dem Raum Charles Anwesenheit quittierte.
Der Boxer handelte rasch. Er drückte den Türknauf und offensichtlich war die Türe nicht verschlossen. Er öffnete die Türe gerade so weit, um in einer fließenden Bewegung in den Raum zu huschen und schloss sie wieder rasch und behutsam, wobei er sich mit den Füßen so nah an die Türe stellte, dass man sie nicht ohne weiteres würde öffnen können.
Norlys Anblick war beunruhigend, wobei Bruce sich bereits auf einiges eingestellt hatte. Der gefürchtete Mann saß, nur in eine Decke gewickelt auf einer schmutzig erscheinenden Couch und hielt eine offene Flasche Whiskey in der Hand, von der er offenbar schon getrunken hatte. Seine andere Hand schien er bei Bruce eintreten rasch unter die Decke geschoben zu haben. Womöglich versteckte er eine Waffe oder etwas anderes, dass nicht für die Augen des Eindringlings bestimmt war. Ein flüchtiger Blick über den Raum gab allerdings bereits das Gewehr, eine Pistole und ein Messer am Tisch preis, was schon reichlich Bewaffnung für einen einzigen Mann darstellte.
Der Schotte beabsichtigte weder Norly noch sich selbst die Zeit zu geben auf dumme Gedanken zu kommen und sprach deshalb sofort los. „Der Scarface Mythos wird verwendet, um dunkle Machenschaften in der Stadt zu verbergen. Die Presse und vielleicht sogar das Yard werden dafür Manipuliert und es scheint jemanden in ihrer Nähe zu geben, der diese Leute über ihre Schritte in Kenntnis setzt.“
Bruce verharrte kerzengerade vor der Türe und war angespannt, wie selten zuvor in seinem Leben. Womöglich war er gerade schwungvoll in ein Messer gelaufen, doch selbst wenn er soeben dem Falschen vertrauen schenkte, hatte er doch zumindest eindeutig Flagge gezeigt. Norly würde mit den Informationen umgehen wie er wollte, aber wenn auch nur etwas davon neu für ihn war, konnten die Worte wie eine Bombe gewirkt haben. Angespannt beobachtete der Boxer den Mann vor sich um ihn zu deuten. Wenn Charles körperlich reagieren würde, fühlte sich Bruce zumindest in seinem Element.
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Charles kauerte auf der Couch, die Decke eng um seinen nackten Körper geschlungen, und zitterte unkontrolliert. Ihm war immer noch so kalt, dass er kaum Gefühl in seinen Gliedern hatte – von beginnenden höllischen Brennen seiner Finger und Zehen einmal abgesehen. Wenigstens merkte er daran, dass er äußerlich langsam auftaute. Innerlich wirkte der Whisky deutlich angenehmer – sowohl als Aufwärmer als auch als Beruhigungsmittel. Es ging seiner Stimmung dadurch nicht besser, nicht wirklich zumindest, allerdings merkte er, dass sich der aufgewühlte Gefühlssturm in seinem Inneren etwas an Intensität verlor. Leider ließ das keine Leere zurück. Die Trauer verschwand dadurch nicht... genauso wenig wie der gleißende Zorn. Die Ereignisse der letzten Tage hatten sich überschlagen und Charles war sich bewusst, dass er überfordert damit war. Er fühlte sich in die Ecke gedrängt, wie ein verletztes Tier. Er stand vor der Entscheidung, ob er sich noch weiter in die Enge treiben lassen oder vorpreschen und angreifen sollte. Beides gefiel ihm nicht. Er wollte seinen Weg gehen, seine Stärke waren Planung und Taktik. Elemente der Überraschung. Damit war er gut gefahren, bis alles aus dem Ruder gelaufen war. Dieser Weg war inzwischen zwar immer noch erfolgsversprechend, aber äußerst risikobehaftet. Charles fürchtete sich nicht vor Konsequenzen für sich, sondern vor weiteren Verlusten. Die letzten Morde waren geschehen, um ihn aus der Reserve zu locken... um ihn zur ungeplanter Impulsivität zu verleiten. Dessen war er sich bewusst. Ed und Johanna waren eine deutliche Botschaft gewesen. Die anderen jedoch... jeder grausam für sich, aber sie hatten eher denunzierenden oder Trittbrettcharakter gehabt. Selbst das Ende von Cook. Dieses stach zwar aufgrund der Folter aus den anderen Fällen hervor, aber es passte trotzdem ins Bild. Ein weiterer Toter aus Charles‘ Bekanntenkreis, wenn auch eher aus dem entfernten. Mrs. Thomson war unverschämt und absolut unsensibel, aber sie war nicht auf den Kopf gefallen. Cook hatte sich sicher geweigert, dem Mörder gewünschte Informationen herauszugeben – Informationen, die er sammelte und hortete, um Charles damit Genick zu brechen. Dass Johannas Existenz in Erfahrung gebracht und gegen ihn genutzt wurde, war Beweis genug, welch leidenschaftliche Feinde hinter dieser Sache stecken mussten. Cooks Tod war nur ein Puzzleteil im Gesamtbild. Ihnen war es verdammt ernst damit. Charles fragte sich, ob Cooks Kooperation ihm das Leben gerettet hätte. Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Den anderen hatte es scheinbar nichts genützt. Wahrscheinlich wäre Cook nicht gefoltert worden. Ob er trotz Folter standhaft geblieben war, blieb unklar für Charles, aber da er sich bewusst war, was Cook über ihn in der Hand gehabt hatte, stimmte er Mrs. Thomson nicht zu: Es lohnte sich nicht, sich mit Cook und dem zu beschäftigen, was er gewusst hatte. Zumindest ging das niemanden etwas an. Interessanter wäre es zu erfahren, wie der Mörder von Cooks Verbindung zu Charles erfahren hatte. Dessen war sich Charles unklar. Aber auch dies ging niemanden außer ihn etwas an. Genauso wenig, wie Johannas Verbindung zu Charles irgendjemanden irgendetwas angegangen hätte... Er konnte es absolut nicht leiden, wenn jemand in seinem Privatleben herumschnüffelte. Ihm war ja selbst noch nicht einmal bewusst gewesen, dass er eine Tochter gezeugt hatte... vielleicht. Vielleicht war sie ja seine Nichte gewesen. Oder das Kind eines anderen. Wie auch immer. Der Verrat seines Bruders und Sofia Steads in dieser Angelegenheit zürnte ihn immer noch ungeheuerlich, während er daran dachte. Die beiden hatten sich bestimmt einen Spaß daraus gemacht, ihn zum Narren zu halten. Ein Spaß, der schlussendlich auch auf Sofias und Johannas Kosten gegangen war. Das Schlimmste daran war aber immer noch, dass die Hintermänner der Scarface-Morde irgendwie davon Wind bekommen hatten. Charles bereute es, hier in London zu sein, während Porter in Manchester verblieben war und atmen und weiterspotten durfte.
Rachegelüste goren in Charles‘ Brust, wo sie sich mit der übrigen Wut, der Trauer, der Verzweiflung und dämmrigen Whiskywärme zu einem brodelnden Gemisch vermengten. Ihm war elend zumute. Er wusste, dass Alkohol diesen Zustand nicht verbessern würde, aber wenigstens würde er sein Bewusstsein dafür betäuben. Die Menge, die er bereits getrunken hatte, glaubte er, wirkte in dieser Hinsicht bereits positiv. Er spürte das Ergebnis von Atemzug zu Atemzug mehr. Die Leichtigkeit, die ihn durchflutete, war ein willkommener Trost. Kein kompletter Trost, selbstverständlich, aber es half. Charles wollte gerade die Flasche erneut ansetzen, um zu trinken (obwohl es eigentlich eine Schande war, ein so edles Getränk nicht zu genießen), als ein störendes Geräusch in erschreckte. Es klopfte an der Tür. Und eine Stimme erkundigte sich nach ihm, die er Drews schlagkräftigem Begleiter zuordnete. Charles‘ Miene verfinsterte sich, während er die Flasche wieder auf seinen Schoß sinken ließ.
Ein unzufriedenes Knurren drang aus seiner Kehle. Er hatte keine Lust, sich mit auch nur irgendwem zu befassen. Er warf dem Störenfried ein entnervtes „Was denn?“ entgegen, in der Hoffnung, dass dieser daraufhin merken würde, dass er ungelegen kam.
Leider weit gefehlt. Tatsächlich überrascht, dass sich die Tür plötzlich öffnete und der blonde Schotte einfach eintrat, zuckte Charles zusammen wie ein Kind, das man beim unerlaubten Stibitzen von Keksen ertappt hatte. Er versuchte aber nicht, die Flasche zu verbergen, sondern schob seine (eisig kalte) Prothese unter die Decke – zu hastig, um unauffällig zu sein. Dem Eindringling entging das natürlich nicht, aber immerhin hatte Charles verhindern können, diesem Kerl eine weitere Blöße zu offenbaren... es reichte ja wohl, dass er gerade nackt und sich ungeniert am Betrinken war. Auch das hatte Charles sicher nicht gern mit anderen teilen wollen, aber dass nur eine seiner Hände aus Fleisch und Blut war, ging beim besten Willen niemanden etwas an. Vom Stürmen seiner Privatsphäre überrumpelt, kam Charles allerdings nicht dazu, sich darüber zu echauffieren – zumindest nicht sofort, weil der Schotte die Gelegenheit nutzte und sofort auf ihn einredete.
Charles erwiderte dessen musternden Blick düster und entgegnete dann, als man ihn zu Wort kommen ließ sarkastisch:
„Oh, natürlich, treten Sie einfach ein!“
Was für eine Unverschämtheit! Charles ärgerte sich darüber, dass er offenbar vergessen hatte, hinter sich die Tür zu verschließen. Aber normalerweise gebot es der Anstand ja, dass man davor wartete, solange man nicht reingebeten worden war.
„Ich bin zwar gerade beschäftigt“, fuhr er fort, „und absolut nicht in Stimmung, mich über mir längst bekannte Offensichtlichkeiten informieren zu lassen... aber nur zu! Ergötzen Sie sich an meiner Situation wie diese Frau“, er spie diesen Ausdruck aus, „es tut. Reiben Sie mir es unter die Nase! ‚Sehen Sie nur, Mr. Norly!‘“, äffte er gereizt nach und gestikulierte mit der Flasche in der Hand. „‚Man hat Sie in eine Falle gelockt und spielt grausame Spielchen mit Ihnen. Man spioniert Ihnen hinterher und nimmt Ihnen alles weg, das Ihnen lieb ist!‘ Als ob ich das nicht selbst wüsste!“
Charles knurrte ungehalten und durchbohrte seinen Gegenüber mit seinem Blick. Ihm war diese Gesellschaft unangenehm. Er war wirklich nicht in der passenden Laune, sich auch noch verbal mit diesem Thema auseinandersetzen zu müssen... außerdem war ihm seine derzeitige Verfassung peinlich. Unwirsch zog er die Decke enger um sich.
„Könnten Sie vielleicht aufhören, mich anzustarren?“, grollte Charles und schenkte seinerseits irgendeinem Punkt in der Leere Aufmerksamkeit. „Das macht es nicht besser. Mir ist bewusst, dass dieser Moment nicht gerade glanzvoll für mich ist. Aber selbst ich habe ja wohl das Recht darauf, zu trauern. Verurteilen Sie mich nicht dafür. Sie haben gar keine Vorstellung davon, wie das für mich ist. Aber vielleicht bekommen Sie die noch, während Sie vielleicht der nächste sind, der ausgeweidet wird, nur weil ich mit Ihnen geredet habe.“
Charles setzte sich die Flasche an die Lippen und genehmigte sich noch einen großzügigen Schluck vom Whisky. Er war weich und mild im Geschmack, fast wie ein Likör, aber das feurige Brennen im Rachenraum, das er hinterließ, verriet, dass er durchaus sehr gehaltvoll war. Charles musste leicht husten, während der Alkohol seine Wirkung tat und sich erneute Welle von Wärme in seiner Brust ausbreitete.
Das half ihm dabei, bei seinen nächsten Worten nicht mehr ganz so gereizt zu klingen. Nun hörte sich sein Tonfall eher resigniert an. Das fiel ihm selbst auf, aber er machte sich keine Mühe, sich zu verstellen.
„Es fühlt sich genauso an – wissen Sie?“, griff er seine vorherige Äußerung auf. „Wie ein Messer im Inneren, das bohrt und bohrt und schlitzt. Jeder Schnitt trennt mir Fleisch von den Knochen... ich blute aus, mehr und mehr. Ich fürchte, es wird mich in die Knie zwingen. Hat es das schon? Ich bin mir unsicher.“
Charles setzte die Flasche erneut an, trank jedoch nicht, sondern ließ sie wieder ein wenig sinken, um weiterzusprechen.
„... Also treten Sie nicht noch nach. Wie Sie sehen, versuche ich mich gerade zu sammeln, also lassen Sie mich zufrieden. Dunkle Machenschaften...“ Als er diese Worte des Schotten wiederholte, musste er aus verzweifelter Belustigung glucksen, bevor seine Miene wieder ernst wurde.
„Sie sollten verschwinden“, sagte Charles ihm, „bevor es zu spät ist. Aber vermutlich ist es das schon. Bedanken Sie sich bei ihm, sobald es für Sie hässlich wird.“
Nun fixierte er den Störenfried wieder und seine Augen wurden schmaler.
„Bei Drew, nicht bei mir“, erklärte er. „Er hat Sie ganz schön reingeritten. Nun gibt es kein Zurück. So funktioniert das: sie folgen mir, töten Menschen und graben alte Familiengeheimnisse aus. Setzen mir dieses Mädchen vor. Schießen mein Schiff ab... Alles nur, um mich leiden zu sehen. Und nun sind Sie mittendrin. Herzlichen Glückwunsch.“
Rachegelüste goren in Charles‘ Brust, wo sie sich mit der übrigen Wut, der Trauer, der Verzweiflung und dämmrigen Whiskywärme zu einem brodelnden Gemisch vermengten. Ihm war elend zumute. Er wusste, dass Alkohol diesen Zustand nicht verbessern würde, aber wenigstens würde er sein Bewusstsein dafür betäuben. Die Menge, die er bereits getrunken hatte, glaubte er, wirkte in dieser Hinsicht bereits positiv. Er spürte das Ergebnis von Atemzug zu Atemzug mehr. Die Leichtigkeit, die ihn durchflutete, war ein willkommener Trost. Kein kompletter Trost, selbstverständlich, aber es half. Charles wollte gerade die Flasche erneut ansetzen, um zu trinken (obwohl es eigentlich eine Schande war, ein so edles Getränk nicht zu genießen), als ein störendes Geräusch in erschreckte. Es klopfte an der Tür. Und eine Stimme erkundigte sich nach ihm, die er Drews schlagkräftigem Begleiter zuordnete. Charles‘ Miene verfinsterte sich, während er die Flasche wieder auf seinen Schoß sinken ließ.
Ein unzufriedenes Knurren drang aus seiner Kehle. Er hatte keine Lust, sich mit auch nur irgendwem zu befassen. Er warf dem Störenfried ein entnervtes „Was denn?“ entgegen, in der Hoffnung, dass dieser daraufhin merken würde, dass er ungelegen kam.
Leider weit gefehlt. Tatsächlich überrascht, dass sich die Tür plötzlich öffnete und der blonde Schotte einfach eintrat, zuckte Charles zusammen wie ein Kind, das man beim unerlaubten Stibitzen von Keksen ertappt hatte. Er versuchte aber nicht, die Flasche zu verbergen, sondern schob seine (eisig kalte) Prothese unter die Decke – zu hastig, um unauffällig zu sein. Dem Eindringling entging das natürlich nicht, aber immerhin hatte Charles verhindern können, diesem Kerl eine weitere Blöße zu offenbaren... es reichte ja wohl, dass er gerade nackt und sich ungeniert am Betrinken war. Auch das hatte Charles sicher nicht gern mit anderen teilen wollen, aber dass nur eine seiner Hände aus Fleisch und Blut war, ging beim besten Willen niemanden etwas an. Vom Stürmen seiner Privatsphäre überrumpelt, kam Charles allerdings nicht dazu, sich darüber zu echauffieren – zumindest nicht sofort, weil der Schotte die Gelegenheit nutzte und sofort auf ihn einredete.
Charles erwiderte dessen musternden Blick düster und entgegnete dann, als man ihn zu Wort kommen ließ sarkastisch:
„Oh, natürlich, treten Sie einfach ein!“
Was für eine Unverschämtheit! Charles ärgerte sich darüber, dass er offenbar vergessen hatte, hinter sich die Tür zu verschließen. Aber normalerweise gebot es der Anstand ja, dass man davor wartete, solange man nicht reingebeten worden war.
„Ich bin zwar gerade beschäftigt“, fuhr er fort, „und absolut nicht in Stimmung, mich über mir längst bekannte Offensichtlichkeiten informieren zu lassen... aber nur zu! Ergötzen Sie sich an meiner Situation wie diese Frau“, er spie diesen Ausdruck aus, „es tut. Reiben Sie mir es unter die Nase! ‚Sehen Sie nur, Mr. Norly!‘“, äffte er gereizt nach und gestikulierte mit der Flasche in der Hand. „‚Man hat Sie in eine Falle gelockt und spielt grausame Spielchen mit Ihnen. Man spioniert Ihnen hinterher und nimmt Ihnen alles weg, das Ihnen lieb ist!‘ Als ob ich das nicht selbst wüsste!“
Charles knurrte ungehalten und durchbohrte seinen Gegenüber mit seinem Blick. Ihm war diese Gesellschaft unangenehm. Er war wirklich nicht in der passenden Laune, sich auch noch verbal mit diesem Thema auseinandersetzen zu müssen... außerdem war ihm seine derzeitige Verfassung peinlich. Unwirsch zog er die Decke enger um sich.
„Könnten Sie vielleicht aufhören, mich anzustarren?“, grollte Charles und schenkte seinerseits irgendeinem Punkt in der Leere Aufmerksamkeit. „Das macht es nicht besser. Mir ist bewusst, dass dieser Moment nicht gerade glanzvoll für mich ist. Aber selbst ich habe ja wohl das Recht darauf, zu trauern. Verurteilen Sie mich nicht dafür. Sie haben gar keine Vorstellung davon, wie das für mich ist. Aber vielleicht bekommen Sie die noch, während Sie vielleicht der nächste sind, der ausgeweidet wird, nur weil ich mit Ihnen geredet habe.“
Charles setzte sich die Flasche an die Lippen und genehmigte sich noch einen großzügigen Schluck vom Whisky. Er war weich und mild im Geschmack, fast wie ein Likör, aber das feurige Brennen im Rachenraum, das er hinterließ, verriet, dass er durchaus sehr gehaltvoll war. Charles musste leicht husten, während der Alkohol seine Wirkung tat und sich erneute Welle von Wärme in seiner Brust ausbreitete.
Das half ihm dabei, bei seinen nächsten Worten nicht mehr ganz so gereizt zu klingen. Nun hörte sich sein Tonfall eher resigniert an. Das fiel ihm selbst auf, aber er machte sich keine Mühe, sich zu verstellen.
„Es fühlt sich genauso an – wissen Sie?“, griff er seine vorherige Äußerung auf. „Wie ein Messer im Inneren, das bohrt und bohrt und schlitzt. Jeder Schnitt trennt mir Fleisch von den Knochen... ich blute aus, mehr und mehr. Ich fürchte, es wird mich in die Knie zwingen. Hat es das schon? Ich bin mir unsicher.“
Charles setzte die Flasche erneut an, trank jedoch nicht, sondern ließ sie wieder ein wenig sinken, um weiterzusprechen.
„... Also treten Sie nicht noch nach. Wie Sie sehen, versuche ich mich gerade zu sammeln, also lassen Sie mich zufrieden. Dunkle Machenschaften...“ Als er diese Worte des Schotten wiederholte, musste er aus verzweifelter Belustigung glucksen, bevor seine Miene wieder ernst wurde.
„Sie sollten verschwinden“, sagte Charles ihm, „bevor es zu spät ist. Aber vermutlich ist es das schon. Bedanken Sie sich bei ihm, sobald es für Sie hässlich wird.“
Nun fixierte er den Störenfried wieder und seine Augen wurden schmaler.
„Bei Drew, nicht bei mir“, erklärte er. „Er hat Sie ganz schön reingeritten. Nun gibt es kein Zurück. So funktioniert das: sie folgen mir, töten Menschen und graben alte Familiengeheimnisse aus. Setzen mir dieses Mädchen vor. Schießen mein Schiff ab... Alles nur, um mich leiden zu sehen. Und nun sind Sie mittendrin. Herzlichen Glückwunsch.“
Umbra- Tiefseemonster
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Norlys Worte nahmen dem Boxer ganz gewaltig den Wind aus den Segeln. Bruce blickte beinahe beschämt zu Boden, dort wo sein fast neuer Mantel mit dem schlecht von ihm zusammengenähten Degenschlitz, welchen er Charles ehemaligen Bandenmitglied zu verdanken hatte, nun wie ein alter Putzlumpen auf dem Fußboden zwischen Norly und ihm lag.
Natürlich wusste Norly etwas über die Vorgänge, doch warum zum Teufel half er seinen Peinigern bei ihren Plänen? War es ihm egal, dass sie ihn wie eine Marionette missbrauchten, oder war er wirklich so chancenlos? Was hatten sie gegen ihn in der Hand, dass er ihr schmutziges Spiel mitmachte? Es mochte sein, dass sie den Mann, den die halbe Welt für gefährlich hielt, in die Knie gezwungen hatten, doch Bruce würde sich vor London und seinem korrupten System nicht beugen.
Sollte er einfach gehen, so wie es der angetrunkene Norly sich wünschte? Auf eigene Faust weiterforschen? Sein Gegenüber schien zumindest nicht interessiert zu kämpfen. Vermutlich konnte er es nicht. Etwas hielt ihn auf. Bruce war nicht wortgewandt. Er wusste nicht, wie er diesem Mann Trost spenden oder zu klaren Worten bewegen konnte. Charles Norly war nicht sein Feind. Bei seiner momentanen Lage und mehr als deutlichen Körpersprache hätte er anders auf den Schotten reagiert, wenn er selbst ihn als Bedrohung oder möglichen Gegner in Betracht gezogen hätte. Er glich keinem in die Ecke gedrängten Raubtier, sondern eher einem verängstigten Lamm.
Der Schotte lehnte sich mit dem Rücken an die Tür, wobei sein muskulöser Körper das alte Holz schon durch den leichten druck leise zum knarzen brachte. Er würde wohl alleine weiter machen. Diese Leute, die wohl allesamt Opfer der stadtumspannenden Intrige geworden waren, schienen nicht wirklich im Stande, sich gegen das zu behaupten, was man mit ihnen veranstaltete. Bruce war damals genauso in die Falle gegangen. Naivität, Unachtsamkeit, irgendeine Schwäche fand sich doch bei jedem Menschen die man zum Vorteil gebrauchen konnte, wenn man skrupellos genug war. Im Fall das Boxers war es im Grunde ein einfaches Verbrechen gewesen. Betrug, ohne schlimme Folgen. Das was hier stattfand, war jedoch beinahe schon ein Krieg. Momente verstrichen in denen Bruce nach Worten suchte und mit der Entscheidung Rang, nicht tatsächlich einfach den Raum und das Theater zu verlassen, wie es ihm von seinem Gegenüber herzlich empfohlen worden war. Weißt du, was ich auf mich genommen habe um heute Nacht hier zu sein? Sein Blick wurde mit einem mal düsterer und fast schon bedrohlich, während er noch immer auf seinen Mantel am Boden starrte.
"78682109." Bruce sprach die Nummer, die er inzwischen auswendig kannte und mit der ein Eingeweihter vielleicht viel anfangen konnte, in ruhigem beherrschten Tonfall. Der Schläger im Park war jedenfalls so etwas wie ein Test gewesen. Ein Spiel das man mit ihm gespielt hatte, noch ehe Bruce auf die Fährte der Verbrechen um Charles Norly gekommen war. "Sie haben gewonnen, Mr Norly. Ich werde alleine nach Antworten suchen. Ich weiß nicht, was diese Leute gegen Sie in der Hand haben und sie müssen es mir auch nicht sagen, aber ich bin nicht der Einzige in der Stadt der Fragen stellt und nach und nach über die Hintergründe dessen stolpert, was hier geschieht. Was war das für eine Maschine in Lambeth, die dieser Mr. C gesprengt hat? Warum streunen dort nachts immer noch bewaffnete herum? Ihr ehemaliger Begleiter, der der Chief Commissioner Hills Haus angezündet hat, fürchtet diesen Mr. C und Sie, Mr. Norly." Bruce sah Charles nun doch endlich wieder an und wirkte dabei wieder kühl und selbstsicher, auch wenn seine Worte nur mit dem Mut der Verzweiflung über seine Lippen kamen. "Ich weiß fast nichts, über die ganze Sache, aber wie sie bereits festgestellt haben, bin ich nur ein wildes Tier. Einige Leute mit Verstand werden sicher schon weit mehr in Erfahrung gebracht haben als ich. Leute, die morgen die Zeitung lesen und in den Nebenberichten nach Hinweisen auf die Taten suchen, die im Schatten des Flugschiffabschusses vertuscht werden. Ihr ehemaliger Begleiter hat davon gesprochen, dass sie eine Rebellion anzetteln wollten. Selbst wenn sie das nicht tun, werden sie feststellen, dass die Bürger von London sich nicht alles gefallen lassen."
Bruce machte einen Schritt nach vorne um seinen Mantel aufzuheben. Scheinbar war er Charles Präsenz gegenüber inzwischen gleichgültig eingestellt, doch täuschte dies. Wenn Norly reagieren würde, dann jetzt. Bewaffnet konnte der Mann noch sein, denn es war sicher kein Geld, was er so rasch unter der Decke versteckt hatte. Bruce wusste nicht, ob es ihm nicht tatsächlich gleichgültig sein sollte, wenn er nur ein armes Opfer vor sich hatte. Er hatte sein Pulver verschossen und Norly damit vermutlich kaum etwas neues erzählt. Dass der Säufer mit dem Degen ihn fürchtete, konnte aber durchaus nicht Grundlos sein und Bruce war bereit, diese Seite an dem Mann mit der markanten Narbe kennen zu lernen.
Natürlich wusste Norly etwas über die Vorgänge, doch warum zum Teufel half er seinen Peinigern bei ihren Plänen? War es ihm egal, dass sie ihn wie eine Marionette missbrauchten, oder war er wirklich so chancenlos? Was hatten sie gegen ihn in der Hand, dass er ihr schmutziges Spiel mitmachte? Es mochte sein, dass sie den Mann, den die halbe Welt für gefährlich hielt, in die Knie gezwungen hatten, doch Bruce würde sich vor London und seinem korrupten System nicht beugen.
Sollte er einfach gehen, so wie es der angetrunkene Norly sich wünschte? Auf eigene Faust weiterforschen? Sein Gegenüber schien zumindest nicht interessiert zu kämpfen. Vermutlich konnte er es nicht. Etwas hielt ihn auf. Bruce war nicht wortgewandt. Er wusste nicht, wie er diesem Mann Trost spenden oder zu klaren Worten bewegen konnte. Charles Norly war nicht sein Feind. Bei seiner momentanen Lage und mehr als deutlichen Körpersprache hätte er anders auf den Schotten reagiert, wenn er selbst ihn als Bedrohung oder möglichen Gegner in Betracht gezogen hätte. Er glich keinem in die Ecke gedrängten Raubtier, sondern eher einem verängstigten Lamm.
Der Schotte lehnte sich mit dem Rücken an die Tür, wobei sein muskulöser Körper das alte Holz schon durch den leichten druck leise zum knarzen brachte. Er würde wohl alleine weiter machen. Diese Leute, die wohl allesamt Opfer der stadtumspannenden Intrige geworden waren, schienen nicht wirklich im Stande, sich gegen das zu behaupten, was man mit ihnen veranstaltete. Bruce war damals genauso in die Falle gegangen. Naivität, Unachtsamkeit, irgendeine Schwäche fand sich doch bei jedem Menschen die man zum Vorteil gebrauchen konnte, wenn man skrupellos genug war. Im Fall das Boxers war es im Grunde ein einfaches Verbrechen gewesen. Betrug, ohne schlimme Folgen. Das was hier stattfand, war jedoch beinahe schon ein Krieg. Momente verstrichen in denen Bruce nach Worten suchte und mit der Entscheidung Rang, nicht tatsächlich einfach den Raum und das Theater zu verlassen, wie es ihm von seinem Gegenüber herzlich empfohlen worden war. Weißt du, was ich auf mich genommen habe um heute Nacht hier zu sein? Sein Blick wurde mit einem mal düsterer und fast schon bedrohlich, während er noch immer auf seinen Mantel am Boden starrte.
"78682109." Bruce sprach die Nummer, die er inzwischen auswendig kannte und mit der ein Eingeweihter vielleicht viel anfangen konnte, in ruhigem beherrschten Tonfall. Der Schläger im Park war jedenfalls so etwas wie ein Test gewesen. Ein Spiel das man mit ihm gespielt hatte, noch ehe Bruce auf die Fährte der Verbrechen um Charles Norly gekommen war. "Sie haben gewonnen, Mr Norly. Ich werde alleine nach Antworten suchen. Ich weiß nicht, was diese Leute gegen Sie in der Hand haben und sie müssen es mir auch nicht sagen, aber ich bin nicht der Einzige in der Stadt der Fragen stellt und nach und nach über die Hintergründe dessen stolpert, was hier geschieht. Was war das für eine Maschine in Lambeth, die dieser Mr. C gesprengt hat? Warum streunen dort nachts immer noch bewaffnete herum? Ihr ehemaliger Begleiter, der der Chief Commissioner Hills Haus angezündet hat, fürchtet diesen Mr. C und Sie, Mr. Norly." Bruce sah Charles nun doch endlich wieder an und wirkte dabei wieder kühl und selbstsicher, auch wenn seine Worte nur mit dem Mut der Verzweiflung über seine Lippen kamen. "Ich weiß fast nichts, über die ganze Sache, aber wie sie bereits festgestellt haben, bin ich nur ein wildes Tier. Einige Leute mit Verstand werden sicher schon weit mehr in Erfahrung gebracht haben als ich. Leute, die morgen die Zeitung lesen und in den Nebenberichten nach Hinweisen auf die Taten suchen, die im Schatten des Flugschiffabschusses vertuscht werden. Ihr ehemaliger Begleiter hat davon gesprochen, dass sie eine Rebellion anzetteln wollten. Selbst wenn sie das nicht tun, werden sie feststellen, dass die Bürger von London sich nicht alles gefallen lassen."
Bruce machte einen Schritt nach vorne um seinen Mantel aufzuheben. Scheinbar war er Charles Präsenz gegenüber inzwischen gleichgültig eingestellt, doch täuschte dies. Wenn Norly reagieren würde, dann jetzt. Bewaffnet konnte der Mann noch sein, denn es war sicher kein Geld, was er so rasch unter der Decke versteckt hatte. Bruce wusste nicht, ob es ihm nicht tatsächlich gleichgültig sein sollte, wenn er nur ein armes Opfer vor sich hatte. Er hatte sein Pulver verschossen und Norly damit vermutlich kaum etwas neues erzählt. Dass der Säufer mit dem Degen ihn fürchtete, konnte aber durchaus nicht Grundlos sein und Bruce war bereit, diese Seite an dem Mann mit der markanten Narbe kennen zu lernen.
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Bruce ließ sie allein, was Maura gewissermaßen recht war. Sie blieb allein am Bühnenrand sitzen, schaute nachdenklich in den Zuschauerraum und erinnerte sich an die letzten Male, die sie im Theater gewesen war. Als gebildete und kultivierte Frau – so zumindest hatte sie seinerzeit wirken wollen – war das nicht selten gewesen. Die Bretter, die die Welt bedeuteten … Da war etwas Wahres dran. Für sie, der ihr ganzes Leben eigentlich ein einziges Schauspiel war, vielleicht noch mehr als für andere. Sie erinnerte sich an eine Zeit als Jugendliche, in der sie selbst vom Schauspielern geträumt hatte. Einfach von zu Hause fortlaufen und sich in ein aufregendes, unberechenbares Leben stürzen … Sie hatte mit ihrem Bruder George viel darüber gesprochen, da er ähnliche Wünsche hegte, aber getraut hatte sie sich dann doch nicht – ganz im Gegensatz zu George.
Wie es ihm wohl ging? Seit dem Tod ihres Mannes hatte sie ihm kein Geld mehr schicken können, dazu hatten sie und William selbst nicht mehr genug. Ihr kam seine Wohnung in den Sinn, dieser schmutzige kleine Ort in Soho, an dem er mehr hauste als lebte … und regelmäßig seinen Rausch ausschlief, sei es von Alkohol, Opium oder anderen Mitteln. Sie nahm es George nicht übel, dass er so lebte. Aber ihr Neid auf dieses Leben war schon lange vorüber.
Sie erhob sich langsam. Es war wirklich schade, dass sie nicht mehr über Dr. Taylor in Erfahrung hatte bringen können, aber sie war sich fast sicher, dass Bruce ihr nichts vorenthielt. Er war nicht der Typ dafür. Angenehm, eigentlich. Simpel, aber sympathisch … das waren Menschen, mit denen sie arbeiten konnte. Was für eine Rolle er in Zukunft spielen würde, konnte sie noch nicht einschätzen, aber vielleicht konnte sie Bruce ja für ihre Sache gewinnen … Neugierig genug schien er dafür zu sein – immerhin hatte ihn allein Neugierde bis hierhin gebracht, genau wie sie selbst. Scarface in die Augen sehen … Sie lächelte nachsichtig. Ein etwas simpler Wunsch, ebenso wie der, der ihn hütete, und doch sehr wohl berechtigt.
Aber jetzt war es höchste Zeit, diese Gedanken für eine Weile ruhen zu lassen. Die Anspannung der Nacht lag ihr wie Blei um die Schultern, und es musste schon unchristlich früh sein … Es war an der Zeit, sich eine nette kleine Ecke zu suchen und zu schlafen. Morgen ging es dann weiter … Sie lächelte grimmig. Oh ja, sie würde diese ganze kleine Scharade auffliegen lassen, jetzt war Schluss mit lustig. Scarface konnte einpacken … aber sie würde ihm noch etwas Zeit geben. Es dauerte nicht lange, bis sie eine vernünftige kleine Kammer gefunden hatte. Die Couch darin sah aus, als hätte sie bessere Tage gesehen, und die Deckenbalken waren voller Spinnenweben, aber das störte sie nicht.
Solange der Schlüssel funktionierte (und das tat er), war alles in Ordnung.
Wie es ihm wohl ging? Seit dem Tod ihres Mannes hatte sie ihm kein Geld mehr schicken können, dazu hatten sie und William selbst nicht mehr genug. Ihr kam seine Wohnung in den Sinn, dieser schmutzige kleine Ort in Soho, an dem er mehr hauste als lebte … und regelmäßig seinen Rausch ausschlief, sei es von Alkohol, Opium oder anderen Mitteln. Sie nahm es George nicht übel, dass er so lebte. Aber ihr Neid auf dieses Leben war schon lange vorüber.
Sie erhob sich langsam. Es war wirklich schade, dass sie nicht mehr über Dr. Taylor in Erfahrung hatte bringen können, aber sie war sich fast sicher, dass Bruce ihr nichts vorenthielt. Er war nicht der Typ dafür. Angenehm, eigentlich. Simpel, aber sympathisch … das waren Menschen, mit denen sie arbeiten konnte. Was für eine Rolle er in Zukunft spielen würde, konnte sie noch nicht einschätzen, aber vielleicht konnte sie Bruce ja für ihre Sache gewinnen … Neugierig genug schien er dafür zu sein – immerhin hatte ihn allein Neugierde bis hierhin gebracht, genau wie sie selbst. Scarface in die Augen sehen … Sie lächelte nachsichtig. Ein etwas simpler Wunsch, ebenso wie der, der ihn hütete, und doch sehr wohl berechtigt.
Aber jetzt war es höchste Zeit, diese Gedanken für eine Weile ruhen zu lassen. Die Anspannung der Nacht lag ihr wie Blei um die Schultern, und es musste schon unchristlich früh sein … Es war an der Zeit, sich eine nette kleine Ecke zu suchen und zu schlafen. Morgen ging es dann weiter … Sie lächelte grimmig. Oh ja, sie würde diese ganze kleine Scharade auffliegen lassen, jetzt war Schluss mit lustig. Scarface konnte einpacken … aber sie würde ihm noch etwas Zeit geben. Es dauerte nicht lange, bis sie eine vernünftige kleine Kammer gefunden hatte. Die Couch darin sah aus, als hätte sie bessere Tage gesehen, und die Deckenbalken waren voller Spinnenweben, aber das störte sie nicht.
Solange der Schlüssel funktionierte (und das tat er), war alles in Ordnung.
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Dieser Mann schien mehr zu wissen, als man ihm zutrauen würde. Das, was Charles vernahm, machte ihn hellhörig. Im Grunde klangen die Worte nach einer Verschwörungstheorie, die gleichermaßen wahrscheinlich wie unwahrscheinlich sein konnte, aber die konkrete Erwähnung von Alan Stirling und diesem mysteriösen Mr. C gab der Sache genug Gehalt, um Charles‘ uneingeschränktes Interesse und Misstrauen zu wecken. Auch wenn der dämmrige Schleier von Erschöpfung und Whisky über ihm lag, entging ihm nicht, dass sein Gegenüber ihn zu ködern versuchte. Es war eine Herausforderung – zumindest empfand es Charles als solche. Es wäre wohl keine schlechte Taktik, nun vorsichtig vorzugehen, allerdings war es nicht Charles‘ Art, Zurückhaltung zu üben, wenn jemand derart die Konfrontation mit ihm suchte. Außerdem, und das war viel entscheidender in diesem Moment, wollte Charles nun mehr erfahren. Die Vorgehensweise des Fremden, Charles zur Reaktion zu verleiten, funktionierte, aber war er sich bewusst, dass er mit dem Feuer spielte? Charles sah sich, trotz seines derzeitigen Zustands, in der Oberhand. Vielleicht nicht in körperlicher Hinsicht, aber geistig fühlte er sich sehr wohl auf der Höhe und in der Lage, nun an nützliche Informationen zu gelangen. Allein, dass Mr. C und diese Maschine in Lambeth ins Spiel gekommen waren, war eine neue Entwicklung, die sich vielleicht als Schlüsselelement herausstellen könnte, wenn es stimmte, dass dies mit dem Scarface-Fall zusammenhing. Zumindest war klar, dass dieser Schotte mit Stirling geredet hatte. Das machte ihn schon einmal etwas glaubwürdiger. Charles wollte mehr erfahren. Ganz sicher würde er sich nicht mit diesen Andeutungen zufriedengeben, auch wenn er dabei Gefahr lief, ins Messer zu laufen. Die unterschwellige Drohung in den letzten Worten des Mannes entging Charles nicht. Wusste dieser Kerl mehr über Londoner, die planten, Selbstjustiz zu üben? War er vielleicht selbst einer von denen?
Charles war eher neugierig, als nun Furcht zu empfinden. Wenn dieser Bursche hier eingedrungen war, um die Sache zu beenden, war es eben so. Sicher war, dass er nicht vorhatte, einfach zu verschwinden, auch wenn er es angedroht hatte. Er schien nicht nur mehr zu wissen, sondern dies auch unbedingt mit Charles teilen zu wollen. Die Beweggründe dahinter waren vorerst hintergründig. Auch wenn er bisher nur Bröckchen preisgegeben hatte, um Charles aus der Reserve zu locken, Charles hatte nun die Gelegenheit, den Spieß umzudrehen und diesen Burschen auszuhorchen – zu welcher Seite er auch gehören mochte.
„So, das glauben Sie also?“, erwiderte Charles trocken, nachdem der Schotte erwähnt hatte, dass sich die Bürger Londons keine Rebellion und auch andere Dinge nicht einfach gefallen lassen würden. Vom leichten, aber von Selbstmitleid geprägten Spott, mit dem er zuvor seine Worte untermalt hatte, war nun nichts mehr zu erkennen.
„Wenn man jemanden dazu bringen will, nach seiner Pfeife zu tanzen, muss man es nur richtig verpacken, sage ich Ihnen. Meine Situation ist beste Beispiel dafür.“
Charles ließ den Kerl nun nicht mehr aus den Augen und verfolgte jede Bewegung, aber auch dessen Mimik aufmerksam. Sein Körper mochte sich träge anfühlen, aber geistig fühlte er sich nun hellwach.
„Aber Sie können beruhigt sein, ich habe nichts dergleichen vor“, fügte Charles dann hinzu. „Ich bin hier das Opfer und durchaus Freund von Recht und Ordnung, auch wenn man es mir vielleicht nicht zutrauen würde. Da hat Stirling Ihnen Flausen in den Kopf gesetzt. Dieser Bursche hat eine verquere Sicht auf die Welt und auf die Begriffe Anstand und Ehre.“
Ein verärgertes Knurren drang aus Charles‘ Kehle.
„Er hat allen Grund, mich zu fürchten... Wenn ich ihn in die Finger kriege, werde ich ihm gehörig den Marsch blasen. Er hat mir, in seiner opiumgeschwängerten, vollkommen verantwortungslosen Leichtsinnigkeit, zwei dümmliche Amateur-Schnüffler hinterhergeschickt, die wohl die Belohnung für meine Ergreifung kassieren wollten. Nur leider haben sie mich nicht gestellt, sondern blind herumgefeuert und einen Freund niedergeschossen. Meinen letzten Anwalt, der mir noch geblieben war!“
Charles schnaubte verächtlich.
„Ich verrate Ihnen etwas, denn es ist kein Geheimnis: Man hat nichts gegen mich in der Hand außer meine Selbstachtung. Mein Fehler ist wohl, dass ich mir das nicht gefallen lasse, sondern Widerstand leiste. Also wollen sie mich mürbemachen. Sie wollen mich brechen, um mir meine Würde und meinen Willen zu nehmen. Und solche unfähigen Trottel wie Stirling spielen ihnen auch noch in die Hände.“
Vielleicht ließ Charles doch ein wenig außer Acht, dass er mit einer Person redete, der man mit Misstrauen begegnen sollte, während die Worte aus ihm heraussprudelten. Die Leichtigkeit des Alkohols pulsierte mit seinem Blut durch die Adern und verhalf ihm zu Plauderlaune... wobei, was er von sich gab, weniger an seinen Gegenüber gerichtet war, sondern eher wie laut ausformulierte Überlegungen klangen.
„Ein kleiner Ausflug nach London und, zack!, bringt Hill mich dazu, ihm auf den Leim zu gehen“, erzählte er. „Er muss damit gerechnet haben, dass ich fliehe. Anfangs waren es Fremde oder Leute aus meinem entfernten Bekanntenkreis. Denunzierung meiner selbst. Es war grauenvoll für mich, nicht nur für die Öffentlichkeit und die Familien der Opfer... Doch mich zu stellen, würde das Problem nicht lösen. Vielleicht die Symptome, aber nicht die Wurzel des Komplotts. Also habe ich Antworten gesucht... Informationen und Beweise. Tag für Tag verbringe ich nun damit, Hintergründe zu aufzuspüren und mich auf den Gegenschlag vorzubereiten. Doch die Zeit rennt mir davon.“
Charles nahm einen weiteren Schluck aus der Flasche und musste einmal aufhusten, weil der Alkohol ihm im Rachen brannte. Er verfiel kurz ins Schweigen, bevor er dann doch mit seinem Monolog fortfuhr:
„Die ganze Sache geht über Hills übliche Spielchen, die er mit mir treibt, hinaus. Es steckt mehr dahinter. Es muss mehr dahinterstecken.“
Da war er sich sicher. Anders würden die Geschehnisse keinen Sinn machen.
„Ich hielt ihn schon immer für einen aufgeblasenen Emporkömmling, aber skrupellos ist er nicht. Mich ins Irrenhaus zu stecken, so wie er es mir kurz vor den ersten Morden in Aussicht gestellt hat: das passt zu ihm. Die Morde selbst: nicht wirklich. Nicht in diesem Ausmaß. Das schadet ihm nur selbst – und seine Reputation ist ihm heilig.“
Die Sache war auch Hill über den Kopf gewachsen. Die Morde hatten sich, vielleicht auch durch Trittbrettfahrer, zu einem unkontrollierbaren Faktor entwickelt. Dass Stirling Hills Haus angezündet hatte, hatte die Sache für den Chief Commissioner sicher nicht besser gemacht. Der öffentliche Druck, der auf diesem Mann lastete, war inzwischen enorm. Es war höchst unwahrscheinlich, dass er sich freiwillig darauf eingelassen hatte. Nicht in dem aktuellen Maß.
„In den letzten Tagen ist es persönlicher geworden... viel zu persönlich. Opfer, die mir nahestanden. Betrug und Verrat. Das zeigt mir, dass ich nah an der Antwort bin... oder sie verlieren die Geduld. Ihnen wird langweilig? Wer weiß das schon? Irgendwelche anderen Verbrechen könnten sie jedenfalls auch einfacher vertuschen... oder mit anderen Opfern. Nein, sie wollen mich damit treffen. Vielleicht ist die andere Sache nützliches Beiwerk.“
Charles atmete tief ein und ließ seinen Blick nun frei durch den Raum wandern, anstatt den Schotten damit zu durchbohren.
„Sie war mein Lieblingsprojekt, die Endeavour – wissen Sie?“, sagte er dann mit gesenktem Tonfall, fast schon murmelnd und in trauernden Gedanken versunken. „Sie und ihre Schwestern. Bevor das alles hier angefangen hat. Jede Kugel, die Löcher in ihren Rumpf gefetzt hat, tat mir im Herzen weh. Wichtiger ist, dass wir es alle lebend hierhergeschafft haben, aber dennoch... seine Träume in Flammen zu sehen, wissend, dass sie in verstreuten Trümmern enden werden, genauso wie alles, was sie sich schon geholt haben, und auch wie der Rest, der mir noch geblieben ist...“
Es war einfach nur grausam, aber ein passendes Sinnbild. Genauso wie es passend und deshalb so tiefgreifend verletzend und demütigend gewesen war, Johanna in sein Leben zu schicken und sie ihm dann zu entreißen. Charles war fest davon überzeugt, dass es kein Zufall gewesen war, sie getroffen zu haben. Wahrscheinlich war sie eine Betrügerin gewesen – ein Spitzel, den man, mit fundiertem Wissen über seine Vergangenheit, in sein Leben geschleust hatte – nur mit dem Ziel, ihm etwas vorzugaukeln. Vielleicht war sie sich selbst dessen auch nicht bewusst gewesen.
„Sie abzuschießen, war absolut unnötig“, berichtete Charles, während seine Gedanken kreisten. „Sie war keine Gefahr für irgendjemanden, bevor sie sie in Brand gesetzt haben. Und was hätten sie davon, mich auf diese Weise umzubringen? Dazu hätten sie unzählige andere Möglichkeiten gehabt. Nein, nein, das war nun das Militär... oder der Yard. Leute, die mich als Bedrohung sehen, nicht als Spielball. Wahrscheinlicher der Yard, auch wenn mich die Vorstellungen, dass Hill Gatling-Geschütze zur Verfügung hat, etwas beunruhigt.“
Charles versuchte sich, von den negativen Gedanken zu befreien. Das gelang ihm nicht wirklich, aber er lenkte sich davon ab, indem er den Mann in seiner Gegenwart wieder fixierte.
„Die letzten Tage waren furchtbar für mich“, betonte Charles noch einmal, obwohl das offensichtlich sein dürfte, „also spannen Sie mich nicht auf die Folter, indem Sie nur Andeutungen machen.“
Etwas schwerfällig schob er seine Füße aus der Ummantelung der Decke und setzte sie auf dem Boden auf. Eisige Kälte schoss von seinen nackten Zehen bis in seine Waden. Wenigstens zitterte Charles nicht mehr wie Espenlaub, aber trotzdem war es ihm unangenehm, die langsam erträglich werdende Wärme derart zu verlassen. Dennoch zwang Charles sich, aufzustehen, und hielt dabei die Decke mit der Prothese fest, die er immer noch darunter verbarg, damit er sich dabei nicht entblößte. Sich zu erheben, klappte jedoch nicht ganz so, wie er es geplant hatte. Sobald er auf den Beinen war, spürte er, dass sein Kreislauf etwas im Keller war und, zusätzlich, wie sehr ihm der Whisky schon zu Kopf gestiegen war. Er musste sich mit einem Schritt abfangen, um nicht zu taumeln, überging die Situation dann aber einfach, indem er auf den Tisch zustapfte und die Flasche neben dem Koffer abstellte, der dort noch immer lag – nebst dem nassen Lederhandschuh und den Waffen. Charles machte jedoch keine Anstalten, danach zu greifen. Stattdessen nutzte er die frisch freigewordene Hand, um die Kofferklappe zu öffnen und zwischen seiner Kleidung etwas zu suchen.
„Mr. C – wer soll das sein?“, erkundigte er sich, etwas mürrisch. „Wo hat er eine Maschine gesprengt?“
Er ertastete zwischen dem weichen Stoff, im Vergleich dazu, raues Papier und zog es hervor. Danach hatte er gesucht. Er gab der Kofferklappe einen Stoß, um sie wieder zu schließen, und faltete das Papier darauf aus. Es war ein recht großer, detaillierter Stadtplan von London, auf dem er schon selbst Markierungen und Notizen hinterlassen hatte.
„Hier, kommen Sie, zeigen Sie es mir auf der Karte“, forderte Charles ruhig und wandte sich, mit dem eigenen Zeigefinger auf den Schriftzug „LAMBETH“ tippend, wieder halb dem Schotten zu.
„Was hat er mit Stirling zu tun?“, fuhr er fort. „Ist Stirling in Gewahrsam des Yards? Oder hat er Sie etwa vorgeschickt, um mich in die Irre zu führen? Was wollen Sie mir mit dieser Nummer sagen, hm?“, hakte er nach.
Charles war eher neugierig, als nun Furcht zu empfinden. Wenn dieser Bursche hier eingedrungen war, um die Sache zu beenden, war es eben so. Sicher war, dass er nicht vorhatte, einfach zu verschwinden, auch wenn er es angedroht hatte. Er schien nicht nur mehr zu wissen, sondern dies auch unbedingt mit Charles teilen zu wollen. Die Beweggründe dahinter waren vorerst hintergründig. Auch wenn er bisher nur Bröckchen preisgegeben hatte, um Charles aus der Reserve zu locken, Charles hatte nun die Gelegenheit, den Spieß umzudrehen und diesen Burschen auszuhorchen – zu welcher Seite er auch gehören mochte.
„So, das glauben Sie also?“, erwiderte Charles trocken, nachdem der Schotte erwähnt hatte, dass sich die Bürger Londons keine Rebellion und auch andere Dinge nicht einfach gefallen lassen würden. Vom leichten, aber von Selbstmitleid geprägten Spott, mit dem er zuvor seine Worte untermalt hatte, war nun nichts mehr zu erkennen.
„Wenn man jemanden dazu bringen will, nach seiner Pfeife zu tanzen, muss man es nur richtig verpacken, sage ich Ihnen. Meine Situation ist beste Beispiel dafür.“
Charles ließ den Kerl nun nicht mehr aus den Augen und verfolgte jede Bewegung, aber auch dessen Mimik aufmerksam. Sein Körper mochte sich träge anfühlen, aber geistig fühlte er sich nun hellwach.
„Aber Sie können beruhigt sein, ich habe nichts dergleichen vor“, fügte Charles dann hinzu. „Ich bin hier das Opfer und durchaus Freund von Recht und Ordnung, auch wenn man es mir vielleicht nicht zutrauen würde. Da hat Stirling Ihnen Flausen in den Kopf gesetzt. Dieser Bursche hat eine verquere Sicht auf die Welt und auf die Begriffe Anstand und Ehre.“
Ein verärgertes Knurren drang aus Charles‘ Kehle.
„Er hat allen Grund, mich zu fürchten... Wenn ich ihn in die Finger kriege, werde ich ihm gehörig den Marsch blasen. Er hat mir, in seiner opiumgeschwängerten, vollkommen verantwortungslosen Leichtsinnigkeit, zwei dümmliche Amateur-Schnüffler hinterhergeschickt, die wohl die Belohnung für meine Ergreifung kassieren wollten. Nur leider haben sie mich nicht gestellt, sondern blind herumgefeuert und einen Freund niedergeschossen. Meinen letzten Anwalt, der mir noch geblieben war!“
Charles schnaubte verächtlich.
„Ich verrate Ihnen etwas, denn es ist kein Geheimnis: Man hat nichts gegen mich in der Hand außer meine Selbstachtung. Mein Fehler ist wohl, dass ich mir das nicht gefallen lasse, sondern Widerstand leiste. Also wollen sie mich mürbemachen. Sie wollen mich brechen, um mir meine Würde und meinen Willen zu nehmen. Und solche unfähigen Trottel wie Stirling spielen ihnen auch noch in die Hände.“
Vielleicht ließ Charles doch ein wenig außer Acht, dass er mit einer Person redete, der man mit Misstrauen begegnen sollte, während die Worte aus ihm heraussprudelten. Die Leichtigkeit des Alkohols pulsierte mit seinem Blut durch die Adern und verhalf ihm zu Plauderlaune... wobei, was er von sich gab, weniger an seinen Gegenüber gerichtet war, sondern eher wie laut ausformulierte Überlegungen klangen.
„Ein kleiner Ausflug nach London und, zack!, bringt Hill mich dazu, ihm auf den Leim zu gehen“, erzählte er. „Er muss damit gerechnet haben, dass ich fliehe. Anfangs waren es Fremde oder Leute aus meinem entfernten Bekanntenkreis. Denunzierung meiner selbst. Es war grauenvoll für mich, nicht nur für die Öffentlichkeit und die Familien der Opfer... Doch mich zu stellen, würde das Problem nicht lösen. Vielleicht die Symptome, aber nicht die Wurzel des Komplotts. Also habe ich Antworten gesucht... Informationen und Beweise. Tag für Tag verbringe ich nun damit, Hintergründe zu aufzuspüren und mich auf den Gegenschlag vorzubereiten. Doch die Zeit rennt mir davon.“
Charles nahm einen weiteren Schluck aus der Flasche und musste einmal aufhusten, weil der Alkohol ihm im Rachen brannte. Er verfiel kurz ins Schweigen, bevor er dann doch mit seinem Monolog fortfuhr:
„Die ganze Sache geht über Hills übliche Spielchen, die er mit mir treibt, hinaus. Es steckt mehr dahinter. Es muss mehr dahinterstecken.“
Da war er sich sicher. Anders würden die Geschehnisse keinen Sinn machen.
„Ich hielt ihn schon immer für einen aufgeblasenen Emporkömmling, aber skrupellos ist er nicht. Mich ins Irrenhaus zu stecken, so wie er es mir kurz vor den ersten Morden in Aussicht gestellt hat: das passt zu ihm. Die Morde selbst: nicht wirklich. Nicht in diesem Ausmaß. Das schadet ihm nur selbst – und seine Reputation ist ihm heilig.“
Die Sache war auch Hill über den Kopf gewachsen. Die Morde hatten sich, vielleicht auch durch Trittbrettfahrer, zu einem unkontrollierbaren Faktor entwickelt. Dass Stirling Hills Haus angezündet hatte, hatte die Sache für den Chief Commissioner sicher nicht besser gemacht. Der öffentliche Druck, der auf diesem Mann lastete, war inzwischen enorm. Es war höchst unwahrscheinlich, dass er sich freiwillig darauf eingelassen hatte. Nicht in dem aktuellen Maß.
„In den letzten Tagen ist es persönlicher geworden... viel zu persönlich. Opfer, die mir nahestanden. Betrug und Verrat. Das zeigt mir, dass ich nah an der Antwort bin... oder sie verlieren die Geduld. Ihnen wird langweilig? Wer weiß das schon? Irgendwelche anderen Verbrechen könnten sie jedenfalls auch einfacher vertuschen... oder mit anderen Opfern. Nein, sie wollen mich damit treffen. Vielleicht ist die andere Sache nützliches Beiwerk.“
Charles atmete tief ein und ließ seinen Blick nun frei durch den Raum wandern, anstatt den Schotten damit zu durchbohren.
„Sie war mein Lieblingsprojekt, die Endeavour – wissen Sie?“, sagte er dann mit gesenktem Tonfall, fast schon murmelnd und in trauernden Gedanken versunken. „Sie und ihre Schwestern. Bevor das alles hier angefangen hat. Jede Kugel, die Löcher in ihren Rumpf gefetzt hat, tat mir im Herzen weh. Wichtiger ist, dass wir es alle lebend hierhergeschafft haben, aber dennoch... seine Träume in Flammen zu sehen, wissend, dass sie in verstreuten Trümmern enden werden, genauso wie alles, was sie sich schon geholt haben, und auch wie der Rest, der mir noch geblieben ist...“
Es war einfach nur grausam, aber ein passendes Sinnbild. Genauso wie es passend und deshalb so tiefgreifend verletzend und demütigend gewesen war, Johanna in sein Leben zu schicken und sie ihm dann zu entreißen. Charles war fest davon überzeugt, dass es kein Zufall gewesen war, sie getroffen zu haben. Wahrscheinlich war sie eine Betrügerin gewesen – ein Spitzel, den man, mit fundiertem Wissen über seine Vergangenheit, in sein Leben geschleust hatte – nur mit dem Ziel, ihm etwas vorzugaukeln. Vielleicht war sie sich selbst dessen auch nicht bewusst gewesen.
„Sie abzuschießen, war absolut unnötig“, berichtete Charles, während seine Gedanken kreisten. „Sie war keine Gefahr für irgendjemanden, bevor sie sie in Brand gesetzt haben. Und was hätten sie davon, mich auf diese Weise umzubringen? Dazu hätten sie unzählige andere Möglichkeiten gehabt. Nein, nein, das war nun das Militär... oder der Yard. Leute, die mich als Bedrohung sehen, nicht als Spielball. Wahrscheinlicher der Yard, auch wenn mich die Vorstellungen, dass Hill Gatling-Geschütze zur Verfügung hat, etwas beunruhigt.“
Charles versuchte sich, von den negativen Gedanken zu befreien. Das gelang ihm nicht wirklich, aber er lenkte sich davon ab, indem er den Mann in seiner Gegenwart wieder fixierte.
„Die letzten Tage waren furchtbar für mich“, betonte Charles noch einmal, obwohl das offensichtlich sein dürfte, „also spannen Sie mich nicht auf die Folter, indem Sie nur Andeutungen machen.“
Etwas schwerfällig schob er seine Füße aus der Ummantelung der Decke und setzte sie auf dem Boden auf. Eisige Kälte schoss von seinen nackten Zehen bis in seine Waden. Wenigstens zitterte Charles nicht mehr wie Espenlaub, aber trotzdem war es ihm unangenehm, die langsam erträglich werdende Wärme derart zu verlassen. Dennoch zwang Charles sich, aufzustehen, und hielt dabei die Decke mit der Prothese fest, die er immer noch darunter verbarg, damit er sich dabei nicht entblößte. Sich zu erheben, klappte jedoch nicht ganz so, wie er es geplant hatte. Sobald er auf den Beinen war, spürte er, dass sein Kreislauf etwas im Keller war und, zusätzlich, wie sehr ihm der Whisky schon zu Kopf gestiegen war. Er musste sich mit einem Schritt abfangen, um nicht zu taumeln, überging die Situation dann aber einfach, indem er auf den Tisch zustapfte und die Flasche neben dem Koffer abstellte, der dort noch immer lag – nebst dem nassen Lederhandschuh und den Waffen. Charles machte jedoch keine Anstalten, danach zu greifen. Stattdessen nutzte er die frisch freigewordene Hand, um die Kofferklappe zu öffnen und zwischen seiner Kleidung etwas zu suchen.
„Mr. C – wer soll das sein?“, erkundigte er sich, etwas mürrisch. „Wo hat er eine Maschine gesprengt?“
Er ertastete zwischen dem weichen Stoff, im Vergleich dazu, raues Papier und zog es hervor. Danach hatte er gesucht. Er gab der Kofferklappe einen Stoß, um sie wieder zu schließen, und faltete das Papier darauf aus. Es war ein recht großer, detaillierter Stadtplan von London, auf dem er schon selbst Markierungen und Notizen hinterlassen hatte.
„Hier, kommen Sie, zeigen Sie es mir auf der Karte“, forderte Charles ruhig und wandte sich, mit dem eigenen Zeigefinger auf den Schriftzug „LAMBETH“ tippend, wieder halb dem Schotten zu.
„Was hat er mit Stirling zu tun?“, fuhr er fort. „Ist Stirling in Gewahrsam des Yards? Oder hat er Sie etwa vorgeschickt, um mich in die Irre zu führen? Was wollen Sie mir mit dieser Nummer sagen, hm?“, hakte er nach.
Umbra- Tiefseemonster
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Bruce nahm seinen Mantel vom Boden auf, ohne die befürchtete Reaktion von Norly zu ernten, welcher entgegen aller Erwartung, erst zögerlich, doch dann immer umfangreicher zu reden begann. Das Bild, welches Charles über sich und die Situation malte, weckte in Bruce recht gemischte Gefühle. Er wusste sehr wenig über die Vorgeschichte und Hintergründe der ganzen Angelegenheit und musste entsprechend sorgfältig mit einem Urteil sein.
Während Bruce seinen Mantel mit pfleglicher Bewegung glatt strich und zu seinem eigenen bedauern feststellte, dass der Stoff noch ganz feucht war, gehörte seine Aufmerksamkeit ganz den Worten und Regungen seines Gegenübers. Bruce rechnete noch immer mit einer Attacke, doch sank die Wahrscheinlichkeit mit den Momenten, in denen sich der angetrunkene Norly seinen Frust von der Seele sprach. Einige Sätze des Mannes klangen dabei hochtrabend, oder auch recht selbstbeweihräuchernd, doch der Zustand des Mannes bezeugte seinen Leidensweg glaubhaft genug um darüber hinweg zu sehen, dass ihn ein Teil des Verhängnisses womöglich zurecht getroffen hatte. Das er die Ermordung seines letzten Anwalts erwähnte, passte dabei gut ins Bild und warf gleichermaßen Zweifel für Bruce auf, ob er sich ausführlich genug mit Norlys Vorgeschichte befasst hatte. Dabei ging es nicht Charles Norly. Es ging um Leute, die Mordeten und andere Kapitalverbrechen begingen, wobei Norly möglicherweise nur das Bauernopfer war.
Er konnte nicht umhin, manchmal einen Funken Wahn in den Äußerungen Norlys zu erkennen, doch war auch dies in Anbetracht der Situation vielleicht menschlicher, als oberflächliche Beobachter daraus geschlossen hätten. Zumindest motorisch würde Charles ihm in seinem trunkenen befinden nicht übermäßig gefährlich werden, sofern er keine Pistole unter der Decke versteckte, doch als Er sich erhob schloß Bruce dies aus, denn die Hand unter der Decke zeichnete zwar eine unnatürliche Kannte ab, was jedoch unter keinen Umständen eine Feuerwaffe sein konnte. Der Schotte hielt sich beflissentlich in einem geeigneten Abstand zu seinem Gegenüber, um im Falle einer raschen Aktion Norlys Bewegungsfreiheit zu behalten. Erst als der Mann die Karte ausbreitete, trat Bruce zu ihm heran. Die Meerblauen Augen des Schotten suchten auf dem Stadtplan zunächst nicht den Teil von Lambeth auf, wo die zerstörte Maschinenhalle stand, sondern machten den Ort von Hills ehemaligen Stadthaus aus, um einen sinnvollen Weg zum zweiten Tatort zu erkennen. Die Markierungen, welche Norly bereits auf der Karte hinterlassen hatten, ergaben mit dem wenigen, was Bruce bisher in Erfahrung gebracht hatte, keinen Sinn, jedoch würde sich das Vorgehen ihrer Gegner tatsächlich lichten lassen, wenn man die einzelnen Geschehen zeitlich erst in eine Ordnung brachte.
„Man muss es nur richtig Verpacken.“ wiederholte Bruce Charles eingehende Bemerkung dazu, dass jeder in die Irre geführt werden konnte. Sein Finger setzte sich auf das Haus des Chief Commissioners und fuhr in die Richtung, in welche Norlys Helfer wohl geflohen sein musste, um nach Lambeth zu gelangen. „Ihr ehemaliger … Mr. Stirling sagte, dass er Mr. C sah, wie dieser das Gebäude mit der Maschine sprengte. Dies muss etwa eine halbe Stunde nach dem Feuer im Haus des Comissioners geschehen sein.“ Der Finger des Schotten beschrieb eine mögliche Route zum mutmaßlichen Fabrikgebäude. „Die Leute die ihnen schaden, betreiben einen erheblichen Aufwand und scheuen keine Skrupel, ihre Pläne durchzusetzen. Sie haben scheinbar sehr genaue Informationen über Sie und nutzen dieses Wissen und auch ihren Stolz zum Vorteil. Vielleicht sind persönliche Motive dabei involviert, aber können sie sich vorstellen, wie viel Einfluss nötig ist, um die Presse von London zu manipulieren, Mr. Norly? Dieser Mr. C sorgt jedenfalls für ähnliches Chaos in der Stadt, wie man ihnen anlastet, nur dass die Leute, die ihre Taten denunzieren die gleichen zu sein scheinen, die seine verdecken. Die Maschine in den Gebäude muss fast den ganzen Raum dort eingenommen haben. Mir fehlt die Bildung zu sagen, welchem Zweck sie gedient haben mag, aber ihre Existenz wurde vor der gesamten Stadt einfach verleugnet und ihr Mann war dort, als sie zerstört wurde.“
Bruce sah Charles Norly direkt in die Augen, wobei er die ganze Zeit um einen neutralen und ruhigen Tonfall bemüht war. Er selbst war sich schon längst nicht mehr so sicher, ob die Geschehnisse unweigerlich miteinander verknüpft sein mochten, doch was dieser Stirling über Norly und den mysteriösen Mr. C ausgedrückt hatte, wirkte, als sähe er sie auf einer ähnlichen Stufe. Er konnte nicht umhin, einen Moment lang an das Risiko zu denken, dass er Norly vielleicht doch keine Neuigkeiten berichtete, sondern dieser nur versuchte, heraus zu kitzeln, was Bruce bereits erfahren hatte. Für Reue schien es dem Schotten inzwischen zu spät. „Ich weiß nicht viel über Sie, aber ich vermute dass Sie benutzt werden, um von etwas großem abzulenken. Wenn dem so ist, haben sie ihren Feinden dabei geholfen, indem sie für aufsehen gesorgt haben. Meinen Sie wirklich, ein unbekanntes fliegendes Schiff über der Hauptstadt des British Empire würde nicht als Bedrohung wahrgenommen werden?“
Es tat Bruce ein wenig leid, den ohnehin strapazierten Mann auf eine andere Sicht der Dinge hinzuweisen, die dessen glorreicheres Weltbild überschatten mochte und so fuhr er rasch fort, während er sich wieder auf den Stadtplan konzentrierte. „Ich habe Mr. Stirling hier in einem Pub getroffen. Er hatte zwei Männer am Tisch und die Wortfetzen, die ich vernahm, erregten meine Aufmerksamkeit. Später habe ich den Mann angesprochen und er hat mich in der Seitengasse attackiert.“ Bruce war mit dem Finger an die Stelle gefahren, an der er Norlys Handlanger begegnet war.
„Ich denke nicht, dass er mit dem Yard kooperiert. Die Männer sahen jedenfalls nicht danach aus. Wie ich ihn einschätze, führt er seine Nachforschungen aus eigenem Motiv heraus fort. Was die Nummer betrifft....“ Bruce zog den zerknitterten kleinen Zettel aus seiner Manteltasche und ließ ihn auf den Stadtplan fallen. „Ich weiß nicht ob dies mit den übrigen Vorgängen zu tun hat. Jemand machte mich ausfindig, ehe ich mich auf ihren Fall konzentrierte ein .. Schläger hatte diesen Zettel bei sich und ich vermute, dass er ein Hinweis sein sollte.“
Bruce nahm wieder etwas Abstand zu der Karte und ließ seinen Blick erneut über die Markierungen schweifen, welche dort wohl von Charles selbst eingetragen worden waren. Waren bereits vergleiche mit den Zeitungsberichten berücksichtigt worden? Wenn ja, hatte Norly noch keine Gelegenheit gehabt, der Brandmeldung selbst nachzugehen, um die Vertuschung dahinter zu erkennen. Vermutlich konnte Mr. Stirling weitere Details beisteuern, doch ob dieser nochmals so leicht zu finden war, blieb fraglich. Der Blick des Exboxers wanderte wieder auf dem Mann, der mit soviel Aufwand in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit von ganz London gerückt worden war. In seiner Vergangenheit lag zweifellos der Schlüssel, warum dem so war, nur er selbst schien dies schlicht nicht erkennen oder hinterfragen zu wollen.
Während Bruce seinen Mantel mit pfleglicher Bewegung glatt strich und zu seinem eigenen bedauern feststellte, dass der Stoff noch ganz feucht war, gehörte seine Aufmerksamkeit ganz den Worten und Regungen seines Gegenübers. Bruce rechnete noch immer mit einer Attacke, doch sank die Wahrscheinlichkeit mit den Momenten, in denen sich der angetrunkene Norly seinen Frust von der Seele sprach. Einige Sätze des Mannes klangen dabei hochtrabend, oder auch recht selbstbeweihräuchernd, doch der Zustand des Mannes bezeugte seinen Leidensweg glaubhaft genug um darüber hinweg zu sehen, dass ihn ein Teil des Verhängnisses womöglich zurecht getroffen hatte. Das er die Ermordung seines letzten Anwalts erwähnte, passte dabei gut ins Bild und warf gleichermaßen Zweifel für Bruce auf, ob er sich ausführlich genug mit Norlys Vorgeschichte befasst hatte. Dabei ging es nicht Charles Norly. Es ging um Leute, die Mordeten und andere Kapitalverbrechen begingen, wobei Norly möglicherweise nur das Bauernopfer war.
Er konnte nicht umhin, manchmal einen Funken Wahn in den Äußerungen Norlys zu erkennen, doch war auch dies in Anbetracht der Situation vielleicht menschlicher, als oberflächliche Beobachter daraus geschlossen hätten. Zumindest motorisch würde Charles ihm in seinem trunkenen befinden nicht übermäßig gefährlich werden, sofern er keine Pistole unter der Decke versteckte, doch als Er sich erhob schloß Bruce dies aus, denn die Hand unter der Decke zeichnete zwar eine unnatürliche Kannte ab, was jedoch unter keinen Umständen eine Feuerwaffe sein konnte. Der Schotte hielt sich beflissentlich in einem geeigneten Abstand zu seinem Gegenüber, um im Falle einer raschen Aktion Norlys Bewegungsfreiheit zu behalten. Erst als der Mann die Karte ausbreitete, trat Bruce zu ihm heran. Die Meerblauen Augen des Schotten suchten auf dem Stadtplan zunächst nicht den Teil von Lambeth auf, wo die zerstörte Maschinenhalle stand, sondern machten den Ort von Hills ehemaligen Stadthaus aus, um einen sinnvollen Weg zum zweiten Tatort zu erkennen. Die Markierungen, welche Norly bereits auf der Karte hinterlassen hatten, ergaben mit dem wenigen, was Bruce bisher in Erfahrung gebracht hatte, keinen Sinn, jedoch würde sich das Vorgehen ihrer Gegner tatsächlich lichten lassen, wenn man die einzelnen Geschehen zeitlich erst in eine Ordnung brachte.
„Man muss es nur richtig Verpacken.“ wiederholte Bruce Charles eingehende Bemerkung dazu, dass jeder in die Irre geführt werden konnte. Sein Finger setzte sich auf das Haus des Chief Commissioners und fuhr in die Richtung, in welche Norlys Helfer wohl geflohen sein musste, um nach Lambeth zu gelangen. „Ihr ehemaliger … Mr. Stirling sagte, dass er Mr. C sah, wie dieser das Gebäude mit der Maschine sprengte. Dies muss etwa eine halbe Stunde nach dem Feuer im Haus des Comissioners geschehen sein.“ Der Finger des Schotten beschrieb eine mögliche Route zum mutmaßlichen Fabrikgebäude. „Die Leute die ihnen schaden, betreiben einen erheblichen Aufwand und scheuen keine Skrupel, ihre Pläne durchzusetzen. Sie haben scheinbar sehr genaue Informationen über Sie und nutzen dieses Wissen und auch ihren Stolz zum Vorteil. Vielleicht sind persönliche Motive dabei involviert, aber können sie sich vorstellen, wie viel Einfluss nötig ist, um die Presse von London zu manipulieren, Mr. Norly? Dieser Mr. C sorgt jedenfalls für ähnliches Chaos in der Stadt, wie man ihnen anlastet, nur dass die Leute, die ihre Taten denunzieren die gleichen zu sein scheinen, die seine verdecken. Die Maschine in den Gebäude muss fast den ganzen Raum dort eingenommen haben. Mir fehlt die Bildung zu sagen, welchem Zweck sie gedient haben mag, aber ihre Existenz wurde vor der gesamten Stadt einfach verleugnet und ihr Mann war dort, als sie zerstört wurde.“
Bruce sah Charles Norly direkt in die Augen, wobei er die ganze Zeit um einen neutralen und ruhigen Tonfall bemüht war. Er selbst war sich schon längst nicht mehr so sicher, ob die Geschehnisse unweigerlich miteinander verknüpft sein mochten, doch was dieser Stirling über Norly und den mysteriösen Mr. C ausgedrückt hatte, wirkte, als sähe er sie auf einer ähnlichen Stufe. Er konnte nicht umhin, einen Moment lang an das Risiko zu denken, dass er Norly vielleicht doch keine Neuigkeiten berichtete, sondern dieser nur versuchte, heraus zu kitzeln, was Bruce bereits erfahren hatte. Für Reue schien es dem Schotten inzwischen zu spät. „Ich weiß nicht viel über Sie, aber ich vermute dass Sie benutzt werden, um von etwas großem abzulenken. Wenn dem so ist, haben sie ihren Feinden dabei geholfen, indem sie für aufsehen gesorgt haben. Meinen Sie wirklich, ein unbekanntes fliegendes Schiff über der Hauptstadt des British Empire würde nicht als Bedrohung wahrgenommen werden?“
Es tat Bruce ein wenig leid, den ohnehin strapazierten Mann auf eine andere Sicht der Dinge hinzuweisen, die dessen glorreicheres Weltbild überschatten mochte und so fuhr er rasch fort, während er sich wieder auf den Stadtplan konzentrierte. „Ich habe Mr. Stirling hier in einem Pub getroffen. Er hatte zwei Männer am Tisch und die Wortfetzen, die ich vernahm, erregten meine Aufmerksamkeit. Später habe ich den Mann angesprochen und er hat mich in der Seitengasse attackiert.“ Bruce war mit dem Finger an die Stelle gefahren, an der er Norlys Handlanger begegnet war.
„Ich denke nicht, dass er mit dem Yard kooperiert. Die Männer sahen jedenfalls nicht danach aus. Wie ich ihn einschätze, führt er seine Nachforschungen aus eigenem Motiv heraus fort. Was die Nummer betrifft....“ Bruce zog den zerknitterten kleinen Zettel aus seiner Manteltasche und ließ ihn auf den Stadtplan fallen. „Ich weiß nicht ob dies mit den übrigen Vorgängen zu tun hat. Jemand machte mich ausfindig, ehe ich mich auf ihren Fall konzentrierte ein .. Schläger hatte diesen Zettel bei sich und ich vermute, dass er ein Hinweis sein sollte.“
Bruce nahm wieder etwas Abstand zu der Karte und ließ seinen Blick erneut über die Markierungen schweifen, welche dort wohl von Charles selbst eingetragen worden waren. Waren bereits vergleiche mit den Zeitungsberichten berücksichtigt worden? Wenn ja, hatte Norly noch keine Gelegenheit gehabt, der Brandmeldung selbst nachzugehen, um die Vertuschung dahinter zu erkennen. Vermutlich konnte Mr. Stirling weitere Details beisteuern, doch ob dieser nochmals so leicht zu finden war, blieb fraglich. Der Blick des Exboxers wanderte wieder auf dem Mann, der mit soviel Aufwand in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit von ganz London gerückt worden war. In seiner Vergangenheit lag zweifellos der Schlüssel, warum dem so war, nur er selbst schien dies schlicht nicht erkennen oder hinterfragen zu wollen.
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Re: Götterblut - Kapitel 5: Spiel im Schatten
Randolph mochte nicht wie der Doktor Melinda ansah. Er mochte nicht, wie der Doktor in der dritten Person über ihn redete. Er mochte überhaupt nicht wie der Doktor ihn als „ihren guten Randy“ bezeichnete. Er mochte auch nicht wie der Doktor ihn mahnend belehrte. Und noch weniger mochte er, dass der Doktor scheinbar davon ausging, er wäre nicht selbst in der Lage einen Verband zu wechseln.
„Der Sprung war angenehm“, antwortete er Melinda missmutig, während er den Wortschwall des Mannes erdulden musste, was er nicht sonderlich mochte. „Da musste ich mich nicht sonderlich bewegen. Der Weg danach ist eine andere Angelegenheit. Und ich werde die nächsten Tage nicht gemütlich in einem Ohrensessel verbringen, wenn der Yard mir auf den Fersen sitzt.“
Sein Auge, das im Kaminlicht eine merkwürdige, stahlgraue Farbe angenommen hatte, fixierte Taylors frettchenhafte Fratze: „Beziehungsweise direkt vor meinem Gesicht.“
Er beobachtete die Reaktion des Mannes, der auch seinen vorherigen Scherz, Taylor würde ihn ersetzen, ziemlich missverstanden hatte: „Ich mache natürlich nur Spaß, Doktor. Ich bin sehr dankbar, dass Sie sich die Wunde ansehen…“
Was vollkommen überflüssig ist. An die Ruhezeit werde ich mich eh nicht halten können. Da lasse ich das Bein lieber verfaulen, als hier festzusitzen.
„Darf ich fragen, wie Sie Charles Norly kennengelernt haben?“
Randolph schätzte, dass er mit einer direkten Frage die größte Wirkung erzielen konnte. Entweder der Doktor gab etwas von sich preis, was Randolph selbst helfen würde sich ein Bild der Hintergründe zusammenzusetzen oder aber Taylor würde das Misstrauen in seine Person weiter begründen, indem er versuchte ihr auszuweichen.
„Der Sprung war angenehm“, antwortete er Melinda missmutig, während er den Wortschwall des Mannes erdulden musste, was er nicht sonderlich mochte. „Da musste ich mich nicht sonderlich bewegen. Der Weg danach ist eine andere Angelegenheit. Und ich werde die nächsten Tage nicht gemütlich in einem Ohrensessel verbringen, wenn der Yard mir auf den Fersen sitzt.“
Sein Auge, das im Kaminlicht eine merkwürdige, stahlgraue Farbe angenommen hatte, fixierte Taylors frettchenhafte Fratze: „Beziehungsweise direkt vor meinem Gesicht.“
Er beobachtete die Reaktion des Mannes, der auch seinen vorherigen Scherz, Taylor würde ihn ersetzen, ziemlich missverstanden hatte: „Ich mache natürlich nur Spaß, Doktor. Ich bin sehr dankbar, dass Sie sich die Wunde ansehen…“
Was vollkommen überflüssig ist. An die Ruhezeit werde ich mich eh nicht halten können. Da lasse ich das Bein lieber verfaulen, als hier festzusitzen.
„Darf ich fragen, wie Sie Charles Norly kennengelernt haben?“
Randolph schätzte, dass er mit einer direkten Frage die größte Wirkung erzielen konnte. Entweder der Doktor gab etwas von sich preis, was Randolph selbst helfen würde sich ein Bild der Hintergründe zusammenzusetzen oder aber Taylor würde das Misstrauen in seine Person weiter begründen, indem er versuchte ihr auszuweichen.
Darnamur- Jünger des Pinguins
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Laune : katastrophal destruktiv
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