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Kapitel 1 - Erwachen
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Re: Kapitel 1 - Erwachen
Laverne ließ den ehemaligen Gabe im brennenden Raum zurück, ohne sich noch einmal umzudrehen. Sie spürte, wie um sie herum die Luft knapper wurde, und atmete flacher, aber in diesem Augenblick war sie nicht mehr in dieser Welt. Jetzt war sie in ihrer Vergangenheit.
Die Bilder zogen vor ihren Augen vorbei, so nahe, dass sie danach greifen wollte. Es war erschreckend, aber es war so real, dass sie keine Sekunde an dem Gesehenen zweifelte. Wie konnte sie auch? Es war wahr, das war ihr schon nach Kurzem bewusst. Denn sie erinnerte sich daran … Laverne wusste nicht, wo der Raum war, den sie sah, oder was er war, aber es fühlte sich gut an, glücklich, für einen Moment. Und dann … diese riesige Katastrophe, und das widerliche Gefühl, dass es so hatte kommen müssen. Es war eine Katastrophe, die in ihr lebte, und die zum Aufbruch gekommen war. Sie war schuld, sie hätte es kontrollieren müssen, und sie hatte für einen Moment versagt, nur kurz, doch lange genug.
Die Treppe verschwamm vor Lavernes Blick, während sie die Stufen hinauf hastete; der Bogen und ihr Rucksack mit der (leeren?) Kugel schlugen ihr gegen den Rücken. Ales war dumpf, irgendwo war Serins Stimme, sie sah ihn an, während sie rannte, konnte ihn aber nicht hören. Sie schluchzte, ohne es zu wollen, und schalt sich noch im selben Moment. Reiß dich zusammen Heulsuse. Du hast das Monster besiegt, aber es ist noch nicht vorbei. Nur noch ein bisschen.
Ja, nur noch ein bisschen …
… denn weit würde sie auch nicht mehr kommen. Laverne meinte, jeden Knochen in ihrem Körper zu spüren. Der Aufprall an die Wand, dann ihre verzweifelte, letzte Attacke, schlussendlich diese Vision. Sie wusste nicht, was sie mehr ausgelaugt hatte.
Es wurde heller, nur ein wenig, aber sie ahnte, dass sie sich dem Ausgang nähern musste, das Feuer blieb hinter ihr zurück. Laverne wischte sich über die Augen und ihre Sicht wurde etwas deutlicher, doch es gab kaum etwas, was sie gerade weniger interessierte. Es war großartig, alle lebendig zu sehen, Xamir, Serin halb hinter ihr, Kin’Tesh, und auch Jewgeni atmete noch, obwohl er ganz und gar nicht gut aussah. Ihre Sorge um den Gezeichneten flammte in ihrem Verstand auf, überleuchtete ihr jämmerliches Selbstmitleid., Noch waren sie nicht gerettet. Aber das Schwerste war hoffentlich getan.
Die Bilder zogen vor ihren Augen vorbei, so nahe, dass sie danach greifen wollte. Es war erschreckend, aber es war so real, dass sie keine Sekunde an dem Gesehenen zweifelte. Wie konnte sie auch? Es war wahr, das war ihr schon nach Kurzem bewusst. Denn sie erinnerte sich daran … Laverne wusste nicht, wo der Raum war, den sie sah, oder was er war, aber es fühlte sich gut an, glücklich, für einen Moment. Und dann … diese riesige Katastrophe, und das widerliche Gefühl, dass es so hatte kommen müssen. Es war eine Katastrophe, die in ihr lebte, und die zum Aufbruch gekommen war. Sie war schuld, sie hätte es kontrollieren müssen, und sie hatte für einen Moment versagt, nur kurz, doch lange genug.
Die Treppe verschwamm vor Lavernes Blick, während sie die Stufen hinauf hastete; der Bogen und ihr Rucksack mit der (leeren?) Kugel schlugen ihr gegen den Rücken. Ales war dumpf, irgendwo war Serins Stimme, sie sah ihn an, während sie rannte, konnte ihn aber nicht hören. Sie schluchzte, ohne es zu wollen, und schalt sich noch im selben Moment. Reiß dich zusammen Heulsuse. Du hast das Monster besiegt, aber es ist noch nicht vorbei. Nur noch ein bisschen.
Ja, nur noch ein bisschen …
… denn weit würde sie auch nicht mehr kommen. Laverne meinte, jeden Knochen in ihrem Körper zu spüren. Der Aufprall an die Wand, dann ihre verzweifelte, letzte Attacke, schlussendlich diese Vision. Sie wusste nicht, was sie mehr ausgelaugt hatte.
Es wurde heller, nur ein wenig, aber sie ahnte, dass sie sich dem Ausgang nähern musste, das Feuer blieb hinter ihr zurück. Laverne wischte sich über die Augen und ihre Sicht wurde etwas deutlicher, doch es gab kaum etwas, was sie gerade weniger interessierte. Es war großartig, alle lebendig zu sehen, Xamir, Serin halb hinter ihr, Kin’Tesh, und auch Jewgeni atmete noch, obwohl er ganz und gar nicht gut aussah. Ihre Sorge um den Gezeichneten flammte in ihrem Verstand auf, überleuchtete ihr jämmerliches Selbstmitleid., Noch waren sie nicht gerettet. Aber das Schwerste war hoffentlich getan.
Leo- Anzahl der Beiträge : 2411
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Re: Kapitel 1 - Erwachen
Ob Xamir die Worte Kin'Teshs verstand oder nicht, ließ sich nicht erkennen. Er reagierte überhaupt nicht und einen Moment schien es, als würde er einfach stehen bleiben und in kurzer Zeit von der tickenden Zeitbombe, die unter seinen Füßen herunterzählte, in Stücke gerissen werden. Ob der Favilla einfach nur ein bisschen Zeit brauchte oder das Auftauchen von Laverne und Serin der Grund war, wurde nicht ganz ersichtlich aber auf jeden Fall machte er sich kurze Zeit später doch auf den Weg und folgte der Gruppe. Er blieb allerdings völlig ausdrucks- und teilnahmslos. Als sie alle das Haus verließen - Kin'Tesh mit Jewgeni voran - bemerkten sie, dass der Morgen anbrach. Die Sonne ging langsam auf und tauchte den Himmel über der Stadtmauer in ein Orangerot. Sie mussten tatsächlich die ganze Nacht unterwegs gewesen sein, was sich auch durch Erschöpfung bemerkbar machte. Vor allem jetzt, da sich das Adrenalin der letzten Minuten langsam zu verflüchtigen begann.
Schon nach kurzer Zeit trennte sich die Gruppe wieder gezwungenermaßen. Kin'Tesh konnte nicht auf Laverne - und vor allem den verletzten und dadurch langsamen Serin - warten. Jewgeni musste so schnell wie möglich zum Schamanen gebracht werden. Der Ambacti bündelte seine letzten Kraftreserven und ging auf direktem Weg zum Tor. Auf dem Weg dorthin mussten er und Laverne, wie schon vorher, einigen Gruppen von Qua'kal ausweichen, die sich noch immer in der Stadt aufhielten. Sie hatten noch nicht einmal den halben Weg hinter sich gebracht, als eine laute Explosion die morgendliche Ruhe zerriss. Der Generator war also doch noch explodiert. Aus dieser Entfernung war die Zerstörung, die er angerichtet hatte, nicht mehr zu sehen aber er hatte sicherlich mehr als nur das eine Gebäude, in dem er untergebracht gewesen war, in Einzelteile zerlegt.
Die Explosion, die für sie hätte der Untergang sein können, rettete sie nun allerdings auf eine andere Weise. Kurz nachdem das Geräusch durch die Stadt getragen worden war, rannten einige Stadtwachen an den beiden Grüppchen vorbei und als Kin'Tesh kurze Zeit später das Tor erreichte, bemerkte er, dass dort niemand mehr anwesend war. Offensichtlich waren die Wachen nun damit beschäftigt, die Explosion zu untersuchen. Auch Laverne, die mit Serin im Schlepptau viel langsamer als Kin'Tesh war, konnte ungehindert aus der Stadt heraus und auf gewisse Weise auch wieder eintreten. Wie eine zweite Stadt ragten nun Zelte und Lehmbauten vor der Gruppe auf und nach kurzer Zeit hatten sie das Zelt des Schamanen und seiner Assistentin wiedergefunden. Ein bekanntes Gesicht sah ihnen entgegen. Alamee, die Gezeichnete mit der schuppigen Haut, stand vor dem Zelt und hatte den näherkommenden Kin'Tesh bemerkt. Ohne große Umschweife hielt sie eine Zeltwand nach oben, um ihm und Jewgeni Eintritt zu gewähren. Sie konnte ihre Neugierde und offensichtliche Besorgnis allerdings nicht im Zaum halten, als sie vorsichtig aber ernst "Was ist passiert? Wo sind die anderen? Auch verletzt? Brauchen sie Hilfe?" fragte.
Schon nach kurzer Zeit trennte sich die Gruppe wieder gezwungenermaßen. Kin'Tesh konnte nicht auf Laverne - und vor allem den verletzten und dadurch langsamen Serin - warten. Jewgeni musste so schnell wie möglich zum Schamanen gebracht werden. Der Ambacti bündelte seine letzten Kraftreserven und ging auf direktem Weg zum Tor. Auf dem Weg dorthin mussten er und Laverne, wie schon vorher, einigen Gruppen von Qua'kal ausweichen, die sich noch immer in der Stadt aufhielten. Sie hatten noch nicht einmal den halben Weg hinter sich gebracht, als eine laute Explosion die morgendliche Ruhe zerriss. Der Generator war also doch noch explodiert. Aus dieser Entfernung war die Zerstörung, die er angerichtet hatte, nicht mehr zu sehen aber er hatte sicherlich mehr als nur das eine Gebäude, in dem er untergebracht gewesen war, in Einzelteile zerlegt.
Die Explosion, die für sie hätte der Untergang sein können, rettete sie nun allerdings auf eine andere Weise. Kurz nachdem das Geräusch durch die Stadt getragen worden war, rannten einige Stadtwachen an den beiden Grüppchen vorbei und als Kin'Tesh kurze Zeit später das Tor erreichte, bemerkte er, dass dort niemand mehr anwesend war. Offensichtlich waren die Wachen nun damit beschäftigt, die Explosion zu untersuchen. Auch Laverne, die mit Serin im Schlepptau viel langsamer als Kin'Tesh war, konnte ungehindert aus der Stadt heraus und auf gewisse Weise auch wieder eintreten. Wie eine zweite Stadt ragten nun Zelte und Lehmbauten vor der Gruppe auf und nach kurzer Zeit hatten sie das Zelt des Schamanen und seiner Assistentin wiedergefunden. Ein bekanntes Gesicht sah ihnen entgegen. Alamee, die Gezeichnete mit der schuppigen Haut, stand vor dem Zelt und hatte den näherkommenden Kin'Tesh bemerkt. Ohne große Umschweife hielt sie eine Zeltwand nach oben, um ihm und Jewgeni Eintritt zu gewähren. Sie konnte ihre Neugierde und offensichtliche Besorgnis allerdings nicht im Zaum halten, als sie vorsichtig aber ernst "Was ist passiert? Wo sind die anderen? Auch verletzt? Brauchen sie Hilfe?" fragte.
Thorgrimm- Anzahl der Beiträge : 2050
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Alter : 34
Re: Kapitel 1 - Erwachen
"Spaeter," antwortete der Huene und schob sich bereits an der Gezeichneten vorbei ins Innere des vertrauten Zeltes, wo der Koerper des Verletzten seinen Platz dort fand, wo vor einiger Zeit noch Sulugel gelegen hatte. Er drueckte der jungen Frau das mittlerweile etwas mitgenommen aussehende Paket in die Hand und nickte dem Schamanen knapp zu. "Hier. Es sieht nicht mehr so schoen aus, aber es sollte alles noch drinn sein," kommentierte er trocken, bevor er sich etwas abseits auf dem Boden der Behausung niederliess. Sicher war er sich nicht, aber es fuehlte sich an, als haette er seit Ewigkeiten nicht mehr gesessen. Pulsierender Schmerz meldete sich langsam aus allerlei Ecken seines Koerpers, jetzt, wo er endlich etwas Ruhe hatte. Der Amacti grunzte leise. Zumindest war er noch am Leben. Und das verdammte Paket hatten sie auch abgeliefert. Die Explosion, die er hinter sich gehoert und auch gespuert hatte, erschuetternd wie ein kleines Erdbeben, dass die komplette Stadt einen Moment lang erfasste, kuemmerte ihn nicht sonderlich. Das ging auf das Konto dieses Gabe-Kreatur und auch Serin schrieb er in gewissem Masse Verantwortung dafuer zu, immerhin hatte er den Kerl eingeladen.
Er sah Alamee mehrmals durch das Zelt herumhuschen. Seine Augenlieder waren schwer, sehr schwer. Spaeter erinnerte er sich, dass er wohl auch einige Fragen beantwortete waehrend sich jemand um seine eigenen Wunden kuemmerte. Und zu irgendeinem Zeitpunkt schaffte es auch Laverne in das Zelt. Gut. Er nickte der kleinen Frau zu, Serin ignorierte er. Halb wach halb schlafend an der Grenze zur Realitaet herumdriftend, fuehlte Kin'Tesh zum wahrscheinlich ersten Mal sein Alter. Vielleicht war es nur Einbildung, der Kampf, die Flucht mit Jewgeni auf dem Ruecken, der Kampf mit der Schlange zuvor, alles hatte seinen Tribut von seinem Koerper gefordert. Vielleicht wurde er auch wirklich alt. Es daemmerte ihm, dass er sein genaues Alter nicht kannte, aber es musste wohl eine hohe Nummer sein. Und jetzt kam moeglicherweise noch etwas anderes hinzu. Nicht nur zunehmende Zahlen, sondern echte sich anbahnende Gebrechlichkeit. Der Gedanke wollte ihm nicht gefallen. Gar nicht. Aber da war noch mehr. Etwas in ihm wollte Ruhe. Frieden. Keine Qua'kal, keine Verschwoerungen, Geheimnisse oder sonstigen Kram. Er sollte einfach aufstehen und sich davon machen. Irgendwie wuerde er sich schon durchschlagen, soviel wusste er.
Aber so richtig wollte ihm das auch nicht gefallen. Nachdenklich folgten seine Augen der Gezeichneten, die soviel Mitgefuehl und Fuersorge fuer Andere an den Tag legte. Mehr Zeit verging und mit ihr noch mehr Gruebelei. Etwas spaeter fand er sich neben Laverne sitzend. Dunkel erinnerte er sich daran, wie sie ihren Pfeil in Richtung Gabe geschossen hatte. Da lag etwas hinter ihren Augen, dass er nicht genau zuordnen konnte. Er wusste nicht, ob es immer schon dagewesen ist, oder erst seit ihrem kleinen Ausflug in den Bunker. Oder vielleicht lag es auch nur daran, dass er generell niemand war, dem jemals irgendwann jemand grosse Menschenkenntnis zugeschrieben haette. "Ich denke, ich werde eine Weile lang hier blieben," begann er mit ruhiger Stimme und blickte dabei in die Leere. Die Endgueltigkeit in seinen Worten ueberraschte ihn selbst. "Der Schamane und Alamee brauchen vielleicht meine Hilfe. Und ich brauche vielleicht etwas weniger Aufregung in meinem Leben. Keine Qua'kal und keine Geheimnisse mehr." Er deutete mit seiner vernarbten Hand auf den Zeltausgang und der Ansatz eine Laechelns lag auf seinem ansonsten emotionslosen Gesicht. "Wie viele Leute da draussen wuerden wohl einiges dafuer geben, nochmal von vorne anfangen zu koennen? Den alten Ballast hinter sich zu lassen?" Er klopfte der Frau in einer kameradschaftlichen Geste auf die Schulter und liess sie dann mit diesen offenen Fragen allein.
Er sah Alamee mehrmals durch das Zelt herumhuschen. Seine Augenlieder waren schwer, sehr schwer. Spaeter erinnerte er sich, dass er wohl auch einige Fragen beantwortete waehrend sich jemand um seine eigenen Wunden kuemmerte. Und zu irgendeinem Zeitpunkt schaffte es auch Laverne in das Zelt. Gut. Er nickte der kleinen Frau zu, Serin ignorierte er. Halb wach halb schlafend an der Grenze zur Realitaet herumdriftend, fuehlte Kin'Tesh zum wahrscheinlich ersten Mal sein Alter. Vielleicht war es nur Einbildung, der Kampf, die Flucht mit Jewgeni auf dem Ruecken, der Kampf mit der Schlange zuvor, alles hatte seinen Tribut von seinem Koerper gefordert. Vielleicht wurde er auch wirklich alt. Es daemmerte ihm, dass er sein genaues Alter nicht kannte, aber es musste wohl eine hohe Nummer sein. Und jetzt kam moeglicherweise noch etwas anderes hinzu. Nicht nur zunehmende Zahlen, sondern echte sich anbahnende Gebrechlichkeit. Der Gedanke wollte ihm nicht gefallen. Gar nicht. Aber da war noch mehr. Etwas in ihm wollte Ruhe. Frieden. Keine Qua'kal, keine Verschwoerungen, Geheimnisse oder sonstigen Kram. Er sollte einfach aufstehen und sich davon machen. Irgendwie wuerde er sich schon durchschlagen, soviel wusste er.
Aber so richtig wollte ihm das auch nicht gefallen. Nachdenklich folgten seine Augen der Gezeichneten, die soviel Mitgefuehl und Fuersorge fuer Andere an den Tag legte. Mehr Zeit verging und mit ihr noch mehr Gruebelei. Etwas spaeter fand er sich neben Laverne sitzend. Dunkel erinnerte er sich daran, wie sie ihren Pfeil in Richtung Gabe geschossen hatte. Da lag etwas hinter ihren Augen, dass er nicht genau zuordnen konnte. Er wusste nicht, ob es immer schon dagewesen ist, oder erst seit ihrem kleinen Ausflug in den Bunker. Oder vielleicht lag es auch nur daran, dass er generell niemand war, dem jemals irgendwann jemand grosse Menschenkenntnis zugeschrieben haette. "Ich denke, ich werde eine Weile lang hier blieben," begann er mit ruhiger Stimme und blickte dabei in die Leere. Die Endgueltigkeit in seinen Worten ueberraschte ihn selbst. "Der Schamane und Alamee brauchen vielleicht meine Hilfe. Und ich brauche vielleicht etwas weniger Aufregung in meinem Leben. Keine Qua'kal und keine Geheimnisse mehr." Er deutete mit seiner vernarbten Hand auf den Zeltausgang und der Ansatz eine Laechelns lag auf seinem ansonsten emotionslosen Gesicht. "Wie viele Leute da draussen wuerden wohl einiges dafuer geben, nochmal von vorne anfangen zu koennen? Den alten Ballast hinter sich zu lassen?" Er klopfte der Frau in einer kameradschaftlichen Geste auf die Schulter und liess sie dann mit diesen offenen Fragen allein.
Adrian Kane- Anzahl der Beiträge : 1390
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Re: Kapitel 1 - Erwachen
Jewgenis Sinne begannen immer weiter wegzudämmern, die verschwommene Sicht hinter seinen von Rissen durchzogenen Brillengläsern sich weiter zu verklären. Er konnte spüren, dass er getragen wurde. Das war Kin’tesh, der sich um ihn kümmerte. Er hatte immer gewusst, was zu tun war. Schon damals als sie aus den Zellen entkommen waren. Als Jewgeni ihn noch für ein Monster oder einen Massenmörder hielt. Er hatte überall Monster gesehen, überall Gefahren, überall den Tod. Mittlerweile hatte er diese Ängste ablegen können. Unter anderem auch mit Kin’teshs Hilfe, der ihn immer mit seinen Worten motiviert hatte. Für einen kurzen Augenblick waren sie wieder aufgeflammt, als Gabe die Waffe auf ihn richtete, aber er hatte es geschafft sie niederzuringen. Er hatte die Arcubalista ergriffen und geschossen, auch wenn er gewusst hatte, dass die Konsequenzen schrecklich sein konnten. Aber er war nicht mehr der jämmerliche, kleine, bleiche Kerl, der er einst war. Und nie wieder würde er sich in dieses Loch zurückstoßen lassen, indem er einst gelebt hatte. Selbst wenn dies seinen Tod bedeuten würde.
Er konnte andere Stimmen hören. Da war Laverne, sie hatte es geschafft! Sie hatten es alle raus geschafft…
Die Augen hatte der Gezeichnete mittlerweile geschlossen, während sich sein schmaler Brustkorb in Kin’teshs Armen hob und senkte. Er wirkte wie ein kleines Äffchen oder ein Säugling, in den großen Händen des riesenhaften Mannes. Auch mit geschlossenen Augen konnte er Laverne vor sich sehen. In ihrer Lederpanzerung mit dem Stirnband, dass ihre wirren, blonden Haare bändigte. Zu Beginn seiner Reise war es Jewgeni kaum möglich gewesen, überhaupt mit Frauen zu sprechen. Er erinnerte sich an seiner ersten Dialoge mit Sally, die keine wirklichen Dialoge gewesen waren. Sally war gegangen, hatte sich von der Gruppe getrennt, aber Laverne war mittlerweile zu einer guten Freundin geworden, auf die man sich immer verlassen konnte. Sie hatte immer den nötigen Mut bewiesen, was Jewgeni insgeheim immer bewundert hatte. Er dachte zurück an die Szene, als sie mit einer brennenden Socke, die gelben Maden aus dem Eisenwald abgewehrt hatte. Ein schwaches Lächeln bildete sich in Jewgenis fahlem Gesicht.
Kin’teshs schwere Schritte donnerten auf den gepflasterten Boden unter ihm, weiter und immer weiter. Der Ambacti rannte so gut es nur irgendwie ging. Jewgeni begann eine Schwärze zu umschließen, die ihn verheißungsvoll umgarnte und zärtlich nach ihm tastete. Müde und erschöpft gab er sich der Ohnmacht hin, die sich wie ein sanftes Tuch über seinen Geist legte.
Kin’tesh, Laverne, Serin und Xamir rannten weiter. Der Weg ins Innere der Stadt war alles andere als einfach gewesen und doch gelang es Ihnen den Rückweg in nur einem Bruchteil der Zeit zurückzulegen. So gut sie nur konnten versuchten sie die Tore hinter sich zu lassen, nur um schlussendlich beim Zelt des Schamanen anzugelangen. Obwohl der Aufbruch noch nicht so weit zurücklag, musste es der Gruppe wie eine halbe Ewigkeit vorkommen, seitdem sie hier losgezogen waren. Alamee und der alte, taube Schamane nahmen behutsam Jewgenis bleichen, kleinen Körper von Kin’tesh entgegen und begannen sich sofort um ihn zu kümmern. Jewgeni wurde auf dem Boden des Zeltes auf einige Tierfelle gebettet, als schon nach wenigen Augenblicken klar wurde, dass es keinen Sinn mehr machte.
Der Atem des Gezeichneten hatte ausgesetzt.
Er konnte andere Stimmen hören. Da war Laverne, sie hatte es geschafft! Sie hatten es alle raus geschafft…
Die Augen hatte der Gezeichnete mittlerweile geschlossen, während sich sein schmaler Brustkorb in Kin’teshs Armen hob und senkte. Er wirkte wie ein kleines Äffchen oder ein Säugling, in den großen Händen des riesenhaften Mannes. Auch mit geschlossenen Augen konnte er Laverne vor sich sehen. In ihrer Lederpanzerung mit dem Stirnband, dass ihre wirren, blonden Haare bändigte. Zu Beginn seiner Reise war es Jewgeni kaum möglich gewesen, überhaupt mit Frauen zu sprechen. Er erinnerte sich an seiner ersten Dialoge mit Sally, die keine wirklichen Dialoge gewesen waren. Sally war gegangen, hatte sich von der Gruppe getrennt, aber Laverne war mittlerweile zu einer guten Freundin geworden, auf die man sich immer verlassen konnte. Sie hatte immer den nötigen Mut bewiesen, was Jewgeni insgeheim immer bewundert hatte. Er dachte zurück an die Szene, als sie mit einer brennenden Socke, die gelben Maden aus dem Eisenwald abgewehrt hatte. Ein schwaches Lächeln bildete sich in Jewgenis fahlem Gesicht.
Kin’teshs schwere Schritte donnerten auf den gepflasterten Boden unter ihm, weiter und immer weiter. Der Ambacti rannte so gut es nur irgendwie ging. Jewgeni begann eine Schwärze zu umschließen, die ihn verheißungsvoll umgarnte und zärtlich nach ihm tastete. Müde und erschöpft gab er sich der Ohnmacht hin, die sich wie ein sanftes Tuch über seinen Geist legte.
Kin’tesh, Laverne, Serin und Xamir rannten weiter. Der Weg ins Innere der Stadt war alles andere als einfach gewesen und doch gelang es Ihnen den Rückweg in nur einem Bruchteil der Zeit zurückzulegen. So gut sie nur konnten versuchten sie die Tore hinter sich zu lassen, nur um schlussendlich beim Zelt des Schamanen anzugelangen. Obwohl der Aufbruch noch nicht so weit zurücklag, musste es der Gruppe wie eine halbe Ewigkeit vorkommen, seitdem sie hier losgezogen waren. Alamee und der alte, taube Schamane nahmen behutsam Jewgenis bleichen, kleinen Körper von Kin’tesh entgegen und begannen sich sofort um ihn zu kümmern. Jewgeni wurde auf dem Boden des Zeltes auf einige Tierfelle gebettet, als schon nach wenigen Augenblicken klar wurde, dass es keinen Sinn mehr machte.
Der Atem des Gezeichneten hatte ausgesetzt.
Darnamur- Jünger des Pinguins
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Alter : 28
Laune : katastrophal destruktiv
Re: Kapitel 1 - Erwachen
Kühler Wind wehte um Lavernes nackte Knöchel und brachte ihre weiten Hosenbeine zum Wehen. Wie ein Echo aus einer vergangenen Zeit. Während sie durch Amonito lief, still und beschämt, den Blick auf Jewgenis baumelnden Arm gerichtet, der aus Kin’Teshs Umarmung herausragte, sah sie erneut Bilder vor dem inneren Auge, doch dieses Mal keine unbekannten.
Sie sah ihre bisherige Reise. Und vielleicht das, was Laverne Brady wirklich war. Ihr sonderbares Erwachen. Das brennende Labor (schon bei dem Gedanken kam die Aufregung zurück). Der Eisenwald und die Motten. Der verwundete Sulugel auf der Reise nach Amonito, der Schamane und Alamee, ihre Bitte. Der Kampf gegen die Schlange, die Reise durch den Untergrund. Zuletzt der brennende Bunker. Sie merkte gar nicht richtig, wie sie die Stadt verließ, aber als sie wieder aufsah war da Einöde um sie herum, die Stadtmauern lagen hinter ihr. Kin’Tesh samt Jewgeni und Serin waren noch da. Sie hatten alle retten können … sie hatte durchgehalten. Sie hatte sich überwunden, sich und ihren lächerlich schwachen Körper. Dann, als es am dringendsten gewesen war, hatte sie durchgehalten. Zum ersten Mal seit ihrem Erwachen, und sie hatte die sonderbare Eingebung, dass es das erste Mal in ihrem Leben sein könnte, brandete ein ganz besonderes Gefühl in ihr auf. Ein warmes, unaufgeregtes, zutiefst schönes Gefühl.
Stolz.
Das Zelt des Schamanen tauchte vor ihnen auf. Laverne hörte Stimmen, aber nur dumpf. Alles, was sie sah und hörte, war Jewgeni, ihr Gefährte, als er langsam auf den Boden niedergelassen wurde. Er war schrecklich bleich, seine Wunde ein krasser Kontrast, den anzusehen schmerzte. Er atmete flach, und seine Augen öffneten sich nicht mehr. Sie hoffte auf einen Blickkontakt, vielleicht nur kurz doch der kam nicht. Laverne spürte Tränen in sich aufsteigen, und als sie nach Jewgenis kleiner, kalter Hand griff, gab es kein Halten mehr. Sie wusste, was passieren würde, und sie wusste auch, dass dieser Moment sie ihr ganzes weiteres Leben lang verfolgen würde, wenn sie jetzt hier blieb.
Doch sie blieb sitzen, hielt Jewgenis Hand, weinte stumm und wartete. Wartete mit ihm bis zum Ende.
Es dauerte nicht lange.
Die nächsten Minuten – oder Stunden? – verliefen düster und später konnte sie sich nicht mehr recht erinnern, was sie in dieser Zeit getan hatte. Kin’Tesh war noch einmal da, setzte sich neben sie, als ihre Tränen endlich getrocknet waren und feuchte Streifen auf ihren Wangen hinterlassen hatten. Er sprach mit ihr, sie nickte stumm, versuchte zu antworten, doch das ging nicht. Ein letztes Schulterklopfen, dann war sie allein. Allein mit Alamee, dem Schamanen, mit Serin. Die Gruppe war gespalten. Fort. Tot.
Und trotzdem war da immer noch dieses warme Gefühl, das sie klar sehen ließ. Nein, es war nicht ihre Schuld – etwas, das sie vor kurzer Zeit noch geglaubt hätte. Im Gegenteil. Sie hatte alles gegeben, und sie hatte einige Leben gerettet. Mehr war nicht möglich gewesen. Sie konnte stolz sein, zum ersten Mal. Ihre innere Stimme protestierte, ihr verfluchtes Gehirn ratterte wie eine ewige Maschine, die sie nicht abstellen konnte, spuckte Vorschläge ebenso aus wie Vorwürfe, aber sie hörte nichts davon, überließ sich einfach ganz diesem guten Gefühl in ihrer Brust. Und schickte ihre innere Stimme zum Teufel.
Serin schlief, als sie aufstand, was ein Glücksfall war. Seine Wunden waren von den Schamanen versorgt worden, und Laverne war sich sicher, dass sie dem Mann das Leben hatte retten können. So, wie er sie gerettet hatte. Sie waren quitt. Sie bat um etwas zum Schreiben, zögerte kurz, ob sie überhaupt je gelernt hatte, zu schreiben, doch als sie dabei war kamen die Buchstaben ganz von selbst:
Lieber Serin!
Ich danke dir nochmals für unsere Rettung in den Minen, und ich hoffe, dass deine Wunden schnell heilen werden. Ich bin sicher, Ho’Taui und Alamee haben ganze Arbeit geleistet, und es wird dir bald schon wieder besser gehen.
Ich werde nicht da sein, um das zu bezeugen, und du wirst mich auch nicht mehr hier finden, wenn du aufwachst. Es tut mir Leid, aber ich kann nicht bleiben. Ein ganzes Leben liegt vor mir – und auch, wenn es vielleicht egoistisch ist, so kann ich doch nicht anders, als neugierig auf das zu sein, was es für mich bereithalten wird. Mach dir keine Sorgen, ich werde zurechtkommen, irgendwie. Aber bitte: Suche nicht nach mir.
Es ist schön, dass wir uns begegnet sind, aber ich bin froh, dass es nie dazu kam, dass du mir die Geschichte der anderen Laverne erzählt hast. Ich weiß, dass sie Fehler gemacht hat, Fehler, die ich mir nie verzeihen könnte. Ich möchte nicht wieder zu ihr werden. Ich bin vollkommen, wie ich bin, und ich glaube, mein Ausbruch im Bunker hat gezeigt, dass man an manches aus einem alten Leben lieber nicht erinnert wird. Ich fühle mich frei, und das ist ein Gefühl, dass ich nie wieder missen möchte. Ich kann dich nur bitten, das zu akzeptieren.
Laverne Brady ist tot. Aber ich lebe.
Ich wünsche dir alles Gute. Mögen sich unsere Pfade vielleicht eines Tages wieder kreuzen.
Laverne
Sie spürte wieder Tränen in sich aufsteigen, aber dieses Mal keine traurigen. Sie kamen nicht. Vielleicht hatte sie sich inzwischen leer geweint. Sie hockte sich herunter zu Serin und legte den Brief neben ihn, so, dass er ihn fand, wenn er aufwachte; dann zögerte sie kurz, nickte sich selbst zu und griff in ihre Hosentasche. Die Streichholzschachtel fühlte sich kalt und rau an, als wollte sie sich gegen das wehren, was gleich unweigerlich kommen musste. Ein letztes Mal der geübte Schubs mit dem Zeigefinger, ein letztes Mal das Ratschen des Hölzchens, und mit der Flamme brannte ihr Adrenalin von Neuem, als sie das Stückchen Papier in Flammen setzte. Nur ein ganz kleines bisschen, dann löschte sie das Flämmchen, das am Brief leckte, mit spuckefeuchten Fingern, zischend; zurück blieb eine braune, gewellte Ecke am Papier, ein letzter Abschiedsgruß. Noch ein letztes Zögern, dann ließ sie los und legte die Streichholzschachtel so vorsichtig als wäre sie aus Glas auf das angesengte Papier, direkt unter ihren Namen.
Am Zelteingang wandte sie sich ein letztes Mal um. Jewgeni sah friedlich aus, fast glücklich. Ein Lächeln spielte um ihren Mund. Sie würde ihn nicht vergessen.
Dann ging sie, um den einzigen Freund zu finden, den sie in dieser Welt hatte, den Ambacti, den sie bis hierhin begleitet hatte. Der letzte, der noch übrig war, abgesehen von ihr. Der Mann mit den Muskeln, und die Frau mit dem Gehirn … das war ein Team, das man nicht leichtfertig aufgeben sollte. Sie zog den Riemen ihres Brustpanzers zurecht. Was würde dieses Leben aus ihr machen? Tatsächlich ein Kämpferin, eine Söldnerin sogar? Es wäre eine Möglichkeit … eine, die ihr gefiel. Wenn sie erst einmal lernte, mit diesem Bogen vernünftig umzugehen … vielleicht konnte sie dann noch mehr Leben retten.
Kin’Tesh sagte, er würde eine Weile bleiben … Es würde nicht schwer werden, ihr zu finden. Entschlossen schulterte sie ihren Bogen und ihren Rucksack, pustete sich eine Haarsträhne aus der Sicht. Sie war Laverne Brady – und niemand sonst. Sie war frei, jetzt noch mehr als je zuvor. Und sie würde das Beste daraus machen.
Dann ging sie los, die kleine Frau mit den wirren blonden Haaren, und verschwand im Straßengewirr der Lehmbauten.
Sie sah ihre bisherige Reise. Und vielleicht das, was Laverne Brady wirklich war. Ihr sonderbares Erwachen. Das brennende Labor (schon bei dem Gedanken kam die Aufregung zurück). Der Eisenwald und die Motten. Der verwundete Sulugel auf der Reise nach Amonito, der Schamane und Alamee, ihre Bitte. Der Kampf gegen die Schlange, die Reise durch den Untergrund. Zuletzt der brennende Bunker. Sie merkte gar nicht richtig, wie sie die Stadt verließ, aber als sie wieder aufsah war da Einöde um sie herum, die Stadtmauern lagen hinter ihr. Kin’Tesh samt Jewgeni und Serin waren noch da. Sie hatten alle retten können … sie hatte durchgehalten. Sie hatte sich überwunden, sich und ihren lächerlich schwachen Körper. Dann, als es am dringendsten gewesen war, hatte sie durchgehalten. Zum ersten Mal seit ihrem Erwachen, und sie hatte die sonderbare Eingebung, dass es das erste Mal in ihrem Leben sein könnte, brandete ein ganz besonderes Gefühl in ihr auf. Ein warmes, unaufgeregtes, zutiefst schönes Gefühl.
Stolz.
Das Zelt des Schamanen tauchte vor ihnen auf. Laverne hörte Stimmen, aber nur dumpf. Alles, was sie sah und hörte, war Jewgeni, ihr Gefährte, als er langsam auf den Boden niedergelassen wurde. Er war schrecklich bleich, seine Wunde ein krasser Kontrast, den anzusehen schmerzte. Er atmete flach, und seine Augen öffneten sich nicht mehr. Sie hoffte auf einen Blickkontakt, vielleicht nur kurz doch der kam nicht. Laverne spürte Tränen in sich aufsteigen, und als sie nach Jewgenis kleiner, kalter Hand griff, gab es kein Halten mehr. Sie wusste, was passieren würde, und sie wusste auch, dass dieser Moment sie ihr ganzes weiteres Leben lang verfolgen würde, wenn sie jetzt hier blieb.
Doch sie blieb sitzen, hielt Jewgenis Hand, weinte stumm und wartete. Wartete mit ihm bis zum Ende.
Es dauerte nicht lange.
Die nächsten Minuten – oder Stunden? – verliefen düster und später konnte sie sich nicht mehr recht erinnern, was sie in dieser Zeit getan hatte. Kin’Tesh war noch einmal da, setzte sich neben sie, als ihre Tränen endlich getrocknet waren und feuchte Streifen auf ihren Wangen hinterlassen hatten. Er sprach mit ihr, sie nickte stumm, versuchte zu antworten, doch das ging nicht. Ein letztes Schulterklopfen, dann war sie allein. Allein mit Alamee, dem Schamanen, mit Serin. Die Gruppe war gespalten. Fort. Tot.
Und trotzdem war da immer noch dieses warme Gefühl, das sie klar sehen ließ. Nein, es war nicht ihre Schuld – etwas, das sie vor kurzer Zeit noch geglaubt hätte. Im Gegenteil. Sie hatte alles gegeben, und sie hatte einige Leben gerettet. Mehr war nicht möglich gewesen. Sie konnte stolz sein, zum ersten Mal. Ihre innere Stimme protestierte, ihr verfluchtes Gehirn ratterte wie eine ewige Maschine, die sie nicht abstellen konnte, spuckte Vorschläge ebenso aus wie Vorwürfe, aber sie hörte nichts davon, überließ sich einfach ganz diesem guten Gefühl in ihrer Brust. Und schickte ihre innere Stimme zum Teufel.
Serin schlief, als sie aufstand, was ein Glücksfall war. Seine Wunden waren von den Schamanen versorgt worden, und Laverne war sich sicher, dass sie dem Mann das Leben hatte retten können. So, wie er sie gerettet hatte. Sie waren quitt. Sie bat um etwas zum Schreiben, zögerte kurz, ob sie überhaupt je gelernt hatte, zu schreiben, doch als sie dabei war kamen die Buchstaben ganz von selbst:
Lieber Serin!
Ich danke dir nochmals für unsere Rettung in den Minen, und ich hoffe, dass deine Wunden schnell heilen werden. Ich bin sicher, Ho’Taui und Alamee haben ganze Arbeit geleistet, und es wird dir bald schon wieder besser gehen.
Ich werde nicht da sein, um das zu bezeugen, und du wirst mich auch nicht mehr hier finden, wenn du aufwachst. Es tut mir Leid, aber ich kann nicht bleiben. Ein ganzes Leben liegt vor mir – und auch, wenn es vielleicht egoistisch ist, so kann ich doch nicht anders, als neugierig auf das zu sein, was es für mich bereithalten wird. Mach dir keine Sorgen, ich werde zurechtkommen, irgendwie. Aber bitte: Suche nicht nach mir.
Es ist schön, dass wir uns begegnet sind, aber ich bin froh, dass es nie dazu kam, dass du mir die Geschichte der anderen Laverne erzählt hast. Ich weiß, dass sie Fehler gemacht hat, Fehler, die ich mir nie verzeihen könnte. Ich möchte nicht wieder zu ihr werden. Ich bin vollkommen, wie ich bin, und ich glaube, mein Ausbruch im Bunker hat gezeigt, dass man an manches aus einem alten Leben lieber nicht erinnert wird. Ich fühle mich frei, und das ist ein Gefühl, dass ich nie wieder missen möchte. Ich kann dich nur bitten, das zu akzeptieren.
Laverne Brady ist tot. Aber ich lebe.
Ich wünsche dir alles Gute. Mögen sich unsere Pfade vielleicht eines Tages wieder kreuzen.
Laverne
Sie spürte wieder Tränen in sich aufsteigen, aber dieses Mal keine traurigen. Sie kamen nicht. Vielleicht hatte sie sich inzwischen leer geweint. Sie hockte sich herunter zu Serin und legte den Brief neben ihn, so, dass er ihn fand, wenn er aufwachte; dann zögerte sie kurz, nickte sich selbst zu und griff in ihre Hosentasche. Die Streichholzschachtel fühlte sich kalt und rau an, als wollte sie sich gegen das wehren, was gleich unweigerlich kommen musste. Ein letztes Mal der geübte Schubs mit dem Zeigefinger, ein letztes Mal das Ratschen des Hölzchens, und mit der Flamme brannte ihr Adrenalin von Neuem, als sie das Stückchen Papier in Flammen setzte. Nur ein ganz kleines bisschen, dann löschte sie das Flämmchen, das am Brief leckte, mit spuckefeuchten Fingern, zischend; zurück blieb eine braune, gewellte Ecke am Papier, ein letzter Abschiedsgruß. Noch ein letztes Zögern, dann ließ sie los und legte die Streichholzschachtel so vorsichtig als wäre sie aus Glas auf das angesengte Papier, direkt unter ihren Namen.
Am Zelteingang wandte sie sich ein letztes Mal um. Jewgeni sah friedlich aus, fast glücklich. Ein Lächeln spielte um ihren Mund. Sie würde ihn nicht vergessen.
Dann ging sie, um den einzigen Freund zu finden, den sie in dieser Welt hatte, den Ambacti, den sie bis hierhin begleitet hatte. Der letzte, der noch übrig war, abgesehen von ihr. Der Mann mit den Muskeln, und die Frau mit dem Gehirn … das war ein Team, das man nicht leichtfertig aufgeben sollte. Sie zog den Riemen ihres Brustpanzers zurecht. Was würde dieses Leben aus ihr machen? Tatsächlich ein Kämpferin, eine Söldnerin sogar? Es wäre eine Möglichkeit … eine, die ihr gefiel. Wenn sie erst einmal lernte, mit diesem Bogen vernünftig umzugehen … vielleicht konnte sie dann noch mehr Leben retten.
Kin’Tesh sagte, er würde eine Weile bleiben … Es würde nicht schwer werden, ihr zu finden. Entschlossen schulterte sie ihren Bogen und ihren Rucksack, pustete sich eine Haarsträhne aus der Sicht. Sie war Laverne Brady – und niemand sonst. Sie war frei, jetzt noch mehr als je zuvor. Und sie würde das Beste daraus machen.
Dann ging sie los, die kleine Frau mit den wirren blonden Haaren, und verschwand im Straßengewirr der Lehmbauten.
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