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Götterblut - Kapitel 3: Scarface

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Götterblut - Kapitel 3: Scarface - Seite 7 Empty Re: Götterblut - Kapitel 3: Scarface

Beitrag von Druzil So Jan 26 2014, 20:20

Alan schüttelte den Kopf und es war nicht wirklich erkennbar, ob aus Verwirrung oder Ablehnung. Natürlich verstand er den Wunsch von Johanna. Wer hätte in dieser Situation denn anders gehandelt? Aber eigentlich hatte er gehofft, dass Norly eine andere Art von Verkündung vorgehabt hatte, als sie zu informieren, dass er mit seiner Jugendliebe wieder anbandeln wollte.
"Hill und seine willfähigen Hunde interessieren mich nicht", grunzte er zurück. "Ich lege lediglich keinen Wert auf Ihr sonderbares Familienwiedersehen. Johanna hätte ich ohne Zweifel begleitet, aber ... Lassen wir das. Ich ziehe es vor, endlich mal wieder in meinem eigenen Bett zu schlafen."
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Götterblut - Kapitel 3: Scarface - Seite 7 Empty Re: Götterblut - Kapitel 3: Scarface

Beitrag von Elli Mo Jan 27 2014, 16:25

Melinda hörte sich die Ausführungen der anderen an. Das Randolph der Reise zustimmte, brachte auch sie näher an die Idee sich mit der Reise anzufreunden.
Alan jedoch war dagegen.
“Ich glaube kaum, dass die Möglichkeit gegeben sein wird, im eigenen Bett zu schlafen. Der Yard hat seine Augen und Ohren überall - sicherlich gerade bei Personen die im Verdacht stehen mit Charles Norly im Zusammenhang zu stehen. Ich möchte nur am Rande erwähnen, dass die Betten im Tower mehr als unbequem sind – wenn man sie denn Betten nennen möchte.“
Bei der Erinnerung daran, blickte sie nachdenklich auf den Boden, ohne einen gewissen Punkt zu fokussieren. Allerdings hatte sie sich zügig wieder im Griff, sie ließ sich ungern anmerken, was sie beschäftigte, dass gab anderen Menschen die Möglichkeit, diese Schwäche gegen sie zu verwenden.
Tja….und was machen wir nun? Wir beiden Hübschen? Wann geht es los? Hat die Maus schon was dazu gesagt? Ich war abgelenkt, du hast schon ganz schön lange nichts mehr getrunken.
Obwohl sie vor nicht allzu langer Zeit Wein getrunken hatte, spürte sie deutlich wonach ihr Körper verlangte, das Zittern in den Händen ließ sich durch die verschränkten Arme verstecken.
Eine der Anzeichen, dass zu wenig Alkohol durch ihre Blutbahnen rann, doch weitere Anzeichen würde sie kaum verstecken können, wenn sie nicht allzu bald wenigstens ein Glas Wein bekommen würde. Ihr Blick wanderte durch die Küche und streifte kurz die Flasche mit dem Schnaps – ein Glas davon würde es auch tun – zumindest fürs Erste.
Sie blicke also wieder nach oben und dabei Charles an. “Wann soll die große Reise denn losgehen, sollte ich mich entschließen die illustre Gruppe zu begleiten.“
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Götterblut - Kapitel 3: Scarface - Seite 7 Empty Re: Götterblut - Kapitel 3: Scarface

Beitrag von Umbra So Feb 02 2014, 01:51

Charles fuhr sich müde mit der Hand durchs Gesicht. In anderen Kreisen hätte er davon abgesehen, doch hier musste er nicht pingelig auf Förmlichkeit achten, die solcherlei Verhalten verbat, und konnte sich zumindest bis zu einem gewissen Grad entspannen und gehen lassen. Er hatte die Reaktionen der anderen auf seine Ankündigung im Stillen verfolgt, wenn er auch dem Doktor ein zustimmendes und anerkennendes Nicken hatte zukommen lassen. Es war erfreulich, dass sich zumindest einer Charles‘ Gesprächspartner seine Verfehlungen eingestand und einsah, dass Besserung von Nöten war. Die Reise nach Manchester würde zudem erlauben, etwas Abstand von den jüngsten Ereignissen nehmen zu können und sich im Idealfall auch etwas Friede zu gönnen, was sicherlich allen gut tun dürfte.
Charles verfolgte die jeweiligen Sprecher mit seinem Blick, mit dem er aber nach kurzer Zeit Melinda genauer betrachtete. Ihm war aufgefallen, dass ihre Hände zitterten, was ihm nicht gefiel. Etwas besorgt runzelte er die Stirn und fragte sich, was es damit auf sich hatte. Angst, Anspannung, Nervosität? Bezog sich ihr Verhalten auf Erinnerung, die sie an ihren Aufenthalt im Tower hatte, oder handelte es sich vielleicht um eine Entzugserscheinung, weil ihr Körper nach Drogen verlangte? Dies alles behagte Charles nicht. Er würde sie später unter vier Augen wohl darauf ansprechen, denn vor Alan, Johanna und dem Doktor könnte diese Art von Gespräch ihr unangenehm sein.
Allerdings meldete Charles sich nun, bevor eine längere Diskussion ausbrechen konnte, zu Wort, um erst einmal auf Melindas zuletzt Frage einzugehen:
„Morgen früh um acht Uhr fährt ein Zug ab Euston“, wusste er, ohne recherchieren zu müssen. Die Euston railway station war ein Anlaufpunkt für alle Reisende, die in den Nordwesten wollten oder von dort kamen, und er hatte die Verbindung zwischen London und Manchester – sowie umgekehrt – oft genug genutzt, um die Abfahrtszeiten auswendig zu kennen. Nicht, dass es kompliziert gewesen wäre, sich diese zu merken.
„Den heutigen Übernachtzug dürften wir nur noch erwischen, wenn wir sofort aufbrechen würden. Allerdings sind einige Vorbereitungen zu treffen und Umstände zu beachten, die es wahrscheinlich zu einer weiseren Entscheidung machen werden, erst morgen am Abend abzureisen.“
Je eher Johanna heimkehren und ihrer Mutter zeigen könnte, dass Charles ihr kein Leid zugefügt hatte, desto besser, aber überstürzt sollten sie deswegen nicht handeln.
„Mir bereitet eine Fahrt im Zug aufgrund meiner optischen Erscheinung etwas Unbehagen“, was in seiner Stimme mitschwang, „immerhin werden wir uns für Stunden mit fremden Menschen einen begrenzten Raum teilen müssen und ich nehme auch an, dass gerade dort am Bahnhof verstärkt nach mir Ausschau gehalten wird.“
Der Wunsch seiner Tochter, nach Manchester zu reisen, war für Charles nachvollziehbar und er wollte ihr ein guter Vater sein, indem er versuchte, ihr ihn zu erfüllen. Er hoffte, dass sie verstand, dass er nicht spontan jeden beliebigen Zug nehmen konnte. Er bedauerte es sehr, dass er sich nicht frei bewegen konnte. Die Polizei wartete sicher nur darauf, dass er versuchte, London gen Manchester zu verlassen. Eine Entdeckung konnten sie sich nicht leisten. Zumindest nicht als Gruppe. Charles war sich nicht sicher, ob Johanna sich bewusst war, was eine Reise nach Manchester an Gefahren bedeuten würde. Charles hatte vor, die Wahrscheinlichkeit für eine Eskalation der Situation am Bahnhof oder im Zug möglichst gering zu halten – gerade weil er in Begleitung seiner Tochter und eines Verletzten reisen würde. Er hatte die Verantwortung auf sich genommen und würde alles in Kauf nehmen, um die anderen – und besonders seine Tochter – vor Schaden zu bewahren. Zudem war zu beachten, dass Dr. Tremaine nicht imstande sein würde zu fliehen, sollte dies ratsam sein.
„Alles in Allem würde ich bevorzugen, einen Nachtzug zu nehmen“, fuhr Charles dennoch, die Reise nach Manchester nicht ablehnend, fort, „auch wenn dies bedeutet, dich und deine Mutter noch ein wenig länger im Ungewissen über dein Schicksal lassen zu müssen, Johanna. Ein Großteil der Passagiere wird die Reise zurückgezogen und schlafend verbringen und wir hätten, mit etwas Glück, wenn wir es erst einmal unentdeckt in unseren Abteil geschafft haben, unsere Ruhe vor unerwünschten Belästigungen.“
So sah zumindest die Theorie aus.
„Aus diesem Zweck werden wir darüber hinaus in der ersten Klasse unterkommen – auf meine Kosten, selbstverständlich. Je teurer die Fahrt, desto weniger Mitreisende und desto gewahrter bleibt unsere Privatsphäre; auch der Komfort gegenüber einem Gepäck- oder Lagerwaggon lässt sich nicht leugnen, zumal diese sich weniger als Unterkunft eignen, weil sie durchsucht werden – einstmals eher unregelmäßig, aber auf des Chief Commissioners persönliche Anweisung in letzter Zeit sehr gewissenhaft und teils durch seine eigenen Leute“, erzählte Charles und schnaubte anschließend verächtlich.
„Als ob ich in Erwägung ziehen würde, mich hinter oder in Kisten zu verkriechen würde wie eine niedere Kellerratte…“
Oh, dazu wäre er sich sicherlich nicht zu fein, doch wer wäre schon so dumm, es seinen Gegnern leicht zu machen, indem man sich genau dort aufhielt, wo sie es vermuten würden? Charles hatte gelernt, dass man durch versuchte Heimlichkeit eher Aufmerksamkeit auf sich zog als durch dreistes Nicht-Verstecken.
„Nichtsdestotrotz könnte uns möglicherweise verstärkte Polizeipräsenz zum Problem werden, weswegen wir uns aufteilen werden und ich erst zu Ihnen stoßen werde, sobald ich es für unbedenklich genug halte.“
Wann dies der Fall sein würde, würde Charles vor Ort entscheiden. Aber noch war er nicht fertig damit, seine Überlegungen und Pläne bezüglich der Manchesterreise zu schildern.
„Allerdings werde nicht nur ich mich bedeckt halten müssen“, fuhr er fort. „Sie werden unter falschem Namen und unter falschem Vorwand reisen. Außerdem werden Sie sich der ersten Klasse angemessen kleiden müssen, sonst wird man Sie gar nicht in Ihr Abteil hineinlassen – ob es bereits gebucht und bezahlt ist, oder nicht. Darum kümmern wir uns, sobald es dämmert.“
Charles war sich bewusst, dass es eins der kniffligeren Probleme darstellte – auch wenn Charles auch hier bereits gedanklich Optionen durchging und Pläne schmiedete –, kurzfristig eine hochwertige Ausstattung für alle Anwesenden zu besorgen; die Kleidungsstücke darunter am besten in mehrfacher Ausführung, es konnte schließlich nicht schaden, gut angezogen zu sein. Johanna bräuchte feineres als ihre Dienstmädchenkleidung, genauso wie Melinda nicht mit ihrem freizügigen Kleid den Zug würde besteigen können. Miss Bolt besaß ohnehin nicht viel mehr als sie am Leib trug, was Charles unzumutbar für eine junge Frau erschien – oder „junge Dame“, demnächst, wenn man dies schon vorwegnehmen wollte. Niemandem  unter seinem Schutz sollte es an etwas mangeln, ebenfalls nicht an Kleidungsstücken, und Charles würde eine Möglichkeit finden, dem entgegenzuwirken. Er selbst konnte vermutlich einen neuen Mantel gebrauchen, denn seinem hatte das Blutbad in Melindas Zimmer nicht gut getan, und vielleicht ein neues Holster für seinen Revolver (seines hatte er bereits vor Wochen in Eile in einem ehemaligen Unterschlupf liegenlassen müssen und noch nicht für Ersatz gesorgt). Dr. Tremaine könnte sicherlich noch etwas schicker aussehen – von Mr. Stirling, der zu einem verwahrlosten Aussehen zu neigen schien, ganz zu schweigen.
Genau an Letzteren wandte sich Charles nun, da er alles gesagt hatte, was er ansonsten hatte sagen wollen:
„Ich werde nicht versuchen, Sie daran zu hindern, in London zu bleiben“, sagte er trocken.
„Genauso wenig werde ich sie daran hindern, sollten Sie wirklich in Ihr Haus zurückkehren wollen. Miss Bolt hat vollkommen Recht: Es wäre eine himmelschreiende Torheit, die Sie mit Ihrer Inhaftierung bezahlen werden – aber wer bin ich schon, dass ich es mir erlauben könnte, dem weisen Mr. Alan Stirling einen Rat zu erteilen?“
Charles zuckte mit den Schultern.
„Jedem das Seine. Ich kann mich übrigens nicht daran entsinnen, erwähnt zu haben, dass ich ein… Familienwiedersehen plane“, stellte er dann noch richtig. Dieses Wort schmerzte ihn.
„In meiner Abwesenheit werden einige geschäftliche Dinge liegengeblieben sein, die ich noch erledigen möchte, außerdem will ich wissen, was die Polizei mit meinem Hab und Gut angestellt hat – unfassbar, dass ich mich nun dafür rechtfertige, immerhin dürfte dies sehr naheliegend sein. Ich versichere Ihnen, ich hege keinerlei Absicht, Sie alle Johannas Mutter vorzuführen – nichts für Ungut, aber ich habe selbst nicht vor, mich ihr zu zeigen, sofern es sich vermeiden lässt.“
Charles scheute davor zurück, Sofia Stead nach all den Jahren wieder vor die Augen zu treten. Lieber blieb er im Verborgenen als sich ihr zu stellen. Er war nicht mehr der leichtsinnige, junge Fabrikantensohn, der er vor zwanzig Jahren gewesen war. Nun war er… Scarface. Sie sollte nicht den Schatten seiner selbst sehen, zu dem er geworden war. Zu sehr fürchtete er, Furcht in ihrem Blick erkennen zu müssen, sobald dieser ihn traf.
„Ich verstehe Ihren Wunsch vollkommen, wieder in Ihrem eigenen Bett schlafen zu dürfen, Mr. Stirling – dies ist sogar eins der Dinge, auf die ich mich am meisten freue und die ich Daheim in Manchester auch umsetzen werde, sollte es im Bereich des Möglichen liegen –, doch rate ich Ihnen wirklich davon ab, Ihrem Haus auch nur nahe zu kommen. Die Polizei lässt es sicherlich beobachten und ich weiß, dass einige Leute sehr erpicht darauf sein können, jede Chance zu nutzen, unliebsame Nachbarn loszuwerden“, gab er in wissenden Ton zu bedenken. Alan war in dessen Nachbarschaft wahrscheinlich genauso unbeliebt wie Charles es in seiner gewesen war. Wie die Verhältnisse aktuell aussahen, vermochte Charles nicht zu sagen. Schlechter geworden waren sie allemal. Wer wollte schon Grundstück an Grundstück mit einem (vermeintlichen) Serienmörder leben? Aber ein Säufer, der sein Haus und den Garten darum herunterkommen ließ und damit die Nachbarschaft verschandelt, warf ebenfalls kein gutes Licht auf andere.
„Ich werde Sie, wie gesagt, nicht zwingen, mit nach Manchester zu kommen. Das wäre mir zu anstrengend, obwohl ich nur ungern auf Ihr Genörgel verzichten werde.“
Charles atmete schnaufend durch die Nase aus.
„Sind nun noch Fragen offen?“, wollte er wissen. Dabei blickte er vor Allem zu Johanna, schließlich hoffte Charles, dass seine Ausführungen seine Tochter hatten zufriedenstellen können. Zeit mochten sie beide ungern verstreichen lassen und Sofia Stead der Ungewissheit überlassen, ob Johanna lebte oder nicht, doch überstürzt sollten sie wirklich nicht versuchen, sich einen Weg nach Manchester zu bahnen. Er hatte sich dies in Kürze, aber sehr genau überlegt.
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Beitrag von Elli Mi Feb 05 2014, 16:36

Wieder schwieg Melinda einen Augenblick, noch einmal ging sie das Gesagte von Charles durch.
Der Vorschlag einen Nachtzug zu nehmen, erschien ihr klug, wenn es ihr auch noch mehr Unbehagen bereitete. Im Grunde war sie ein Nachtmensch und die letzten Tage hatten auch durch den ungewohnten Schlafrhythmus ihre Tribute gefordert und die Erschöpfung war deutlich.
Nun bestünde also die Möglichkeit in dem Nachtzug zu schlafen, aber Melinda glaubte nicht, dass sie das können würde. Etwas derartig Ungewohntes, verursachte ihr Unbehagen und sie bemerkte, dass sie alleine beim Gedanken daran nervös wurde. “Als würden deine Hände nicht sowieso schon zittern! Sieh‘ zu, dass du sie beschäftigst.“
Sie verschränkte die Arme wieder vor der Brust und tippte mit der rechten Fußspitze leicht auf den Boden.
Verstärkt wurde das ungute Gefühl noch dadurch, dass Charles erwähnte nicht sofort mitreisen zu wollen, sondern später dazu stoßen würde. Es war nicht so, als würde Melinda nicht auf sich selbst aufpassen können, aber sie hatte Bedenken vor allem wegen Alan. Mit Sicherheit war sie nicht die Einzige, die den Gedanken hegte jemandem aus dem Zug zu werfen – nur dass es an Alans Stelle durchaus sie sein konnte, die aus dem stählernen Ungetüm gestoßen werden könnte.
Andere Klamotten ließ sie aber aufhorchen. Wenn sie sich die Gruppe so ansah, war bei jedem ein anderer Kleidungsstil von Nöten. Keiner, abgesehen von Charles, sah aus wie jemand der sich eine Zugfahrt leisten könnte – schon gar nicht erster Klasse. Zwar war sie nicht im Bilde darüber, was ein Ticket nun kosten würde, aber keiner von ihnen sah aus, als könnte er sich auch nur ein Stofftaschentuch leisten.
Melinda besaß nur dieses eine Kleid und sie trug es, seit es ihre passte. Früher einmal war es ihr sogar zu groß gewesen. Ein weiteres Kleidungsstück bedeutete fast soetwas wie Luxus – allerdings auch etwas Arbeit, denn Melinda würde es etwas modifizieren müssen. Vermutlich waren die wenigsten Kleider mit genügend kleinen versteckten Taschen versehen um ihre wenigen Habseligkeiten zu beherbergen….ohne diese wollte sie allerdings keinesfalls unterwegs sein.
Das Miauen einer Katze holte sie aus ihren Gedanken wieder zurück in die Küche.
Schließlich nickte sie müde, eine wirkliche Wahl hatte sie nicht – diese hatte sie sich selbst genommen. “Gut Manchester also.“
Dann stieß sie sich von der Wand ab und betrachtete die Lebensmittel die David mitgebracht hatte. Sorgsam sortiere sie ein wenig hin und her, einerseits um endlich wieder etwas in den Magen zu kommen, andererseits um ihre Hände zu beschäftigten. Unbemerkt fiel ihr Blick auf die Schnapsflasche. Es zerrte an ihr, sie brauchte dringend einen Schluck. Ihr ging der Gedanke durch den Kopf die Flasche zu nehmen, sich auszuschenken und einen Toaste auf die anstehende Reise auszusprechen, eine nette Vertuschung der Tatsache, dass sie gerade an kaum etwas anderes denken konnte, als an den Alkohol, der so nah und doch so fern war. Charles hatte seine Sicht der Dinge, was Schnaps betraf, bereits geäußert und da sie gerade nicht sicher war, ob die Katze-Maus-Geschichte gerade so lief, wie sie es wollte, fiel ihr Los gerade darauf, ihren Alkoholkonsum nicht allzu öffentlich zu gestalten.
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Beitrag von Scáth Mi Feb 05 2014, 16:51

Das Charles Sofia nicht wieder sehen wollte verletzte Johanna irgendwo. Auch, wenn ihr bewusst war das sie so etwas wie eine komplette Familie nie besitzen wird und Charles nicht mal im Ansatz auf die Idee kommen würde sich Sofia wieder anzunähern. Vermutlich würde ihre Mutter das nicht mal zulassen. Das sie nicht gut auf Charles zu sprechen war bekam Johanna schon in ihrer Kindheit mit. Auch aus diesem Grund sah Johanna dem Gespräch mit ihrer Mutter zweifelnd entgegen. Überhaupt war es fraglich, ob sie Johanna weiter ziehen lassen würde.
Den Rest der Dinge die Charles sagte hörte Johanna sich ebenfalls schweigend an. Sie hatte keine Einwände. Auch wenn ihre Geduld ausnahmsweise mal gering war, war dass, was Charles sagte vernünftig und stimmte. Sie wollte niemanden in Gefahr bringen, und so musste man so vorsichtig sein wie möglich.
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Beitrag von Umbra Mo Feb 17 2014, 09:13

Platzhalter für Alans Ausstieg
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Beitrag von Elli Mo Feb 17 2014, 11:01

Nachdem offenbar alle offenen Fragen geklärt worden waren, begann Melinda in den Vorräten, die David besorgte hatte, nach den Zutaten zu suchen und auszuwählen, was sie kochen wollte. Alans Abgang verwirrte sie etwas, wie sich eingestehen musste. War sie daran Schuld? Hatte sie es mit ihrer Racheaktion übertrieben? Vielleicht war sie Faktor X, aber wenn konnte sie es nicht ändern. Sie würde ihm nicht hinter laufen und ihn beten zu bleiben, das war nicht ihre Aufgabe, selbst wenn sie der Auslöser gewesen sein sollte. Zusätzlich zu diesen Gedanken, hatte sie  noch immer Bedenken wegen der anstehenden Reise. Zudem hatte sie das Zittern ihrer Hände  noch immer nicht unter Kontrolle. Um diese weiter zu beschäftigen, räumte sie die Gläser die noch auf dem Tisch gestanden hatten, von ihrer Rache an Alan, rasch auf den Spülstein. Wie einfach es wäre etwas von dem Schnaps in eines der Gläser zu gießen – ungeachtet der Tatsache, wem dieses zuvor gehört hatte, aber als Hure konnte man sich um solche Kleinigkeiten ohnehin nicht kümmern. Vor ihrem inneren Auge sah sie sich selbst wie sie den Schnaps ohne  große Umschweife trinken würde und sich das beruhigende brennende Gefühl in ihrer Speiseröhre ausbreiten würde, wenn der Alkohol den Weg in ihren Magen und ihr Blut suchte.
Nachdem sie einen Moment dort still gestanden hatte und die Gläser schließlich mit etwas Wasser auswusch, drehte sie sich um.  “Reisen soll man ja bekanntlich nicht mit leerem Magen antreten.“
Sie griff nach den Zutaten und machte sich daran zu kochen. Randolph verfrachtete sie ohne große Worte auf einen Stuhl, er musste sich schonen und sie würde es nicht zulassen, dass er seine vermutlich nur noch geringen Kräfte mit Kochen verschwenden würde. Da noch Tee auf dem Tisch stand, stand es ihm natürlich frei, sich daran zu bedienen, ebenso wie an dem Wasser welches Melinda auf den Tisch stellte.
Charles half wie versprochen, auch wenn sie über seine Anmerkungen und Fragen manches Mal grinsen musste, was sie auch nicht scheute ihm zu zeigen. Ebenso wie er, beteiligte sich auch Johanna an den Vorbereitungen und half die Zutaten klein zu schneiden. Die Gespräche konnten allerdings kaum oberflächlicher sein und drehten sich hauptsächlich ums Kochen. Das Hausmädchen war sicherlich auch in der Lage dazu zu kochen, doch gerade betrachtete Melinda die Küche als ihre Bühne.
Norly stellte sich beim Schneiden selbst nicht schlecht an, der Umgang mit einem Messer schien ihm keine Probleme zu bereiten. Die Zubereitung selbst wollte sie ihm allerdings nicht überlassen, sie zweifelte seine Kochkünste ein wenig an. Doch auch seine vermeintliche Tochter zerschnitt die Zutaten rasch und gleichmäßig. Der Anblick des Mädchens mit einem Messer in der Hand, gab ein seltsames Bild für die Hure ab, während sie das Feuer für den Herd anfachte und einen Topf auf den Herd stellte um das Wasser für Kartoffeln anzuheizen.

Die Gruppe aß gemeinschaftlich, Melinda trug jedoch kaum etwas zu den Unterhaltungen bei und nur gelegentlich versuchte sie mit Randy ins Gespräch zu kommen. Ihre Gedanken und ihre Stimme beschäftigten sie zu sehr - obwohl sie sehr hungrig war, konnte sie sich zeitweise kaum auf ihre Teller konzentrieren. Dennoch leerte sie ihren Teller vollständig, Essen dieser Güte nahm sie nur selten zu sich.

Danach räumte sie das schmutzige Geschirr ab und stellte es zu den Gläsern von zuvor.
Die Truppe teilte sich nach dem Essen auf und jeder schien seines Weges zu gehen. Melinda zwinkerte Charles zu, immerhin stand noch ein versprochener Nachtisch an. Sie ließ ihm den Vortritt mit der Information gleich nachzukommen. Nachdem er die Küche verlassen hatte, griff sie endlich zu dem Schnaps und trank direkt aus der Flasche einige Schlucke aus der Flasche, die Zeit um nach einem Glas zu greifen, erschien ihr überflüssig. Obwohl es natürlich nur Einbildung sein konnte, meinte sie sofort zu spüren wie ihre Hände ruhiger wurden. Sie atmete einige Mal kurz durch, bevor sie sich den Mund mit Wasser ausspülte und schließlich ebenso die Küche verließ.
Nach einem kurzen Klopfen an der  Türe von Norly öffnete er diese.
Während Melinda’s Kopf auf der Brust von Charles lag und sie dem Klopfen seines Herzens  lauschte, welches sich langsam wieder einer normalen Frequenz annäherte, dachte sie wieder einmal darüber nach, auf was sie sich eigentlich einließ. Da auch seine Atmung immer ruhiger wurde und sie nur zu gut wusste, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit bald einschlafen würde, drehte sie den Kopf um ihn ansehen zu können.
“Frauen sind schrecklich neugierige Dinger, nicht?“ sie grinste ihn schelmisch an und streckte ihre rechte Hand aus, um sanft mit ihrer Hand über seine Narbe im Gesicht zu streichen. Sie blickte ein wenig durch ihn hindurch “Man erzählt sich einiges auf der Straße.“ Dann fokussierte sie ihn wieder, ihre Hand noch immer auf seiner Wange. “Wie ist das passiert? Oder darf ich das nicht wissen?“ Sie lege ihren Kopf, welcher mit ihrem Kinn auf seiner Brust ruhte ein wenig schief, gespannt, ob und wenn ja was er antworten würde.
Charles schmunzelte als würde ihn das amüsieren. Er dachte einen Atemzug lang nach, bevor er antwortete.
„Oh, Sie dürfen, Sie dürfen, Miss“, neckte er Melinda murmelnd. Die Wärme ihrer Hand auf seiner Wange war wohltuend – so wie jede andere ihrer Berührungen zuvor –, und er wehrte sich nicht dagegen, dass sie die Kerbe in seinem Gesicht mit Interesse bedachte. Überhaupt genoss er die Aufmerksamkeit, die Melinda ihm schenkte.
„Vielleicht verrate ich Ihnen die Wahrheit, wenn Sie mir sagen, was Sie denken.“
Dass Charles sie noch immer siezte und sie somit mit einem Respekt behandelte, freute sie mehr als sie es sich anmerken ließ.
Oh. Oh. Oh. Wo soll das nur hinführen.
“Was ich denke?“, die Antwort überraschte Melinda ein wenig. Damit hatte sie nicht gerechnet und sie überlegte und dachte an die Worte und Geschichte die sie unter der nicht allzu fernen Brücke vernommen hatte. Seine Stimme wirkte schläfrig, zumindest stufte sie es so ein und genoss die Wärme welcher sein Körper ausstrahlte. “Ich weiß es nicht. Es konnte von einem Dolch stammen…es sieht aus als sei eine Klinge schuld daran.“
Charles stieß einen schnellen Atemzug der Belustigung durch die Nase aus, während seine Mundwinkel noch ein Stück weiter in die Höhe huschten.
„Eine Klinge war es, das stimmt…“, sagte er und in seinem Kopf schweiften Gedanken durch die Vergangenheit. Er erinnerte sich sehr genau daran, wie es zu der Narbe gekommen war, obwohl diese schon fast seit dreizehn Jahren sein Gesicht zierte. Es zierte es wirklich, so empfand Charles es zumindest. Inzwischen. Damals war er, verständlicherweise, weniger begeistert von dieser „Verunstaltung“ gewesen. Doch nun… Seine Narbe war ein Teil von ihm geworden. Aktuell mochte sie nachteilig sein, denn sich frei und unentdeckt zu bewegen, war mit diesem Merkmal – zusammen mit dem passenden Namen „Scarface“ – etwas schwierig, aber dennoch: Sie hatte einen positiven Einfluss auf seine charismatische Wirkung, wie er (nicht ganz unselbstgefällig) wusste, und ließ es zu, dass sein eigenes Spiegelbild ihn nicht so sehr an den Anblick seines Vaters erinnerte – der mit Abstand positivste Effekt, denn diese Erinnerungen erfüllten Charles, selbst nun Jahre nach dessen Tod, immer wieder mit Groll. Er hatte es schon früher gehasst, wenn man ihm das Offensichtliche unter die Nase gerieben hatte, nämlich dass er seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten war.
„… Nur war sie ein wenig länger als ein Dolch“, fuhr Charles, ungeachtet seiner Gedanken, von denen Melinda nichts wusste, fort.
„Die Narbe stammt aus einem Duell, auf das ich mich eingelassen habe. Die Wunde war tief genug, dass mehr davon übrig blieb als ein blasser Strich.“
Charles ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und auch sein Lächeln war noch da.
„Hier in London ist es geschehen, kurz nachdem Davids und meine Wege sich kreuzten. Fechten war ein netter Zeitvertreib, bei dem sich einfach Geld verdienen ließ.“
Er lachte leise. Legal war das, wovon er sprach, sicherlich nicht gewesen.
„Nicht, dass ich es des Geldes wegen getan hätte. Ich war damals hitzköpfiger als heute, wenn auch nicht weniger abenteuerlustig, und die Zurückweisung einer Herausforderung vor Zeugen wäre mir nie in den Sinn gekommen.“
Die Geschichte war wesentlich weniger aufregend, als die mit seiner Mutter. Melinda hatte sie bezweifelt, aber vielleicht doch mehr dahinter vermutet, als ein Fechtduell. Es war selbstverständlich nicht die erste Narbe die sie sah, weshalb sie davon ausgegangen war, dass es eine schmale Klinge gewesen sein könnte. Sie selbst hatte die ein oder andere vorzuweisen. “Ich mag Narben. Sie erzählen Geschichten.“ Mehr sagte sie dazu nicht, sondern legte ihren Kopf wieder auf seiner Brust nieder. Noch viele Fragen schwirrten ihr durch den Kopf, doch sie wusste nicht ob es der richtige Zeitpunkt war, weshalb sie schwieg und sich wieder auf den Herzschlag lauschte.
Schließlich wusste sie nicht warum sie nicht weiter fragen sollte. Doch diesmal ohne ihn anzusehen, fragte sie weiter. “Ich mag Geschichten.“ Gedankenverloren zeichnete sie unsichtbare Muster auf seiner Brust mit ihrer linken Hand. “Man hört viele über Charles Norly. Ich finde das auf seltsame Art und Weise schmeichelhaft. Immerhin hätte Hill sich einen wesentlich langweiligeren und schlechter aussehenden Charakter aussuchen können, wie Scared Charlie.“ Sie lachte ein wenig bei ihren Worten auf, als sie merkte dass sie ihm, trotz der ungeliebten Anrede, unabsichtlich geschmeichelt hatte. “Welche Geschichten von dem rätselhaften Charles Norly stimmen also? Wie ist es mit einem Tiger zu ringen?“

„Tödlich“, erwiderte Charles betreten.
„Rätselhaft“ – das gefiel ihm jedoch. Sein Vater hatte sich immer gewünscht, dass eine Tages der Name „Norly“ in aller Munde sein würde. Wäre er wohl stolz darauf gewesen, dass sein ungeliebter, da nicht folgsamer, zweiter Sohn dies nun (unfreiwillig) erreicht hatte? Wohl kaum. Nicht so. Charles selbst hasste es, Scarface zu sein. Und es schmeichelte ihm. Ja, auf irgendeine Art und Weise war es schmeichelhaft, eine Mischung aus Realität und Mythos zu sein. Er war den Menschen schon immer gern unerklärlich gewesen und dies trug er wie einen Schutzpanzer. Weniger schmeichelhaft waren die Dinge, die Inhalt dieser Geschichten waren. Früher hatten sie von anderen Dingen gehandelt als von Blut, Verstümmelung und Vergewaltigung.
„Die Leute reden zu viel“, fand er. Er selbst redete gern, jedoch nicht solchen von Gerüchten und Übertreibungen geschwängerten Unsinn.
„Den Mann möchte ich sehen, der gegen einen Tiger ringt und gewinnt“, fuhr er nach einer kurzen Pause leiser fort. Charles‘ Blick hatte sich an die Ferne irgendwo über der Zimmerdecke geheftet.
„Das sind majestätische Geschöpfe, Miss, hübsch anzusehen mit ihren schwarzen Streifen auf goldbraunem Rücken und weißem Bauch... Doch ihre Pranken sind so groß wie das Gesicht eines Menschen, ihre Krallen sind scharf und ihre Reißzähne lang wie Finger. Wenn man einer fauchenden Katze gegenübersteht, die fast fünfhundert Pfund wiegt und von der Nase bis zur Schwanzspitze mehr als zehn Fuß misst, kann es einem Angst und Bang werden. Tiger fürchten nichts, heißt es. Sie sind schnell, stark und heimtückisch. Sie schleichen sich an ihre Beute heran und bringen Tod und Schrecken über sie, wenn sie sich von ihr unbeobachtet fühlen. Seien es Hirsche oder Menschen, da machen sie keinen Unterschied.“

Sie hörte die Veränderungen in seiner Stimme und blickte ihn wieder an. Die Hand noch immer an der sacht an seiner Wange.
"...und doch traut man manchen Menschen so etwas zu." ein sanftes Lächeln suchte den Weg auf ihre Züge, wobei es Charles vielleicht nicht einmal sehen würde. "Die meisten Katzen lassen sich zähmen. Zumindest wenn sie es wollen...dann können sie so tun als ob. Die Leute reden viel das stimmt. Besteht die Möglichkeit eine wahre Geschichte zu erfahren?"

Charles war willig, sie Melinda zu erzählen. Das Interesse, das sie an ihm und seinem Leben zeigte, war recht erfrischend.
„Zweifellos rührt dieses Gerücht daher, dass ich aus Indien einen Tigerpelz mit heimbrachte“, begann er seine Erzählung, fuhr dann aber erst einmal mit den Hintergründen fort, da diese wohl wichtig waren, um das Geschehene in einen Rahmen einzuordnen:
„Bevor Indien zur Kronkolonie wurde, stand es unter Verwaltung der East India Company. Einst hatte diese für Indien und der ostasiatischen Welt ein Handelsprivileg – was bedeutet, dass sie von der Krone den Freibrief hatte, so gut wie sämtlichen Handel dort zu kontrollieren“, erklärte er.
„Aber ich möchte Sie nicht mit Details langweilen, Miss. Es reicht zu wissen, dass die East India Company zwar zum Schluss nur noch eine einfache Handelsgesellschaft war, aber dennoch ihre Macht- und Kontrollbefugnisse sowie ihre eigene private Armee behielt, in der auch indische Soldaten, die Sepoys, dienten. Als es ’57 zu einer lokalen Meuterei einiger Sepoys kam, breitete sich eine Rebellion gegen uns Briten über einige Regionen des indischen Subkontinents aus. Es endete in einem Gemetzel grausamsten Ausmaßes, Miss. Untaten, die unaussprechlich sind, wurden auf beiden Seiten verübt, und Zivilisten wurden nicht verschont. Es ist lang her, aber vielleicht erinnern Sie sich ja, davon gehört zu haben. Diese Angelegenheit sorgte für große Furore hierzulande, habe ich mir berichten lassen, obwohl ihnen versichert sei, dass die Gräueltaten der Sepoys, die hier in der Presse Aufsehen erregten, denen der Company-Truppen nicht selten hintenanstanden. So wurde es mir zumindest glaubwürdig von Augenzeugen geschildert. Ich kam erst einige Monate nachdem der Aufstand niedergeschlagen wurde ins Land. Das war im Winter ’58. Die East India Company war aufgelöst worden, Indien war offiziell Kolonie der Krone und unsere Army sorgte für die Überwachung der Wiederaufbaumaßnahmen und die Sicherung der Herrschaft der neuen Regierung. Die Kämpfe hatten über ein Jahr angedauert und offiziell waren sie beendet, aber zu dem Zeitpunkt meiner Ankunft in Indien war noch immer nicht vollkommene Ruhe eingekehrt, da es lokal immer noch einige Rebellen gab, die ihre Niederlage nicht eingestehen wollten. Ich schloss mich – ursprünglich eigentlich auf der Durchreise –, einem Freund an, einem Offizier, dessen Truppe nahe der Stadt Agra den Ausbau von einer Eisenbahnstrecke beaufsichtigte und sicherte. Wie Sie sich sicher schon vorstellen können, erforderte dieses Projekt die Erschließung bisher wilden Geländes und Übergriffe von Aufständischen auf die Arbeiter, Soldaten und auch zivile Reisende blieben nicht aus. Der Feind war jedoch nicht das einzige Problem, denn Krankheiten und der Dschungel an sich stellten eine weitaus weniger einzuschätzende Gefahr dar. Man hatte mich schon vor Streifzügen abseits des Truppenlagers gewarnt, denn die Natur versucht immer, Zivilisation zu verdrängen, wo sie auf sie trifft. Schlangen, Spinnen und anderen giftiges Getier, aber Tiger gab es in jener Gegend, und zwei Arbeiter waren bereits auf unerklärliche Weise verschwunden, weswegen ich auch vorlieb damit nahm, meinen Aufgaben nachzugehen, anstatt die Umgebung gründlich zu erkunden.“
Was Charles mit „Aufgaben“ meinte, präzisierte er nicht, sondern gab sich weiter dem Redefluss hin:
„Ich verbrachte einige Zeit dort im Lager, zum Schluss mehr unfreiwillig als freiwillig, muss ich gestehen“, plauderte er mit humorvollem Unterton, „denn dieser Besuch, der eigentlich nicht mehr als einige Tage dauern sollte, dehnte sich auf mehrere Wochen aus, weil ich mich erst entschloss, ihn noch ein wenig zu verlängern, und mir dann ein Fieber derart zu schaffen machte, dass eine Abreise sehr unklug gewesen wäre.“
An den Umständen dieses Fiebers war kaum etwas Amüsantes, aber diesen Aspekt ließ Charles in seiner Erzählung einfach aus.
„Ich war kaum in der Lage, mein Feldbett zu verlassen, und Gefangener meines eigenen Körpers, aber irgendeine Eingebung oder irgendein Fieberwahn brachten mich einmal doch dazu, aus meinem Zelt zu treten und etwas Nachtluft zu schnuppern.“
Nun pausierte er kurz. Als er danach weitersprach, war seine Stimme wieder etwas betrübt. Die Erinnerungen, die er mit dieser Erzählung verband, waren schmerzhaft.
„Ich erwähnte ja bereits, dass Tiger aus dem Hinterhalt zuschlagen. Es war wohl Glück im Unglück, dass dieser eine nicht mich erwischte oder aber den jungen David“, in der Tat, auch der Bursche spielte in seiner Geschichte eine kleine Rolle, „– der mich fortwährend drängte, mich wieder hinzulegen, daran kann ich mich noch entsinnen –, sondern einen indischen Wasserträger in unserer Nähe, der sich wohl in einem Anfall von Unbedachtheit von einer Gruppe seiner Landsleute abgesetzt hatte. Das Geschrei war groß und ich dachte schon, Rebellen griffen an, doch die Arbeiter stoben auseinander und gaben mir freies Schussfeld – das ich dann auch nutzte, als ich das gestreifte Biest erblickte. Dem Mann war nicht mehr zu helfen, sein Genick war zermalmt und überall war Blut, aber die Katze hatte sich mit ihrer Beute nicht ins Dickicht zurückziehen können. Man nahm mir nach dem Schuss mein Gewehr weg und brachte mich in mein Zelt zurück, wo man mich auf Betreiben meines Arztes fortan unter Bewachung zwang, mich auszukurieren“, berichtete er, nun wieder in der Art als sei dies eine unterhaltsame Anekdote, „doch sobald ich wieder auf den Beinen war, überreichte man mir zu meiner Überraschung den Pelz des Tieres, den man von einem Kürschner hatte präparieren lassen. Eigentlich hätte ich nicht in Erwägung gezogen, mir eine Trophäe zu nehmen, aber am Pelz erkannte ich, dass es ein wahrlich prächtiges und großes Exemplar gewesen sein musste, das ich erlegt hatte, so behielt ich ihn und nahm ihn mit nach England. Sollte man mein Haus inzwischen nicht geplündert haben, dient er wohl noch als Kaminvorleger in meinem Studierzimmer.“

Melinda hörte ihm aufmerksam zu, auch wenn sie die Hand von seiner Wange nahm und dabei mit ihren Fingerspitzen erneut über die Narbe fuhr. Sie fragte sich ob er an dieser Stelle ihre Berührung spürte, sie selbst hatte eine Narbe, wenn diese auch klein war, an der sie es nicht merkte, fuhr sie mit ihrer Hand darüber. Sie verschränkte während er erzählte, beide Hände unter ihrem Kinn und versuchte sich die Tiere und dieses Indien vorzustellen. Sie verstand nicht ausnahmslos was er erzählte, aber davon sagte sie nichts. Oft ergaben sich Erklärungen im Nachhinein. Schlecht verhindern konnte sie jedoch, dass sich der Gedanke in den Vordergrund schob, was sie mit dieser Information machen konnte. Zuerst einmal vermutlich nichts, aber man konnte ja nie wissen.
Während er sprach vernahm sie wieder eine Veränderung in seiner Stimme. Diese schwankte je nachdem was er sagte, jedoch war es hauptsächlich Müdigkeit die sich ihren Weg in die Worte suchte. Nachdem er geendet hatte, hätte Melinda sicher einige Ideen gehabt um ihn wieder zu wecken, doch sie ließ ihn lieber schlafen, als seine Augen zufielen. Ihm mussten die Belastung und seine Verletzungen immer noch in den Knochen stecken. Dabei warf sie einen Blick auf ihre Hand und betrachtete kurz die Schnitte, die die Glasflasche verursacht hatten. Schließlich machte sie es sich bequem und dachte, während sie den ruhigen Atemzügen lauschte, an die anstehende Reise nach Manchester. Sie hatte noch immer Bedenken deswegen und das leichte Zittern ihrer Hände machte dies deutlich. Sie hatte um ehrlich zu sein, eine Heidenangst vor dem was kommen würde, aber zugeben konnte sie das natürlich schlecht. Dass sie Schlaf finden würde, glaubte sie gerade noch nicht.
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Götterblut - Kapitel 3: Scarface - Seite 7 Empty Re: Götterblut - Kapitel 3: Scarface

Beitrag von Umbra Mo Feb 17 2014, 15:47

Einige Stunden später – Abend des 9. März 1868:

„Bleiben Sie dicht bei mir. Hier ist es egal, ob man uns zusammen sieht, und, abgesehen davon, lässt sich dies ohnehin nicht vermeiden. Dass Sie ja nicht mich, einander oder auch ihre Habseligkeiten aus den Augen lassen – das könnte unerfreulich enden. Verlieren Sie da draußen nicht die Nerven, ich sowie meine Nähe werde Sie beschützen.“
Charles gab wenige letzte Anweisungen, während er den Inhalt seiner Taschen umsortierte und auch seine Uhr in Sicherheit brachte, sodass sie bei einem gezielten Griff unter seinen Mantel nicht dort vorzufinden wäre, wo man sie vermuten würde. Alles außer seinen Waffen, denn diese wollte er verfügbar haben, sollte er in die Lage kommen, sie benutzen zu müssen, landete in Innentaschen seiner Kleidung – eng am Körper. Er hielt es zwar für unwahrscheinlich, dass jemand es wagen würde, klebrige Finger nach ihm auszustrecken, aber ausschließen ließ sich dies dennoch nicht.
„Zeit, auf einen Schneider zu warten, haben wir angesichts unseres morgigen Reiseantritts nicht“, hatte er vor ihrem Ausbruch erklärt, „oder auf irgendeinen anderen fachkundigen Handwerker, dessen Dienste wir in Anspruch nehmen könnten, aber ich weiß uns Abhilfe zu verschaffen.“
Die Art dieser Abhilfe wurde Melinda, Johanna und Randolph spätestens nun bewusst, als sie aus der Kutsche stiegen – alle mit zuvorkommend als Hilfestellung dargebotener Hand, da Charles den Damen gegenüber Kavalier und dem verletzten Doktor gegenüber eine Stütze sein wollte. David hatte sie, der Anweisung seines Bosses entsprechend, zu einem Ort gebracht, den Charles „Town’s End“ genannt hatte. Der Kutscher blieb, um Wagen und Pferd zu bewachen, und Charles übernahm die Führung durch die nächtlichen Gassen. Nach einem kurzen Fußweg bog er in eine Straße ein, die sich getrost als Sündenpfuhl bezeichnen ließ, obwohl er auf den ersten Blick wie jede andere dreckige, von gesellschaftlichem Abschaum – oder „Gesindel“ – beheimate Gasse in den Tiefen Ostlondons wirkte. Mit dem Unterschied, dass hier teils unverhohlen auf der Straße Glückspiele betrieben wurde, nebst Essensgelegenheiten von fragwürdiger Konsistenz und Herkunft, schmuddeligen Mädchen, die ihre Körper anboten, Zigeunern, Chinesen, Scharlatanen und anderen zwielichtigen Gestalten, die auf Stühlen vor Hauseingängen hockten und die Umgebung mit vor der Brust verschränkten Armen misstrauisch im Auge behielten. Jedoch konnte man nicht alles, was hier kreuchte und fleuchte, zum Lumpengesindel zählen – durchaus gab es nicht wenige Besucher hier, die nicht wirkten als würden sie am Hungertuch nagen oder in diesem schäbigen Teil der Stadt leben müssen.
Und Charles… Charles marschierte so selbstsicher und zielstrebig durch den ganzen Trubel hindurch als gehöre die Straße ihm allein. Tatsächlich war er nicht zum ersten Mal hier und tatsächlich blieben sie nicht unentdeckt, aber man wich ihnen – oder genauer: Scarface – bevorzugt in großem Bogen aus. Hier zeigte sich die erstaunliche Wirkung von Respekt, Angst und Eigeninteresse sowie gewisserweise auch „Loyalität“ gegenüber „Mitverbrechern“, die die Polizei neigte zu unterschätzen. Das Kopfgeld für die Ergreifung von Charles war hoch, das mochte stimmen, doch niemand hier würde wollen, dass eine Horde Bobbys diesem Ort nähere Aufmerksamkeit schenkte, oder war bestrebt, selbst das Risiko einzugehen, Bekanntschaft mit Scarfaces‘ berüchtigten Klingenkünsten machen. Darüber hinaus konnte es sich niemand, der an seinem Wohlergehen hing, leisten, gegenüber den zwielichtigen Nachbarn als Verräter dazustehen. Wäre diese mehrfache Absicherung nicht gegeben gewesen, hätte Charles seine Schützlinge (gerade seine Tochter) nie hierhergeführt.
Melinda und auch Johanna wurden Ziel lüsterner Blicke, Pfiffe und Rufe sowie vereinzelter, höhnender Kommentare von Huren, die nicht viel für den Schlächter Ihresgleichen übrig hatten, der sich in Begleitung der beiden jungen Frauen befand; habgieriger Begutachtung wurden alle Mitglieder ihrer ungewöhnlichen (und im Vergleich zu sonstigen potenziellen Raubopfern auf jeden Fall wohlhabend aussehenden) Gruppe zuteil, aber Charles‘ unerfreut wirkende, bösblickende Antwort auf einzelne diese Aufmerksamkeiten und ein einmal der harsche Befehl „Steht mir nicht im Weg!“, ließ vorlaute Mäuler verstummen und scheuchte diejenigen davon, die für Charles‘ Geschmack nicht genug Abstand hielten. Seine rechte Hand war stets in seiner Manteltasche und hielt dort den Revolver umschlossen. Nicht, dass er versucht war, ihn einzusetzen – auch wenn er einigen der anwesenden Perverslingen gern mit dem ein oder anderen gezielten Fausthieb Manieren beigebracht hätte –, doch das gab ihm das Umfassen seiner Waffe das Gefühl, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Er machte sich nichts vor: Er war an diesem Ort genauso sehr willkommen wie auf einer Teeparty der Queen, aber diesen Umstand musste er nicht allzu persönlich nehmen. Er war für die Menschen hier ein Außenseiter, genauso wie alle anderen, die nicht hierhergehörten und wohl ebenfalls beschimpft werden würden. Nur hatte er den Vorteil auf seiner Seite, dass sein Ruf, zu dem wohl sein persönlicher und der von Scarface getrennt zählten, das Gesindel von ihm fern hielt.
Ein Segen war es, dass der Weg zum Ziel sie nur ein kleines Stück die Straße entlang und dann in eine Seitengasse führte, die nach einem weiteren nicht allzu langen Marsch an einer Mauer endete, an der sich eine Bodenluke zwischen aufgetürmten Holzkisten und demolierten Möbeln versteckte.
„Verzeihen Sie die Unannehmlichkeiten“, entschuldigte Charles sich, während er die zwei schäbigen Türflügel nach oben klappte und darunter eine Treppe freilegte, die wiederum an einer Tür in Kellerebene endete. Diese war jedoch massiv, offensichtlich gründlich in der Wand verankert und mit einem Sehschlitz versehen war. Alles in Allem nicht sehr vertrauenserweckend.
Aber Charles war sich seiner Sache sicher, ging voran und klopfte dreimal.
„Nur keine Scheu“, wandte er sich an die anderen und winkte sie heran. „Ich bin selbst sehr ungern hier, deswegen wollen wir die Sache doch schnell hinter uns bringen.“
Der Schieber des Sehschlitzes wurde geöffnet und einige aufgebrachte klingende Laute drangen hervor, als die Person dahinter sich offenbar gewahr wurde, wer Einlass verlangte. Oder diese Person regte sich allgemein darüber auf, dass wer anklopfte. Verständlich waren die Worte, sofern es überhaupt Worte waren, nicht, denn sie klangen fremdartig.
Charles zog eine Banknote hervor, die er zu Verdeutlichung erst in die Höhe hielt und dann in den Schlitz steckte. Sie wurde ihm förmlich aus der Hand gerissen und mit einem Ruck war der kleine Durchlass wieder verschlossen.
„Mein Freund Wu freut sich sehr, mich zu sehen“, erklärte Charles in einem Ton, aus dem wohl nicht deutlich wurde, ob er verärgert oder doch amüsiert war. Vielleicht übersetzte er auch, statt sarkastisch zu sein, das war nicht eindeutig.
Einen Moment lang schien es, trotz Charles‘ finanzieller Aufmerksamkeit, so als hätte die Gruppe den Weg hierher umsonst gemacht, doch dann öffnete sich die Tür mit einem hohl klingenden, metallischem Ächzen und ein wohlgenährter Chinese, der etwa in Charles‘ Alter sein mochte (aber genau war das nicht einzuschätzen) und nicht viel größer als Melinda war, ließ sie mit einer einladenden Geste ein, bei der der Blick seiner Gäste auf seine weit ausgeschnittene, chinesische Kleidung lenkte, die hierzulande für die Einheimischen meist einen kuriosen Anblick bot. Sein Gesicht war rundlich und ernst, geprägt von dünnen, langen Barthaaren rund um seine Mundpartie, und seine mandelförmigen Augen waren misstrauisch zusammenkniffen und musterten die Ankömmlinge eingehend. Auch sein Kopfhaar war lang und schwarz. Es glänzte gepflegt und trug es zu einem Zopf geflochten. Allein ein edler Filzbowler, den er auf dem Kopf trug, brach den asiatischen Stil.
Nachdem Wu die Tür hinter ihnen, in seiner fremden Sprache offenbar murrend, sorgfältig verriegelt hatte, nahm er die Laterne, die er offenbar zuvor auf einem kleinen Hocker abgestellt hatte, auf und ging voran. Charles folgte ihm an diesem Ort sichtbar entspannter als auf der Straße, da er seinen Revolver nicht mehr umklammerte und auch nicht die Hand in der Manteltasche behielt. Dabei war die Umgebung auf eine andere Weise beklemmend. Die Gruppe befand sich in einem düsteren, abschüssigen Gang, der weiter in die Erde führte. Sie kamen an einem kleinen Raum nahe der Eingangstür vorbei, in dem Wu sich vor ihrer Ankunft wahrscheinlich aufgehalten hatte und sich anscheinend noch andere Personen aufhielten. Ihr Weg führte sie allerdings tiefer in den Tunnel – in das Tunnelsystem, um genau zu bleiben, denn Gänge kreuzten sich, feucht und dunkel, mal mit Ziegeln ausgekleidet, mal nicht mehr als ein durch die Erde gegrabener Durchgang, aber alle waren sie wie Bergwerksschächte durch Streben und Stützen „gesichert“.
Wu sagte irgendwas, während er sie durch dieses unterirdische Labyrinth führte, und Charles lachte, bevor er Worte erwiderte, die wohl ebenfalls in chinesischer Sprache waren.
„Wu bittet, das Dreck zu entschuldigen. Er hat nicht oft Besuch von englischen Damen und hohen Herren hier unten“, berichtete Charles Johanna, Melinda und Randolph.
„Ich würde mir allerdings eher Sorgen darum machen, dass dieses fleißige Bestreben, die Stadt zu untergraben, irgendwann damit enden wird, dass Wus Leuten und allen anderen wühlenden Karnickeln ihr Bau über den Köpfen zusammenbricht und ganze Häuserblocks im Erdreich verschwinden lässt“, plauderte Charles munter weiter, als würde ihn die Vorstellung, möglicherweise nun selbst Opfer eines Einsturzes zu werden, nicht beunruhigen.
„Oder dass die Eisenbahngesellschaft irgendwann hierauf aufmerksam wird – immerhin sie versessen von der Idee, die Stadtteile mit einer Untergrundbahn zu verbinden, und dürfte überrascht sein, auf bereits vorhandene Tunnel zu stoßen. Aber hier sind durchaus fähige Ingenieure und ehemalige Minenarbeiter am Werk. Soweit ich weiß, hat es schon lange keinen Unfall mehr gegeben – zumindest keinen, an dem die Konstruktion schuld gewesen wäre. Ich muss wohl nicht erwähnen, wozu diese Tunnel hier genutzt werden. Sie sind eine angenehme Möglichkeit, ungesehen zu verschwinden und anderswo wieder aufzutauchen, und obwohl es hier Ratten gibt, muss eingestehen, dass sie erheblich angenehmer zu beschreiten sind als das Abwasserentsorgungssystem. Diesen Gestank können Sie sich nicht vorstellen. Man wird ihn einfach nicht los, da kann man sich auch noch so oft waschen, und er hängt einem ewig in der Nase.“
Er schwieg eine Weile und es waren nur Schrittgeräusche und hier und da tropfendes Wasser zu hören.
„Es ist gespenstig still hier unten, nicht wahr? Kein Straßenlärm, keine Gespräche, nur die dunkle Einsamkeit – sofern man nicht auf andere trifft. Ich gebe zu, wir hätten einen anderen Eingang nehmen können – einen, der mit weniger Belästigungen einhergegangen wäre. Aber Wu vertraue ich mehr als anderen und zudem erspart er mir das Klären von Einzelheiten, die gleich noch auf uns zukommen werden.“
Wu gab einen Kommentar in seiner schnellen, für englische Ohren sehr ungewohnten Sprache ab. Charles erwiderte etwas.
„Ich rede ihm zu viel“, fasste Charles für seine Begleiter zusammen.
„Wu war schon immer ein schweigsamer Geselle – zumindest in meiner Gegenwart.“
Er lachte.
„Aber wir sind fast am Ziel. Keine Sorge, Doktor, dort können Sie sich einen Moment hinsetzen und verschnaufen.“
Tatsächlich stiegen sie keine zwei Minuten später eine Treppe hinauf und standen vor einer Tür am Ende eines Tunnelzweigs. Sobald Wu das schwere Ding, nach Herumhantieren am Schloss, aufschob, verkündete Charles mit einer ausladenden Geste und einem Strahlen auf seinem vernarbten Gesicht: „Willkommen in Town’s End!“
Charles schritt wacker voran, dicht gefolgt von Wu, der hinter ihm hertrippelte. „Town’s End“ stellte sich als Lagerhalle heraus – ein dunkles, fensterloses, riesiges Loch voller aufgetürmter Waren, zwischen denen sich Gassen bildeten und die zweifelsfrei nicht auf rechtmäßigem Wege hierhergelangt waren.
„Folgen Sie mir“, sagte Charles, nahm Wu die Laterne ab und lotste die anderen durch die Gänge. Wu allerdings verließ sie und verschwand in der Dunkelheit.
„Ich weiß, dies hier ist alles etwas unorthodox“, ergriff Charles nach einer Weile im entschuldigenden Ton wieder das Wort, „und verzeihen Sie mir, dass ich mich dafür entschieden habe, Sie hierherzubringen, aber dies ist der beste Weg, um schnell und unauffällig an die Dinge zu kommen, die wir benötigen.“
Sie waren nicht allein in der Halle, aber Charles ignorierte neugierige Blicke der zwielichtigen Angestellten und Kunden. Town’s End konnte man guten Gewissens als Schwarzmarkt bezeichnen, aber er war nicht in der Lage, auf Möglichkeiten zurückzugreifen, die einem normalen Bürger Londons zur Verfügung standen.
Das, was Charles suchte, befand sich in einer Ecke der riesigen Halle: Kleiderständer und aufgetürmte Koffer voller Gepäck, das von Zügen und Kutschen „gefallen“ und seltsamerweise aus Schiffsbäuchen verschwunden war.
„Gut“, sprach Charles und seufzte, während er das Chaos betrachtete. „Suchen Sie sich etwas Schönes aus. Kleidung, Schuhe, Koffer… Dort vorn“, sagte er und wies mit der Hand in die entsprechende Richtung, „haben ein paar anständige Menschen etwas wie Anprobekabinen aufgebaut.“
Er stellte die Laterne ab und machte sich selbst daran, die Sammlung zu durchwühlen.
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Götterblut - Kapitel 3: Scarface - Seite 7 Empty Re: Götterblut - Kapitel 3: Scarface

Beitrag von Elli Mo Feb 17 2014, 17:25

Bevor sie aufgebrochen waren, hatte Melinda glücklicherweise noch einmal die Gelegenheit gehabt in die Küche zu huschen und zumindest noch ein Glas Rotwein zu sich zu nehmen. Sie war immer mal wieder in unruhigen Schlaf gefallen, welcher teils auch Charles zuzusprechen war, da dieser im Schlaf murmelte und generell nicht sehr ruhig geschlafen hatte.
Doch nach dem Glas Wein, fühlt sie sich etwas ruhiger und sicherer – ungeachtet der Nervosität die der anstehenden Reise geschuldet war.
In der Kutsche hielt sie sich bedeckt und die Arme unter dem Mantel verschränkt, meist legte sie den Kopf an das Holz des Transportmittels und versuchte sich einzureden, dass es nicht schlimm sei, London zu verlassen.
Als die Räder endlich zum stehen kamen, stieg sie aus und nahm sogar die Hand von Charles, auch wenn ein Ausstieg so möglich gewesen wäre. Sie hielt sich in der Nähe von Randolph um ihm helfen zu können, würde er stolpern, aktiv bot sie ihre Hilfe jedoch nicht an.
Die Straßen durch die sie sich bewegten, kamen ihr nicht bekannt vor, aber dennoch gaben sie ihr ein seltsames Gefühl von Sicherheit, denn diese Gassen waren das, was sie normal ihre Heimat nannte.
Schien sich Norly hier nicht besonders wohl zu fühlen, kam es Melinda tatsächlich wie „zu Hause“ vor. Während dieser hin und wieder einige der Gesellen scharf anging, machte es ihr Spaß hinter ihm herzugehen und auf die anzüglichen Worten zu reagieren, sei es bei den Männer mit einem Zwinkern, oder bei den Frauen das Hochziehen der Augenbraue, um zu signalisieren, dass die Anfeindungen nicht auf fruchtbaren Boden fielen. Hin und wieder ließ sie auch ihren Mantel auffallen um zu zeigen was darunter lag. Fast hätte sie angefangen zu lachen, aufgrund der skurrilen Situation in der sie sich gerade befand, hielt sich aber zurück.
Als sie schließlich vor einer schweren Tür zum stehen kamen, wartet sie gespannt ab was geschehen würde – bis zu dem Augenblick als diese sich öffnete und sie spürte wie ihr das Blut in den Adern gefror.
Bah! Ein Asiat!
Doch es war nicht nur Abscheu der sich in ihr regte, sondern auch Angst. Sie versuchte sich dies nicht anmerken zu lassen, doch wenn sie ehrlich war, wünschte sie sich gerade literweise Wein.
Erst nach einigen Augenblicken bemerkte sie, dass sie die Luft angehalten hatte und stieß diese nun durch ihre furchtgeweiteten Nasenlöcher ausströmen. Sie schluckte heftig und betrat schließlich den Raum, immer darauf bedacht möglichst weit weg von diesem Wu zu sein. Seinen Namen hatte sie mitbekommen, der Rest des Gespräches – oder besser gesagt die Anmerkungen durch Charles – realisierte sie kaum. Zu sehr war sie darauf bedacht sich so weit wie möglich von dem Asiaten entfernt zu halten.
Als die Gruppe sich dann endlich in Bewegung setzte, verzog sie ihr Gesicht und folgte stumm – allerdings nur bis sie den Tunnel sah. Nicht genug der Tatsache, dass es sich um die Bekanntschaft von Charles ausgerechnet um einen dieser kleinen, fiesen, gelben Männer handeln musste – NEIN! – es musste auch noch durch einen Tunnel gegangen werden. Ein Albtraum jagte wahrlich den Nächsten. Ein Entkommen war völlig ausgeschlossen, vielleicht würde sie den Weg zurück finden, in den Raum in den Wu sie eingelassen hatte, doch sie war sich sicher das ihr eben das nicht gelingen würde. Sie würde sich verlaufen. In einem der Tunnel. Jämmerlich verdursten während ihre Finger über die nackten, rauen Wände kratzen würden, bis ihre Nägel abbrechen würden und lediglich blutige Striemen ihre zerschundenen Fingerkuppen als Zeugnis ihrer Qual zurückbleiben würden.
Wenn sie Gedanken weiter sponn, starb sie vielleicht nicht, immerhin könnte sie gefunden werden. Von einem dieser Sake-saufenden und Reis-fressenden Abscheulichkeiten aus Gottes Schöpfung. Einen noch schlimmeren Tod konnte sie sich, momentan zumindest, nicht vorstellen.
Es dauerte einen Augenblick bis Melinda wieder in die Wirklichkeit zurückfand, aufgrund dieses Horrorszenarios in ihren Gedanken.
Fehlen nur noch Frösche. Abartig, fette Frösche! Unken!
Richtig, wären nun noch diese grünen, nackten Dinger um Melinda herumgesprungen, sie hätte vermutlich begonnen zu schreien und wäre an der Wand des Tunnels zusammen gesunken.
Doch da dies glücklicherweise nicht der Fall war, versuchte sie sich selbst zu beruhigen und einigermaßen manierlich zu wirken, während ihre Atmung immer noch stoßweise ging.
Als sie in einer großen Halle ankamen, den Melinda für sich selbst als gigantischen Schwarzmarkt abstempelte, warf sie äußerst unruhige Blicke um sich. Wu war nicht der Einzige Asiate, nein, es waren auch andere hier. Was die Sache deutlich verschlimmerte. Halbherzig schob sie mit ihrem Stiefel einen Koffer zur Seite und ließ ihn aufklappen. Erst als sie die Hände aus dem Mantel nehmen wollte, spürte sie dass sie ihre Fingernägel so sehr in ihre Handflächen eingegraben hatte, dass diese schmerzhafte Male hinterließen. Dass Wu jedoch seines Weges ging, veranlasste sie kurz ihre Augen zu schließen und erleichtert auszuatmen
Noch immer etwas steif ging sie schließlich in die Hocke und hob ein Stück Stoff empor um es zu betrachten. Als sie ein kleines Insekt entdeckte, dass in Windeseile über das weiße Tuch trippelte, legte sie es rasch zurück und zog den nächsten Koffer an sich heran.
Abschreckend war dabei nicht mal das Insekt gewesen, Melinda hatte schon so manche Schlafstatt mit Horden von sechsbeinigen Tieren geteilt, sondern die Farbe.
Ahhh, weiß wie die Unschuld. Unheimlich passend. Könntest glatt als Jungfrau Maria durchgehen.
Angespannt wie sie es selten war, durchsuchte sie die Kleiderhaufen weiter, bis sie etwas gefunden hatte, was ihren Vorstellungen entsprach und durch ein paar Handgriffe mit Nadel und Faden geändert werden konnte.
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Götterblut - Kapitel 3: Scarface - Seite 7 Empty Re: Götterblut - Kapitel 3: Scarface

Beitrag von Darnamur Mo Feb 17 2014, 19:28

Alans Verschwinden hatte Randolph irritiert. Er fragte sich, was der Auslöser dazu gewesen war? Er hatte vorher bereits mit Stirling darüber gesprochen, was eigentlich seine Ziele waren. Er schien sich dessen selbst nicht sicher zu sein. Nun ja, womöglich war es gut das er sich von der Gruppe abgespalten hatte. Alan war seitdem Randolph ihn kennen gelernt hatte ein unkontrollierbarer Chaosherd gewesen. Allerdings hatten sie ihn so zumindest im Blickfeld gehabt. Weiß der Teufel, was der Kerl jetzt anstellen würde!
Mit wirren Gedanken war der Doktor in sein Zimmer zurückgekehrt und hatte sich schlafen gelegt, um für die bevorstehende Reise Kraft zu sammeln.

Die Kutschfahrt war im Grunde der unangenehmste Teil, auf ihrem Weg zu diesem Chinesen gewesen. Das Straßenpflaster London wurde immer notdürftiger, bis das Fuhrwerk schließlich über bloße Erde hinwegratterte. Auch wenn David sicherlich sein Bestes gab, musste Randolph mit seiner Übelkeit und seinem Bein kämpfen, als er wieder und wieder durchgeschüttelt wurde. Der Weg durch die Straßen erschien ihm dagegen geradezu unbeschwert. Er hatte seinen Krückstock aus Maybrick Manor mitgenommen, der ihm immer noch gute Dienste leistete.
Allerdings machte es ihn traurig die Bevölkerung dieser Gegend anzusehen. Das hier war wohl wirklich das unterste Glied der Nahrungskette in London. Die Kinder waren abgemagert, die Huren größtenteils vollkommen zahnlos und der Gestank von Pisse und diversen Exkrementen lag in der Luft.
Alles in allem war Randolph froh, als sie bei Wu ankamen. Der Chinese schien nicht sonderlich erfreut, über seinen Besuch zu sein, weshalb dem Doktor bei Charles "Übersetzung" ein trockenes Lachen entfuhr. Bei ihrem Weg durch die Tunnel fiel ihm auf, dass Melinda etwas nervös wirkte. Das musste daran liegen, dass sie tief unter der Erde marschierten. Eigentlich eine durchaus verständliche Angst. Aber irgendwie konnte Randolph nicht glauben, dass sein Leben durch einen Steinschlag beendet werden würde. Das wäre zu schmerzlos und kurz und vor allem nicht dramatisch genug.
Charles plauderte dabei die ganze munter vor sich hin und schien sich gar nicht wirklich bewusst zu sein, wie schrecklich ironisch seine Worte sein mussten, als er nach einer minimalen Pause verkündete, wie gespenstisch still es hier unten war. Es war viel eher gespenstisch, dass er kurzzeitig geschwiegen hatte. Doch Randolph verkniff sich einen Kommentar. Der Arme war immer relativ schnell beleidigt.
Als sie letztendlich angekommen waren, war der Doktor weitaus weniger außer Atem als vermutet, was sicher kein schlechtes Zeichen war. Er begann sich rasch mit Kleidung einzudecken. Vollkommen schwarz, so wie er es bevorzugte.
Anschließend gab er Charles ein Zeichen, dass er hier fertig war.
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Götterblut - Kapitel 3: Scarface - Seite 7 Empty Re: Götterblut - Kapitel 3: Scarface

Beitrag von Umbra Di Feb 18 2014, 20:48

Dienstag, 10. März 1868, 19:24 Uhr:

Die Zugfahrt würde etwa zehn Stunden dauern – länger, wenn es zu unvorhergesehenen Verspätungen oder Komplikationen kommen würde, denn bis zur Ankunft in Manchester in den frühen Morgenstunden des nächsten Tages konnte noch viel geschehen. Konnte, nicht musste, denn einerseits wollte man den Teufel nicht an die Wand malen, andererseits hatte eine kleine Gruppe von Reisenden andere Sorgen als eine pünktliche Ankunft am Ziel: Nämlich das Abholen der Tickets und das finden ihres Abteils. Melinda, Johanna und Randolph würden jeweils unter falschem Namen reisen und, um der Tarnung und des Anstands Willen, bekäme der Doktor eine Schlafkabine für sich allein. Charles hatte alles von David arrangieren lassen und war nun selbst nicht zur Stelle, um organisatorisch tätig zu werden; ja, er hatte sich schon gegen Mittag verabschiedet, mit der Versicherung, er würde irgendwann im Laufe der Reise zu den anderen stoßen – und, wenn nicht, würden sie wohl demnächst in der Zeitung einen Grund dafür finden.

Die Kutsche kam am Euston Square zum stehen, direkt vor dem Euston Arch, einem zweiundzwanzig Meter hohen Säulengang, der den Eingang zur Haupthalle des Bahnhofs markierte. David, der sich schick angezogen und sogar seinen Bart gestutzt hatte, um einen privaten Kutscher zu mimen, half zwei jungen Ladys und einem feinen Herrn, der durch seine düstere Kleidung noch schmaler und blasser aussah als er es vielleicht sein mochte, aus dem Wagen und machte sich dann eifrig ans Abladen des Gepäcks und den anschließenden Transport desselben, wobei ihm ein uniformierter Bahnhofsangestellter, der nicht älter als vierzehn Jahre alt sein mochte, behilflich war. Der Euston Arch war schon ein beeindruckendes Bauwerk gewesen, aber er wurde von der Great Hall des Bahnhofs eindeutig in den Schatten gestellt. Sie war etwa achtunddreißig Meter lang und neunzehn Meter breit und zwanzig Meter hoch, aber nicht nur die Größe der Halle war überwältigend, sondern auch ihre Bauweise im klassizistischen Stil. Säulen und Bögen prägten das Bild, aber auch die blaue Kasettendecke und die doppelte Wendeltreppe, die auf die Galerie mit riesigen Gemälden sowie zum Bürotrakt des Bahnhofes führte.

David hielt nicht inne, um die Architektur zu bestaunen, sondern überließ dies Melinda, Johanna und Randolph. Er pfiff einen weiteren Laufburschen mit einem Gepäckwagen heran, der diesen belud, und holte dann die Tickets ab. Bald tauchte er wieder auf und überreichte sie Randolph.
„Hier sind Ihre Fahrkarten, Dr. Benton, Sir“, sagte der Kutscher, „ich wünsche eine gute Reise.“
Dann verabschiedete er sich mit einem grüßendem, hutantippenden „Ma‘am“ von Melinda und auf gleiche Weise mit einem „Miss“ von Johanna, bevor er noch „Das Ticket des Bosses bezieht sich auf’n gleichen Waggon wie ihre, heißt aber nich‘ unbedingt, dass Sie ihn dort finden werden“ murmelte und wieder Richtung Euston Square verschwand. Offenbar beabsichtigte er nicht, die Gruppe nach Manchester zu begleiten. Sicher war nur, dass auf den Tickets die Namen standen, die Randolph, Melinda und Johanna für die Reise wohl annehmen würden („Dr. Benton“, „Mrs. Benton“ und „Miss Fields“), sowie die Nummern ihres Waggons, ihres Abteils und ihrer Schlafkabinen.

Es war voll am Bahnsteig, denn die Strecke zwischen London und Manchester wurde viel genutzt. Da war es wohl Glück oder es hatte andere Gründe, dass David so kurzfristig noch an Tickets gelangt war. Aber niemand konnte Charles entdecken – wo auch immer der sich derzeit herumtrieb.
Der Kerl mit dem Gepäckwagen führte die kleine Reisegruppe ans passende Gleis, an dem der Zug schon schnaufend wartete. Der junge Mann verstaute das Gepäck in ihrem Abteil, das, wie jedes andere, einen eigenen Ein-, beziehungsweise Ausstieg, besaß. Er erklärte, dass es vorne im Zug einen Speisewagen gäbe und noch weiter vorne einen Raucherwagen (mit Bar) für den Herrn, wobei beim Wechsel der Waggons natürlich darauf zu achten sei, sich am besten am Geländer festzuhalten und nicht auf die Wagenkopplung zu treten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren und auf die Schienen zu stürzen. Das zugeteilte Abteil sei für die Gruppe allein reserviert, genauso wie jeweiligen Schlafkabinen. Die Toiletten befänden sich vorn in jedem Waggon (außer dem Speisewagen), seien aber während des Halts in Bahnhöfen verschlossen.

Melindas, Randolphs und Johannas Abteil war komfortabel und luxuriös. Zwei bequeme, mit teurem Stoff bezogene Bänke standen sich gegenüber. Ein ausklappbarer Tisch fand dazwischen Platz und auf einer Eckablage standen eine Schale Walnüsse mit silberfarbenem Nussknacker sowie eine Flasche feinster Sherry mit einigen Gläsern bereit. Beide Türen – die Richtung Bahnsteig und die Richtung Gang –, ließen sich verriegeln und, wie die Fenster, mit Vorhängen abdecken.
Damit hatten sie es wohl gut getroffen. Hatten Reisende erster Klasse noch den Luxus von Privatsphäre und anderen Annehmlichkeiten, hatten die Fahrgäste in den weiter hinten gelegenen Waggons dies nicht. Reisende zweiter Klasse mussten sich ihre Abteile mit Fremden teilen, während Reisende dritter Klasse in Waggons untergebracht wurden, die nicht in Abteile unterteilt, sondern mit Sitzreihen vollgestopft waren.

Nach einiger Wartezeit kontrollierte ein Bahnhofswärter ihre Tickets und kurz danach ertönte ein Pfeifen und der Zug rollte an. Gemächlich verließ er den Bahnhof und wurde immer schneller, bis er schließlich Reisegeschwindigkeit erreichte und London draußen vorbeirauschte, bis sich schließlich die Häuser lichteten und sie grüner, sanft hügeliger Landschaft wichen. Dem hellen Mond und dem wolkenlosen Himmel war es zu verdanken, dass man weit blicken konnte – und sobald ein wenig Abstand zur luftverpestenden Stadt gewonnen war, zeigten sich sogar vereinzelt Sterne vom dunklen Blau ab.
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Götterblut - Kapitel 3: Scarface - Seite 7 Empty Re: Götterblut - Kapitel 3: Scarface

Beitrag von Elli Do Feb 20 2014, 11:25

Das Charles die Gruppe gerade nicht begleitete, war Melinda zwar nicht unbedingt Recht, aber sie konnte damit gut umgehen. Immerhin war Randolph anwesend, auch wenn dieser sich in letzter Zeit nicht als der beste Gesprächspartner erwiesen hatte, aber so musste sie immerhin kein Gespräch alleinig mit Johanna in Angriff nehmen.

Nach dem die Tickets kontrolliert worden waren und die Türen verschlossen waren, dafür sorgte sie selbst, zu oft war sie überrascht und gestört worden, sah sie sich in dem Abteil um.
Sie hatte sie bei der Ticketkontrolle vernommen, dass sie und Randolph den gleichen Nachnamen als Decknamen trugen. “Nun sind wir wohl eine Ehepaar, was Dr. Benton?, bei der Erkenntnis musste sie leise lachen.
Hach wie herrlich das passt, findest du nicht? Zumindest als Tarnung.
Du hast nun doch noch einen einigermaßen guten Fang gemacht und Randy hat doch eine Hure an seiner Seite. Vielleicht solltet ihr mal einen Plausch über Lynett halten, was meinst du?


Ihre Kleidung war ungewohnt und roch nach Lavendel, in dem Koffer aus dem sie das Kleid schließlich herausgefischt hatte, war die Pflanze zu Hauf zwischen den Kleidungsstücken verteilt gewesen. Manchmal hatte sie bei Männern einen Stängel der Pflanze auf dem Nachtisch stehen sehen, natürlich von der liebenden, treusorgenden Frau dort drapiert. Wenn sie sich recht erinnerte, war das wohlriechende Gewächs nicht überall zu finden und war vermutlich teuer importiert worden. Die genaueren Umstände reizten sie allerdings weniger, momentan versuchte sie mit dem ungewohnten Geruch und natürlich des unüblichen Kleides zu Recht zu kommen.
Tatsächlich hatte sie einige Taschen einnähen können, obwohl das Kleid zu ihrer schmalen Gestalt passte, hatte der Schneider etwas Stoff umgefasst, womöglich um es bei einer Schwangerschaft der eigentlichen Besitzerin weiten zu können, ohne ein völlig neues Kleid erstehen zu müssen, war es ein leichtes gewesen. So war genug Platz und genug Stoff vorhanden gewesen um die Anpassung in die Tat umzusetzen. Sie war keine große Nähkünstlerin, aber hatte in ihrer Zeit im Waisenhaus einige Zeit damit verbracht, Stoffstücke wieder zu etwas zusammen zu nähen, dass man eventuell als Kleidungsstück bezeichnen könnte.
In der Spiegelung der Scheibe sah sie sich erneut an, verwundert über ihren Anblick. Sicherlich kostete solch ein Stück Stoff so viel Geld, wie Melinda in ihrem gesamten Leben nicht besessen hatte, doch wirklich glücklich damit war sie nicht. Es war einfach nicht praktisch. An manchen Stellen war einfach zu viel Stoff, vor allem um die Beine herum - bei jedem Schritt raschelte Melinda, als sei sie ein 1,50 m großes Geschenk. Sie hoffte nach der Manchesterreise rasch wieder ihr Kleid tragen zu können.

Mit einem lauten Signal fuhr der Zug schließlich los und Melinda fokussierte den Blick auf die Außenwelt und nicht ihr eigenes Spiegelbild.
Nach der Begegnung mit Wu und dem Weg durch den Tunnel, hatte sie für ihr Empfinden genug Anspannung für einen ganzen Monat gesammelt, wobei hier nicht mal die Begegnung mit Leeland eingerechnet war, doch auch der Zug war ihr nicht geheuer. Es kam ihr vor, als würden sich ihre Muskeln gar nicht mehr entspannen.

Nachdem sie einige unruhige Schritte durch das Abteil gemacht hatte, fiel ihr Blick auf eine Ansammlung von Gläsern und natürlich die Flasche daneben. Die Nüsse beachtet sie nicht einmal, doch ihre Augen blitzen auf, als sie verstand dass sie Alkohol auf der Fahrt bei sich haben würde.
Ahhhh! Das könnte doch noch was werden!
“Sonst noch jemand?“ fragte sie, nachdem sie sich ein ordentlich Schluck eingeschenkt hatte und daran schnupperte. Der Geruch sagte ihr im ersten Moment nichts und sie nippte an der goldbraunen Flüssigkeit. Das vertraute Gefühl des Brennens schoss durch ihre Speiseröhre, auch wenn sie glaubte etwas derartiges noch nicht gekostet zu haben.
Bevor jedoch jemand etwas wegen des Alkohols erwidern konnte, ließ sie sich nieder und überschlug, raschelnd, ihre Beine.
Sie betrachtete den Himmel über ihr und fragte sich, um was es sich wohl bei diesen kleinen leuchtenden Dingern handeln könnte. Gaslaternen? So weit entfernt?
“Wie geht es deinem Bein Randolph?“, sie wollte zumindest den Versuch wagen ein Gespräch zum Laufen zu bringen.
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Beitrag von Darnamur Fr Feb 21 2014, 18:59

Vorsichtig ließ der Doktor seinen Rücken auf die weich gepolsterte Rückenlehne der Bank sinken und sah sich neugierig in ihrem Abteil um. Er hatte im Grunde sein ganzes Leben in London verbracht, eine Fahrt mit der Eisenbahn war nicht unbedingt etwas, dass ihm sonderlich vertraut war. Wenn er sich recht entsannte, war er erst einmal mit einer dieser riesigen Maschinen gereist, deren Funktionsweise sich seines Verstands entzog und die er äußerst fasziniert fand. Diese eine Reise war allerdings auch schon einige Zeit her und er hatte sich damals sicher nicht in einem Erste-Klasse-Wagon befunden.
Der Gedanke, das Melinda nun seine Frau sein sollte kam ihm absurd vor. Allerdings hatte es genauso absurd gewirkt, als Johanna sich dafür ausgab. Diese Art der „Tarnung“ hatte sich also bewährt.
“Ja, so scheint es.“, antwortete „Dr. Benton“ trocken.
Er fragte sich, ob es nicht doch einfacher gewesen wäre, wenn Charles einfach bei ihnen geblieben wäre. Der Schaffner hatte nicht übermäßig aufmerksam gewirkt. Es war eine einfache Routinekontrolle für ihn gewesen. Mit einigermaßen tauglicher Verkleidung hätte Norly keine Probleme bekommen. Natürlich war es besser kein Risiko einzugehen. Trotzdem fragte sich der Doktor, ob dies wirklich alles war, was Hill gegen seinen Erzfeind aufbieten konnte. Wenn er solche eine Paranoia vor seinem persönlichen Alptraum hatte, dann sollte man doch erwarten, dass an allen möglichen Ausgängen aus London schwere Sicherheitskontrollen stattfanden. Vielleicht täuschte er sich aber auch einfach.
Er warf Johanna einen schnellen Blick zu. Was war eigentlich mit ihr? Ihre Mutter würde es doch kaum dulden, wenn ihre Tochter mit Scarface durch die Gegend vagabundierte. Er fragte sich, ob ihr das klar war. Er wollte sie gerade darauf ansprechen, als ihm Melinda eine Flasche alkoholischen Inhalts entgegenreicht. Doch er lehnte ab. Momentan ging es ihm relativ gut. Kein Grund seinen Verstand zu benebeln. Wer konnte denn schon wissen, was auf dieser Fahrt noch geschehen mochte?
“Nicht so schlecht, wie ich es bei einer solchen Wunde vermuten würde“, antwortete er Melinda und bleckte die Zähne. “Ich werde es wohl doch nicht abschneiden müssen“ Er blickte aus dem Fenster aus und sah zu, wie die dunkle Welt an ihnen vorbeistreifte. Es war ein wirklich faszinierender und auf seine Art und Weise schöner Anblick. Als ihm bewusst wurde, was er da gerade dachte, verflog seine Stimmung schnell wieder. Schön. Wann war diese Welt jemals schön gewesen? Ja, es mochte durchaus…nett sein aus diesem Fenster zu blicken, während London an einem vorbeirauschte. Doch was hatte es gebraucht, um dies zu realisieren. Arbeit. Knochenharte Arbeit. Menschen, die in diesen Rauch spuckenden Fabriken geschunden wurden und der Dank dafür waren kaputte, deformierte Körper und Krankheit. Der Qualm in diesen Fabriken war reines Gift- Melinda war das beste Beispiel dafür. Darum war sie in einem Bordell gelandet und heute alkoholabhängig wie seine Mutter. Es war alles eine Lüge.
Und Randolph war zufrieden, das seine Theorie doch Recht behalten hatte.
“Kennt sich eigentlich jemand von euch mit der Eisenbahn aus? Ich glaube, dass ich erst einmal mit ihr gefahren bin und daran kann ich mich nicht mal mehr wirklich erinnern. Ich vermute sogar, dass dies erst das zweite Mal in meinem Leben ist, das ich London verlasse.Mich würde auch interessieren, wie schnell diese Maschinen eigentlich fahren können. Weiß jemand, wie lange unsere Reise dauern wird? “
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Beitrag von Elli Mo Feb 24 2014, 12:09


"Ein Glück, dass das Bein dran bleibt. Sonst müssten wir dir noch eine Augenklappe und einen Papageien besorgen, damit du wie ein echter Pirat aussiehst." sagte sie lachend, wurde dann aber schnell wieder ernst.
“Sollten die Schmerzen schlimmer werden Randy, ich habe noch etwas…aus der Küche bei mir.“ Melinda war sich nicht sicher, ob Johanna wusste, was sie Alan zugeführt hatte, aber vermutlich wäre es besser, dass sie es nicht so genau wissen würde.
Sie erwartete nicht wirklich eine Antwort des Doktors, es war auch etwas schizophren, dass sie gerade dem eigentlichen Besitzer seine eigenen Drogen anbot. Aber momentan waren sie nun einmal in ihrem Besitz und das sollte auch so bleiben. Obwohl sie gewillt war zu teilen, zumindest mit einigen Anwesenden, ebenso nicht Anwesenden, würden Schmerzen es nötig machen.
Das war für Melinda zugegebenermaßen bereits eine große Geste.
Sie hatte bisher nie einen solchen großen Zug von innen betreten, konnte daher auch nicht auf Randlophs Fragen antworten. Sicherlich war Johanna mit dem Bahn nach London gereist, aber ob das junge Ding wissen würde, wie schnell sie waren?
Geschwindigkeit ist das Zauberwort. Davon hast du nun wirklich keine Ahnung. Du kannst doch nur unterscheiden zwischen: Langsam, schnell und Verdammt meine Lunge! Oh und Pferd.“
So sehr es Melinda auch ärgerte, es stimmte. Sie hatte keine Ahnung von solchen Dingen. Sie war technisch interessiert und beäugte jede Maschine die sie sah mit einer ordentlich Portion Neugier und versuchte der Funktion dahinter auf die Schliche zu kommen, aber bei den einfachsten Dingen wie beispielsweise Geschwindigkeit hörte ihr Wissensstand einfach auf. Zwar kannte sie das Wort in diesem Fall und wusste was sich dahinter verbarg, aber in eine Relation wie schnell nun etwas war, konnte sie sich bewegende Dinge nicht setzten.
“Ich vermute der Einzige, aus unserer Gruppe, der so etwas weiß ist Norly.“ sagte sie, nachdem sie einen Schluck getrunken hatte.
“Vielleicht sollten wir ihn suchen. Er muss ja auch irgendwo hier im Zug sein, so groß kann die erste Klasse ja nicht sein.“
Sie war der festen Überzeugung, dass Charles sich nicht in einer anderen Klasse aufhalten würde. Sie blickte die anderen beiden an, in der Hoffnung, diese würden ihr Suchvorhaben gutheißen und sich daran beteiligen. Sie fühlte sich nicht besonders wohl in ihrer Haut, ohne den Anführer der Revolution. Sollte es zu einer Auseinandersetzung kommen, zwar waren die Türen verriegelt, aber diese waren eben auch nur aus Holz, schätze sie ihre Chancen schlecht ein. Randolph gehandicapt und Johanna unbewaffnet.
Sollten die anderen beiden nicht suchen wollen, so müsste sie es eben alleine versuchen.
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Beitrag von Darnamur Mo Feb 24 2014, 20:51

Bei Melindas Worten entfuhr Randolph ein trockenes Lachen. Er stellte sich vor wie er mit Augenklappe und Papagei am Bug eines Schiffes stand und seine Feinde ihre Schiffe beim Anblick des Doktors freiwillig versenkten. “Wie gesagt“, meinte er erheitert. “Momentan ist es ertragbar. Außerdem…die Idee mit dem Piraten gefällt mir!“
Das Melinda nichts über diese Eisenbahnen aussagen konnte war schade, aber er hätte sich die Frage eigentlich ohnehin sparen können. Woher sollten Mel oder Johanna so etwas wissen? Melinda selbst hatte London vermutlich noch weniger oft verlassen, als er selbst- also gar nicht. Und bei Johanna konnte er es sich auch nicht vorstellen, dass sie von diesem Fachgebiet eine Ahnung hatte. Er würde sich wohl an Norly wenden müssen. Irgendwann. Vielleicht. Die Gespräche mit Norly waren einfach oftmals…so ermüdend. Teilweise erzählte er tatsächlich etwas Sinnvolles oder zumindest Interessantes. Meistens aber schweifte er meilenweit vom Thema ab und plauderte endlos lange munter vor sich hin, während er selbst zum Schweigen verdonnert war, wollte er ihm nicht ins Wort fallen. Der Doktor zweifelte im Übrigen daran, dass dies eine gute Methode wäre diesen Redefluss aufzuhalten. Die einzige wirklich effiziente Möglichkeit wäre es wohl dem Guten einen Schlag mit der Bratpfanne zu verpassen, um ihn ins Land der Träume zu befördern.
Als verfügte Melinda über telepathische Kräfte kam sie auch direkt auf Norly zu sprechen, mit der Absicht ihn im Zug suchen zu wollen. Kreisen denn alle unsere Gedanken nur um ihn? Das würde ihm sicher gefallen, dem eitlen Drecksack. Vor seinem inneren Auge tauchte schon sein Bild auf, wie er in einer der Posen, die er beim Reden oftmals einnahm dastand, sein wissendes Grinsen im Gesicht.
“Bist du dir sicher, dass er überhaupt hier ist, Mel?“, antwortete er. “Er wird schon seine Gründe gehabt haben, warum er nicht mit uns eingestiegen ist. Ich vermute ja, dass er schon außerhalb der Stadt ist und von dort über eine Station zu uns stoßen wird. In London war es ihm vermutlich einfach zu riskant. Auch wenn die Kontrollen ihm wie gesagt gar nicht mal so schlimm vorgekommen waren. “Er sagte ja auch, dass er wieder zu uns stoßen wird. Wenn er also nicht gefunden werden will, werden wir das auch schwerlich schaffen- zumindest nicht ohne sonderlich aufzufallen. Ich bin mir sicher Norly wird sich schon bald in einem, wie ich ihn bisher kennengelernt habe reichlich dramatischem Auftritt wieder zu uns gesellen.“
Er überlegte einen Moment. “Es ist wahrscheinlich auch in seinem Sinne, wenn wir in der Zwischenzeit hier bleiben und uns besonnen verhalten.“
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Beitrag von Elli Mi Feb 26 2014, 16:44

"Besonnenheit ist keine meiner Stärken." lachte sie, nickte aber dann. Wahrscheinlich würde Randolph sie gerade nicht einmal in seiner Nähe haben wollen, aber dennoch verbuchte sie seine halb humorvolle Antwort, als kleinen Gewinn.
"Sicherlich ist es auch besser für dein Bein, wenn du hier bleibst und auf den Alkohol aufpasst." sie zwinkerte ihm zu und versuchte damit ihre Nervosität, welche sich aufgrund der Zugfahrt ergab, zu untergraben.
"Ich glaube allerdings schon, dass er im Zug ist. Unendliche viele Möglichkeiten nach Manchester zu reisen, gibt es wohl kaum. Pferde sind doch sicher nicht so schnell wie der Zug?"
Sie erhob sich, leerte das Glas in einem Zug und schüttelte ihr raschelndes Kleid aus. Zumindest in dem fahrenden Ungetüm umsehen konnte man sich ja mal.
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Beitrag von Scáth Mi Feb 26 2014, 16:57

Johanna war beeindruckt von dem Zugabteil, in dem sie reisen würden. Irgendwie freute sie sich sogar auf die Fahrt, auch wenn ihr zwischenzeitlich sehr mulmig zumute war. Immerhin durfte nicht vergessen werden das sie alle in Gefahr schwebten und es durchaus sein könnte, das ihre falschen Identitäten aufflogen. Johanna schüttelte den Kopf als Randolph Fragen zum Zug stellte. Zwar war dies nicht ihre erste Reise mit einem solchen Zug, dennoch kannte sie sich mit der Technik absolut nicht aus. Sie ließ Melinda und Randolph in Ruhe sprechen, überlegte sogar kurz ob sie sich selbst einen Schluck des Alkohols gönnen sollte, den Melinda angeboten hatte, verabschiedete sich aber recht schnell wieder von diesem Gedanken. 
Als sie allerdings davon sprach Charles zu suchen, wurde Johanna hellhörig.
"Kann ich mitkommen?", Johanna stellte diese Frage bewusst. Melinda war nicht gut auf sie zu sprechen und Johanna war sich alles andere als Sicher ob sie ihre Anwesenheit als gut heißen würde.
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Beitrag von Elli Mi Feb 26 2014, 18:58

"Sicher. Warum nicht?"
Melinda entriegelte die Tür und steckte den Kopf aus dem Abteil.
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Beitrag von Scáth Mi Feb 26 2014, 19:25

"Ich bin mir sicher wir sind bald wieder zurück", wandte sich Johanna mit einem kurzen Lächeln an Randolph. Danach heftete sie sich Melinda an die Fersen
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Beitrag von Umbra Do Feb 27 2014, 22:27

Aber tatsächlich mussten die beiden Frauen nicht auf die Suche gehen, denn wie es der Zufall wollte entdeckte Melinda sogleich, als sie auf den Gang blickte, einen Mann, der gerade seinen Abteil verließ und den sie auf den zweiten Blick als Charles wiedererkannte.
Er trug einen edlen, hellbraunen Gehrock mit dunklen Ärmelaufschlägen und dunklem Kragen, ebenfalls brauner Hose und poliert-glänzenden Schuhen; und dazu eine Weste aus weinroter, dezent gemusterter Seide mit goldenen Knöpfen, die zur goldenen Kette seiner Taschenuhr passten, und eine dunkle Schleife um den Stehkragen seines schneeweißen Hemds. Und seinen linken Lederhandschuh trug er, selbstverständlich. Die Finger des rechten ragten aus einer der Gehrocktaschen hervor und sogar seine Frisur saß wieder tadellos, denn er hatte den Kopfverband abgenommen und die Überbleibsel seiner genähten Platzwunde etwas mit seinem Haaransatz verdeckt.
Alles in Allem hatte er sich nicht feiner herausgeputzt als sonst auch, dafür aber farbiger als in den vergangenen Tagen – was deshalb nicht bedeutete, dass dies ungewöhnlich für ihn war. Tatsächlich stammte alles, was er trug, aus seinem persönlichen Besitz und nicht aus dem Hehlerlager, aus dem er sich gestern einige andere Kleidungsstücke ausgesucht hatte.
Der Grund, warum die junge Frau ihn erst nach kurzem Zögern erkannt hatte, war seine Gesichtsbehaarung – ein sauber gestutzter und gekämmter, grau melierter, kurzer Vollbart, der sicherlich nicht in den vergangenen Stunden gesprossen war. Er wirkte täuschend echt, Charles fand ihn eigentlich aber grauenhaft, denn das aufgeklebte Ding fühlte sich unangenehm an, es machte ihn älter (fand er) und damit sah er aus wie sein Vater – mit dem einzigen Unterschied der Narbe, die Charles nicht einmal versucht hatte, mit Schminke oder auf irgendeine andere Art und Weise zu verdecken, denn das wäre ohnehin sinnlos gewesen. Nichtsdestotrotz schlich sich ein selbstsicheres Schmunzeln auf Charles‘ Gesicht, als er seinerseits Melinda erblickte, und er schritt auf sie zu, wobei er sich bemühte, nicht zu humpeln, und ignorierte, dass sie seinen Anblick scheinbar belustigend fand.
„Sie sehen bezaubernd aus, Miss“, gab Charles ihr ein Kompliment, begleitet von einem galanten, angedeuteten Handkuss. Es war eine Freude, sie in einem angemessenen Kleid zu sehen, das ihre Schönheit so viel mehr betonte als dieser vulgäre Hurenfummel, obwohl er sich hütete, seinen Blick über ihren Körper gleiten zu lassen.
Charles betrat das Abteil und schloss die Tür hinter sich.
„Du ebenfalls“, setzte er die Begrüßung bei Johanna fort, der er einen väterlichen Kuss auf die Stirn gab, bevor er Dr. Tremaine lediglich zunickte und wartete, bis die beiden Damen sich gesetzt hatten, ehe er sich selbst mit etwas gequälter Miene (denn es schmerzte ihn noch überall) gegenüber des Chirurgen niederließ.
„Welch‘ Zufall – ich wollte gerade prüfen, ob wir alle beisammen sind“, sprach er lächelnd in die Runde. Doch eigentlich fehlte Mr. Stirling. Gewiss konnte er auf dessen Schikanen verzichten, wenn Alan bislang sich auch meist als unterhaltsam erwiesen hatte, doch wusste dieser Säufer und Taugenichts genug, um sie alle zu gefährden. Dass es am Bahnhof keinen Ärger gegeben hatte, verbuchte Charles allerdings als positiv.
„Ich hoffe, Sie genießen den Ausflug bisher“, begann er, etwas zu plaudern.
„Es ist ein seltsames Gefühl, heimwärts zu fahren, muss ich zugeben, denn ich kann mich nicht erinnern, mich jemals so sehr darauf gefreut zu haben wie in diesem Moment. Vermutlich“, lachte Charles, „liegt das nur daran, dass London in den vergangenen Monaten mein Gefängnis gewesen ist. Vielleicht hilft Manchester uns allen, einen freieren Kopf zu bekommen. Und du, Johanna, wirst deine Mutter wiedersehen.“
Damit versank er in plötzliches Schweigen. Erst einmal.
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Beitrag von Elli Di März 04 2014, 15:27

Zwar konnte Melinda nicht umhin zuzugeben, dass die Kleidung die Charles trug ihm mehr als schmeichelte, doch der Bart, welchen sein Gesicht verzierte, brachte sie dazu sich sehr zusammenreißen zu müssen. Das Lachen welches aus ihr herausbrechen wollte, konnte sie nur durch höchste Konzentration zurückhalten.
Sie wurde jedoch von seiner Begrüßung abgelenkt und sie blickte an sich und dem raschelnden Ungetüm von Stoff herunter. Nun, ganz so schlimm war es sicher nicht, das Kleid saß ordentlich und war auch nicht unhübsch, aber der viele Stoff verunsicherte Melinda. Sie war es nicht gewohnt so viel an sich zu tragen – noch dazu ihrer Handhabe beraubt, ihren Körper einsetzten zu können, wenn sie etwas wollte.
Nachdem sie wieder in das Abteil zurück gekehrt waren, der Ausflug mit Johanna währte wesentlich kürzer als Melinda gedacht hatte, sie hatte immerhin nicht damit gerechnet Norly in die Arme zu laufen und sie ließ sich wieder auf einer der Sitzbänke nieder. Wie gewohnt überschlug sie die Beine, wobei sie diese in dem Stoff verhedderte und lehnte sich dann zurück.
Sie hörte stumm zu, was Charles zu sagen hatte. Da sie ihn dabei anblickte, musste sie noch immer mit sich kämpfen nicht in schallendes Lachen auszubrechen.
Mit einem Zwinkern nahm sie dann das Gespräch auf. “Sagen Sie, Charles, dem Weihnachtsmann geht es doch gut? Oder haben Sie ihn allzu sehr verletzt, als Sie ihm den Bart geklaut haben?“ Obschon sie sich einer ungewohnten Situation stellen musste und sie dem Stahlungetüm in dem sie sich gerade befanden nicht traute, verspürte sie eine gewisse Erleichterung – was sicherlich dem Alkohol und auch dem Gezammel in Charles‘ Gesicht zuzuschreiben war.
Schließlich schaffte sie es nicht mehr die Contenance zu behalten und ein leichtes Lachen entfuhr ihr.
“Verzeihung“, brachte sie schließlich hervor, nachdem sie einen Augenblick aus dem Fenster geschaut hatte um sich wieder zu sammeln, dennoch zierte ein breites Grinsen ihr Gesicht (welches sogar echt war und das kam selten bei der Hure vor), als sie ihren Blick wieder auf die Gruppe richtete. “Das steht Ihnen wirklich ungemein.“
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Beitrag von Darnamur Mi März 05 2014, 21:05

Als die Tür aufflog und Norly erhobenen Hauptes das Abteil betrat musste Randolph einen resignierten Seufzer unterdrücken. Noch einen Moment zuvor hatte er seine Theorien bezüglich des Verbleibs des Mannes konstruiert- jetzt zerplatzten sie wie Seifenblasen. Der Doktor war sich im Klaren, dass wenn seine Theorien nicht aufgingen, er womöglich auch die ganzen Scheiße, die er sich vorher ausgedacht hatte reiner Irrsinn war. Vielleicht war es also wirklich nur der korrupte Scotland Yard und Hill, die hinter den Gräueltaten der letzten Zeit steckten und vielleicht waren es auch wirklich Polizisten gewesen, die die Mauney-Schwestern dem Totenreich zuführten. Doch so einfach konnte er natürlich auch nicht vom einem auf das andere schließen. Irgendetwas war faul an dieser ganzen Geschichte.
Randolph erwiderte Norlys Nicken. "Schön, dass es keine Probleme gab!"Für einen kurzen Moment zog er es in Erwägung Norly einfach auf seine Theorie anzusprechen, verwarf den Gedanken aber wieder. Der Zeitpunkt erschien ihm gerade nicht passend, um das Thema nun schon wieder aufzurollen, außerdem ahnte er schon, wie Norlys Antwort ausfallen würde.
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Beitrag von Scáth Do März 06 2014, 15:56

Johanna stand die Erleichterung förmlich ins Gesicht geschrieben, als sie Charles vor der Tür erblickte und dass nicht nur, weil sie Angst hatte aufzufallen, während sie suchend durch den Zug gelaufen wäre, sondern auch weil sie sich aufrichtige Sorgen um ihren Vater gemacht hatte.
Das Hausmädchen ließ sich ebenfalls auf einer der Sitzbänke nieder. Auf Melindas Anmerkung konnte auch sie ein Grinsen nicht vermeiden, sagte aber selbst nichts mehr zu dem außergewöhnlichen Aussehen von Charles.
Auch wenn eine Zugfahrt ein aufregendes Ereignis war, hoffte Johanna schnell in Manchester anzukommen.
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Götterblut - Kapitel 3: Scarface - Seite 7 Empty Re: Götterblut - Kapitel 3: Scarface

Beitrag von Umbra So März 09 2014, 18:01

Charles rückte seine Kleidung wieder in Position und platzierte die Hände auf seinen Knien, auf denen er in einem regelmäßigen Rhythmus mit den Fingerkuppen herumklopfte. So gelassen er allgemein auch wirkte, war dies vielleicht ein Zeichen für Anspannung.
„Dass ich mich nun zu Ihnen gesellen kann, bedeutet nicht, dass es keine Probleme gab, Doktor“, korrigierte er Randolphs Bemerkung mit einem Lächeln und ließ seinen Blick analysierend über die Einrichtung des Zugabteils schweifen, während er weitersprach. „Doch nichts ist vorgefallen, das Ihnen Kopfschmerzen bereiten müsste. Soweit ich das beurteilen kann, ist es mir gelungen, nicht entdeckt zu werden, und das ist die Hauptsache.“
Scheinbar hatte er die Begutachtung der Umgebung beendet und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Anwesenden.
„Ich versichere Ihnen: Man kann nie vorsichtig genug sein“, teilte er diesen in dozierendem Ton mit. „Nicht immer sind es dunkelblaue Uniformen, nach denen man Ausschau halten muss. Die Bobbys am Bahnhof, die man leicht als solche erkennt, sind nur zur allgemeinen Abschreckung da. Viel gefährlicher sind Hills Fahnder in Zivilkleidung, die sich unter die Reisenden mischen.“ Charles gab ein belustigtes Schnaufen von sich. „Lästige Zecken – es wäre nicht das erste Mal, dass sich welche von denen an meine Fersen heften, aber ein Bekanntwerden unseres Ausflugs nach Manchester könnte wahrlich unerfreulich werden. Züge sowie Bahnhöfe bieten wenige Fluchtmöglichkeiten, ist der Polizeiauflauf erst einmal groß genug.“
Charles hatte bisher die Belustigung ignoriert, die sein Aussehen nur offensichtlich hervorgerufen hatte, als Melinda ihn jedoch ansprach und unmissverständlich auslachte, straffte Charles sich. Er hatte zuvor schon äußerst aufrecht dagesessen, nun wirkte er aber geradezu steif. Mit den Fingern trommelte er auch nicht mehr. Jedenfalls ließ er sich nicht dazu herab, etwas Konkretes zum Thema Weihnachtsmann zu sagen, sondern setzte stattdessen in sich rechtfertigendem Ton an, seinen Standpunkt deutlich zu machen.
„Ich bitte Sie, Miss“, erwiderte er mit einem schmallippigen Lächeln, zu dem er sich zwang, „ich habe dank meiner Narbe beim besten Willen kein Allerweltsgesicht, und diese kann ich nur schwer verbergen.“
Er konnte es nicht leiden, verspottet zu werden, und seinen Augen mochte gekränkter Stolz glitzern. Es ärgerte ihn, dass gerade Melinda es war, die ihn auslachte. Aber auch Johanna grinste. Charles gönnte den beiden jungen Frauen ihren Spaß, jedoch nur, solange dieser nicht auf seine Kosten ging. Die beiden hatten wohl Glück, dass er so gut erzogen war, dass er nicht begann, zornig mit den Zähnen zu knirschen, oder sogar in Erwägung zog, zu mit einer findigen Beleidigung zu kontern, wie er es  bei männlichen Gegenübern sicherlich getan hätte.
„Ich möchte es vermeiden, dass die falschen Leute Sie in meiner Gegenwart sehen… Andererseits möchte ich Sie auch nicht in Gefahr bringen, indem ich mich zu weit von Ihnen entferne, also muss ich auf die Möglichkeiten der Verschleierung meiner Identität zurückgreifen, die mir bleiben. Glauben Sie mir, dieser Bart sieht nur halb so lächerlich aus wie er sich unangenehm anfühlt, aber damit erreiche ich am einfachsten Entfremdung von dem Gesicht, das auf den Fahndungsplakaten zu sehen ist.“
In ihm wuchs das Bedürfnis, sich einfach wieder in seine Schlafkabine zurückzuziehen und sich ein wenig Ruhe zu gönnen. Allerdings lockte ihn auch der Raucherwaggon. Dort würde er sicherlich ein ruhiges Plätzchen zum Entspannen finden und dabei kein Ziel des Hohns sein. Ein Gläschen Scotch, eine gute Zigarre und eine Zeitung, um den Abend ausklingen zu lassen, und morgen würden sie in Manchester sein. Auf das Abendessen konnte Charles gut und gern verzichten. Gerade war ihm ohnehin alles vergangen, was sich zu Appetit hätte entwickeln können.
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Götterblut - Kapitel 3: Scarface - Seite 7 Empty Re: Götterblut - Kapitel 3: Scarface

Beitrag von Elli Mo März 10 2014, 14:23

Nachdenklich blieb ihr Blick auf Randy heften. Sie hätte gerne mit ihm geplaudert, wie sie es früher getan hatte. Doch seinem Gesichtsausdruck zu Folge, hatte er nachdem Charles das Zugabteil betreten hatte, keine große Lust einen Plausch zu halten.
Was hätte sie auch sagen sollen? Über das Wetter reden? Über die Familie – das wäre ein nur zu schlechter Scherz gewesen. Während sie noch fieberhaft überlegte, was sie ihrem alten Freund sagen könnte, ergriff Norly das Wort.

Die Verstimmung von Charles war spürbar. Melinda hätte am liebsten darüber erneut gelacht, aber sie schluckte das Lachen hinunter. Tatsächlich hatte die angenommen Norly sei ein Mann, der Spaß verstehe, doch leider hatte sie sich geirrt. Wie schon so oft in ihrem Leben.

Komm schon. Komm schon. Was hast du erwartet? Du weißt doch wie er ist. ‘Ne Diva is er! ‘Ne zickige Diva. Schmier ihm Honig ums Maul, dann renkt sich das wieder ein.

Doch die Hure dachte nicht im Geringsten daran, ihr Lachen zu entschuldigen. Charles sah in ihren Augen gut aus, das wusste er auch. Aber dieser Bart war einfach lächerlich – egal wie sehr ihn diese Einschätzung von ihr störte.

“Meine Güte, Charles,“ sagte sie, während sie ihn direkt ansah. “Ihre Tarnung funktioniert ja auch hervorragend. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ich den Bart albern finde. Ich finde nicht Sie albern, sondern das Gezammel in ihrem Gesicht.“

Es wäre auch ein fataler Fehler Charles albern zu finden. In jedweder Hinsicht. Denk daran, was Humpty Dumpty uns erzählt hat.

Sie heftete ihren Blick auf die kaum sichtbare Narbe, dessen Stelle sie doch nur zu gut kannte. Sie atmete tief ein, denn auch wenn es ihr nicht gefiel, gerade jetzt im Moment, hätte sich die Katze in ihr nur zu gerne auf die Maus gestürzt. Sie musste sich also zurückhalten, sich nicht einfach auf ihn zu werfen, ihm dieses seltsame Gebilde aus dem Gesicht zu reißen und Dinge zu tun, von denen die meisten Frauen und Männer vermutlich nicht einmal gehört hatte.
Mit blitzenden Augen suchte sie einige Sekunden Augenkontakt. Sie spürte, dass ihr bei den Gedanken die ihr Gehirn umspielten warm wurde und sie sah schnell aus dem Fenster in die dunkle Weite.
Schließlich sammelte sie sich. “Entschuldigen Sie, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Sie wissen doch selbst, dass Sie nicht einmal ein solches Ding in ihrem Gesicht entstellen kann. Wie sagt man doch so schön 'Einen schönen Menschen entstellt bekanntlich nichts.' Sie zwinkerte ihm zu und unterstrich ihre Worte mit einer Kusshand die sie ihm zuwarf.
Obwohl sie den Gedanken an eine Entschuldigung noch vor Sekunden für absurd hielt, brachte sie nun doch eine hervor. Hauptsächlich um nicht zu sagen – und zu tun – wonach ihr tatsächlich der Sinn stand. Dennoch meinte sie es ernst - sie hatte ihn nicht verärgern wollen. Mit solch einer Lappalie schon einmal gar nicht.
Einen Augenblick überlegte sie aufzustehen und die Flasche Schnaps zu ergreifen um diese, ganz ohne Umschweife, an ihre Lippen zu führen und diese zu leeren. Wahrscheinlich würde sie dann zwei Tage nicht einmal dazu in der Lage sein ihren Namen korrekt auszusprechen, aber der Alkohol war ihr ein Vertrauter. Ein vertrauter Freund, der immer zuhörte, nie nachfragte und stets Zeit hatte.

Ihren Blick hatte sie noch immer nach außen gerichtet, mittlerweile etwas nach oben um diese funkelnden Dinger am Himmel zu bestaunen. Sie suchte in ihrem Halbwissen herum, was das sein konnte, doch es wollte ihr nicht in den Sinn kommen.
Die Gruppe zu fragen erschien ihr zu peinlich. Sicherlich wussten alle außer ihr, was das war. Also fand sie sich damit ab, das Unbekannte am Himmel zu bewundern.[/i]
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