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Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
5 verfasser
Seite 3 von 7
Seite 3 von 7 • 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7
Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
Dieser durchgedrehte Schweinehund würde keinen Milimeter zurückweichen, dämmerte es Alan. Er aber auch nicht. Sollte es tatsächlich zu so etwas unwarscheinlichem wie einer Zusammenarbeit zwischen ihnen kommen, dürfte sich diese zu einer äusserst interessanten Herausforderung entwickeln.
Alan blieb stehen und lehnte sich an den Türrahmen.
"Sprechen sie frei heraus, Norly. Sie haben unsere ungeteilte Aufmerksamkeit, in der sich schon seit Minuten suhlen."
Alan blieb stehen und lehnte sich an den Türrahmen.
"Sprechen sie frei heraus, Norly. Sie haben unsere ungeteilte Aufmerksamkeit, in der sich schon seit Minuten suhlen."
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
Tow:
"Ich stimme diesem Choleriker zu", fügte Lived nun endlich seinen Teil dem Gespräch bei. Er war mehr der stille Zuhörer, nicht ungewöhnlich für seinen Beruf. "Es amüsiert mich zu wissen, dass sie nicht wengier verrückt sind, als jeder gewöhnliche Mensch in diesem Raum. Warum hätten Sie uns wohl sonst geholt?"...
"Ich stimme diesem Choleriker zu", fügte Lived nun endlich seinen Teil dem Gespräch bei. Er war mehr der stille Zuhörer, nicht ungewöhnlich für seinen Beruf. "Es amüsiert mich zu wissen, dass sie nicht wengier verrückt sind, als jeder gewöhnliche Mensch in diesem Raum. Warum hätten Sie uns wohl sonst geholt?"...
Umbra- Tiefseemonster
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
Charles grinste. „Niemand von uns ist gewöhnlich. Und dass man bereit ist, andere Wege zu nehmen, macht einen noch lange nicht zu einem Verrückten; dessen sollten Sie sich vielleicht bewusst werden. Unsere Fähigkeiten werden sich bestens ergänzen.“
Charles sah auf seine Hand hinab, während er weitersprach, und kratzte sich mit dem Daumennagel noch übrig gebliebene Blutreste von den Fingerkuppen. Dass er volle Aufmerksamkeit verlangte, hieß noch lange nicht, dass er sie für seine Gäste aufbrachte. Zumindest nicht offensichtlich.
„Spätestens nach einer geringen Fehlkalkulation unten bei den Docks was die Menge des Phosphors betraf, bin ich davon überzeugt, dass ich manche Dinge besser erfahrenen Händen überlassen sollte. Auch wenn das Lagerhaus lediglich als Testobjekt diente, wollte ich nur einen kleinen Brand auslösen und hatte nicht vorgehabt, alles komplett in die Luft zu jagen. Nun, ich leugne nicht, dass ich schon immer eine Schwäche für Explosionen und dergleichen hatte; aber jemandem, der nur knapp einem Inferno entkommen konnte, das er selbst ausgelöst hat, scheint es an notwendigem Talent für solche Aktionen zu fehlen“, fügte er kichernd hinzu und schüttelte mit dem Kopf. Dann rückte er mit dem Stuhl näher an den Schreibtisch heran, legte seinen metallenen Unterarm flach auf die Oberfläche und begutachtete die noch offen liegende Mechanik mit einem kritischen Blick.
„Wissen Sie, im Grunde ist es nichts anderes als ein Wettbewerb, in dem keine der zwei Seiten aufgeben will, bevor die andere besiegt wurde.“
Charles widmete sich wieder der Reparatur seiner Prothese. Es war nicht mehr viel zu tun. Er hatte Glück gehabt, dass die Hydraulik nicht beschädigt worden war. Das hätte eine schöne, schmierige Schweinerei gegeben und er hätte zusätzlich alles reinigen müssen.
„Auf jeden Schlag folgt ein Vergeltungsschlag; und jedes Mal wird es ein Stück hässlicher. Ich will dem endlich ein Ende setzen.“
Charles drehte mit den Fingern eine winzige, verbogene Gewindestange aus ihrem Sockel, und ersetzte sie durch eine neue. Nun griff er zum Schraubenzieher.
„Die Morde, ich muss zugeben, dass sie mich aus dem Konzept gebracht haben. Sie passen irgendwie nicht in das Bild hinein. Ich will nicht sagen, dass ich ausschließe, dass Hill damit etwas zu tun hat, aber mit jedem weiteren Toten, den man findet, tauchen für mich mehr Fragen auf. Hill würde sehr weit gehen, um mich hängen zu sehen, aber das hier… Das Niveau, auf dem sich die ganze Sache inzwischen befindet, ist inzwischen schon zu spektakulär. Normalerweise wird ein Mord verübt und der mutmaßliche Täter wird festgenommen, bevor er überhaupt mitbekommt, was um ihn herum geschieht. Eine schnelle, saubere Sache; ganz so, wie die Polizei es sich wünscht – ach, verdammt!“, fluchte er, als er mit seinen Schraubenzieher abrutschte und mehrere kleine Metallteile klimpernd in seinem Arm verschwanden.
„Es würde Hill rein gar nichts nützen, aus mir einen Serienmörder zu machen“, presste er grimmig hervor, während er seine Prothese schüttelte, und die verlorenen Bauteile nach und nach auf den Schreibtisch fielen. Er legte sie sich noch einmal zurecht und passte dieses Mal besser auf, als er sie an ihrem entsprechenden Platz fixierte.
„Seine ganze Organisation hat seit den ganzen Reformen und seinem Amtsantritt an Ansehen verloren. Ein Mann, der tausenden Polizisten ein Schnippchen nach dem anderen schlägt und direkt vor ihrer Nase munter weitermordet, ist für ihn nicht gerade ruffördernd. Der Mord an den beiden Polizisten hätte völlig ausgereicht, um mich ans Messer zu liefern. Immerhin verfolgten sie mich, als ich vom Scotland Yard floh, nachdem ich Hill als Geisel genommen hatte. Das alleine wäre voll und ganz nachvollziehbar gewesen und hätte Hill weit geringfügiger schlecht dastehen lassen als nun nach dreizehn Mordopfern. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.“
Charles legte den Schraubenzieher beiseite und prüfte, ob nun alles wieder dort war, wo es sein sollte, während er weitersprach.
„Sicher, einerseits sorgt die Belohnung, die allein der Staat meinen Kopf ausgesetzt hat, dafür, dass ich mich nur bedingt frei bewegen kann, weil sie höher als das ist, was viele in fünf, sechs, vielleicht acht, wenn nicht sogar mehr, Jahren verdienen. Aber ist meine Ergreifung andererseits wirklich dreizehn Leben wert? Ich bin mir sicher, dass es nicht dabei bleibt. Was soll dieser Unsinn? Soll der Triumpf über mich dadurch nur noch größer werden? Das nenne ich verrückt!“
Zufrieden mit seiner Reparatur, nahm er nun das kleine Ölkännchen, das neben dem Ersatzteilhaufen auf dem Tisch stand, und schmierte die Mechanik mit einigen schnellen Bewegungen dort, wo es nötig war.
„Doch auch wenn ich kurz davor bin, Hill komplett zu brechen, wird das nicht ausreichen. Der Chief Commissioner ist fort, es lebe der Chief Commissioner! Und das wird unser allseits gefürchteter Captain Sorkin sein, ein Charakter, der noch weniger in diese Rolle passt. Sorkin ist im Gegensatz zu Hill nämlich ein wahrer Mann der Tat. Er wird mit seinen Tingloves für einen ganz anderen Wind sorgen, wenn er erst einmal die Möglichkeit dazu hat. Genau das will ich verhindern.“
Nun bewegte Charles, erst vorsichtig, dann bestimmter, das Handgelenk und seine Finger. Die Zahnräder ratterten leise und ohne Haken vor sich hin, genau, wie es sein sollte. Charles war, wie am ersten Tag, fasziniert. Diese Prothese kam einer Hand aus Fleisch, zumindest was die Beweglichkeit und die äußere Gestalt anbelangte, schon sehr nahe, auch wenn man sie natürlich nicht als einen gleichwertigen Ersatz betrachten konnte.
„Aber ihn einfach verschwinden zu lassen, wird nicht helfen, genauso wenig, wie es mich weiterbringen würde, das mit Hill zu tun. Wie ich sagte: Scotland Yard schüttelt man nicht ab – außer man wird ihn los, als Ganzes. “
Charles ließ das Blech, das das Innenleben der Prothese schützte, wieder einrasten und schraubte es fest. Er hatte das Loch, durch das die Kugel eingedrungen war, bereits geflickt, während seine Gäste noch geschlafen hatten.
„Und das geht nur, indem man das System aushebelt. Wenn wir der Revolution den Weg bereiten, wird sie ganz von selbst vonstattengehen, und wir können uns zurücklehnen und das Geschehen in Ruhe beobachten. Was ich bereits begonnen habe, bitte ich Sie nun, mit mir zu beenden.“
Charles krempelte seinen linken Ärmel herunter und zog sich den Lederhandschuh über, den er meist zu tragen pflegte, da die Prothese einerseits auffällig und andererseits ohne Handschuh zu glatt war, um Dinge richtig festhalten zu können.
„Was sagen Sie dazu?“
Erst jetzt sah er wieder zu ihnen auf.
Charles sah auf seine Hand hinab, während er weitersprach, und kratzte sich mit dem Daumennagel noch übrig gebliebene Blutreste von den Fingerkuppen. Dass er volle Aufmerksamkeit verlangte, hieß noch lange nicht, dass er sie für seine Gäste aufbrachte. Zumindest nicht offensichtlich.
„Spätestens nach einer geringen Fehlkalkulation unten bei den Docks was die Menge des Phosphors betraf, bin ich davon überzeugt, dass ich manche Dinge besser erfahrenen Händen überlassen sollte. Auch wenn das Lagerhaus lediglich als Testobjekt diente, wollte ich nur einen kleinen Brand auslösen und hatte nicht vorgehabt, alles komplett in die Luft zu jagen. Nun, ich leugne nicht, dass ich schon immer eine Schwäche für Explosionen und dergleichen hatte; aber jemandem, der nur knapp einem Inferno entkommen konnte, das er selbst ausgelöst hat, scheint es an notwendigem Talent für solche Aktionen zu fehlen“, fügte er kichernd hinzu und schüttelte mit dem Kopf. Dann rückte er mit dem Stuhl näher an den Schreibtisch heran, legte seinen metallenen Unterarm flach auf die Oberfläche und begutachtete die noch offen liegende Mechanik mit einem kritischen Blick.
„Wissen Sie, im Grunde ist es nichts anderes als ein Wettbewerb, in dem keine der zwei Seiten aufgeben will, bevor die andere besiegt wurde.“
Charles widmete sich wieder der Reparatur seiner Prothese. Es war nicht mehr viel zu tun. Er hatte Glück gehabt, dass die Hydraulik nicht beschädigt worden war. Das hätte eine schöne, schmierige Schweinerei gegeben und er hätte zusätzlich alles reinigen müssen.
„Auf jeden Schlag folgt ein Vergeltungsschlag; und jedes Mal wird es ein Stück hässlicher. Ich will dem endlich ein Ende setzen.“
Charles drehte mit den Fingern eine winzige, verbogene Gewindestange aus ihrem Sockel, und ersetzte sie durch eine neue. Nun griff er zum Schraubenzieher.
„Die Morde, ich muss zugeben, dass sie mich aus dem Konzept gebracht haben. Sie passen irgendwie nicht in das Bild hinein. Ich will nicht sagen, dass ich ausschließe, dass Hill damit etwas zu tun hat, aber mit jedem weiteren Toten, den man findet, tauchen für mich mehr Fragen auf. Hill würde sehr weit gehen, um mich hängen zu sehen, aber das hier… Das Niveau, auf dem sich die ganze Sache inzwischen befindet, ist inzwischen schon zu spektakulär. Normalerweise wird ein Mord verübt und der mutmaßliche Täter wird festgenommen, bevor er überhaupt mitbekommt, was um ihn herum geschieht. Eine schnelle, saubere Sache; ganz so, wie die Polizei es sich wünscht – ach, verdammt!“, fluchte er, als er mit seinen Schraubenzieher abrutschte und mehrere kleine Metallteile klimpernd in seinem Arm verschwanden.
„Es würde Hill rein gar nichts nützen, aus mir einen Serienmörder zu machen“, presste er grimmig hervor, während er seine Prothese schüttelte, und die verlorenen Bauteile nach und nach auf den Schreibtisch fielen. Er legte sie sich noch einmal zurecht und passte dieses Mal besser auf, als er sie an ihrem entsprechenden Platz fixierte.
„Seine ganze Organisation hat seit den ganzen Reformen und seinem Amtsantritt an Ansehen verloren. Ein Mann, der tausenden Polizisten ein Schnippchen nach dem anderen schlägt und direkt vor ihrer Nase munter weitermordet, ist für ihn nicht gerade ruffördernd. Der Mord an den beiden Polizisten hätte völlig ausgereicht, um mich ans Messer zu liefern. Immerhin verfolgten sie mich, als ich vom Scotland Yard floh, nachdem ich Hill als Geisel genommen hatte. Das alleine wäre voll und ganz nachvollziehbar gewesen und hätte Hill weit geringfügiger schlecht dastehen lassen als nun nach dreizehn Mordopfern. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.“
Charles legte den Schraubenzieher beiseite und prüfte, ob nun alles wieder dort war, wo es sein sollte, während er weitersprach.
„Sicher, einerseits sorgt die Belohnung, die allein der Staat meinen Kopf ausgesetzt hat, dafür, dass ich mich nur bedingt frei bewegen kann, weil sie höher als das ist, was viele in fünf, sechs, vielleicht acht, wenn nicht sogar mehr, Jahren verdienen. Aber ist meine Ergreifung andererseits wirklich dreizehn Leben wert? Ich bin mir sicher, dass es nicht dabei bleibt. Was soll dieser Unsinn? Soll der Triumpf über mich dadurch nur noch größer werden? Das nenne ich verrückt!“
Zufrieden mit seiner Reparatur, nahm er nun das kleine Ölkännchen, das neben dem Ersatzteilhaufen auf dem Tisch stand, und schmierte die Mechanik mit einigen schnellen Bewegungen dort, wo es nötig war.
„Doch auch wenn ich kurz davor bin, Hill komplett zu brechen, wird das nicht ausreichen. Der Chief Commissioner ist fort, es lebe der Chief Commissioner! Und das wird unser allseits gefürchteter Captain Sorkin sein, ein Charakter, der noch weniger in diese Rolle passt. Sorkin ist im Gegensatz zu Hill nämlich ein wahrer Mann der Tat. Er wird mit seinen Tingloves für einen ganz anderen Wind sorgen, wenn er erst einmal die Möglichkeit dazu hat. Genau das will ich verhindern.“
Nun bewegte Charles, erst vorsichtig, dann bestimmter, das Handgelenk und seine Finger. Die Zahnräder ratterten leise und ohne Haken vor sich hin, genau, wie es sein sollte. Charles war, wie am ersten Tag, fasziniert. Diese Prothese kam einer Hand aus Fleisch, zumindest was die Beweglichkeit und die äußere Gestalt anbelangte, schon sehr nahe, auch wenn man sie natürlich nicht als einen gleichwertigen Ersatz betrachten konnte.
„Aber ihn einfach verschwinden zu lassen, wird nicht helfen, genauso wenig, wie es mich weiterbringen würde, das mit Hill zu tun. Wie ich sagte: Scotland Yard schüttelt man nicht ab – außer man wird ihn los, als Ganzes. “
Charles ließ das Blech, das das Innenleben der Prothese schützte, wieder einrasten und schraubte es fest. Er hatte das Loch, durch das die Kugel eingedrungen war, bereits geflickt, während seine Gäste noch geschlafen hatten.
„Und das geht nur, indem man das System aushebelt. Wenn wir der Revolution den Weg bereiten, wird sie ganz von selbst vonstattengehen, und wir können uns zurücklehnen und das Geschehen in Ruhe beobachten. Was ich bereits begonnen habe, bitte ich Sie nun, mit mir zu beenden.“
Charles krempelte seinen linken Ärmel herunter und zog sich den Lederhandschuh über, den er meist zu tragen pflegte, da die Prothese einerseits auffällig und andererseits ohne Handschuh zu glatt war, um Dinge richtig festhalten zu können.
„Was sagen Sie dazu?“
Erst jetzt sah er wieder zu ihnen auf.
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
Tow:
"Was gibt Ihnen die Sicherheit, dass wir uns nicht alle auf Sie stürzen, unser Zeug packen und das Lösegeld von der Polizei holen? WAS?", Lived meldete sich nicht oft zu Wort, doch wenn, dann waren seine Worte stets gezielt. Jede Betonung war perfekt. Die Adelsabstammung merkte man ihm eben immer noch an...
"Was gibt Ihnen die Sicherheit, dass wir uns nicht alle auf Sie stürzen, unser Zeug packen und das Lösegeld von der Polizei holen? WAS?", Lived meldete sich nicht oft zu Wort, doch wenn, dann waren seine Worte stets gezielt. Jede Betonung war perfekt. Die Adelsabstammung merkte man ihm eben immer noch an...
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
Charles wollte nachdenklich die Stirn runzeln, doch der stechende Schmerz, den das verursachte, ließ ihn stattdessen kurz das komplette Gesicht verziehen.
„Rein gar nichts. Hätte ich diese Sicherheit gewollt, hätte ich keinen Kontakt zu Ihnen gesucht und Ihnen erst recht nicht meinen Revolver gegeben. Los, liefern Sie mich der Polizei aus! Dass Sie sich auf mich stürzen, wird nicht notwendig sein. Ich werde keinen Widerstand leisten. Aber warten Sie kurz. Sie werden sich die Belohnung durch vier teilen müssen, da will ich gerne etwas dazu beisteuern.“
Charles fischte ein kleines, leeres Blatt Papier aus dem Aktenstapel hervor und schob das Werkzeug vor sich aus dem Weg, um Platz zu schaffen. Dann griff nach dem Füller, der geöffnet vor ihm auf dem Schreibtisch lag. Er feuchtete die Feder mit seiner Zunge an, kritzelte etwas auf einem anderen Stück Papier, bis der Füller flüssig schrieb, und begann dann, einen kurzen Text zu verfassen. Währenddessen trug er den Wortlaut vor.
„Hiermit verfüge ich, Charles Norly, dass mein gesamtes Vermögen, einschließlich meines Hauses in der City von Manchester und des Firmengeländes der stillgelegten "Norman Mill" in Wigan, Manchester, nach meinem Tod zu gleichen Anteilen in den Besitz von Melinda Bolt, Theodore A. T. Lived, Alan R. Stirling und John Hyde, allesamt wohnhaft in London, übergeht.“
Schwungvoll setzte Charles seine Unterschrift darunter, verschloss den Füller dieses Mal mit der dazugehörigen Kappe und steckte diesen in die Brusttasche seiner Weste.
„Sehen Sie es als kleine Entschädigung für die Unanehmlichkeiten, die ich Ihnen bereitet habe. Jemanden betäuben oder niederzuschlagen ist nicht sehr elegant“, fügte er hinzu, während er das Papier erst kurz durch die Luft wedelte, damit die Tinte antrocknete, und es danach faltete. Dann zögerte er mit dem Blatt in der Hand einen Moment.
„Ich denke, das“, er hob den Zettel mit einem gutmütigen Lächeln an, „sollte ich für Sie bei mir tragen, damit Sie sich sicher sein können, dass es zu entsprechender Zeit eingelöst wird.“
Charles ließ den Schrieb in seiner Weste verschwinden, seufzte und stand auf. Der Schwindel, der ihn dabei überkam, war etwas schwächer als beim letzten Mal. Er ließ sich davon nicht beirren.
„Wie wollen Sie nun vorgehen?“, fragte Charles seine Gäste, während er wieder vor den Schreibtisch trat. „Wollen Sie mir die Hände fesseln?“
Er streckte diese anbietend vor.
„Nein“, korrigierte er sich lächelnd. „Andersherum wäre es angebrachter“, erklärte er seinen Gedanken, drehte sich um und verschränkte seine Hände gelassen auf dem Rücken. „So kann ich mich weniger frei bewegen. Tun Sie sich keinen Zwang an, nehmen Sie die Kordel des Vorhangs dort“, fuhr Charles mit dem Blick Richtung Wand heiter fort. „Aber durchsuchen Sie mich zuerst - nicht, dass ich noch irgendwelche Waffen an meinem Körper verberge. Doch bevor Sie mich fesseln und wir aufbrechen, werden Sie mir vielleicht noch gestatten, etwas überzuziehen. Gefängniszellen sind nicht gerade berühmt dafür, warm und behaglich zu sein.“
„Rein gar nichts. Hätte ich diese Sicherheit gewollt, hätte ich keinen Kontakt zu Ihnen gesucht und Ihnen erst recht nicht meinen Revolver gegeben. Los, liefern Sie mich der Polizei aus! Dass Sie sich auf mich stürzen, wird nicht notwendig sein. Ich werde keinen Widerstand leisten. Aber warten Sie kurz. Sie werden sich die Belohnung durch vier teilen müssen, da will ich gerne etwas dazu beisteuern.“
Charles fischte ein kleines, leeres Blatt Papier aus dem Aktenstapel hervor und schob das Werkzeug vor sich aus dem Weg, um Platz zu schaffen. Dann griff nach dem Füller, der geöffnet vor ihm auf dem Schreibtisch lag. Er feuchtete die Feder mit seiner Zunge an, kritzelte etwas auf einem anderen Stück Papier, bis der Füller flüssig schrieb, und begann dann, einen kurzen Text zu verfassen. Währenddessen trug er den Wortlaut vor.
„Hiermit verfüge ich, Charles Norly, dass mein gesamtes Vermögen, einschließlich meines Hauses in der City von Manchester und des Firmengeländes der stillgelegten "Norman Mill" in Wigan, Manchester, nach meinem Tod zu gleichen Anteilen in den Besitz von Melinda Bolt, Theodore A. T. Lived, Alan R. Stirling und John Hyde, allesamt wohnhaft in London, übergeht.“
Schwungvoll setzte Charles seine Unterschrift darunter, verschloss den Füller dieses Mal mit der dazugehörigen Kappe und steckte diesen in die Brusttasche seiner Weste.
„Sehen Sie es als kleine Entschädigung für die Unanehmlichkeiten, die ich Ihnen bereitet habe. Jemanden betäuben oder niederzuschlagen ist nicht sehr elegant“, fügte er hinzu, während er das Papier erst kurz durch die Luft wedelte, damit die Tinte antrocknete, und es danach faltete. Dann zögerte er mit dem Blatt in der Hand einen Moment.
„Ich denke, das“, er hob den Zettel mit einem gutmütigen Lächeln an, „sollte ich für Sie bei mir tragen, damit Sie sich sicher sein können, dass es zu entsprechender Zeit eingelöst wird.“
Charles ließ den Schrieb in seiner Weste verschwinden, seufzte und stand auf. Der Schwindel, der ihn dabei überkam, war etwas schwächer als beim letzten Mal. Er ließ sich davon nicht beirren.
„Wie wollen Sie nun vorgehen?“, fragte Charles seine Gäste, während er wieder vor den Schreibtisch trat. „Wollen Sie mir die Hände fesseln?“
Er streckte diese anbietend vor.
„Nein“, korrigierte er sich lächelnd. „Andersherum wäre es angebrachter“, erklärte er seinen Gedanken, drehte sich um und verschränkte seine Hände gelassen auf dem Rücken. „So kann ich mich weniger frei bewegen. Tun Sie sich keinen Zwang an, nehmen Sie die Kordel des Vorhangs dort“, fuhr Charles mit dem Blick Richtung Wand heiter fort. „Aber durchsuchen Sie mich zuerst - nicht, dass ich noch irgendwelche Waffen an meinem Körper verberge. Doch bevor Sie mich fesseln und wir aufbrechen, werden Sie mir vielleicht noch gestatten, etwas überzuziehen. Gefängniszellen sind nicht gerade berühmt dafür, warm und behaglich zu sein.“
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
Melinda war verwirrt, aufgrund der Ereignisse. Sie saß noch immer still da und blickte unauffällig zwischen den Männern hin und her. Im Grunde waren alle gleich gefährlich füreinander, sei es nun Norly oder Hyde. Sie alle schienen Dreck am Stecken zu haben, sonst wäre sie alle nicht hier. Sie blickte auf die Pistole die sie noch immer in der Hand hielt und sagte dann recht leise. "Wozu sollten wir sie ins Gefängnis bringen? Man wird keinen von uns mit dem Kopfgeld belohnen. Sondern eher zu Ihnen mit in die Zelle werfen."
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
„Nein, das wird man nicht tun“, korrigierte Charles Miss Bolt und drehte sich zu ihr um. Weiterhin zu der Wand zu sprechen, kam ihm dann doch etwas unhöflich vor. „Zumindest nicht sofort. Dafür denken Polizisten viel zu geradlinig.“
Er fragte sich, ob sie nur aus Verunsicherung so leise sprach oder begriffen hatte, dass sie nicht leichtfertig entscheiden, sondern sich vorher möglichen Konsequenzen bewusst werden sollten. Wie auch immer: Sie schien von seinen Gästen (demnach zu urteilen, was diese von sich gaben) die kooperativste zu sein. Charles kam es so vor, dass sie genügend Verstand und Einfühlungsvermögen für seine Sache mitbrachte. Es mochte daran liegen, dass sie eine Frau war, aber er wollte es nicht nur daran festmachen. Immerhin kam bei ihr dazu, dass sie in ihrer Vergangenheit ebenfalls ihre Differenzen mit Hill gehabt hatte und tief sitzenden Groll gegen den Chief Commissioner hegte - erstes wusste Charles und zweites hatte man ihrer Reaktion sofort angemerkt, als Alan Hill erwähnte.
„Natürlich wird man Ihnen Fragen stellen, aber es besteht gar kein Grund, warum man Sie festhalten sollte. Immerhin bin ich der Schurke. Man wird davon überzeugt sein, dass ich Sie umbringen wollte. Vier Opfer auf einen Streich; und dieses Mal nicht hinterrücks ermordet, sondern entführt, um es in Ruhe von Angesicht zu Angesicht zu tun. Da habe ich mir wohl zu viel vorgenommen“, lachte er.„Ihnen ist es gelungen, mich zu überwältigen, bevor ich mich an mein blutiges Werk machen konnte.“
Nun begann er, beim Sprechen zu gestikulieren. Bis zu diesem Moment waren seine Hände noch immer auf dem Rücken verblieben.
„Das ist das einzige, was sie sehen werden, denn das ist das einzige, was sie sehen wollen. Selbst wenn ich etwas sagen würde, was Sie belasten könnte - was ich nicht tun werde, denn auch ich besitze so etwas wie Anstand -, würde man meinen Worten kaum Glauben schenken. Die Polizei würde zuvorderst annehmen, ich wolle mich für die Auslieferung an Ihnen rächen - und die Aussagen von jemandem, der von allen als verrückt abgestempelt wird, nimmt man sowieso nicht vollkommen ernst. Sie vier werden solange unbehelligt bleiben, bis der nächste Mord geschieht, der ins Schema passt. Die Polizei wird sich dann nicht damit aufhalten, eine neue Fahndung anzusetzen, da sie Sie hat. Die Helden“, dramatisierte er, „die Scarface fangen konnten, entpuppen sich als Komplizen, die ihren Anführer hereingelegt haben. Grausame Ironie.“
Ein Lächeln schlich sich auf Charles Gesicht.
„Vorausgesetzt, ich sage die Wahrheit. Vorausgesetzt, ich behalte recht. Denn wenn ich entgegen meiner Behauptung doch der Mörder bin oder der beziehungweise die Unbekannten zu morden aufhören, sobald ich im Gefängnis sitze und auf den Galgen warte, sind Sie aus dem Schneider. Ich berichtige meine Aussage von gerade eben: Ich habe etwas, dass mir vielleicht nicht die Sicherheit, aber ein Gefühl gibt, dass Sie mich nicht der Polizei ausliefern werden. Ich halte Sie nicht für dumm. Wie gesagt, ich erwarte nicht, dass Sie mir glauben, dass ich nicht der Mörder bin. Aber denken Sie darüber nach, bevor Sie doch entschließen, mich der Polizei zu überlassen: Ist Ihnen die Aussicht auf so etwas materielles wie Geld das Risiko, Ihre Freiheit, wenn nicht sogar Ihr Leben zu verlieren, wert?“, fragte Charles mit ernster Miene und verschränkte seine Arme locker vor der Brust. Dann sah er an sich hinab und löste diese Position wieder, denn es störte ihn, dass der nasse Stoff an ihm klebte.
„Ich leugne nicht, dass mich zu unterstützen ebenfalls seine Risiken in sich birgt, doch in dem Fall stehen die Chancen wesentlich besser für Sie, weil ich in der Lage und willens sein werde, Sie zu beschützen. Was auch immer es mich kosten mag.“
Er begann damit, seinen rechten, blutdurchtränkten Ärmel hochzukrempeln, was eine kleine Herausforderung für ihn darstellte, da er seine Prothese zwar steuern konnte, aber kein Gefühl in ihr hatte.
„Das ist der Handel: Sie helfen mir, ich helfe Ihnen. Man könnte auch sagen, dass Sie sich mit einer Zustimmung selbst helfen. Aber ich will Sie nicht zu irgendetwas überreden; ich werde Ihre Entscheidung akzeptieren. Sie müssen selbst wissen, was für Sie das beste ist. Wie ich das sehe, haben Sie neben den genannten noch zwei weitere Möglichkeiten. Sie gehen jetzt und ich lasse Sie zufrieden, das verspreche ich, oder aber Sie erschießen mich, vernichten alle Hinweise hier, die auf Sie hindeuten, und gehen dann. Allerdings wird der Polizei irgendwann auffallen, dass ich mich an ihrem Register bedient habe, und dann mit Sicherheit bei Ihnen auf der Türschwelle stehen.“
Charles sah wieder zu ihnen auf.
„Natürlich würde, dass ich Sie in Ruhe lasse, beinhalten, dass ich Ihre Akten wieder zurückbringe, das steht außer Frage. Nur bitte ich Sie, sich zu entscheiden. Mehr will ich gar nicht von Ihnen.“
Er stand gerade vor seinen Gästen, die Hände wieder auf dem Rücken ruhend, und blickte sie erwartungsvoll an.
Er fragte sich, ob sie nur aus Verunsicherung so leise sprach oder begriffen hatte, dass sie nicht leichtfertig entscheiden, sondern sich vorher möglichen Konsequenzen bewusst werden sollten. Wie auch immer: Sie schien von seinen Gästen (demnach zu urteilen, was diese von sich gaben) die kooperativste zu sein. Charles kam es so vor, dass sie genügend Verstand und Einfühlungsvermögen für seine Sache mitbrachte. Es mochte daran liegen, dass sie eine Frau war, aber er wollte es nicht nur daran festmachen. Immerhin kam bei ihr dazu, dass sie in ihrer Vergangenheit ebenfalls ihre Differenzen mit Hill gehabt hatte und tief sitzenden Groll gegen den Chief Commissioner hegte - erstes wusste Charles und zweites hatte man ihrer Reaktion sofort angemerkt, als Alan Hill erwähnte.
„Natürlich wird man Ihnen Fragen stellen, aber es besteht gar kein Grund, warum man Sie festhalten sollte. Immerhin bin ich der Schurke. Man wird davon überzeugt sein, dass ich Sie umbringen wollte. Vier Opfer auf einen Streich; und dieses Mal nicht hinterrücks ermordet, sondern entführt, um es in Ruhe von Angesicht zu Angesicht zu tun. Da habe ich mir wohl zu viel vorgenommen“, lachte er.„Ihnen ist es gelungen, mich zu überwältigen, bevor ich mich an mein blutiges Werk machen konnte.“
Nun begann er, beim Sprechen zu gestikulieren. Bis zu diesem Moment waren seine Hände noch immer auf dem Rücken verblieben.
„Das ist das einzige, was sie sehen werden, denn das ist das einzige, was sie sehen wollen. Selbst wenn ich etwas sagen würde, was Sie belasten könnte - was ich nicht tun werde, denn auch ich besitze so etwas wie Anstand -, würde man meinen Worten kaum Glauben schenken. Die Polizei würde zuvorderst annehmen, ich wolle mich für die Auslieferung an Ihnen rächen - und die Aussagen von jemandem, der von allen als verrückt abgestempelt wird, nimmt man sowieso nicht vollkommen ernst. Sie vier werden solange unbehelligt bleiben, bis der nächste Mord geschieht, der ins Schema passt. Die Polizei wird sich dann nicht damit aufhalten, eine neue Fahndung anzusetzen, da sie Sie hat. Die Helden“, dramatisierte er, „die Scarface fangen konnten, entpuppen sich als Komplizen, die ihren Anführer hereingelegt haben. Grausame Ironie.“
Ein Lächeln schlich sich auf Charles Gesicht.
„Vorausgesetzt, ich sage die Wahrheit. Vorausgesetzt, ich behalte recht. Denn wenn ich entgegen meiner Behauptung doch der Mörder bin oder der beziehungweise die Unbekannten zu morden aufhören, sobald ich im Gefängnis sitze und auf den Galgen warte, sind Sie aus dem Schneider. Ich berichtige meine Aussage von gerade eben: Ich habe etwas, dass mir vielleicht nicht die Sicherheit, aber ein Gefühl gibt, dass Sie mich nicht der Polizei ausliefern werden. Ich halte Sie nicht für dumm. Wie gesagt, ich erwarte nicht, dass Sie mir glauben, dass ich nicht der Mörder bin. Aber denken Sie darüber nach, bevor Sie doch entschließen, mich der Polizei zu überlassen: Ist Ihnen die Aussicht auf so etwas materielles wie Geld das Risiko, Ihre Freiheit, wenn nicht sogar Ihr Leben zu verlieren, wert?“, fragte Charles mit ernster Miene und verschränkte seine Arme locker vor der Brust. Dann sah er an sich hinab und löste diese Position wieder, denn es störte ihn, dass der nasse Stoff an ihm klebte.
„Ich leugne nicht, dass mich zu unterstützen ebenfalls seine Risiken in sich birgt, doch in dem Fall stehen die Chancen wesentlich besser für Sie, weil ich in der Lage und willens sein werde, Sie zu beschützen. Was auch immer es mich kosten mag.“
Er begann damit, seinen rechten, blutdurchtränkten Ärmel hochzukrempeln, was eine kleine Herausforderung für ihn darstellte, da er seine Prothese zwar steuern konnte, aber kein Gefühl in ihr hatte.
„Das ist der Handel: Sie helfen mir, ich helfe Ihnen. Man könnte auch sagen, dass Sie sich mit einer Zustimmung selbst helfen. Aber ich will Sie nicht zu irgendetwas überreden; ich werde Ihre Entscheidung akzeptieren. Sie müssen selbst wissen, was für Sie das beste ist. Wie ich das sehe, haben Sie neben den genannten noch zwei weitere Möglichkeiten. Sie gehen jetzt und ich lasse Sie zufrieden, das verspreche ich, oder aber Sie erschießen mich, vernichten alle Hinweise hier, die auf Sie hindeuten, und gehen dann. Allerdings wird der Polizei irgendwann auffallen, dass ich mich an ihrem Register bedient habe, und dann mit Sicherheit bei Ihnen auf der Türschwelle stehen.“
Charles sah wieder zu ihnen auf.
„Natürlich würde, dass ich Sie in Ruhe lasse, beinhalten, dass ich Ihre Akten wieder zurückbringe, das steht außer Frage. Nur bitte ich Sie, sich zu entscheiden. Mehr will ich gar nicht von Ihnen.“
Er stand gerade vor seinen Gästen, die Hände wieder auf dem Rücken ruhend, und blickte sie erwartungsvoll an.
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
Endlich fasste jemand in dieser Runde einen klaren Gedanken. Und es war ausgerechnet der schweigsame Mr. Lived. Alan blickte zwischen Norly und Lived hin und her, versuchte Mr. Lived deutlich zu signalisieren, dass er dabei wäre. Kommen Sie, wir stellen diesen Bastard. Hier und jetzt. Lived!
Alan glaubte nicht daran, dass Norly tatsächlich einen Trick für diese Situation bereit hielt. Er war ein Bluffer in Perfektion, der sich ausschliesslich auf die Wirkung seiner verdrehten Worte verliess. Sie würden diesen Kerl ausliefern, abkassieren und als Helden Londons gefeiert werden. Sie hätten selbst den Bullen ein Schnippchen geschlagen! Lived!, Alans Blick ruhte kurz auf dem Mann, Jetzt oder nie. Kommen Sie, kommen Sie schon!
Alan glaubte nicht daran, dass Norly tatsächlich einen Trick für diese Situation bereit hielt. Er war ein Bluffer in Perfektion, der sich ausschliesslich auf die Wirkung seiner verdrehten Worte verliess. Sie würden diesen Kerl ausliefern, abkassieren und als Helden Londons gefeiert werden. Sie hätten selbst den Bullen ein Schnippchen geschlagen! Lived!, Alans Blick ruhte kurz auf dem Mann, Jetzt oder nie. Kommen Sie, kommen Sie schon!
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
TKarn:
John schaute sich das Hin und Her an.
"Hören Sie auf mit dem Theater, Charles. Sie wissen, dass wir sie nicht ausliefern. Ich hege keinen Groll gegen Sie. Vielleicht haben sie ja Recht, und Scotland Yard hat uns alle auf der Abschussliste, wobwi ich nicht weiss, was man mir vorwerfen könnte. Aber vielleicht sollten wir uns dochmal umhören, um die von Ihnen geäußerten Vermutungen zu verifizieren."
Dann wandte er sich an Alan. "Und Sie, Stirling! Wenn Sie ihn doch ausliefern, vergessen Sie nicht, ihm das Testament abzunehmen. Findet das die Polizei, wird man uns der Mittäterschaft verdächtigen."
John atmet tief durch.
"Nun Charles. Was denken Sie, sollten wir vorgehen?"
John schaute sich das Hin und Her an.
"Hören Sie auf mit dem Theater, Charles. Sie wissen, dass wir sie nicht ausliefern. Ich hege keinen Groll gegen Sie. Vielleicht haben sie ja Recht, und Scotland Yard hat uns alle auf der Abschussliste, wobwi ich nicht weiss, was man mir vorwerfen könnte. Aber vielleicht sollten wir uns dochmal umhören, um die von Ihnen geäußerten Vermutungen zu verifizieren."
Dann wandte er sich an Alan. "Und Sie, Stirling! Wenn Sie ihn doch ausliefern, vergessen Sie nicht, ihm das Testament abzunehmen. Findet das die Polizei, wird man uns der Mittäterschaft verdächtigen."
John atmet tief durch.
"Nun Charles. Was denken Sie, sollten wir vorgehen?"
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
"Sieh einer an. Da hat ja noch jemand seine Sprache wiedergefunden. Ein Unschuldsengel, wie mir scheint.", erwiderte Alan an John.
"Sie haben doch nicht allen Ernstes vor...? Meine Güte, wie geblendet sind sie eigentlich von seinen Flausen? Wir beschliessen hier und heute mal einfach Revolution zu machen? Wann gehts denn los, Norly? Morgen? Nach Tee und Frühstücksei? Drehen Sie sich wieder um, man. Dieses Theater ist ja schlimmer als jede Groschenoper. Ich nehme Ihnen die Opferrolle eh nicht ab, aber kommen wir zu den Fakten. Was soll das für eine Revolution sein? Mit wem denn? Für was denn? Norly, die Leute kommen nicht gelaufen, mit Säbel und Knüppel, nur weil Sie rufen! Über was für ein System reden wir hier eigentlich, dass es zu schaffen gilt? Sie wollen mir doch nicht weismachen, dass sie die Herrschaft des Proletariats anstreben! Sie wollen auf den Thron gehoben werden, Norly. Meine Güte, da belasse ich lieber alles beim Alten."
"Sie haben doch nicht allen Ernstes vor...? Meine Güte, wie geblendet sind sie eigentlich von seinen Flausen? Wir beschliessen hier und heute mal einfach Revolution zu machen? Wann gehts denn los, Norly? Morgen? Nach Tee und Frühstücksei? Drehen Sie sich wieder um, man. Dieses Theater ist ja schlimmer als jede Groschenoper. Ich nehme Ihnen die Opferrolle eh nicht ab, aber kommen wir zu den Fakten. Was soll das für eine Revolution sein? Mit wem denn? Für was denn? Norly, die Leute kommen nicht gelaufen, mit Säbel und Knüppel, nur weil Sie rufen! Über was für ein System reden wir hier eigentlich, dass es zu schaffen gilt? Sie wollen mir doch nicht weismachen, dass sie die Herrschaft des Proletariats anstreben! Sie wollen auf den Thron gehoben werden, Norly. Meine Güte, da belasse ich lieber alles beim Alten."
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
Nun musste Charles laut auflachen.
„Was Sie mir heute alles unterstellen, ist ungeheuerlich! Thron? Sie haben Humor, das muss ich Ihnen lassen! Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Charles der Dritte“, sagte er mit einer ausladenen Geste, „König des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Irland.“
Dann verzog er missbilligend das Gesicht.
„Das hört sich falsch an. Ich auf dem Thron, das stände vom Anfang an unter keinem guten Stern. Einmal abgesehen davon, dass ich das nicht möchte. Wer will schon auf einem goldenen Stuhl sitzen und fett werden, während diese Position sowieso eher repräsentativ ist, aber trotzdem widerliche Speichellecker den lieben langen Tag um einen herumtänzeln? Das ist schlimmer als der Galgen, ja sogar schlimmer als jedes Gefängnis je sein könnte!“, fuhr er lachend fort. Und er meinte es so, denn allein die Vorstellung davon grenzte für ihn an Folter.
„Aber“, sagte Charles nachdenklich, „ich will diese Idee nicht sofort verwerfen. Lassen Sie mich darüber nachdenken. Was meinen Sie, sollte ich mit meiner Thronbesteigung den Absolutismus wieder einführen, so wie es Charles der Erste getan hat? Mich einfach über das Parlament hinwegsetzen und der Monarchie ihren alten Glanz verschaffen? Das hat damals zu einem Bürgerkrieg geführt, Charles musste fliehen, wurde schließlich des Hochverrats für schuldig befunden und geköpft. Eine Hinrichtung gegen eine andere zu tauschen“, wog er mit den Händen ab, „leuchtet mir nicht wirklich ein. Also“, betonte er langsam, „wäre es für mich von Vorteil, das System so zu lassen, wenn ich den Thron besteigen würde. Kein Absolutismus, das wäre schon einmal geklärt. Aber einige Gesetzesänderungen sollte es schon geben. Und wie wäre es, Alan, Sie als mein Premier?“, hakte er amüsiert nach. Dann verschränkte er wieder die Arme vor der Brust, musterte Mr. Stirling kurz kritisch und schüttelte den Kopf.
„Nein, das wäre vermutlich keine gute Idee. Ich würde wohl denjenigen akzeptieren müssen, den das Parlament mir vorsetzt. Außerdem ich würde ich meine illegitime Herrschaft ja nicht mit einem Amtsmissbrauch beginnen wollen“, lächelte Charles. „Dann wäre ich ja nicht besser als meine jetzigen Gegner.“
Er machte einen gedanklichen Sprung.
„Und als frisch gebackener König, wo würde ich dann wohnen wollen? Der Buckingham Palace gefällt mir nicht wirklich, der ist viel zu kitschig. Ein machtvoller Mann braucht eine machtvolle Residenz“, trug er würdevoll vor. Ein breites Grinsen schlich sich in sein Gesicht, als ihm ein Gedanke kam.
„Wie wäre es mit dem Tower? Es wird wieder einmal Zeit, dass ein Monarch in den Tower einzieht! Das hätte auch einen zweiten symbolischen Charakter, nicht wahr? Damit würde ich auf diejenigen spucken, die mich einst dort einsperren wollten. Aber würde es wirklich einen Unterschied machen, ob ich als König auf dem Thron oder als Sträfling in einer Zelle sitze? Gefangenschaft wäre es in beiden Fällen. Nein“, verkündete er mit gespieltem Bedauern, „selbst nach reiflichem Überdenken hört sich das immer noch nicht verlockend an. Da bleibe ich lieber ein Charles ohne Nummerierung. Tut mir leid, dass ich nicht Ihren Vorstellungen entspreche... Wissen Sie, was witzig ist?“, fragte er dann mit einem müden Lächeln.
„Wenn ich rufen würde, würden die Leute wahrscheinlich doch mit Säbel und Knüppel gelaufen kommen. Allerdings, um mich zu lynchen. Denken Sie nicht, dass mir das auf die Nerven geht? Ich will einfach nur auf die Straße gehen können, ohne dass man mich verprügelt, versucht mich einzufangen oder auf mich schießt. Es ist schon lange her, dass ich einen Spaziergang machen konnte, ohne dass ich meinen Revolver bei mir tragen musste. Das muss ich bereits seit Jahren tun, nicht erst seitdem die Polizei eine Belohnung auf mein vernarbtes Gesicht ausgesetzt hat. Seitdem ich ihn gekauft habe, war dieser Revolver, den Sie dort haben, werte Melinda, nie außerhalb meiner Reichweite - bis zu diesem Augenblick, natürlich. Dennoch habe ich nie jemanden damit erschossen.“
Er seufzte.
„Mir geht es nicht darum, ohne Strafe davonzukommen. Ich will Gerechtigkeit. Und für Morde hingerichtet zu werden, die ich nicht begangen habe, kommt mir nicht fair vor. Leider reicht es nicht, dass ich weiß, dass ich zu Unrecht beschuldigt werde. Ich muss es vor Gericht beweisen. Das ist aber unmöglich, wenn alle, die damit zu tun haben, korrupt oder von Vorneherein gegen mich sind. Das wird selbst unmöglich sein, wenn mir ein ehrenwerter Richter vorsitzt“, räumte er ein. „Zumindest mit dem, was ich zurzeit in der Hand habe. Aber mit einem ehrlichen Richter würde ich wenigstens einen richtigen Prozess bekommen, einen, den jeder angegklagte Engländer und jede angeklagte Engländerin verdient. Ich will, dass diejenigen dafür büßen, die mir das angetan haben. Ich will, dass sie ihre Macht verlieren. Was gibt Ihnen also den Eindruck, dass ich nicht wollte, dass die Arbeiter herrschen? Nur weil ich selbst nicht wie ein Arbeiter aussehe? Nein, ich bin kein Arbeiter, das war ich nie. Aber das sind Sie auch nicht, Alan“, erinnerte er diesen.
„Das System, das besteht, ist sinnvoll“, fuhr Charles fort. „Nun gut, es könnte demokratischer sein, aber allein diejenigen, die es besetzen, machen es zu einem Werkzeug der Tyrannei. Ich habe nichts gegen die Königin und es besteht auch gar keinen Grund für mich, sie zu stürzen oder sogar ihren Platz einnehmen zu wollen. Soll sie doch in aller Abgeschiedenheit ihre Pflichten vernachlässigen und um ihren Geliebten trauern, wer würde das nicht tun? Nur weil Victoria Königin ist, lang möge sie leben, heißt das noch lange nicht, dass sie ihre Gefühle ignorieren muss. Nein, die Wurzel allen Übels ist die Polizei, denn die einzige Gerechtigkeit, die sie kennt, ist Selbstgerechtigkeit! Revolution, was heißt das schon? Ich will keine Fackeln und Mistgabeln verteilen, sondern dafür sorgen, dass die Revolution nicht aufgehalten wird, wenn sie denn kommt. Ich habe eine Revolution von innen begonnen, eine Säuberung, die dringend notwendig ist. Dazu braucht man keine aufgebrachte Menge. Die Arbeiter rufen... das werden andere tun. Später. Was uns betrifft, bevorzuge ich es, sofort mit der Arbeit anzufangen, wenn es Ihnen recht ist.“
Er zog den Zettel, den er gerade eben beschrieben hatte, wieder aus seiner Weste hervor.
„Sie wollen das haben? Nehmen Sie es. Sie müssen nichts von mir annehmen. Es war ein gut gemeintes Angebot, nichts weiter. Da ich keine lebenden Verwandten mehr habe, kommt es mir nur richtig vor, Ihnen meinen Besitz zu vermachen, damit er nicht in der Staatskasse landet. Einmal ganz abgesehen davon ist es rechtlich gesehen kein Testament. Wenn man mir aber gestattet, eins zu verfassen, werde ich Sie begünstigen, wenn Sie wollen.“
„Was Sie mir heute alles unterstellen, ist ungeheuerlich! Thron? Sie haben Humor, das muss ich Ihnen lassen! Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Charles der Dritte“, sagte er mit einer ausladenen Geste, „König des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Irland.“
Dann verzog er missbilligend das Gesicht.
„Das hört sich falsch an. Ich auf dem Thron, das stände vom Anfang an unter keinem guten Stern. Einmal abgesehen davon, dass ich das nicht möchte. Wer will schon auf einem goldenen Stuhl sitzen und fett werden, während diese Position sowieso eher repräsentativ ist, aber trotzdem widerliche Speichellecker den lieben langen Tag um einen herumtänzeln? Das ist schlimmer als der Galgen, ja sogar schlimmer als jedes Gefängnis je sein könnte!“, fuhr er lachend fort. Und er meinte es so, denn allein die Vorstellung davon grenzte für ihn an Folter.
„Aber“, sagte Charles nachdenklich, „ich will diese Idee nicht sofort verwerfen. Lassen Sie mich darüber nachdenken. Was meinen Sie, sollte ich mit meiner Thronbesteigung den Absolutismus wieder einführen, so wie es Charles der Erste getan hat? Mich einfach über das Parlament hinwegsetzen und der Monarchie ihren alten Glanz verschaffen? Das hat damals zu einem Bürgerkrieg geführt, Charles musste fliehen, wurde schließlich des Hochverrats für schuldig befunden und geköpft. Eine Hinrichtung gegen eine andere zu tauschen“, wog er mit den Händen ab, „leuchtet mir nicht wirklich ein. Also“, betonte er langsam, „wäre es für mich von Vorteil, das System so zu lassen, wenn ich den Thron besteigen würde. Kein Absolutismus, das wäre schon einmal geklärt. Aber einige Gesetzesänderungen sollte es schon geben. Und wie wäre es, Alan, Sie als mein Premier?“, hakte er amüsiert nach. Dann verschränkte er wieder die Arme vor der Brust, musterte Mr. Stirling kurz kritisch und schüttelte den Kopf.
„Nein, das wäre vermutlich keine gute Idee. Ich würde wohl denjenigen akzeptieren müssen, den das Parlament mir vorsetzt. Außerdem ich würde ich meine illegitime Herrschaft ja nicht mit einem Amtsmissbrauch beginnen wollen“, lächelte Charles. „Dann wäre ich ja nicht besser als meine jetzigen Gegner.“
Er machte einen gedanklichen Sprung.
„Und als frisch gebackener König, wo würde ich dann wohnen wollen? Der Buckingham Palace gefällt mir nicht wirklich, der ist viel zu kitschig. Ein machtvoller Mann braucht eine machtvolle Residenz“, trug er würdevoll vor. Ein breites Grinsen schlich sich in sein Gesicht, als ihm ein Gedanke kam.
„Wie wäre es mit dem Tower? Es wird wieder einmal Zeit, dass ein Monarch in den Tower einzieht! Das hätte auch einen zweiten symbolischen Charakter, nicht wahr? Damit würde ich auf diejenigen spucken, die mich einst dort einsperren wollten. Aber würde es wirklich einen Unterschied machen, ob ich als König auf dem Thron oder als Sträfling in einer Zelle sitze? Gefangenschaft wäre es in beiden Fällen. Nein“, verkündete er mit gespieltem Bedauern, „selbst nach reiflichem Überdenken hört sich das immer noch nicht verlockend an. Da bleibe ich lieber ein Charles ohne Nummerierung. Tut mir leid, dass ich nicht Ihren Vorstellungen entspreche... Wissen Sie, was witzig ist?“, fragte er dann mit einem müden Lächeln.
„Wenn ich rufen würde, würden die Leute wahrscheinlich doch mit Säbel und Knüppel gelaufen kommen. Allerdings, um mich zu lynchen. Denken Sie nicht, dass mir das auf die Nerven geht? Ich will einfach nur auf die Straße gehen können, ohne dass man mich verprügelt, versucht mich einzufangen oder auf mich schießt. Es ist schon lange her, dass ich einen Spaziergang machen konnte, ohne dass ich meinen Revolver bei mir tragen musste. Das muss ich bereits seit Jahren tun, nicht erst seitdem die Polizei eine Belohnung auf mein vernarbtes Gesicht ausgesetzt hat. Seitdem ich ihn gekauft habe, war dieser Revolver, den Sie dort haben, werte Melinda, nie außerhalb meiner Reichweite - bis zu diesem Augenblick, natürlich. Dennoch habe ich nie jemanden damit erschossen.“
Er seufzte.
„Mir geht es nicht darum, ohne Strafe davonzukommen. Ich will Gerechtigkeit. Und für Morde hingerichtet zu werden, die ich nicht begangen habe, kommt mir nicht fair vor. Leider reicht es nicht, dass ich weiß, dass ich zu Unrecht beschuldigt werde. Ich muss es vor Gericht beweisen. Das ist aber unmöglich, wenn alle, die damit zu tun haben, korrupt oder von Vorneherein gegen mich sind. Das wird selbst unmöglich sein, wenn mir ein ehrenwerter Richter vorsitzt“, räumte er ein. „Zumindest mit dem, was ich zurzeit in der Hand habe. Aber mit einem ehrlichen Richter würde ich wenigstens einen richtigen Prozess bekommen, einen, den jeder angegklagte Engländer und jede angeklagte Engländerin verdient. Ich will, dass diejenigen dafür büßen, die mir das angetan haben. Ich will, dass sie ihre Macht verlieren. Was gibt Ihnen also den Eindruck, dass ich nicht wollte, dass die Arbeiter herrschen? Nur weil ich selbst nicht wie ein Arbeiter aussehe? Nein, ich bin kein Arbeiter, das war ich nie. Aber das sind Sie auch nicht, Alan“, erinnerte er diesen.
„Das System, das besteht, ist sinnvoll“, fuhr Charles fort. „Nun gut, es könnte demokratischer sein, aber allein diejenigen, die es besetzen, machen es zu einem Werkzeug der Tyrannei. Ich habe nichts gegen die Königin und es besteht auch gar keinen Grund für mich, sie zu stürzen oder sogar ihren Platz einnehmen zu wollen. Soll sie doch in aller Abgeschiedenheit ihre Pflichten vernachlässigen und um ihren Geliebten trauern, wer würde das nicht tun? Nur weil Victoria Königin ist, lang möge sie leben, heißt das noch lange nicht, dass sie ihre Gefühle ignorieren muss. Nein, die Wurzel allen Übels ist die Polizei, denn die einzige Gerechtigkeit, die sie kennt, ist Selbstgerechtigkeit! Revolution, was heißt das schon? Ich will keine Fackeln und Mistgabeln verteilen, sondern dafür sorgen, dass die Revolution nicht aufgehalten wird, wenn sie denn kommt. Ich habe eine Revolution von innen begonnen, eine Säuberung, die dringend notwendig ist. Dazu braucht man keine aufgebrachte Menge. Die Arbeiter rufen... das werden andere tun. Später. Was uns betrifft, bevorzuge ich es, sofort mit der Arbeit anzufangen, wenn es Ihnen recht ist.“
Er zog den Zettel, den er gerade eben beschrieben hatte, wieder aus seiner Weste hervor.
„Sie wollen das haben? Nehmen Sie es. Sie müssen nichts von mir annehmen. Es war ein gut gemeintes Angebot, nichts weiter. Da ich keine lebenden Verwandten mehr habe, kommt es mir nur richtig vor, Ihnen meinen Besitz zu vermachen, damit er nicht in der Staatskasse landet. Einmal ganz abgesehen davon ist es rechtlich gesehen kein Testament. Wenn man mir aber gestattet, eins zu verfassen, werde ich Sie begünstigen, wenn Sie wollen.“
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
Alan verfolgte Norlys Monolog mit säuerlicher Miene. Mal wieder erging sich dieser in schier endlosem Geschwafel, dass deutlich von der Verliebtheit in die eigenen Worte zeugte.
"Und mit welcher Arbeit sollen wir unverzüglich anfangen? Es Ihnen gleichtun und meuchelnd durch die Nächte ziehen? Und legen Sie diesen Zettel weg. Ich will mit Ihnen und ihrem beschmutzten Namen nicht in Verbindung gebracht werden."
"Und mit welcher Arbeit sollen wir unverzüglich anfangen? Es Ihnen gleichtun und meuchelnd durch die Nächte ziehen? Und legen Sie diesen Zettel weg. Ich will mit Ihnen und ihrem beschmutzten Namen nicht in Verbindung gebracht werden."
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
„Nun, wenn Sie das nicht wollen, sollte ich den Zettel wohl lieber vernichten, oder nicht?“
Charles begann damit, ihn beiläufig kleiner zu falten.
„Hören Sie auf, mich zu beleidigen, sonst mache ich keinen Finger für Sie krumm“, sagte er ruhig zu Mr. Stirling. „In Verbindung mit Ihrem Namen hört man auch nichts Erfreuliches, dennoch erweise ich Ihnen angemessenen Respekt. Tun wir wenigstens so, als wären wir anständige Menschen, Alan. Höflichkeit erleichtert das Leben - in vielen Situationen zumindest.“
Er seufzte. „Wissen Sie, nichts liegt mir ferner als irgendwen zu meucheln. Aber ich schätze, ich verschwende zu diesem Punkt nur Zeit und Atem, weil Sie mir das sowieso nicht glauben. Lassen Sie es mich so ausdrücken: Mord verursacht Lärm und unglaublich viel Dreck und ist doch in allerlei Hinsicht einfach nur anstrengend. Einmal ganz abgesehen davon, hat er auch sonst überhaupt keinen Nutzen für mich. Wenn Mord die Lösung für meine Angelegenheit wäre, stünde ich nicht vor Ihnen. Einen Krieg gegen einen zahlenmäßig überlegenen Gegner gewinnt man nicht, indem man ein paar von seinen Leute umbringt. Das hat den gleichen Effekt als würde man mit einem Stock in einem Wespennest herumstochern. Nein, der effektivste Weg ist Sabotage.“
Charles griff in seine Hosentasche und zog ein Päckchen Streichhölzer hervor.
„Bricht im Inneren des Systems Chaos und Misstrauen aus“, fing er an und entfachte ein Zündholz am Sandpapier der Schachtel, „hat es auch keine Macht über Außenstehende mehr.“
Mit ernstem Gesicht steckte ein Ende des zusammengefalteten Zettels an, schüttelte die Flamme des Streichholzes aus und warf dieses in sein leeres Glas.
„Aber Sie haben recht, John“, spach er nun Mr. Hyde an und ließ die kleine Pappschachtel wieder in seiner Hosentasche verschwinden. Flammend verkleinerte sich das Stück Papier in seiner linken Hand und er drehte es dem Feuer entgegen, damit es schneller abbrannte.
„Ich verlange zu viel von Ihnen in zu kurzer Zeit. Es ist eine ernstzunehmende Entscheidung und ich bin zu ungeduldig. Inzwischen ist es Sonntag...“, murmelte er mit einem Blick auf die Uhr auf dem Kaminsims, die nun beinahe auf Ein Uhr stand. Dann dachte er kurz nach, während er die schwarzen Überreste des Zettels zerdrückte, indem er eine Faust bildete, und sie zu dem Streichholz ins Glas rieseln ließ, wo die restliche Glut von den übrig gebliebenen Scotchtropfen erstickt wurde.
„Sagen wir, ich melde mich in ein paar Tagen bei Ihnen“, fuhr er wieder in normaler Lautstärke fort, „damit Sie ausreichend Zeit haben, um Möglichkeiten zu finden, meine Aussagen zu prüfen, sich über Ihre Situation klar zu werden und sich zu entscheiden. Wie wäre es mit Mittwoch?“
Charles begann damit, ihn beiläufig kleiner zu falten.
„Hören Sie auf, mich zu beleidigen, sonst mache ich keinen Finger für Sie krumm“, sagte er ruhig zu Mr. Stirling. „In Verbindung mit Ihrem Namen hört man auch nichts Erfreuliches, dennoch erweise ich Ihnen angemessenen Respekt. Tun wir wenigstens so, als wären wir anständige Menschen, Alan. Höflichkeit erleichtert das Leben - in vielen Situationen zumindest.“
Er seufzte. „Wissen Sie, nichts liegt mir ferner als irgendwen zu meucheln. Aber ich schätze, ich verschwende zu diesem Punkt nur Zeit und Atem, weil Sie mir das sowieso nicht glauben. Lassen Sie es mich so ausdrücken: Mord verursacht Lärm und unglaublich viel Dreck und ist doch in allerlei Hinsicht einfach nur anstrengend. Einmal ganz abgesehen davon, hat er auch sonst überhaupt keinen Nutzen für mich. Wenn Mord die Lösung für meine Angelegenheit wäre, stünde ich nicht vor Ihnen. Einen Krieg gegen einen zahlenmäßig überlegenen Gegner gewinnt man nicht, indem man ein paar von seinen Leute umbringt. Das hat den gleichen Effekt als würde man mit einem Stock in einem Wespennest herumstochern. Nein, der effektivste Weg ist Sabotage.“
Charles griff in seine Hosentasche und zog ein Päckchen Streichhölzer hervor.
„Bricht im Inneren des Systems Chaos und Misstrauen aus“, fing er an und entfachte ein Zündholz am Sandpapier der Schachtel, „hat es auch keine Macht über Außenstehende mehr.“
Mit ernstem Gesicht steckte ein Ende des zusammengefalteten Zettels an, schüttelte die Flamme des Streichholzes aus und warf dieses in sein leeres Glas.
„Aber Sie haben recht, John“, spach er nun Mr. Hyde an und ließ die kleine Pappschachtel wieder in seiner Hosentasche verschwinden. Flammend verkleinerte sich das Stück Papier in seiner linken Hand und er drehte es dem Feuer entgegen, damit es schneller abbrannte.
„Ich verlange zu viel von Ihnen in zu kurzer Zeit. Es ist eine ernstzunehmende Entscheidung und ich bin zu ungeduldig. Inzwischen ist es Sonntag...“, murmelte er mit einem Blick auf die Uhr auf dem Kaminsims, die nun beinahe auf Ein Uhr stand. Dann dachte er kurz nach, während er die schwarzen Überreste des Zettels zerdrückte, indem er eine Faust bildete, und sie zu dem Streichholz ins Glas rieseln ließ, wo die restliche Glut von den übrig gebliebenen Scotchtropfen erstickt wurde.
„Sagen wir, ich melde mich in ein paar Tagen bei Ihnen“, fuhr er wieder in normaler Lautstärke fort, „damit Sie ausreichend Zeit haben, um Möglichkeiten zu finden, meine Aussagen zu prüfen, sich über Ihre Situation klar zu werden und sich zu entscheiden. Wie wäre es mit Mittwoch?“
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
"Angemessener Respekt in Form einer Entführung.", erwiderte Alan und funkelte sein Gegenüber an. "Also heisst das, dass wir Sabotageaktionen für Sie durchführen sollen, um ihre Zündholztheorie zu bekräftigen? Norly, mir sind Ihre wahren Beweggründe immer noch nicht klar. Sie verbergen doch etwas!", entfuhr es Alan, der langsam mit seiner Geduld am Ende war und zudem das Gefühl nicht los wurde, für etwas angeworben zu werden, dessen tatsächliche Tragweite sich seinem Blick entzog.
"Warum sagen wir nicht, wir kontaktieren Sie?"
Alan konnte sich ein Grinsen ob seines Einfalls nicht verkneifen.
"Wo können wir Sie am Mittwoch treffen, Norly? Wir sollen doch Ihre Vertrauten werden, nicht wahr?"
Jetzt musste der Verrückte Farbe bekennen und Alan beobachtete freudig jede winzige Änderung in Norlys Miene.
"Warum sagen wir nicht, wir kontaktieren Sie?"
Alan konnte sich ein Grinsen ob seines Einfalls nicht verkneifen.
"Wo können wir Sie am Mittwoch treffen, Norly? Wir sollen doch Ihre Vertrauten werden, nicht wahr?"
Jetzt musste der Verrückte Farbe bekennen und Alan beobachtete freudig jede winzige Änderung in Norlys Miene.
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
Er nimmt mich immer noch nicht für voll.
Eigentlich konnte man zu keinem anderen Schluss kommen, aber Charles sah auch keinen Grund, Mr. Stirling weiterhin davon überzeugen zu wollen, dass er nicht verrückt war. Stattdessen beschloss er, genau das Gegenteil zu tun. Sollten seine Gäste ruhig im Glauben bleiben, dass er allgemein nicht alle beisammen hatte. Da Sie sowieso schon voreingenommen waren und sich das auch nicht ändern ließ, warum diese Auffassung nicht durch noch provokanteres Verhalten unterstreichen?
Im selben Moment, in dem Alan ihn mit einer Art angrinste, die deutlich zeigte, dass dieser sich ihm mental überlegen fühlte, entschloss Charles deswegen, einfach auf Mr. Stirlings Worte einzugehen, als würde er in ihnen alles andere als Herablassung erkennen, anstatt sich von ihnen provozieren zu lassen.
„Nun“, antwortete Charles Alan mit einem glücklichen Lächeln. „Eigentlich war die Sache als Geschäft gedacht, aber ich weiß nicht, was dagegen sprechen sollte“, äußerte er in Bezug auf Mr. Stirlings letzte Frage.
„Außerdem verstehen wir uns jetzt ja schon ausgezeichnet; daraus kann sich sicherlich eine enge Freundschaft entwickeln, meinen Sie nicht?“
Er bezweifelte zwar ernsthaft, dass er besonders mit Alan je gut auskommen würde, aber er gab sich lächelnd optimistisch.
„Gut“, zeigte Charles Einsicht, „ich will Ihnen vertrauen; immerhin verlange ich das mit meinem Angebot auch von Ihnen. Diese Aktion wird nur funktionieren, wenn wir uns blindlings auf einander verlassen können. Selbstverständlich verberge ich etwas“, sagte dann eindringlich.
„Ich weiß nur nicht, worauf genau Sie hinauswollen. Aber wenn es Ihnen nur um meine Beweggründe geht, will ich Sie gerne aufklären.“
Charles lehnte sich locker an den Schreibtisch hinter ihm. Allmählich spürte er, wie es ihm wieder etwas besser ging, auch wenn das schmerzhafte Pochen der Platzwunde und die anstrengenden, brummenden Kopfschmerzen immer noch da waren.
„Ich…“, begann er und zog es etwas in die Länge, um in Gedanken die richtigen Worte zu finden, „… weiß nicht, was ich zu dem Gesagten noch ergänzen soll, da ich mich bereits offen und ehrlich dazu geäußert habe. Ich wollte Sie nicht langweilen, weil die einzelnen Details, was genau vorgefallen ist, kaum für Sie von Belang sein dürften. Aber ich werde es noch einmal für Sie zusammenfassen. Satisfaktion.“
Er ließ das Wort genüsslich auf seiner Zunge zergehen.
„Rache im Allgemeinen am System und an der Polizei, und im Speziellen an diesem bestimmten Polizisten, der ausgerechnet zum Chief Commissioner ernannt werden musste.“
Im Zuge seiner nächsten Aussage fing er an zu lachen.
„Er hat beschlossen, mich fertigzumachen, und das werde ich nicht auf mir sitzen lassen. Vielleicht, wenn ich Glück habe, erwische ich auch diejenigen, die Schuld an den Morden sind... Nun, ich will es nicht leugnen: Dass ich mich langweile, spielt auch eine gewisse Rolle. Warum die Zeit nichtstuend totschlagen, während ich auf den Galgen warte, wenn ich auch meinen Spaß haben kann? Diese ganzen verbotenen Dinge und Verfolgungsjagden führen dazu, dass ich mich wirklich lebendig fühle, trotz der ganzen Unannehmlichkeiten. Man sollte vielleicht meinen, dass ich aus dem Alter heraus bin, in dem man bereit ist, so etwas auf sich zu nehmen, aber es ist einfach unbeschreiblich erfüllend. Ja, es macht mir Spaß, viel Spaß sogar! Das merkt man mir doch an, oder nicht?“, fragte Charles und strahlte auf ganzer Linie.
„Auch Sie vier zu verfolgen, war ziemlich amüsant, muss ich zugeben. Meist habe ich Abstand gehalten, aber einmal, Alan, saß ich sogar direkt neben Ihnen an der Theke und habe mich bei einem Drink etwas aufgewärmt“, erzählte er ihm. „Es ist wirklich erstaunlich, bisher hat mich kaum jemand, dem ich auf der Straße oder sonst wo begegnet bin, erkannt – wenn man mal im Groben von Polizisten und dem ein oder anderen Kopfgeldjäger absieht, aber die zählen nicht wirklich, weil sie gezielt nach meinem Gesicht suchen... Wirklich erstaunlich, auch nicht die Personen, mit denen ich einige Worte gewechselt habe. Ich genieße es tagsüber in der Stadt herumzulaufen, es ist jedes Mal ein Sieg, wenn mir jemand ins Gesicht sieht und nicht vor Schreck erstarrt. Man erwartet von mir, dass ich nachts durch die Schatten schleiche, was ich nicht selten auch tue, aber wer würde damit rechnen, dass ein so gesuchter Mann sich am hellichten Tag in der Öffentlichkeit zeigt? Außerdem ist immer wieder interessant, von den neuesten Gerüchten zu erfahren, die man sich über mich erzählt, auch wenn sie langsam sehr in Lächerliche abgleiten.“
Charles verzog kurz missbilligend sein Gesicht. Er hatte in den letzten Wochen nicht wenig Unsinn über seine Person und angeblichen Untaten gehört, die man ihm zuschrieb und andichtete.
„Aber ich merke, ich schweife wieder zu sehr ab. Wenn Ihnen das reicht, um sich ein Bild machen, ist das gut. Wenn Sie jedoch auf einzelne Ausführungen und persönlichere Geheimnisse aus sind, fürchte ich, dass ich Sie enttäuschen muss“, offenbarte er seinen Gästen mit Bedauern in der Stimme. „Dazu habe ich jetzt keine Zeit und es geht Sie nicht das Geringste an.“
Doch Charles machte ihnen ein Angebot.
„Aber vielleicht werde ich Ihnen irgendwann, wenn wir erst einmal enge Freunde sind, alles erzählen, was Sie wissen möchten“, sagte er heiter und atmete durch. „Natürlich nur, wenn mir danach ist. Ich bevorzuge es eigentlich, Vergangenes begraben zu lassen, aber ich könnte für Sie eine Ausnahme machen. Und vielleicht können Sie irgendwann darüber hinwegkommen, dass ich Sie entführt habe. Werden Sie sich bewusst, dass das nicht nur meinem Vorteil, sondern auch Ihrer Sicherheit diente. Das könnte eventuell schon bis Mittwoch der Fall sein, das liegt ganz bei Ihnen. Ich versichere Ihnen“, lachte Charles, „ich habe nichts gegen den Vorschlag einzuwenden, dass Sie mich kontaktieren. Mir soll es recht sein, das erspart mir unnötigen Aufwand. Schließlich vertrauen wir uns.“
Und selbst, wenn ihn am Mittwoch eine komplette Polizeidivision erwarten würde, käme das auf das Gleiche heraus, als wenn sich seine Gäste sofort seine Auslieferung beschlössen. Es war ihm wirklich egal, wann man ihn fasste, mehr als es Mr. Stirling vielleicht ahnte. Und wenn Melinda, John, Alan und Theodore ihn versetzen würden, konnte er ebenfalls damit leben. Es war ihre Entscheidung.
Nun wurde Charles etwas ruhiger und kratze sich am Kinn.
„Und, ganz im Vertrauen, ich habe vorher noch eine Sache in Westminster zu erledigen, von der ich nicht genau sagen kann, wie viel Zeit sie in Anspruch nimmt. Und zu unserem Treffpunkt muss ich danach auch gelangen. Aber ich erwarte Sie um Siebzehn Uhr an der Ecke Whitechapel High Road und Osborn Street. Das ganze Gebäude ist heruntergekommen, weil es schon seit Längerem leer steht, aber das ist in der Gegend ja nicht unbedingt ungewöhnlich. Im Erdgeschoss war mal ein Restaurant, kommen Sie einfach durch die Vordertür hinein. Sie werden es schon finden.“
Charles war selbst erst einmal dort gewesen, doch das spielte für ihn keine Rolle. Das Gebäude lag zwar an einer Hauptverkehrsader, doch war es, genau wie Hills Haus, ein ungestörtes Plätzchen. Polizisten waren in Whitechapel allgegenwärtig, aber solange seine Gäste sich nicht an die Polizei wandten, würde man nicht auf die Idee kommen, dort nach ihm zu suchen, immerhin hatte man das schon längst erfolglos getan. Es war ein Leichtes, den Suchaktionen von Hills Truppe auszuweichen, weil sie einfach vorhersagbar waren – da wäre es gar nicht nötig gewesen, den Chief Commissioner in dessen Suff nach der Vorgehensweise zu fragen.
Charles machte eine einladende Geste in Richtung Tür.
„Da das geklärt ist, will ich Sie heute nicht länger belästigen. Wollen Sie vorgehen oder ist es Ihnen lieber, wenn ich das übernehme? Und ich bekomme doch sicher meinen Revolver zurück, Miss Bolt?“, fragte er sie lächelnd.
Eigentlich konnte man zu keinem anderen Schluss kommen, aber Charles sah auch keinen Grund, Mr. Stirling weiterhin davon überzeugen zu wollen, dass er nicht verrückt war. Stattdessen beschloss er, genau das Gegenteil zu tun. Sollten seine Gäste ruhig im Glauben bleiben, dass er allgemein nicht alle beisammen hatte. Da Sie sowieso schon voreingenommen waren und sich das auch nicht ändern ließ, warum diese Auffassung nicht durch noch provokanteres Verhalten unterstreichen?
Im selben Moment, in dem Alan ihn mit einer Art angrinste, die deutlich zeigte, dass dieser sich ihm mental überlegen fühlte, entschloss Charles deswegen, einfach auf Mr. Stirlings Worte einzugehen, als würde er in ihnen alles andere als Herablassung erkennen, anstatt sich von ihnen provozieren zu lassen.
„Nun“, antwortete Charles Alan mit einem glücklichen Lächeln. „Eigentlich war die Sache als Geschäft gedacht, aber ich weiß nicht, was dagegen sprechen sollte“, äußerte er in Bezug auf Mr. Stirlings letzte Frage.
„Außerdem verstehen wir uns jetzt ja schon ausgezeichnet; daraus kann sich sicherlich eine enge Freundschaft entwickeln, meinen Sie nicht?“
Er bezweifelte zwar ernsthaft, dass er besonders mit Alan je gut auskommen würde, aber er gab sich lächelnd optimistisch.
„Gut“, zeigte Charles Einsicht, „ich will Ihnen vertrauen; immerhin verlange ich das mit meinem Angebot auch von Ihnen. Diese Aktion wird nur funktionieren, wenn wir uns blindlings auf einander verlassen können. Selbstverständlich verberge ich etwas“, sagte dann eindringlich.
„Ich weiß nur nicht, worauf genau Sie hinauswollen. Aber wenn es Ihnen nur um meine Beweggründe geht, will ich Sie gerne aufklären.“
Charles lehnte sich locker an den Schreibtisch hinter ihm. Allmählich spürte er, wie es ihm wieder etwas besser ging, auch wenn das schmerzhafte Pochen der Platzwunde und die anstrengenden, brummenden Kopfschmerzen immer noch da waren.
„Ich…“, begann er und zog es etwas in die Länge, um in Gedanken die richtigen Worte zu finden, „… weiß nicht, was ich zu dem Gesagten noch ergänzen soll, da ich mich bereits offen und ehrlich dazu geäußert habe. Ich wollte Sie nicht langweilen, weil die einzelnen Details, was genau vorgefallen ist, kaum für Sie von Belang sein dürften. Aber ich werde es noch einmal für Sie zusammenfassen. Satisfaktion.“
Er ließ das Wort genüsslich auf seiner Zunge zergehen.
„Rache im Allgemeinen am System und an der Polizei, und im Speziellen an diesem bestimmten Polizisten, der ausgerechnet zum Chief Commissioner ernannt werden musste.“
Im Zuge seiner nächsten Aussage fing er an zu lachen.
„Er hat beschlossen, mich fertigzumachen, und das werde ich nicht auf mir sitzen lassen. Vielleicht, wenn ich Glück habe, erwische ich auch diejenigen, die Schuld an den Morden sind... Nun, ich will es nicht leugnen: Dass ich mich langweile, spielt auch eine gewisse Rolle. Warum die Zeit nichtstuend totschlagen, während ich auf den Galgen warte, wenn ich auch meinen Spaß haben kann? Diese ganzen verbotenen Dinge und Verfolgungsjagden führen dazu, dass ich mich wirklich lebendig fühle, trotz der ganzen Unannehmlichkeiten. Man sollte vielleicht meinen, dass ich aus dem Alter heraus bin, in dem man bereit ist, so etwas auf sich zu nehmen, aber es ist einfach unbeschreiblich erfüllend. Ja, es macht mir Spaß, viel Spaß sogar! Das merkt man mir doch an, oder nicht?“, fragte Charles und strahlte auf ganzer Linie.
„Auch Sie vier zu verfolgen, war ziemlich amüsant, muss ich zugeben. Meist habe ich Abstand gehalten, aber einmal, Alan, saß ich sogar direkt neben Ihnen an der Theke und habe mich bei einem Drink etwas aufgewärmt“, erzählte er ihm. „Es ist wirklich erstaunlich, bisher hat mich kaum jemand, dem ich auf der Straße oder sonst wo begegnet bin, erkannt – wenn man mal im Groben von Polizisten und dem ein oder anderen Kopfgeldjäger absieht, aber die zählen nicht wirklich, weil sie gezielt nach meinem Gesicht suchen... Wirklich erstaunlich, auch nicht die Personen, mit denen ich einige Worte gewechselt habe. Ich genieße es tagsüber in der Stadt herumzulaufen, es ist jedes Mal ein Sieg, wenn mir jemand ins Gesicht sieht und nicht vor Schreck erstarrt. Man erwartet von mir, dass ich nachts durch die Schatten schleiche, was ich nicht selten auch tue, aber wer würde damit rechnen, dass ein so gesuchter Mann sich am hellichten Tag in der Öffentlichkeit zeigt? Außerdem ist immer wieder interessant, von den neuesten Gerüchten zu erfahren, die man sich über mich erzählt, auch wenn sie langsam sehr in Lächerliche abgleiten.“
Charles verzog kurz missbilligend sein Gesicht. Er hatte in den letzten Wochen nicht wenig Unsinn über seine Person und angeblichen Untaten gehört, die man ihm zuschrieb und andichtete.
„Aber ich merke, ich schweife wieder zu sehr ab. Wenn Ihnen das reicht, um sich ein Bild machen, ist das gut. Wenn Sie jedoch auf einzelne Ausführungen und persönlichere Geheimnisse aus sind, fürchte ich, dass ich Sie enttäuschen muss“, offenbarte er seinen Gästen mit Bedauern in der Stimme. „Dazu habe ich jetzt keine Zeit und es geht Sie nicht das Geringste an.“
Doch Charles machte ihnen ein Angebot.
„Aber vielleicht werde ich Ihnen irgendwann, wenn wir erst einmal enge Freunde sind, alles erzählen, was Sie wissen möchten“, sagte er heiter und atmete durch. „Natürlich nur, wenn mir danach ist. Ich bevorzuge es eigentlich, Vergangenes begraben zu lassen, aber ich könnte für Sie eine Ausnahme machen. Und vielleicht können Sie irgendwann darüber hinwegkommen, dass ich Sie entführt habe. Werden Sie sich bewusst, dass das nicht nur meinem Vorteil, sondern auch Ihrer Sicherheit diente. Das könnte eventuell schon bis Mittwoch der Fall sein, das liegt ganz bei Ihnen. Ich versichere Ihnen“, lachte Charles, „ich habe nichts gegen den Vorschlag einzuwenden, dass Sie mich kontaktieren. Mir soll es recht sein, das erspart mir unnötigen Aufwand. Schließlich vertrauen wir uns.“
Und selbst, wenn ihn am Mittwoch eine komplette Polizeidivision erwarten würde, käme das auf das Gleiche heraus, als wenn sich seine Gäste sofort seine Auslieferung beschlössen. Es war ihm wirklich egal, wann man ihn fasste, mehr als es Mr. Stirling vielleicht ahnte. Und wenn Melinda, John, Alan und Theodore ihn versetzen würden, konnte er ebenfalls damit leben. Es war ihre Entscheidung.
Nun wurde Charles etwas ruhiger und kratze sich am Kinn.
„Und, ganz im Vertrauen, ich habe vorher noch eine Sache in Westminster zu erledigen, von der ich nicht genau sagen kann, wie viel Zeit sie in Anspruch nimmt. Und zu unserem Treffpunkt muss ich danach auch gelangen. Aber ich erwarte Sie um Siebzehn Uhr an der Ecke Whitechapel High Road und Osborn Street. Das ganze Gebäude ist heruntergekommen, weil es schon seit Längerem leer steht, aber das ist in der Gegend ja nicht unbedingt ungewöhnlich. Im Erdgeschoss war mal ein Restaurant, kommen Sie einfach durch die Vordertür hinein. Sie werden es schon finden.“
Charles war selbst erst einmal dort gewesen, doch das spielte für ihn keine Rolle. Das Gebäude lag zwar an einer Hauptverkehrsader, doch war es, genau wie Hills Haus, ein ungestörtes Plätzchen. Polizisten waren in Whitechapel allgegenwärtig, aber solange seine Gäste sich nicht an die Polizei wandten, würde man nicht auf die Idee kommen, dort nach ihm zu suchen, immerhin hatte man das schon längst erfolglos getan. Es war ein Leichtes, den Suchaktionen von Hills Truppe auszuweichen, weil sie einfach vorhersagbar waren – da wäre es gar nicht nötig gewesen, den Chief Commissioner in dessen Suff nach der Vorgehensweise zu fragen.
Charles machte eine einladende Geste in Richtung Tür.
„Da das geklärt ist, will ich Sie heute nicht länger belästigen. Wollen Sie vorgehen oder ist es Ihnen lieber, wenn ich das übernehme? Und ich bekomme doch sicher meinen Revolver zurück, Miss Bolt?“, fragte er sie lächelnd.
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
Melinda schrak ein wenig zusammen, als Norly sie persönlich ansprach.
Sie warf einen Blick auf die Waffe und legte sie auf den Tisch vor ihr.
Sie würde nicht darauf achten was Stirling oder einer der anderen Männer zu sagen hatte, schließlich hatte sie ihr ganz Leben von Männern leiten lassen. Sie beschloss dass dies nun genug sei. Sie deute mit der Hand auf die Waffe.
"Natürlich. Wo sagten sie noch gleich sind unsere Waffen hingekommen? Ich muss sagen, auch wenn ich ihnen gegenüber nicht so spektisch eingestellt bin, wie Mr. Stirling hier, fühle ich mich in den heutigen Tagen besser wenn ich meine Waffe bei mir habe."
Sie warf einen Blick auf die Waffe und legte sie auf den Tisch vor ihr.
Sie würde nicht darauf achten was Stirling oder einer der anderen Männer zu sagen hatte, schließlich hatte sie ihr ganz Leben von Männern leiten lassen. Sie beschloss dass dies nun genug sei. Sie deute mit der Hand auf die Waffe.
"Natürlich. Wo sagten sie noch gleich sind unsere Waffen hingekommen? Ich muss sagen, auch wenn ich ihnen gegenüber nicht so spektisch eingestellt bin, wie Mr. Stirling hier, fühle ich mich in den heutigen Tagen besser wenn ich meine Waffe bei mir habe."
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
War Alan zunächst neugierig auf Norlys Reaktion und äusserst aufmerksam, gelang es dem verrückten Meuchler, durch seine Ausführungen, Alan erneut und innerhalb kürzester Zeit in eine Art gelangweilten Dämmerzustand zu versetzen. Erst als die Ortsangabe Whitechapel fiel schrak Alan überrascht auf und konnte das Gehörte kaum glauben.
Dieser verdammte Idiot!, jubelte Alan innerlich. Dieser Narr, dieser selbstverliebte Gockel. Ich hab dich in der Hand, Norly. Ich hab ihn! Die Gedanken zeichneten sich vermutlich kurz auf Alans Gesicht ab, doch eine Maske der Teilnahmslosigkeit zu wahren gelang ihm aufgrund des Alkoholpegels, der rapide und beängstigend abnahm, nicht.
"Ich werde dasein, Norly.", sagte Alan nur und der Ton verriet nicht ob dies lediglich eine Ankündigung oder eine Art Drohung war. "Bis Mittwoch."
Alan tippt sich an die Stirn, drehte sich um und verliess den Raum durch die Tür. Er betrat den Hausflur und wollte sich schon nach dem Ausgang umsehen, als ihm ein viel besserer Gedanke durch den Koppf schoss. Er würde einfach hier bleiben! Nur noch ein bißchen und sich ausgiebig in dem Haus umsehen. Ob es wohl einen Weinkeller gab? Natürlich, der Verrückte hatte doch etwas derartiges erwähnt.
Alan begann seine Suche.
Dieser verdammte Idiot!, jubelte Alan innerlich. Dieser Narr, dieser selbstverliebte Gockel. Ich hab dich in der Hand, Norly. Ich hab ihn! Die Gedanken zeichneten sich vermutlich kurz auf Alans Gesicht ab, doch eine Maske der Teilnahmslosigkeit zu wahren gelang ihm aufgrund des Alkoholpegels, der rapide und beängstigend abnahm, nicht.
"Ich werde dasein, Norly.", sagte Alan nur und der Ton verriet nicht ob dies lediglich eine Ankündigung oder eine Art Drohung war. "Bis Mittwoch."
Alan tippt sich an die Stirn, drehte sich um und verliess den Raum durch die Tür. Er betrat den Hausflur und wollte sich schon nach dem Ausgang umsehen, als ihm ein viel besserer Gedanke durch den Koppf schoss. Er würde einfach hier bleiben! Nur noch ein bißchen und sich ausgiebig in dem Haus umsehen. Ob es wohl einen Weinkeller gab? Natürlich, der Verrückte hatte doch etwas derartiges erwähnt.
Alan begann seine Suche.
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
TKarn:
"Nun Norly. Auch ich werde erscheinen. Auch wenn sie mich bei meinen Forschungen überwältigt haben, kann ich davon ausgehen, dass meine Erfindungen dann auch hier untergebracht sind?"
John wartete auf die Antwort und machte sich dann daran, seine Habseeligkeiten zusammenzusuchen. Auffällig war ein langes Metallrohr, dass über Drähte mit einem Rucksack verbunden war. An dem Rohr war ein Visir, eine Art Abzugseinrichtung und einige Lampen befestigt. John legte einen Schalter um, das Gerät begann zu summen, die Lampen blinkten in wildem Takt, bis sie dann alle leuchteten. "Nun, wenigstens haben sie es nich kaputt gemacht", sagte John erleichtert. Dann öffnete er den Rucksack. Darin konnte man zwei klobige Stiefel mit allerlei Metallverstrebungen erkennen. "Hmm, auch noch da. Leider kann ich nicht sagen, ob sie funktionstüchtig sind. Sie haben mich vor dem Test überwältigt."
Zufrieden schloß er den Rucksack, schaltete die Apparatur wieder aus und befsetigte das Rohr an einer Schlaufe an der Seite des Rucksacks. "Nun, ich habe alles..."
"Nun Norly. Auch ich werde erscheinen. Auch wenn sie mich bei meinen Forschungen überwältigt haben, kann ich davon ausgehen, dass meine Erfindungen dann auch hier untergebracht sind?"
John wartete auf die Antwort und machte sich dann daran, seine Habseeligkeiten zusammenzusuchen. Auffällig war ein langes Metallrohr, dass über Drähte mit einem Rucksack verbunden war. An dem Rohr war ein Visir, eine Art Abzugseinrichtung und einige Lampen befestigt. John legte einen Schalter um, das Gerät begann zu summen, die Lampen blinkten in wildem Takt, bis sie dann alle leuchteten. "Nun, wenigstens haben sie es nich kaputt gemacht", sagte John erleichtert. Dann öffnete er den Rucksack. Darin konnte man zwei klobige Stiefel mit allerlei Metallverstrebungen erkennen. "Hmm, auch noch da. Leider kann ich nicht sagen, ob sie funktionstüchtig sind. Sie haben mich vor dem Test überwältigt."
Zufrieden schloß er den Rucksack, schaltete die Apparatur wieder aus und befsetigte das Rohr an einer Schlaufe an der Seite des Rucksacks. "Nun, ich habe alles..."
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
Charles nahm zufrieden zur Kenntnis, dass Alan und John sich bereit erklärten zu kommen. Auch wenn er sich fragte, wie er Mr. Stirlings Gesichtszüge und dessen abfällige Abschiedsgeste in Bezug auf dieses Versprechen deuten sollte. Kurz sah er Alan nach, aber beschloss für sich, einfach abzuwarten, was geschehen würde.
Eigentlich behagte ihn der Gedanke nicht, bis Mittwoch ausharren zu müssen, bis er den nächsten Schritt auf seiner Liste angehen konnte, aber er würde schon irgendetwas finden, mit dem er sich in der Zwischenzeit beschäftigen konnte. Er war es gewohnt, sich die Zeit um die Ohren schlagen zu müssen, auch wenn er sich nur ungern mit dem Gefühl von Unproduktivität auseinandersetzte.
Als Mr. Hyde ihn fragte, ob er auch seine Erfindungen mitgenommen hatte, antwortete Charles mit einem Nicken. Er hatte alles eingesammelt, was er in unmittelbarer Nähe Johns gefunden hatte und was somit offenbar dem Erfinder gehörte. Und davon natürlich nur das, was nicht in seinen Einzelteilen herumgelegen hatte.
Dann sah er, wie Miss Bolt auf ihn einging und seinen Revolver ablegte. Er machte jedoch keine Anstalten, ihn an sich zu nehmen.
„Verständlich“, lächelte Charles Melinda zu, nachdem sie geäußert hatte, dass sie sich besser fühle, wenn sie bewaffnet wusste. „Ich hoffe, Sie werden mir verzeihen, dass ich Ihre Waffen an mich genommen habe, aber aufgrund gewisser Vorurteile sind nicht wenige Leute dazu geneigt, mich zu attackieren, wenn sie die Möglichkeit haben.“
Wie Alans Angriff eindeutig bewiesen hatte. Aber daran war Charles selbst Schuld gewesen, hatte er diesem doch die Flasche quasi in die Hand gedrückt und es darauf ankommen lassen. Und diese Unvorsichtigkeit tat noch immer verdammt weh. Von dem Schuss, der ihn nur knapp verfehlt hatte, ganz zu schweigen.
„Ihre Sachen sind im Flur. Lassen Sie mich lieber vorgehen“, sagte er und nahm die Petroleumlampe vom Schreibtisch. „Die Gasgesellschaft hat vor etwa einer Woche die Versorgungsleitung abgedreht. Nicht, dass ich viel Licht bräuchte, doch seitdem muss ich mit der Beleuchtung improvisieren“, erklärte er beiläufig und setzte sich in Bewegung.
Im Flur herrschte zwar nicht vollkommene Dunkelheit, da er dort, wie auch oben, ebenfalls kleine Lampen angezündet hatte, doch deren Schein reichte nicht sehr weit, sodass man leicht Einrichtungsgegenstände übersehen konnte. Die Besitztümer seiner Gäste hatte er beim oder im Schrank gegenüber der Tür, durch die sie gerade schritten, untergebracht. Während John sich schon daran machte, seine Geräte zu begutachten, stellte Charles die Petroleumlampe auf dem Schrank ab, zog die oberste Schublade auf und griff nach Melindas Waffen, die er ihr reichte.
„Ich erkenne einen Klingenfächer, wenn ich ihn sehe. Eine raffinierte Waffe, auch wenn ich selbst nicht viel für Messer übrig habe“, fügte er murmelnd in einem nachdenklichen Ton hinzu, bevor er wie zuvor weiterspach. „Und eine versteckte Pistole. Sie scheinen voller Überraschungen zu stecken, Miss Bolt.“
Mr. Hyde war hörbar erleichtert davon, dass seine sonderbar wirkende Konstruktion noch funktionierte, deren Zweck für Charles schleierhaft war.
„Oh, ich wüsste nicht, warum ich mich daran hätte zu schaffen machen sollen“, entgegnete er dem Erfinder. „Ich gebe zu, ich habe nicht allzu viel Ahnung von Technik; und es muss sicherlich eine Menge Arbeit darin stecken. Also habe ich Ihre Gerätschaften mit äußerster Vorsicht behandelt und der Versuchung widerstanden, sie mir genauer anzusehen.“
Dann drückte Charles auch Theodore dessen Waffen in die Hand.
Eigentlich behagte ihn der Gedanke nicht, bis Mittwoch ausharren zu müssen, bis er den nächsten Schritt auf seiner Liste angehen konnte, aber er würde schon irgendetwas finden, mit dem er sich in der Zwischenzeit beschäftigen konnte. Er war es gewohnt, sich die Zeit um die Ohren schlagen zu müssen, auch wenn er sich nur ungern mit dem Gefühl von Unproduktivität auseinandersetzte.
Als Mr. Hyde ihn fragte, ob er auch seine Erfindungen mitgenommen hatte, antwortete Charles mit einem Nicken. Er hatte alles eingesammelt, was er in unmittelbarer Nähe Johns gefunden hatte und was somit offenbar dem Erfinder gehörte. Und davon natürlich nur das, was nicht in seinen Einzelteilen herumgelegen hatte.
Dann sah er, wie Miss Bolt auf ihn einging und seinen Revolver ablegte. Er machte jedoch keine Anstalten, ihn an sich zu nehmen.
„Verständlich“, lächelte Charles Melinda zu, nachdem sie geäußert hatte, dass sie sich besser fühle, wenn sie bewaffnet wusste. „Ich hoffe, Sie werden mir verzeihen, dass ich Ihre Waffen an mich genommen habe, aber aufgrund gewisser Vorurteile sind nicht wenige Leute dazu geneigt, mich zu attackieren, wenn sie die Möglichkeit haben.“
Wie Alans Angriff eindeutig bewiesen hatte. Aber daran war Charles selbst Schuld gewesen, hatte er diesem doch die Flasche quasi in die Hand gedrückt und es darauf ankommen lassen. Und diese Unvorsichtigkeit tat noch immer verdammt weh. Von dem Schuss, der ihn nur knapp verfehlt hatte, ganz zu schweigen.
„Ihre Sachen sind im Flur. Lassen Sie mich lieber vorgehen“, sagte er und nahm die Petroleumlampe vom Schreibtisch. „Die Gasgesellschaft hat vor etwa einer Woche die Versorgungsleitung abgedreht. Nicht, dass ich viel Licht bräuchte, doch seitdem muss ich mit der Beleuchtung improvisieren“, erklärte er beiläufig und setzte sich in Bewegung.
Im Flur herrschte zwar nicht vollkommene Dunkelheit, da er dort, wie auch oben, ebenfalls kleine Lampen angezündet hatte, doch deren Schein reichte nicht sehr weit, sodass man leicht Einrichtungsgegenstände übersehen konnte. Die Besitztümer seiner Gäste hatte er beim oder im Schrank gegenüber der Tür, durch die sie gerade schritten, untergebracht. Während John sich schon daran machte, seine Geräte zu begutachten, stellte Charles die Petroleumlampe auf dem Schrank ab, zog die oberste Schublade auf und griff nach Melindas Waffen, die er ihr reichte.
„Ich erkenne einen Klingenfächer, wenn ich ihn sehe. Eine raffinierte Waffe, auch wenn ich selbst nicht viel für Messer übrig habe“, fügte er murmelnd in einem nachdenklichen Ton hinzu, bevor er wie zuvor weiterspach. „Und eine versteckte Pistole. Sie scheinen voller Überraschungen zu stecken, Miss Bolt.“
Mr. Hyde war hörbar erleichtert davon, dass seine sonderbar wirkende Konstruktion noch funktionierte, deren Zweck für Charles schleierhaft war.
„Oh, ich wüsste nicht, warum ich mich daran hätte zu schaffen machen sollen“, entgegnete er dem Erfinder. „Ich gebe zu, ich habe nicht allzu viel Ahnung von Technik; und es muss sicherlich eine Menge Arbeit darin stecken. Also habe ich Ihre Gerätschaften mit äußerster Vorsicht behandelt und der Versuchung widerstanden, sie mir genauer anzusehen.“
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
Alan hörte in dem totenstillen Haus die Stimme von Norly und den anderen, die sich nun offenbar auch zum Aufbruch bereit machten. Er spähte kurz in dem Zwielicht umher und bemerkte dann seinen Stock an den Schrank gelehnt. Rasch griff Alan seine Waffe. Die Schritte von Norly nahten bereits, ebenso seine Einsäuselungsversuche bei Melinda. Alan wollte ein erneutes Zusammentreffen mit dem Verrückten vermeiden, auch um nicht in Erklärungsnöte zu geraten, warum er sich noch im Haus herumdrückte. Wenn er das Anwesen erkunden wollte, würde Norly keine Sekunde von seiner Seite weichen und vermutlich die Gunst des Moments nutzen, um ihn weiter zu bequatschen. Die Vorstellung alleine mit dieser Person durch ein düsteres Gemäuer zu wandern behagte Alan überhaupt nicht.
Kurzentschlossen betrat er die Treppe des Eingangsbereichs, die zu seiner Enttäuschung nach oben verlief, und erklomm sie, möglichst schnell und möglichst leise.
Kurzentschlossen betrat er die Treppe des Eingangsbereichs, die zu seiner Enttäuschung nach oben verlief, und erklomm sie, möglichst schnell und möglichst leise.
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
Charles leitete Melinda, John und Theodore in die Küche, von wo aus eine massive Tür auf den Hinterhof führte. Er zögerte kurz, als er seine Petroleumlampe auf dem Küchentresen abstellte und den Schlüssel dort noch liegen sah, wo er ihn beim Betreten des Hauses gelassen hatte. Ein Blick zu Tür verriet ihm, dass auch die etlichen Riegel, die er dort angebracht hatte, noch ihren Zweck erfüllten und die Tür von innen schön verschlossen hielten.
Eine Sache war offensichtlich: Durch diese Tür hatte bestimmt niemand das Haus verlassen. Doch dieser Weg war die einzige Möglichkeit, um nach draußen zu gelangen, wenn man keine vernagelten Bretter von anderen möglichen Ausgängen reißen wollte. Dafür hatte Charles gesorgt. Und wenn Alan so etwas gemacht hätte, hätte man es mit Sicherheit gehört. Nein, das saufende Fass ohne Boden war noch hier im Haus.
Irgendwo…
Charles griff nach dem Schlüssel. Bevor er sich jedoch an der Tür zur Schaffen machte, schlurfte er zum Fenster, das sich daneben befand, und zog den Vorhang für einen kurzen Moment beiseite. Er spähte durch einen Spalt zwischen den Brettern, mit denen Hills Angestellte nach seinem Auszug alle Scheiben vernagelt hatten, um das Haus vor Einbrechern und Vandalen zu schützen, in den Hinterhof. Er sah unverdächtig aus. Die Luft schien rein zu sein.
„Ich mag keine bösen Überraschungen“, erklärte er sein Verhalten lachend, als er sich wieder seinen Gästen zuwandte. Dann drehte er den Schlüssel im Schloss um und begann, eine Verriegelung nach der anderen zu lösen. „Und keine ungeladenen Gäste.“
Die Türangeln quietschten leicht, als Charles sie aufdrückte.
„Ich hoffe, wir sehen uns am Mittwoch. Vergessen Sie es nicht, siebzehn Uhr, Ecke Whitechapel High Road, Osborn Street. Ich werde da sein. Wenn nicht“, fügte er freudig hinzu, „besuchen Sie mich im Gefängnis! Bis dahin wünsche ich Ihnen einen guten Heimweg und viel Erfolg bei der Suche nach Informationen, die Ihnen bei Ihrer Entscheidungsfindung helfen. Ich rate Ihnen nur, nicht den falschen Leuten zu viele Fragen zu stellen. Das wird nie gern gesehen.“
Mit ausgestrecktem Arm schob Charles seine Gäste mehr oder minder nach draußen und verschloss die Tür wieder sorgfältig hinter ihnen. Den Schlüssel steckte er dieses Mal ein.
Als Charles wieder nach der Petroleumlampe griff, blieb sein Blick an seinem Gewehr hängen, das geladen und schussbereit in der Zimmerecke stand, und ein Grinsen schlich sich in sein Gesicht.
In diesem Moment wurde er sich jedoch wieder seiner Platzwunde bewusst, denn pochende Kopfschmerzen dröhnten auf ihn ein. Vorsichtig hob Charles die Hand und tastete nach der Verletzung. Der Schmerz, den seine Berührung verursachte, ließ ihn unwillkürlich zusammenzucken, und seine Hand schimmerte rot im Lampenschein, als er sie betrachtete. Schwindel überkam ihn.
Nein, Alan musste warten. Charles war davon überzeugt, dass er Mr. Stirling schon irgendwann über den Weg laufen würde. So groß war das Haus nun auch wieder nicht. Suchen war nicht notwendig.
Also machte sich Charles mit etwas wackligen Beinen auf den Weg nach oben. Im hinteren Badezimmer war ein Erste-Hilfe-Kasten, den er ansteuerte. Aber er nahm dann doch den Umweg durch das Kaminzimmer, um seinen Revolver wieder an sich zu nehmen, den Miss Bolt auf dem Couchtisch zurückgelassen hatte, bevor er die Treppe in die erste Etage hinauf betrat.
Währenddessen irgendwo in der Nähe:
Inspector Jonathan Drake spürte den Blick des Chief Commissioners auf sich ruhen; und gerade deswegen sah er nicht auf, sondern starrte die eigenen Finger an, die einen nervösen, ungleichmäßigen Rhythmus auf seine Oberschenkel trommelten.
Wieder ein Mord, der zweite Tatort in dieser Woche, zu dem er Hill begleitete, und Drake erwartete das schlimmste. Bereits jetzt raste sein Puls vor Aufregung, denn auch wenn die nächtliche Herumfahrerei in der Stadt und die darauf folgenden Ermittlungen nichts Neues für ihn waren, hatten sich die Schreckensbilder, die diese aktuelle Mordserie bisher geboten hatte, unauslöschbar in sein Gedächtnis eingebrannt. Sie ließen ihn kaum schlafen.
Scarface, so wie ihn alle nannten, war ein skrupelloser Bastard, dessen war sich Drake sicher. Ein brutaler Sadist, der wahllos Passanten für die Befriedigung seiner kranken Neigungen hinschlachtete. Vierzehn waren es nun, eine Zahl, die sich Drake nicht vorstellen mochte. Alle hatte Scarface aufgeschlitzt, mal mehr, mal weniger ausführlich, und sie ausbluten lassen. Allein der Gedanke an das, was Drake in den letzten Wochen zu Gesicht bekommen hatte, beschwor Übelkeit in ihm herauf.
Charles Norly. Man sagte, es solle helfen, den Teufel beim Namen zu nennen, aber das konnte Drake nicht bestätigen. Drake hatte den Mann an dem Tag gesehen, als dieser versucht hatte, den Chief Commissioner zu ermorden. Dieser ruhige, fast schon gelangweilte Tonfall in Scarfaces Stimme und dazu dieser berechnende, von Wahnsinn zeugende Blick... Drake durchfuhr ein kaltes Schaudern. Er war dabei gewesen, als Sergeant Hazzle infolge von Scarfaces Messerangriff verblutet war. Inspector Goodman war schon tot gewesen, als Drake angekommen war. Eine Kugel in die Schläfe. Wäre er nur einige Augenblicke schneller gewesen, hätte es ihn selbst genauso gut treffen können. Oder aber er hätte die Mordserie beenden können, bevor sie sich zu einer entwickelt hätte.
Der Inspector wischte möglichst unauffällig seine schweißnassen Hände an seiner Hose ab. Er musste sich zusammenreißen, sich konzentrieren. Drake versuchte, gefasst zu wirken, und sah nun doch zum Chief auf, der ihm gegenübersaß. Sein Vorgesetzter musterte ihn überhaupt nicht kritisch, wie ihm nun bewusst wurde, sondern schien vielmehr in Gedanken versunken.
Hill sah müde aus. Die letzten Wochen hatten ihn zusehends mitgenommen, dennoch hatte der Chief seine ehrfurchteinflößende Ausstrahlung nicht verloren. Aufrecht saß er auf seiner Bank, ließ das Holpern der Kutsche, die über Kopfsteinpflaster fuhr, über sich ergehen und verkörperte die Ruhe selbst. Alles sprach wohl dafür, dass Hill der richtige Mann für die Leitung des Einsatzes war. Er war seiner Truppe ein Vorbild, stets entschlossen, stets motiviert, stets organisiert. Drake konnte sich nicht daran erinnern, Hill je ohne Uniform gesehen zu haben. Auch nun trug er sie, wie immer säuberlich zurechtgerückt, im Gegensatz zu Inspector Drake selbst, der sich im Eifer des Gefechts einfach nach irgendeinem Hemd und nach irgendeiner Hose gegriffen hatte, als Hill in der Kutsche vorgefahren war und ihn aus dem Bett geläutet hatte. Drake hatte gerade noch Zeit dafür gehabt, sich einen Schwung kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen und noch im Halbschlaf an Revolver, Hut und Mantel zu denken.
Nun war er hellwach, denn die Anspannung in ihm wuchs von Sekunde zu Sekunde. Auch wenn es für Inspector Drake ein Grauen war, dass Hill ausgerechnet ihn und nicht einen anderen Kollegen geweckt hatte, war es auch gleichzeitig eine Ehre.
Schaukelnd blieb die Kutsche stehen und riss den Chief Commissioner offenbar aus seinen Gedanken. Beinahe sofort sprang Hill von seinem Sitz auf und trat auf die Straße. Drake musste unwillkürlich Schlucken. Sein Mund war ganz trocken, als der dem Chief folgte.
Sie standen auf einer weiten, von Gaslaternen beleuchteten Kreuzung. Ein kurzer Blick verriet, dass sich bereits etliche Zuständige vor Ort angefunden hatten. Inspector Drake strich sich mit der Hand über seine rötlichen, kurzen Haare, die wahrscheinlich wieder einmal in alle Richtungen abstanden, wie er vermutete, setzte sich seinen Bowler auf den Kopf und folgte Hill, der schnurstracks auf die beiden Polizisten zuhielt, die am Rande des Geschehens warteten. Der Chief Commissioner hielt sich nicht mit zeitraubenden Begrüßungsfloskeln auf, sondern nickte nur kurz und kam gleich zur Sache.
„Berichten Sie mir“, forderte er knapp, als Drake gerade mit taktvollem Abstand hinter ihm Stellung bezog, bereits Notizblock und Bleistift gezückt, um mitschreiben zu können.
Der jüngere der beiden Männer, ein schlaksiger, glattrasierter Bursche um die Mitte Zwanzig, wie Drake das einschätzte, ergriff das Wort.
„Constable Will Brown, Sir“, stellte er sich kurz und hastig vor. Inspector Drake bemerkte, dass Brown ziemlich blass um die Nase war; so wie eigentlich alle, die er in seinem Blickfeld wahrnahm. Das konnte nur bedeuten, dass ihn wieder kein schöner Anblick erwartete.
„Constable Joshua Wedding und ich liefen unsere Strecke ab, als uns diese Kutsche dort vorne auffiel“, begann der junge Polizist seinen Bericht und wies auf einen Wagen auf der anderen Seite der Kreuzung. „Ein Gentleman saß auf dem Kutschbock, auf den ersten Blick nichts ungewöhnliches; allerdings fehlten die Pferde und das kam uns seltsam vor. Während ich mir das Kutschgeschirr genauer ansah und feststellte, dass jemand die Pferde losgeschnitten hat, sprach Constable Wedding den Herrn an, der nicht darauf aber reagierte. Im ersten Augenblick dachten wir, er schläft, doch…“, stockte er kurz, „… doch dann bemerkten wir das Blut.“
Chief Commissioner Hill hatte schweigend zugehört und fragte wortkarg, so wie es seine Art war, wenn er mit seinen Untergebenen sprach: „Sonst irgendwelche Auffälligkeiten?“
Der junge Polizist zögerte kurz, bevor er antwortete. „Ich bin mir nicht sicher, Sir. Ich glaube, vor einigen Minuten ein dumpfes Geräusch gehört zu haben. Es könnte ein Schuss gewesen sein, aber vermutlich hat mir die Anspannung nur einen Streich gespielt. Das war bevor die Kollegen hier eintrafen.“
Der Chief Commissioner nickte nachdenklich, ging aber nicht weiter darauf ein. Stattdessen wandte er sich an den Mann, der zusammen mit dem jungen Polizisten gewartet hatte.
„Haben Sie noch etwas zu ergänzen, Constable Wedding?“
Der Mann lächelte höflich. „Ich bin Sergeant Tanner, Sir. Constable Wedding fühlte sich nicht sonderlich gut. Wir vermuten, dass es sich beim Opfer um Edward Tilling handelt, den Besitzer der Kutsche. Allerdings müssen wir das noch eingehend überprüfen. Er hatte nicht viel bei sich: eine Geldbörse mit dem Inhalt von einem Shilling und vier Pence, eine Taschenuhr, die den Einritzungen nach zu urteilen mehrmals beim Pfandleiher gewesen ist, Zigaretten und Streichhölzer. Neben ihm auf dem Kutschbock haben wir eine Whiskyflasche gefunden, die Kutsche selbst war leer. Von den Pferden fehlt jede Spur.“
Hill beließ es dabei, nickte zum Abschied und ging auf die besagte Kutsche zu. Wie Constable Brown gesagt hatte, zeugten nur noch von dem Gestänge herunterbaumelnde Lederriemen davon, dass einmal zwei Pferde vor ihr angespannt gewesen waren. Auf der regennassen Straße zeichnete sich im schwachen Laternenlicht eine dunkle Pfütze ab. Blut, das erkannte Inspector Drake sofort, und zwar reichlich davon. Wieder musste er schlucken. Er war jetzt zwar schon seit Jahren im Dienst und hatte so einige Mordfälle untersucht, aber die Grausamkeit Scarfaces suchte seinesgleichen. Noch dazu kam, dass der Schlächter scheinbar nicht unbedacht vorging. Er inszenierte die Morde. Der Chief Commissioner hatte allen nicht nur einmal eingeschärft, dass sie Norly nicht unterschätzen durften; und dass Scarface ihnen immer einen Schritt voraus war und direkt vor ihrer Nase weitermordete, war für Drake Beweis genug, dass der Chief mit seinem Urteil richtig lag. Man konnte nicht vorsichtig genug sein. Vielleicht beobachtete er sie gerade sogar und lachte sich über den Umstand krumm und schief, dass seine Taten nicht nur die Opfer und deren Familien, sondern auch die Polizisten furchtbar leiden ließ.
Drakes Blick löste sich von der Blutlache und wanderte weiter nach oben, doch das Mordopfer saß nicht mehr auf dem Kutschbock. Eine Handvoll Polizisten hatten sich unter der nächsten Laterne versammelt, einige blickten bewusst nicht auf die Szene, die sich vor ihnen bot. Inspector Drake biss die Zähne zusammen und gesellte sich zum Chief Commissioner.
Da lag er, der Ermordete, bleiche Haut, eine schwarze Jacke, über dem über und über mit Blut besudelten, weißen Hemd. Ein Zylinder lag daneben. Mehr konnte Drake noch nicht erkennen, denn neben der Leiche hockte jemand, der sich ein genaues Bild zu machen schien, und versperrte dem Inspector die Sicht auf das Opfer. Gott sei Dank!
Hill war es, der das betretene Schweigen brach, wieder nur mit so vielen Worten, wie er für nötig hielt. „Reden Sie mit uns, Doctor“, sprach er den Mann am Boden an.
Erst jetzt, da dieser aufsah, erkannte Drake, dass es sich um Doctor Andrew Taylor handelte, der ab und zu für den Divisionsarzt der Abteilung Whitehall einsprang, zu der auch Drake gehörte. Der Doctor war vom Äußerlichen ein unscheinbarer, durchschnittlicher Mann Ende Dreißig, dem man seinen Beruf nicht auf den ersten Blick ansah, dennoch – oder vielleicht gerade deswegen – genoss er einen guten Ruf, das wusste Drake. Offenbar hatte Taylor das Pech gehabt, der Arzt zu sein, der am nächsten vom Tatort wohnte. Wie alle hier wirkte der Doctor so, als läge er um diese Zeit normalerweise schlummernd im Bett; dunkle Stoppeln übersäten sein Kinn, die neben seinem Schnurrbart etwas fehl am Platze wirkten. Doctor Taylor war neben Hill scheinbar der einzige, der lediglich vom Schlafmangel etwas mitgenommen wirkte, und nicht auch vom Anblick der Leiche. Der Mann lächelte sogar, als er aufstand, um dem Chief Commissioner die Hand zu reichen.
Von dort wanderte Drakes Blick wieder zu dem Toten, den er nun im vollen, grauenerregenden Umfang betrachten konnte. Er spürte sein Unbehagen wie ein kratziges Tier förmlich seine Kehle hochkriechen.
„Freut mich, Sie zu sehen, Sir“, begrüßte Doctor Taylor Hill. „Ich habe schon auf Sie gewartet. Das Opfer ist männlich, um die sechzig Jahre alt, schätze ich. Er riecht ziemlich streng nach Alkohol. Ihre Leute haben eine gut geleerte Whiskyflasche bei ihm gefunden, auch die Kleidung wirkt mir teilweise so, als wäre sie nicht nur mit Blut getränkt. Wenn ich eine Vermutung anstellen darf, denke ich, dass er zur Tatzeit ziemlich betrunken war. Genaueres dazu kann ich auf den ersten Blick noch nicht sagen. Aber wenn sich meine Vermutung bewahrheitet, ist es nicht unwahrscheinlich, dass er auf dem Kutschbock eingeschlafen ist. Das würde auch erklären, warum er dort saß. Er ist vom Regen völlig durchnässt. Offen gesagt, wäre er vielleicht an Unterkühlung gestorben, wenn der Täter ihn nicht aufgeschlitzt hätte. Vor etwa drei Stunden hat es aufgehört zu regnen, sagte man mir, der Mord muss auf jeden Fall nach diesem Zeitpunkt stattgefunden haben. Die Blutspuren sind vom Regen nicht verdünnt worden. Und wie es aussieht, hat der Täter den Toten nicht bewegt. An der Kutsche finden sich einige blutige Spuren, die der Täter hinterlassen haben könnte. Es könnten Handabdrücke sein, aber das lässt sich nur schwer sagen, da die Kutsche noch nass vom Regen war und die Spuren stark verlaufen sind.“
„Schreiben Sie mit, Drake?“, riss Hills Stimme den Inspector ins Geschehen zurück.
„Selbstverständlich, Sir“, beeilte Drake sich zu antworten und begann, hastig Fetzen von dem, was er mitbekommen hatte, während er so gut wie geistig abwesend die Leiche angestarrt hatte, niederzuschreiben. Er erntete sich für diese Antwort einen strafenden Blick vom Chief, dem Drakes Unaufmerksamkeit wohl bewusst gewesen war und seine Aufforderung, mitzuschreiben, als Nachfrage getarnt hatte.
Der Doctor wartete rücksichtsvoll einen Moment lang, bis Drake bereit für neue Informationen war. Trotzdem der Inspector nicht alles mitbekommen hatte, was der Doctor bisher gesagt hatte, kam er nicht umhin, den Mann zu bewundern, da dieser neben der Leiche auch den Tatort anscheinend genau analysiert hatte, obwohl das eigentlich nicht seine Aufgabe war. Oder doch? Drake kam der Gedanke, dass sich der Chief bestimmt bewusst für Doctor Taylor entschieden hatte. Taylor schien gründlich vorzugehen.
„Kommen wir zum Wesentlichen“, kündete Taylor an. Er ging um die Leiche herum und hockte sich wieder hin, um dann mit der Hand seinen sachlichen Beschreibungen zu folgen. „Wie Sie sehen, haben wir hier drei offensichtliche Wunden, die dem Opfer mit einer sehr scharfen, beidseitigen Klinge mit einer Länge von schätzungsweise vier Zoll beigebracht wurden. Der Stich in die Kehle müsste der erste gewesen sein, offenbar mir viel Kraftaufwand und dementsprechend tief. Dieser Schnitt hier“, sagte Doctor Taylor und zeigte auf die Wunde, die sich beinahe über die gesamte Länge des Oberkörpers erstreckte, „beginnt am Ansatz des rechten Schlüsselbeins und verläuft, wie Sie sehen, fast senkrecht bis auf die Höhe des Bauchnabels. Sehen Sie hier, das Brustbein liegt frei, die Spuren der Klinge auf der Knochenoberfläche sind minimal. Offenbar ist er Täter hier behutsamer vorgegangen. Es wirkt im Vergleich zum unteren Ende der Wunde aber lediglich wie ein Kratzer. Hier, sobald kein Knochen mehr im Weg ist, wird der Schnitt wesentlich tiefer, aber die inneren Organe sind auf den ersten Blick nicht verletzt. Kommen wir zur Schnittwunde im Gesicht. Sie verläuft über die linke Wange, angesetzt am Jochbein bis zum unteren Ende des Unterkiefers. Nicht besonders tief, die Klinge hat kaum mehr als die Haut durchtrennt. Insgesamt ist es ein äußerst blutiges Werk. Ich vermute, der Täter hat nicht wenig vom Blut des Opfers an seiner Kleidung mitgenommen.“
Inspector Drake hatte sich tapfer zusammengerissen, versucht, den Anblick der Leiche zu verdrängen, den alles einnehmenden Geruch nach Blut ignoriert und pflichtbewusst die restlichen Ausführungen des Doctors auf seinem Notizblock festgehalten. Doch nun konnte er nicht mehr anders. Die Bilder, die die Beschreibungen des Arztes vor seinem inneren Auge heraufbeschworen hatten, Scarface, wie er erst mit roher Gewalt, dann mit genüsslicher Genugtuung den wehrlosen Kutscher aufschlitzte und sich dabei mit dessen Lebenssaft bespritzte und befleckte, waren zu viel für ihn. Überstürzt stolperte Drake von der Leiche, vom Doctor, von Hill und den anderen weg und übergab sich hustend an der nächsten Hausecke. Er hasste es, vor den Kollegen und seinem Vorgesetzten kotzen zu müssen. Das passierte ihm in letzter Zeit häufiger.
Eine Sache war offensichtlich: Durch diese Tür hatte bestimmt niemand das Haus verlassen. Doch dieser Weg war die einzige Möglichkeit, um nach draußen zu gelangen, wenn man keine vernagelten Bretter von anderen möglichen Ausgängen reißen wollte. Dafür hatte Charles gesorgt. Und wenn Alan so etwas gemacht hätte, hätte man es mit Sicherheit gehört. Nein, das saufende Fass ohne Boden war noch hier im Haus.
Irgendwo…
Charles griff nach dem Schlüssel. Bevor er sich jedoch an der Tür zur Schaffen machte, schlurfte er zum Fenster, das sich daneben befand, und zog den Vorhang für einen kurzen Moment beiseite. Er spähte durch einen Spalt zwischen den Brettern, mit denen Hills Angestellte nach seinem Auszug alle Scheiben vernagelt hatten, um das Haus vor Einbrechern und Vandalen zu schützen, in den Hinterhof. Er sah unverdächtig aus. Die Luft schien rein zu sein.
„Ich mag keine bösen Überraschungen“, erklärte er sein Verhalten lachend, als er sich wieder seinen Gästen zuwandte. Dann drehte er den Schlüssel im Schloss um und begann, eine Verriegelung nach der anderen zu lösen. „Und keine ungeladenen Gäste.“
Die Türangeln quietschten leicht, als Charles sie aufdrückte.
„Ich hoffe, wir sehen uns am Mittwoch. Vergessen Sie es nicht, siebzehn Uhr, Ecke Whitechapel High Road, Osborn Street. Ich werde da sein. Wenn nicht“, fügte er freudig hinzu, „besuchen Sie mich im Gefängnis! Bis dahin wünsche ich Ihnen einen guten Heimweg und viel Erfolg bei der Suche nach Informationen, die Ihnen bei Ihrer Entscheidungsfindung helfen. Ich rate Ihnen nur, nicht den falschen Leuten zu viele Fragen zu stellen. Das wird nie gern gesehen.“
Mit ausgestrecktem Arm schob Charles seine Gäste mehr oder minder nach draußen und verschloss die Tür wieder sorgfältig hinter ihnen. Den Schlüssel steckte er dieses Mal ein.
Als Charles wieder nach der Petroleumlampe griff, blieb sein Blick an seinem Gewehr hängen, das geladen und schussbereit in der Zimmerecke stand, und ein Grinsen schlich sich in sein Gesicht.
In diesem Moment wurde er sich jedoch wieder seiner Platzwunde bewusst, denn pochende Kopfschmerzen dröhnten auf ihn ein. Vorsichtig hob Charles die Hand und tastete nach der Verletzung. Der Schmerz, den seine Berührung verursachte, ließ ihn unwillkürlich zusammenzucken, und seine Hand schimmerte rot im Lampenschein, als er sie betrachtete. Schwindel überkam ihn.
Nein, Alan musste warten. Charles war davon überzeugt, dass er Mr. Stirling schon irgendwann über den Weg laufen würde. So groß war das Haus nun auch wieder nicht. Suchen war nicht notwendig.
Also machte sich Charles mit etwas wackligen Beinen auf den Weg nach oben. Im hinteren Badezimmer war ein Erste-Hilfe-Kasten, den er ansteuerte. Aber er nahm dann doch den Umweg durch das Kaminzimmer, um seinen Revolver wieder an sich zu nehmen, den Miss Bolt auf dem Couchtisch zurückgelassen hatte, bevor er die Treppe in die erste Etage hinauf betrat.
Währenddessen irgendwo in der Nähe:
Inspector Jonathan Drake spürte den Blick des Chief Commissioners auf sich ruhen; und gerade deswegen sah er nicht auf, sondern starrte die eigenen Finger an, die einen nervösen, ungleichmäßigen Rhythmus auf seine Oberschenkel trommelten.
Wieder ein Mord, der zweite Tatort in dieser Woche, zu dem er Hill begleitete, und Drake erwartete das schlimmste. Bereits jetzt raste sein Puls vor Aufregung, denn auch wenn die nächtliche Herumfahrerei in der Stadt und die darauf folgenden Ermittlungen nichts Neues für ihn waren, hatten sich die Schreckensbilder, die diese aktuelle Mordserie bisher geboten hatte, unauslöschbar in sein Gedächtnis eingebrannt. Sie ließen ihn kaum schlafen.
Scarface, so wie ihn alle nannten, war ein skrupelloser Bastard, dessen war sich Drake sicher. Ein brutaler Sadist, der wahllos Passanten für die Befriedigung seiner kranken Neigungen hinschlachtete. Vierzehn waren es nun, eine Zahl, die sich Drake nicht vorstellen mochte. Alle hatte Scarface aufgeschlitzt, mal mehr, mal weniger ausführlich, und sie ausbluten lassen. Allein der Gedanke an das, was Drake in den letzten Wochen zu Gesicht bekommen hatte, beschwor Übelkeit in ihm herauf.
Charles Norly. Man sagte, es solle helfen, den Teufel beim Namen zu nennen, aber das konnte Drake nicht bestätigen. Drake hatte den Mann an dem Tag gesehen, als dieser versucht hatte, den Chief Commissioner zu ermorden. Dieser ruhige, fast schon gelangweilte Tonfall in Scarfaces Stimme und dazu dieser berechnende, von Wahnsinn zeugende Blick... Drake durchfuhr ein kaltes Schaudern. Er war dabei gewesen, als Sergeant Hazzle infolge von Scarfaces Messerangriff verblutet war. Inspector Goodman war schon tot gewesen, als Drake angekommen war. Eine Kugel in die Schläfe. Wäre er nur einige Augenblicke schneller gewesen, hätte es ihn selbst genauso gut treffen können. Oder aber er hätte die Mordserie beenden können, bevor sie sich zu einer entwickelt hätte.
Der Inspector wischte möglichst unauffällig seine schweißnassen Hände an seiner Hose ab. Er musste sich zusammenreißen, sich konzentrieren. Drake versuchte, gefasst zu wirken, und sah nun doch zum Chief auf, der ihm gegenübersaß. Sein Vorgesetzter musterte ihn überhaupt nicht kritisch, wie ihm nun bewusst wurde, sondern schien vielmehr in Gedanken versunken.
Hill sah müde aus. Die letzten Wochen hatten ihn zusehends mitgenommen, dennoch hatte der Chief seine ehrfurchteinflößende Ausstrahlung nicht verloren. Aufrecht saß er auf seiner Bank, ließ das Holpern der Kutsche, die über Kopfsteinpflaster fuhr, über sich ergehen und verkörperte die Ruhe selbst. Alles sprach wohl dafür, dass Hill der richtige Mann für die Leitung des Einsatzes war. Er war seiner Truppe ein Vorbild, stets entschlossen, stets motiviert, stets organisiert. Drake konnte sich nicht daran erinnern, Hill je ohne Uniform gesehen zu haben. Auch nun trug er sie, wie immer säuberlich zurechtgerückt, im Gegensatz zu Inspector Drake selbst, der sich im Eifer des Gefechts einfach nach irgendeinem Hemd und nach irgendeiner Hose gegriffen hatte, als Hill in der Kutsche vorgefahren war und ihn aus dem Bett geläutet hatte. Drake hatte gerade noch Zeit dafür gehabt, sich einen Schwung kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen und noch im Halbschlaf an Revolver, Hut und Mantel zu denken.
Nun war er hellwach, denn die Anspannung in ihm wuchs von Sekunde zu Sekunde. Auch wenn es für Inspector Drake ein Grauen war, dass Hill ausgerechnet ihn und nicht einen anderen Kollegen geweckt hatte, war es auch gleichzeitig eine Ehre.
Schaukelnd blieb die Kutsche stehen und riss den Chief Commissioner offenbar aus seinen Gedanken. Beinahe sofort sprang Hill von seinem Sitz auf und trat auf die Straße. Drake musste unwillkürlich Schlucken. Sein Mund war ganz trocken, als der dem Chief folgte.
Sie standen auf einer weiten, von Gaslaternen beleuchteten Kreuzung. Ein kurzer Blick verriet, dass sich bereits etliche Zuständige vor Ort angefunden hatten. Inspector Drake strich sich mit der Hand über seine rötlichen, kurzen Haare, die wahrscheinlich wieder einmal in alle Richtungen abstanden, wie er vermutete, setzte sich seinen Bowler auf den Kopf und folgte Hill, der schnurstracks auf die beiden Polizisten zuhielt, die am Rande des Geschehens warteten. Der Chief Commissioner hielt sich nicht mit zeitraubenden Begrüßungsfloskeln auf, sondern nickte nur kurz und kam gleich zur Sache.
„Berichten Sie mir“, forderte er knapp, als Drake gerade mit taktvollem Abstand hinter ihm Stellung bezog, bereits Notizblock und Bleistift gezückt, um mitschreiben zu können.
Der jüngere der beiden Männer, ein schlaksiger, glattrasierter Bursche um die Mitte Zwanzig, wie Drake das einschätzte, ergriff das Wort.
„Constable Will Brown, Sir“, stellte er sich kurz und hastig vor. Inspector Drake bemerkte, dass Brown ziemlich blass um die Nase war; so wie eigentlich alle, die er in seinem Blickfeld wahrnahm. Das konnte nur bedeuten, dass ihn wieder kein schöner Anblick erwartete.
„Constable Joshua Wedding und ich liefen unsere Strecke ab, als uns diese Kutsche dort vorne auffiel“, begann der junge Polizist seinen Bericht und wies auf einen Wagen auf der anderen Seite der Kreuzung. „Ein Gentleman saß auf dem Kutschbock, auf den ersten Blick nichts ungewöhnliches; allerdings fehlten die Pferde und das kam uns seltsam vor. Während ich mir das Kutschgeschirr genauer ansah und feststellte, dass jemand die Pferde losgeschnitten hat, sprach Constable Wedding den Herrn an, der nicht darauf aber reagierte. Im ersten Augenblick dachten wir, er schläft, doch…“, stockte er kurz, „… doch dann bemerkten wir das Blut.“
Chief Commissioner Hill hatte schweigend zugehört und fragte wortkarg, so wie es seine Art war, wenn er mit seinen Untergebenen sprach: „Sonst irgendwelche Auffälligkeiten?“
Der junge Polizist zögerte kurz, bevor er antwortete. „Ich bin mir nicht sicher, Sir. Ich glaube, vor einigen Minuten ein dumpfes Geräusch gehört zu haben. Es könnte ein Schuss gewesen sein, aber vermutlich hat mir die Anspannung nur einen Streich gespielt. Das war bevor die Kollegen hier eintrafen.“
Der Chief Commissioner nickte nachdenklich, ging aber nicht weiter darauf ein. Stattdessen wandte er sich an den Mann, der zusammen mit dem jungen Polizisten gewartet hatte.
„Haben Sie noch etwas zu ergänzen, Constable Wedding?“
Der Mann lächelte höflich. „Ich bin Sergeant Tanner, Sir. Constable Wedding fühlte sich nicht sonderlich gut. Wir vermuten, dass es sich beim Opfer um Edward Tilling handelt, den Besitzer der Kutsche. Allerdings müssen wir das noch eingehend überprüfen. Er hatte nicht viel bei sich: eine Geldbörse mit dem Inhalt von einem Shilling und vier Pence, eine Taschenuhr, die den Einritzungen nach zu urteilen mehrmals beim Pfandleiher gewesen ist, Zigaretten und Streichhölzer. Neben ihm auf dem Kutschbock haben wir eine Whiskyflasche gefunden, die Kutsche selbst war leer. Von den Pferden fehlt jede Spur.“
Hill beließ es dabei, nickte zum Abschied und ging auf die besagte Kutsche zu. Wie Constable Brown gesagt hatte, zeugten nur noch von dem Gestänge herunterbaumelnde Lederriemen davon, dass einmal zwei Pferde vor ihr angespannt gewesen waren. Auf der regennassen Straße zeichnete sich im schwachen Laternenlicht eine dunkle Pfütze ab. Blut, das erkannte Inspector Drake sofort, und zwar reichlich davon. Wieder musste er schlucken. Er war jetzt zwar schon seit Jahren im Dienst und hatte so einige Mordfälle untersucht, aber die Grausamkeit Scarfaces suchte seinesgleichen. Noch dazu kam, dass der Schlächter scheinbar nicht unbedacht vorging. Er inszenierte die Morde. Der Chief Commissioner hatte allen nicht nur einmal eingeschärft, dass sie Norly nicht unterschätzen durften; und dass Scarface ihnen immer einen Schritt voraus war und direkt vor ihrer Nase weitermordete, war für Drake Beweis genug, dass der Chief mit seinem Urteil richtig lag. Man konnte nicht vorsichtig genug sein. Vielleicht beobachtete er sie gerade sogar und lachte sich über den Umstand krumm und schief, dass seine Taten nicht nur die Opfer und deren Familien, sondern auch die Polizisten furchtbar leiden ließ.
Drakes Blick löste sich von der Blutlache und wanderte weiter nach oben, doch das Mordopfer saß nicht mehr auf dem Kutschbock. Eine Handvoll Polizisten hatten sich unter der nächsten Laterne versammelt, einige blickten bewusst nicht auf die Szene, die sich vor ihnen bot. Inspector Drake biss die Zähne zusammen und gesellte sich zum Chief Commissioner.
Da lag er, der Ermordete, bleiche Haut, eine schwarze Jacke, über dem über und über mit Blut besudelten, weißen Hemd. Ein Zylinder lag daneben. Mehr konnte Drake noch nicht erkennen, denn neben der Leiche hockte jemand, der sich ein genaues Bild zu machen schien, und versperrte dem Inspector die Sicht auf das Opfer. Gott sei Dank!
Hill war es, der das betretene Schweigen brach, wieder nur mit so vielen Worten, wie er für nötig hielt. „Reden Sie mit uns, Doctor“, sprach er den Mann am Boden an.
Erst jetzt, da dieser aufsah, erkannte Drake, dass es sich um Doctor Andrew Taylor handelte, der ab und zu für den Divisionsarzt der Abteilung Whitehall einsprang, zu der auch Drake gehörte. Der Doctor war vom Äußerlichen ein unscheinbarer, durchschnittlicher Mann Ende Dreißig, dem man seinen Beruf nicht auf den ersten Blick ansah, dennoch – oder vielleicht gerade deswegen – genoss er einen guten Ruf, das wusste Drake. Offenbar hatte Taylor das Pech gehabt, der Arzt zu sein, der am nächsten vom Tatort wohnte. Wie alle hier wirkte der Doctor so, als läge er um diese Zeit normalerweise schlummernd im Bett; dunkle Stoppeln übersäten sein Kinn, die neben seinem Schnurrbart etwas fehl am Platze wirkten. Doctor Taylor war neben Hill scheinbar der einzige, der lediglich vom Schlafmangel etwas mitgenommen wirkte, und nicht auch vom Anblick der Leiche. Der Mann lächelte sogar, als er aufstand, um dem Chief Commissioner die Hand zu reichen.
Von dort wanderte Drakes Blick wieder zu dem Toten, den er nun im vollen, grauenerregenden Umfang betrachten konnte. Er spürte sein Unbehagen wie ein kratziges Tier förmlich seine Kehle hochkriechen.
„Freut mich, Sie zu sehen, Sir“, begrüßte Doctor Taylor Hill. „Ich habe schon auf Sie gewartet. Das Opfer ist männlich, um die sechzig Jahre alt, schätze ich. Er riecht ziemlich streng nach Alkohol. Ihre Leute haben eine gut geleerte Whiskyflasche bei ihm gefunden, auch die Kleidung wirkt mir teilweise so, als wäre sie nicht nur mit Blut getränkt. Wenn ich eine Vermutung anstellen darf, denke ich, dass er zur Tatzeit ziemlich betrunken war. Genaueres dazu kann ich auf den ersten Blick noch nicht sagen. Aber wenn sich meine Vermutung bewahrheitet, ist es nicht unwahrscheinlich, dass er auf dem Kutschbock eingeschlafen ist. Das würde auch erklären, warum er dort saß. Er ist vom Regen völlig durchnässt. Offen gesagt, wäre er vielleicht an Unterkühlung gestorben, wenn der Täter ihn nicht aufgeschlitzt hätte. Vor etwa drei Stunden hat es aufgehört zu regnen, sagte man mir, der Mord muss auf jeden Fall nach diesem Zeitpunkt stattgefunden haben. Die Blutspuren sind vom Regen nicht verdünnt worden. Und wie es aussieht, hat der Täter den Toten nicht bewegt. An der Kutsche finden sich einige blutige Spuren, die der Täter hinterlassen haben könnte. Es könnten Handabdrücke sein, aber das lässt sich nur schwer sagen, da die Kutsche noch nass vom Regen war und die Spuren stark verlaufen sind.“
„Schreiben Sie mit, Drake?“, riss Hills Stimme den Inspector ins Geschehen zurück.
„Selbstverständlich, Sir“, beeilte Drake sich zu antworten und begann, hastig Fetzen von dem, was er mitbekommen hatte, während er so gut wie geistig abwesend die Leiche angestarrt hatte, niederzuschreiben. Er erntete sich für diese Antwort einen strafenden Blick vom Chief, dem Drakes Unaufmerksamkeit wohl bewusst gewesen war und seine Aufforderung, mitzuschreiben, als Nachfrage getarnt hatte.
Der Doctor wartete rücksichtsvoll einen Moment lang, bis Drake bereit für neue Informationen war. Trotzdem der Inspector nicht alles mitbekommen hatte, was der Doctor bisher gesagt hatte, kam er nicht umhin, den Mann zu bewundern, da dieser neben der Leiche auch den Tatort anscheinend genau analysiert hatte, obwohl das eigentlich nicht seine Aufgabe war. Oder doch? Drake kam der Gedanke, dass sich der Chief bestimmt bewusst für Doctor Taylor entschieden hatte. Taylor schien gründlich vorzugehen.
„Kommen wir zum Wesentlichen“, kündete Taylor an. Er ging um die Leiche herum und hockte sich wieder hin, um dann mit der Hand seinen sachlichen Beschreibungen zu folgen. „Wie Sie sehen, haben wir hier drei offensichtliche Wunden, die dem Opfer mit einer sehr scharfen, beidseitigen Klinge mit einer Länge von schätzungsweise vier Zoll beigebracht wurden. Der Stich in die Kehle müsste der erste gewesen sein, offenbar mir viel Kraftaufwand und dementsprechend tief. Dieser Schnitt hier“, sagte Doctor Taylor und zeigte auf die Wunde, die sich beinahe über die gesamte Länge des Oberkörpers erstreckte, „beginnt am Ansatz des rechten Schlüsselbeins und verläuft, wie Sie sehen, fast senkrecht bis auf die Höhe des Bauchnabels. Sehen Sie hier, das Brustbein liegt frei, die Spuren der Klinge auf der Knochenoberfläche sind minimal. Offenbar ist er Täter hier behutsamer vorgegangen. Es wirkt im Vergleich zum unteren Ende der Wunde aber lediglich wie ein Kratzer. Hier, sobald kein Knochen mehr im Weg ist, wird der Schnitt wesentlich tiefer, aber die inneren Organe sind auf den ersten Blick nicht verletzt. Kommen wir zur Schnittwunde im Gesicht. Sie verläuft über die linke Wange, angesetzt am Jochbein bis zum unteren Ende des Unterkiefers. Nicht besonders tief, die Klinge hat kaum mehr als die Haut durchtrennt. Insgesamt ist es ein äußerst blutiges Werk. Ich vermute, der Täter hat nicht wenig vom Blut des Opfers an seiner Kleidung mitgenommen.“
Inspector Drake hatte sich tapfer zusammengerissen, versucht, den Anblick der Leiche zu verdrängen, den alles einnehmenden Geruch nach Blut ignoriert und pflichtbewusst die restlichen Ausführungen des Doctors auf seinem Notizblock festgehalten. Doch nun konnte er nicht mehr anders. Die Bilder, die die Beschreibungen des Arztes vor seinem inneren Auge heraufbeschworen hatten, Scarface, wie er erst mit roher Gewalt, dann mit genüsslicher Genugtuung den wehrlosen Kutscher aufschlitzte und sich dabei mit dessen Lebenssaft bespritzte und befleckte, waren zu viel für ihn. Überstürzt stolperte Drake von der Leiche, vom Doctor, von Hill und den anderen weg und übergab sich hustend an der nächsten Hausecke. Er hasste es, vor den Kollegen und seinem Vorgesetzten kotzen zu müssen. Das passierte ihm in letzter Zeit häufiger.
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
TKarn:
"Na dann, bis Mittwoch."
Als Norly sie am Hinterausgang stehen ließ, fragte Hyde die anderen: "Ehrlich, was halten Sie denn von der ganzen Sache? Jetzt, wo er nicht mehr hier ist? Irgendwie finde ich das ziemlich merkwürdig, aber es reizt mich, mehr herauszubekommen. Vielleicht sollten wir uns noch auf einen Kaffee zusammensetzen."
"Na dann, bis Mittwoch."
Als Norly sie am Hinterausgang stehen ließ, fragte Hyde die anderen: "Ehrlich, was halten Sie denn von der ganzen Sache? Jetzt, wo er nicht mehr hier ist? Irgendwie finde ich das ziemlich merkwürdig, aber es reizt mich, mehr herauszubekommen. Vielleicht sollten wir uns noch auf einen Kaffee zusammensetzen."
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
Tow:
"Ja, wir sollten uns einen Platz suchen, wo wir uns ungestört gegenseitig vorstellen können und unsere Situation organisieren!" Lived verstand unter "organisieren", dass jemand anders die Führung übernahm und er dann hinter dessen Rücken so tat als ob er sich fügen würde, in WAhrheit aber sein eigenes Süppchen kochte. Dazu war sein Job auch nicht zu vergessen...
"Ja, wir sollten uns einen Platz suchen, wo wir uns ungestört gegenseitig vorstellen können und unsere Situation organisieren!" Lived verstand unter "organisieren", dass jemand anders die Führung übernahm und er dann hinter dessen Rücken so tat als ob er sich fügen würde, in WAhrheit aber sein eigenes Süppchen kochte. Dazu war sein Job auch nicht zu vergessen...
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
Alan verharrte kurz auf der obersten Treppenstufe, als er Norlys Gesäusel von unten vernahm und um sich an das diffuse Gaslicht zu gewöhnen, das hier auf kleiner Flamme glomm.
Dieser Trottel. Mr. Meistermörder schien Alans Anwesenheit in dem Haus nicht bemerkt zu haben, aber er wollte sich unter keinen Umständen verraten. So huschte er weiter in einen getäfelten Flur, um möglichst viel Abstand zwischen sich und den verrückten "Hausherren" zu erlangen.
Alan begann auf Zehenspitzen, aber doch mit leichten, alkoholbedingten Unsicherheiten in den Beinen in der Etage herumzuschleichen. Er lukte in Räume, inspizierte verhüllte Möbelstücke und grübelte welche Art von Bildern wohl einst die hellen Flecken an den Wänden geziert haben mochten. Warscheinlich langweilige Landschaftsaufnahmen und irgendwelche heldenhaften Schlachtszenen, von wackeren Soldaten auf wild austretenden Pferden. Militaristenschrott und Eintönigkeit, wie sie sich wohl auch Norly an die eigenen Wände nageln würde.
Während Alan von Tür zu Tür schlich reiften mehrere Gedanken in ihm, allesamt unausgegoren, aber das störte ihn kaum. Die zwei Wesentlichsten betrafen den Verrückten und dieses Haus.
Wenn es sich Alan recht überlegte, hatte er Norlys irrsinniges Angebot eigentlich bereits angenommen.
Ein Verrat des Treffpunktes kam nicht in Frage, da er die anderen gefährden, ja dem Galgen ausliefern würde. Norly selber zu überwältigen hatte er nicht getan, denn schlussendlich reizte ihn doch die Idee des unkontrollierten Aufstands. Sicher, Norly brauchte die Kontrolle in absoluter Form, er war fanatisch was diesen Punkt anging. Ein Planer mit Detailversessenheit und ohne jedes Gespür für den Herzschlag der Strasse und der Massen. Aber ihre Revolution würde in unkontrollierbaren Bahnen verlaufen, dafür hatte der Spinner mit Alans "Anheuerung" gesorgt.
Alan war mittlerweile auf seinem Rundgang stehengeblieben und vertieft in Gedanken um Aufstand und Machtzerstörung.
Was Norly fehlte, dämmerte es Alan, war das künstlerische Potential. Norly war ein Arzt, ein Chirurg, der jeden Schnitt mit zielgenauer Sorgfalt plante und genau wusste welchen Effekt seine Eingriffe haben würde. Alan selbst war, so musste er sich ein wenig selbstverliebt eingestehen, ein Mann mit visionärem Potential, mit einer künstlerischen Ader, die nach Wagnissen und neuen Wegen schrie. Norly brauchte Bleistift und Zirkel für seine Werke, Alan hingegen eine grosse Leinwand, auf die er Farbtöpfe schleudern konnte. Sollte Norly nur planen und grübeln, aushecken und durchdenken - in einer Revolution waren keine Skalpellmesser für kleine Schnitte gefragt, sondern Hämmer und Beile.
Es würde endlich wieder etwas aufregendes in Alans Leben treten und mit der bisherigen Monotonie brechen. Ja, er stand vor dem Beginn seines grössten künstlerischen Schaffens! Vorbei die Zeiten zahnloser Provokationen, nun ging es um alles oder nichts - und um jede Menge Spass. Und wer zum Teufel brauchte eigentlich die Queen? Sicher, Alan hatte einmal ein Aktbild von ihr skizziert und es anschliessend eiligst verbrannt, aber, so malte es sich Alan aus, wenn das Weib erst vom Mob gestürzt im Dreck lag, wäre das ein Bild, auf welches ein Künstler wie er nur hinstreben konnte.
Jetzt war aber zunächst das Haus dran, beschloss Alan, noch leicht duslig und hoffte sich bald in den Weinkeller schleichen zu können.
Dieser Trottel. Mr. Meistermörder schien Alans Anwesenheit in dem Haus nicht bemerkt zu haben, aber er wollte sich unter keinen Umständen verraten. So huschte er weiter in einen getäfelten Flur, um möglichst viel Abstand zwischen sich und den verrückten "Hausherren" zu erlangen.
Alan begann auf Zehenspitzen, aber doch mit leichten, alkoholbedingten Unsicherheiten in den Beinen in der Etage herumzuschleichen. Er lukte in Räume, inspizierte verhüllte Möbelstücke und grübelte welche Art von Bildern wohl einst die hellen Flecken an den Wänden geziert haben mochten. Warscheinlich langweilige Landschaftsaufnahmen und irgendwelche heldenhaften Schlachtszenen, von wackeren Soldaten auf wild austretenden Pferden. Militaristenschrott und Eintönigkeit, wie sie sich wohl auch Norly an die eigenen Wände nageln würde.
Während Alan von Tür zu Tür schlich reiften mehrere Gedanken in ihm, allesamt unausgegoren, aber das störte ihn kaum. Die zwei Wesentlichsten betrafen den Verrückten und dieses Haus.
Wenn es sich Alan recht überlegte, hatte er Norlys irrsinniges Angebot eigentlich bereits angenommen.
Ein Verrat des Treffpunktes kam nicht in Frage, da er die anderen gefährden, ja dem Galgen ausliefern würde. Norly selber zu überwältigen hatte er nicht getan, denn schlussendlich reizte ihn doch die Idee des unkontrollierten Aufstands. Sicher, Norly brauchte die Kontrolle in absoluter Form, er war fanatisch was diesen Punkt anging. Ein Planer mit Detailversessenheit und ohne jedes Gespür für den Herzschlag der Strasse und der Massen. Aber ihre Revolution würde in unkontrollierbaren Bahnen verlaufen, dafür hatte der Spinner mit Alans "Anheuerung" gesorgt.
Alan war mittlerweile auf seinem Rundgang stehengeblieben und vertieft in Gedanken um Aufstand und Machtzerstörung.
Was Norly fehlte, dämmerte es Alan, war das künstlerische Potential. Norly war ein Arzt, ein Chirurg, der jeden Schnitt mit zielgenauer Sorgfalt plante und genau wusste welchen Effekt seine Eingriffe haben würde. Alan selbst war, so musste er sich ein wenig selbstverliebt eingestehen, ein Mann mit visionärem Potential, mit einer künstlerischen Ader, die nach Wagnissen und neuen Wegen schrie. Norly brauchte Bleistift und Zirkel für seine Werke, Alan hingegen eine grosse Leinwand, auf die er Farbtöpfe schleudern konnte. Sollte Norly nur planen und grübeln, aushecken und durchdenken - in einer Revolution waren keine Skalpellmesser für kleine Schnitte gefragt, sondern Hämmer und Beile.
Es würde endlich wieder etwas aufregendes in Alans Leben treten und mit der bisherigen Monotonie brechen. Ja, er stand vor dem Beginn seines grössten künstlerischen Schaffens! Vorbei die Zeiten zahnloser Provokationen, nun ging es um alles oder nichts - und um jede Menge Spass. Und wer zum Teufel brauchte eigentlich die Queen? Sicher, Alan hatte einmal ein Aktbild von ihr skizziert und es anschliessend eiligst verbrannt, aber, so malte es sich Alan aus, wenn das Weib erst vom Mob gestürzt im Dreck lag, wäre das ein Bild, auf welches ein Künstler wie er nur hinstreben konnte.
Jetzt war aber zunächst das Haus dran, beschloss Alan, noch leicht duslig und hoffte sich bald in den Weinkeller schleichen zu können.
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Re: Götterblut - Kapitel 1: Ein (un)moralisches Angebot
Melinda blickte zu Hyde herüber. Ein Gespräch mit den beiden konnte nicht schaden, schließlich schien es so, als würde sie einige Zeit mit ihnen verbringen.
Mittlerweile hatte sie die Kiste gefunden von der Norly gesprochen hatte und nahm ihre Waffen wieder an sich. Sie legte sie die Wristgun um und drehte sich zu den anderen um, mit einer lockeren Bewegung ließ sie den Ärmel ihres Kleides über die Waffe fallen. Den Fächer verstaute sie an seinem angestammten Platz.
Sie konnte ohnehin nicht nach Hause zurückkehren, wenn man es denn "zu Hause" kennen konnte. Ihr schäbiges Zimmer hatte sie seit Wochen nicht gezahlt. Nicht, dass sie es sich nicht hätte leisten können.
"Einen Kaffee könnte ich vertragen."
Mittlerweile hatte sie die Kiste gefunden von der Norly gesprochen hatte und nahm ihre Waffen wieder an sich. Sie legte sie die Wristgun um und drehte sich zu den anderen um, mit einer lockeren Bewegung ließ sie den Ärmel ihres Kleides über die Waffe fallen. Den Fächer verstaute sie an seinem angestammten Platz.
Sie konnte ohnehin nicht nach Hause zurückkehren, wenn man es denn "zu Hause" kennen konnte. Ihr schäbiges Zimmer hatte sie seit Wochen nicht gezahlt. Nicht, dass sie es sich nicht hätte leisten können.
"Einen Kaffee könnte ich vertragen."
Elli- Piratenpinguin
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