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Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte

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Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte - Seite 11 Empty Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte

Beitrag von Leo Mo Okt 19 2015, 21:33

Glück gehabt. Wright schien zur Vernunft gekommen zu sein. Einerseits beruhigte sie das, andererseits war es beunruhigend, dass er ihre Gedanken bestätigte – sie mussten raus hier! Maura wäre es bedeutend lieber gewesen, wenn sie nur überreagiert hätte.
Sie wusste nicht, ob Wright log oder tatsächlich noch nicht oft hier gewesen war, doch für den Moment musste sie hm wohl Glauben schenken. Nicht so misstrauisch, Thomson. Ihr steht auf derselben Seite. Für den Moment.
Maura war bewusst, dass sie den riskanteren Part übernahm – wenn Norlys Freunde hochkamen, würden sie natürlich zuerst die vorderen Zimmer inspizieren – aber eine Wahl blieb ihr wohl nicht, und sie hatte weder Zeit noch Lust, Wright zu überreden, also nickte sie nur knapp. „In Ordnung.“ Dann machte sie sich auf den Weg zur ersten Tür.
Der Raum, den sie sich als erstes vorgenommen hatte, war offensichtlich ein Schlafzimmer. Das Mobiliar war so geschmackvoll und betont zueinanderpassend, dass Maura sich auf Anhieb unwohl fühlte. Manchmal hatte sie wirklich das Gefühl, in die falsche Schicht hineingeboren worden zu sein … andererseits war das Leben als reicherer Mittelstand nicht gänzlich unkomfortabel.
Der Raum hatte einige Fenster und sogar eine Tür, die auf einen kleinen Balkon hinausführte. Vielversprechend … vielleicht war sie schon am Ziel? Sie ging etwas näher an die Tür heran, um sie genauer in Augenschein zu nehmen. Ob der Balkon wohl ein geeigneter Fluchtweg war …?


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Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte - Seite 11 Empty Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte

Beitrag von Elli Fr Okt 23 2015, 11:02

Wie das Gespräch endete gefiel Melinda nicht. Sie wollte sich nicht einfach so abspeisen lassen. "Gut. Wenn du mich nicht dabei involvieren willst, dann eben nicht." Sie ging an ihm vorbei, ein gemeinsames Essen mit Randolph erschien ihr gerade nicht verlockend. Andererseits hatte sie durchaus etwas Hunger. Sie saß zwischen zwei Stühlen. "Ich glaube, das ist gerade nicht die passende Gelegenheit zusammen zu essen. Du vertraust mir offenbar nicht." Sie zuckte mit den Schultern und ging in die Richtung in dem Charles hinter der Tür schlief. Noch hatte der Arzt die Chance etwas zu ändern, wenn er nun etwas sagte. Wenn nicht, wäre es eben so. Dann würde sie zu Charles egehen und auf dem kurzen Weg abwägen, was sie genau machen würde. Das Notizbuch konnte ein Schlüssel sein.
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Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte - Seite 11 Empty Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte

Beitrag von Darnamur Mo Okt 26 2015, 23:22

Melindas Worte versetzten ihm Stiche ins Herz. Nein, so ist es nicht! Er wollte zu ihr hinüber gehen und es ihr erklären, aber das würde sie nicht verstehen. Gerade weil ich dir vertraue, kann ich es dir nicht erklären. Verschwommen flimmerten vor seinen Augen Bilder von einem kleinen Mädchen auf, das in einem Grab lag.
Mit seinen rot geränderten Augen stierte er ihr hinterher. Er wusste zu wem sie wollte. Zu dem, der ihr vertraut. Randolph ergriff bei dem Gedanken die blanke Wut. Er ballte seine Fäuste und unter der totenbleichen Haut traten die Knöchel hervor. Sein Kiefer verkrampfte sich und die Zähne mahlten in seinem Mund unangenehm aufeinander.
Wie hatte Melinda die Liste, die er ihr gezeigt hatte, nur so emotionslos hinnehmen können? Sie war vollkommen verliebt. In diesen Psychopathen. Und er würde sie nicht daran hindern können. Wenn du ihr wehtust, dann bringe ich dich um, Norly. Wenn du uns in die Scheiße reitest und Melly darunter leiden muss, bringe ich dich genauso um.
Zu ihren Worten konnte er nicht viel sagen. Seine Meinung nun noch einmal zu revidieren wäre unsinnig gewesen. Er hatte sich dazu entschieden ihr nichts von Mr.C zu erzählen und das war auch die richtige Entscheidung.
Wissen war in dieser Welt ein gefährliches Gut.
Das hatten Mry.Mauney mitsamt ihrem Haushalt am eigenen Leib erfahren. Nun auch noch den Tod seiner letzten Vertrauten zu riskieren, hatte der Arzt nicht vor.
Melinda würde damit leben müssen, dass sie vorerst nichts erfuhr. Jetzt würde sie vielleicht enttäuscht und vielleicht sogar sauer auf ihn sein, aber vielleicht würde sie später, eines Tages, verstehen, warum er so handelte, wie er es gerade tat. Sie würde sich schon wieder beruhigen. Zumindest konnte es sich der Doktor nicht vorstellen, dass sie ihm in den Rücken fallen würde. Insoweit, verließ er sich auf sie. Nein, sie würde bestimmt nichts von dem Buch verraten…
„Lass ihn besser schlafen“, warf er dann aber doch noch ein, bevor er sich abwandte. „Das hat er mehr als 24 Stunden nicht getan…“
Mehr sagte er nicht. Weitere Erklärungen hätten die Lage einfach nur noch komplizierter gemacht.
Randolph humpelte zur Treppe. Sein verletztes Bein wurde immer wieder nachgezogen.
Die grauen Augen des Doktors flogen nun die Stufen hinab. Zum Glück ging es abwärts einfacher. Ansonsten hätte er dieses Desaster mit Bestimmtheit nicht überlebt. Mit grimmiger, aber auch etwas abgekämpfter Miene begann er mit seinem Abstieg. Und tatsächlich. Es gelang relativ einfach.
Im ersten Stock angekommen, deponierte der Chirurg das Notizbuch in seinem Arztkoffer. Mit der Ausbeulung in seinem Mantel herumzulaufen, würde wohl doch etwas auffällig wirken. Anschließend machte er sich auf die Suche nach Reynard und seiner Frau und hauptsächlich etwas Essen, wenn sich hier irgendwo noch etwas auftreiben ließ.
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Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte - Seite 11 Empty Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte

Beitrag von Elli Di Okt 27 2015, 14:41

Sie war stehen geblieben um die Worte von Randolph abzuwarten, doch das was sie erwartet zu hören, oder hoffte, erklang nicht. Ein tiefes Einatmen schaffte es die Tränen zurückzuhalten, die ihr aus den Augen treten wollten. Eben noch hatte sie das Leben zweier Menschen genommen und nun stellte sie sich an, weil ihr jemand nicht vertraute. Sie war es gewöhnt so abgespeißt zu werden, wie konnte man schon jemandem trauen, der seinen eigenen Körper für Geld verkaufte? Vielleicht wenn man den jenigen kannte. Doch der Doc schien sie nicht so einzuschätzen. Sie räusperte sich bevor sie dennoch den Raum betrat in dem Charles auf dem Sofa schlief. Sie setzte sich einen Moment auf einen Hocker der in der Nähe stand und betrachetet den schlafenden Mann.
War es richtig auf ihn zu setzen? Randolph hatte Zweifel in ihr gestreut, als er die Liste offenbart hatte, doch Randolph selbst hatte ebenso sie hintergangen. Es fühlte sich zumindest so an. Sie war nicht vertrauenswürdig in seinen Augen. Herrlich.
Würde Charles ihr bei so etwas vertrauen? Oder würde er wie Randy verheimlichen wollen wie es weiter ging? Tat er das nicht gerade? Melinda war traurig, dass konnte sie nicht verleugnen. Sie wusste nicht so recht was sie machen sollte. Wem hätte sie sich auch anvertrauen können. Die drei Männer denen sie vertraute? Das war zum einen Charles und sie wusste nicht, ob sie nicht fürchterlich falsch lag, dann eben Randolph und H.D. doch der war in London. Mr. Wright? Nun der war zum einen abgehauen und sie wusste nichts vom ihm. Fatal. Sie brauchte Informationen. Und dann diese Vettel Maura? Auch kein guter Plan.
Melinda sah ein wie es war, sie war eine Einzelkämpferin. Vielleicht schon seit dem Moment in dem sie ihren ersten Atmenzug selbständig tat, bis jetzt. Wie es war sich als Team zu fühlen, schien ihr verwehrt zu bleiben.
Also gut. Genug gejammert. Gute Mine zum bösen Spiel.
Sie stand unter Seufzen auf, nachdem sie selbst festgestellt hatte wie müde sie war. Sie entledigte sich ihres Kleides und legte sich zu Charles auf die Couch. Es war kühl, aber sein Körper spendete genug Wärme, so dass sie nicht allzu sehr fror. Sie hatte schon viel beschissener gelegen. Sie konnte nicht einschlafen, starrte stattdessen die Wand an und versuchte ihre Gedanken unter Kontrolle zu bekommen. Charles wurde nicht wach, als sie sich hinlegte. Er schlief offenbar sehr tief.
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Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte - Seite 11 Empty Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte

Beitrag von Umbra Do Okt 29 2015, 11:26

Durch das in Kopfhöhe eingelassene Fenster der Tür, die verschlossen war, wie sie feststellen musste, konnte Maura einen Blick auf den Balkon erhaschen. Sicher ließ sich dort an wärmeren Tagen gut die Sonne genießen, momentan wirkte der Balkon jedoch wie ein ungemütlicher Ort. Er war, soweit sie es beurteilen konnte, vollkommen leer und mit einem Geländer umgeben. Ob dies ein geeigneter Ort war, um nach unten zu klettern oder zu springen, ließ sich von ihrer Position aus nicht erkennen. Aber der Gedanke an den Bekannten Norlys, der sich um sie und Mr. Wright „kümmern“ wollte, schien genauso wenig verlockend wie eine Flucht aus dem ersten Stock.
Wie viel Zeit noch blieb, bis man nach oben kam, um nach ihnen beiden zu sehen, war ungewiss. Äußerst viel Gelegenheit, sich umzusehen und womöglich nach dem Balkontürschlüssel zu suchen, hatte sie vermutlich nicht. Allerdings: Musste sie wirklich suchen? Meist befanden sich Schlüssel ja doch irgendwo in der Nähe. Auf dem Türrahmen lag er aber schon einmal nicht. Und auch nicht offen auf den Möbeln. Genauso wenig wie persönliche Gegenstände. Der Raum wirkte, auch wenn kein Staub auszumachen war, unbewohnt und, trotz großzügigem Schnitt und vier Fenstern, aufgrund der dunklen Einrichtung bedrückend. Neben der Tür, durch die sie das Zimmer betreten hatte, und der Balkontür, gab es noch eine dritte. An den Wänden hatten sich wohl einmal Bilder befunden – zurückgebliebene Nägel zeugten davon. Am Kopfende des Doppelbetts waren zwei kleine Kommoden als Nachttische platziert, eine größere Kommode und ein wuchtiger Kleiderschrank an den Wänden. Als Mauras Blick kurz am Bett hängen blieb, bemerkte sie einen mittelgroßen ledernen Reisekoffer, den jemand darunter geschoben hatte. Nun war es an der Zeit, abzuwägen, was sie als nächstes tun sollte.

Gilbert hatte sich unterdessen den erstbesten Raum auf der anderen Seite des ersten Stockes vorgenommen. Er war ein lichtdurchflutetes Schlafzimmer mit einem schmalen Bett, einem Kleiderschrank, einem Schreibtisch und leeren Regalen an den Wänden. Der Teppich am Boden wirkte schon recht abgenutzt, auch die Möbel hatten die ein oder andere Macke und einige Kratzer. Als einziger Fluchtweg boten sich hier die Fenster an. Groß genug, um hindurchzuklettern, waren sie allemal, jedoch wartete auf der anderen Seite eine Fallhöhe, die es wahrscheinlich machte, sich die Fußgelenke zu brechen, wenn man falsch auf der sicher nicht ganz ebenen Wiese unten aufkam. Eine Flucht in das Sichtschutz bietende Waldgelände rund um das Haus war zwar verlockend, aber was nützte einem Deckung, wenn man vor Schmerzen nicht weit kam? Sobald die Männer Mauras und sein Verschwinden bemerkten, würden sie sicher ausschwärmen, um sie wieder einzufangen. Ob sie verletzt rechtzeitig zur Kutsche kamen, die offensichtlich die beste Möglichkeit war, um sich in Sicherheit zu bringen, war fraglich. Gilbert entdeckte gerade die Überdachung des Hintereingangs, auf die man sich aus einem Fenster herablassen könnte, um die Sprunghöhe um einiges zu verringern, als diese, die hintere, Seite des Hauses mit einem Mal zu einer äußerst schlechten Wahl wurde: Der Maler konnte beobachten, dass sich am Hintereingang etwas tat – die Männer kamen aus dem Haus; allesamt mit hochgeschlagenem Mantelkragen und Hut, sodass er ihre Gesichter nicht ausmachen konnte. Es waren drei, die einen vierten in ihrer Mitte auf einem Bettlaken, als improvisierte Bahre verwendet, trugen. Beim Vierten handelte es sich eindeutig um den Angeschossenen, den Charles Norly in der letzten Nacht mitgebracht hatte: Arthur. Der Mann war offenbar entweder bewusstlos oder tot. Sie beeilten sich, ihn wegzuschaffen. Es war anzunehmen, dass sie Gilberts Kutsche verwenden wollten. Der Mörder des Iren zeigte sich ebenfalls draußen, blieb aber am Hintereingang stehen, um den anderen nachzublicken. Wenn er zurück ins Haus gehen würde, würde er sich vermutlich sofort mit Maura und Gilbert befassen wollen. Die Zeit drängte



Randolph musste nicht lang nach den Hausbewohnern suchen. Tatsächlich schien King Reynard schon im Erdgeschoss auf ihn gewartet zu haben. Die stark tätowierte, wandelnde Kuriosität, die immer noch wirkte, wie ein Schausteller aus einer Freakshow, lehnte in einem Türrahmen nahe des Treppenfußes, lässig auf einem Gehstock gestützt und Pfeife paffend, während er den humpelnden Chirurgen beobachtete.
„Was macht die Kunst, Doc Tremaine?“, erkundigte sich der Mann mit seinem durchscheinenden, leicht amerikanischen Akzent. Er schien es amüsant zu finden, „Dr. Benton“ betont mit dessen richtigem Namen anzusprechen.
„Sie scheinen mir fast lädierter als Ihr Patient zu sein, so armselig, wie Sie gerade die Treppe hinunterkrebsen. Leise sind Sie dabei auch nicht gerade“, meinte er und blies genüsslich den Tabakqualm aus den Lungen. Anschließend lagerte er allerdings sein Gewicht auf seine Füße um, um Randolph, einem Friedensangebot gleich, den Gehstock entgegenzuhalten. Es war ein edles Handwerksstück, das mit glänzenden Beschlägen und einem Silber glänzenden Bärenkopfhandstück so wirkte, es wäre es ein Vermögen wert. Im Gegensatz dazu, waren die Worte, mit denen Reynard den Stock übergeben wollte, schlicht:
„Mit Krücken kann ich nicht dienen, aber hiermit sollte es etwas besser funktionieren.“
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Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte - Seite 11 Empty Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte

Beitrag von Darnamur Fr Okt 30 2015, 12:14

Kaum kam er unten an, wurde er auch schon mit Reynard, dem selbst ernannten „King“ konfrontiert. Die Begrüßung des Burschen war nicht gerade freundlich und der Doktor überlegte, ob er sich verbal mit Bowen anlegen wollte. Doch der Gehstock, der ihm nun entgegenragte, ließ die Worte des Mannes schon viel schmeichelhafter klingen.
Er humpelte hinüber und nahm wortlos die Gehhilfe an sich. Sie war wirklich nicht übel. Ein edles Teil und der Bärenkopf, den er kühl in seiner Hand wog, war auch recht ansehnlich. Der Doktor stützte sich darauf auf und merkte, wie sich sein Körper dabei schon merklich entspannte. Das hatte ihm wirklich gefehlt.
Seine grauen Augen blickten wieder zu dem Tätowierten auf, der seinen Tabak sehr genießen zu schien. „Ich danke Ihnen. Mr. Norly wird sich erholen. Er ist nun aber erst mal schlafen gegangen, wie er es auch nötig hat.“
Nach wie vor, war das Vertrauen das Randolph diesem Mann entgegenbrachte, begrenzt. Er hatte geplant, Norly niederschlagen zu wollen. Seine Frau schien etwas anders eingestellt zu sein, aber wer wusste schon, was dieser Kerl geplant hatte. Er würde sein Misstrauen nicht einfach ablegen, nur weil man ihn mit Geschenken wohlgesonnen stimmen wollte.
Allerdings…es war relativ eindeutig, welches Bild die Beiden von ihm haben mussten.
Du wirst uns jetzt schön brav dort hineinführen und zu Norly bringen. Und wenn du und dein geistig zurückgebliebenes Gefolge ihm etwas angetan habt, lasse ich euch alle an eurem Blut und euren Eingeweiden ersticken!
Und zudem hatte er angedroht, ihre gesamte Familie auszulöschen. Nicht unbedingt freundlich.
Aber das ist nicht meine Schuld, rief sich Randolph ins Gedächtnis. Er hatte geglaubt, dass Charles tatsächlich in akuter Gefahr schwebte, sonst hätte er nicht gesagt, was er gesagt hatte.
Trotzdem. Vielleicht war es jetzt an ihm, die Situation etwas zu entschärfen.
„Es tut mir Leid, was geschehen ist“, meinte er zögernd. „Ich wollte sie und ihre Familie nicht bedrohen. Aber ich war mir sicher, dass das Leben meines Begleiters in Gefahr war und musste ihnen Angst einjagen.
Randolph musterte den Mann, der jetzt wieder wie die Gelassenheit in Person wirkte. Und dennoch hatte er Charles brutal überfallen. Diese Situation gab ihm nach wie vor Rätsel auf.
„Wenn sie mir die Neugier erlauben…warum haben sie Norly überhaupt niedergeschlagen, wenn sie ihn nicht für Scarface halten? Dann hätten wir uns den ganzen Ärger im Grunde sparen können…“
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Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte - Seite 11 Empty Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte

Beitrag von Leo Mo Nov 02 2015, 23:29

Abgeschlossen.
Natürlich. Wie oft hatte sie in ihrem Leben schon vor abgeschlossenen Türen gestanden? Sie hatte immer alle öffnen wollen, dahinter sehen, den Türen ihr Geheimnis entreißen. Es war nicht bei allen gelungen.
Diese hier war besonders hinterhältig. Sie sah nicht nur, was sich auf en anderen Seite befand – Freiheit, zum Greifen nah – sie fühlte sich obendrein, als verfolgte sie eine Meute wilder Tiere. Norlys Freund. Sie meinte, seinen warmen Atem im Nacken zu spüren, wollte sich umdrehen, ihm die Ellenbogen in den Magen rammen.
Was würde er tun, wenn er sie und Wright erst fand? Umbringen? Ja, töte die Alte. Töte die Mörderin. Baumeln soll sie! Wie oft hatte sie das schon gedacht. Überhaupt hatte sie das Gefühl, noch nie so viel gedacht zu haben wie in den letzten Wochen. Als hätte die Ehe ihr Gehirn betäubt.
Unsinn. Sie musste sich konzentrieren. Ein Schlafzimmer, Doppelbett, Nachtschränkchen, Kommode. Kein Schlüssel. Wo würde sie ihn aufbewahren?
War das überhaupt eine gute Idee? Vielleicht gab es einen besseren Ausweg, aber hatten sie die Zeit, danach zu suchen? Vermutlich mussten sie mit dem Vorlieb nehmen, was das Haus bot, und als es erbaut wurde, hatte sich der Architekt sicher über anderes Gedanken gemacht, als einen Fluchtweg aus dem ersten Stock. Sie musste zumindest den Balkon in Augenschein nehmen. Vielleicht hatte Wright ja auch mehr Glück als sie. Es war ein seltsames Gefühl, dass der Mann sich in derselben Situation befand, wie sie selbst. War er ihr Freund? Oder ihr Feind? Vermutlich irgendetwas dazwischen. Die Welt war nicht schwarz-weiß. Und für den Augenblick mussten sie einander trauen … naja, sie ihm zumindest. Keine Frage, im Fall des Falles würde sie sich selbst retten, aber vereinte Kräfte waren manches Mal durchaus hilfreich.
Der Schlüssel. Ein Schlüssel für einen Balkon. Der wurde wohl weder häufig noch selten benutzt … hin und wieder, aber nicht so oft, dass es Sinn ergab, ihn stets bei sich zu haben. Es gab Grund zur Hoffnung, dass er hier im Zimmer war. Nicht offen, das konnte sie sehen. Schublade? Ja, das wäre wohl ein geeigneter Ort ...
Also schön. Sie brauchte diesen verdammten Schlüssel, und wenn sie den Raum auseinandernehmen musste.
Nein. Nicht auseinandernehmen. Lieber leise und bedacht vorgehen … nicht Norlys Freund anlocken. Er war nicht erpicht auf diese Aufgabe, solange es ging, würde er sich nicht beeilen. Ein Radau im ersten Stock war Grund zur Eile.
Sie schielte noch einmal misstrauisch zur halb geschlossenen Eingangstür, dann ging sie zum Bett und zog die Schublade des Nachtschränkchens auf, das zum Balkon hinzeigte. Komm schon …


Zuletzt von Leo am Sa Nov 07 2015, 17:44 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte - Seite 11 Empty Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte

Beitrag von Thorgrimm Sa Nov 07 2015, 05:33

Nur einen kurzen Blick hatte Gilbert für das Interieur des Schlafzimmers übrig. Ihn interessierte kaum, wie luxuriös - oder in diesem Fall eben doch nicht - dieses Zimmer ausgestattet war. In einer anderen Situation, zu einer anderen Zeit, hätte er sich sicherlich einmal genauer in dem Haus umgesehen aber dafür war jetzt wirklich keine Zeit. Sein einziges Interesse galt also einem möglichen Fluchtweg und so führte ihn sein Weg direkt zu den Fenstern des Zimmers. Auf den ersten Blick durchaus eine Möglichkeit, zu verschwinden - das einzige Problem war die Höhe. Selbst wenn sich Gilbert vollkommen sicher sein würde, dass der Freund Norlys sie umbrächte, wenn sie nicht rechtzeitig entkämen, würde er dort nicht herausspringen. Die Überdachung, die er nach einem genaueren Blick entdeckte, entpuppte sich wenige Sekunden später als Falle.
Anscheinend hatte Arthur - ja das war der Name des Mannes, der verletzt in das Haus gebracht worden war - nicht überlebt. Vielleicht war er auch nur bewusstlos aber der Mann war angeschossen worden und das konnte selbst bei guten und erfolgreichen Behandlung den Tod bedeuten. Auch wenn er ein Freund Norlys gewesen war und Gilbert den Mann nicht gekannt hatte, traf ihn der Anblick des leblosen Körpers dann doch.
Der Maler sah nur eine Chance, über diesen Weg zu entkommen. Sie würden warten müssen, bis die Leute Arthur weggebracht hatten und dann mit der Kutsche wegfuhren. Anschließend müssten Thomson und er augenblicklich aus dem Fenster steigen und den Moment abpassen, in dem Norlys Freund sich durch das Haus bewegte. Allerdings war dieser Plan mit einigen Risiken verbunden. Jemand könnte sie bei der Flucht zum Beispiel entdecken. Dieser Fluchtweg eignete sich also nicht wirklich - höchstens als letzter Ausweg. Sie mussten etwas besseres finden.
Es sah nicht so aus, als hätten Thomson und er noch lange Zeit, sich weiter im Haus umzusehen, also drehte sich Gilbert augenblicklich um und ging aus dem Zimmer. Er war zwar immer noch nicht davon überzeugt, dass Norlys Freund ihnen irgendetwas schlimmes antun würde aber trotz alledem, wollte er nicht hier bleiben. Schnellen Schrittes näherte er sich dem nächsten Zimmer und sah sich flüchtig um. Vor allem die Fenster waren eine genauere Untersuchung wert.
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Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte - Seite 11 Empty Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte

Beitrag von Umbra Di Nov 10 2015, 21:32

Charles schritt durch schlecht beleuchtete Gassen. Kalte Dunkelheit umgab ihn, und trotzdem er die Hände tief in den samtgefütterten Taschen seines teuren Wollmantels vergraben hatte, fror er erbärmlich. Sein Atem bildete Wolken vor seinem Gesicht. Er war wieder auf der Suche – und die Suche schien heute kein Ende zu nehmen. Leere Straßen, dunkle Fenster. London, hier war er, wirkte wie ausgestorben; und das war so, weil alle hier bereits tot waren, das wusste er. So viel Blut war vergossen worden und es musste noch mehr fließen… Immer mehr. Rinnsale wurden zu Bächen, diese zu Flüssen und schließlich strömte alles in einen roten, unruhigen Ozean. Charles spürte, wie sich die ersten Tropfen an seiner linken Handfläche hinabliefen, wie die Vorboten des Übels, das noch kommen würde.

Noch herrschte Ruhe vor dem Sturm. Stattdessen war alles still und schien für einen kurzen Moment fast schon friedlich. Schnee fiel. Die Flocken rieselten mit sanfter Grazie hinab, wurden dann auf dem mit Unrat bedeckten Boden zu Asche. Charles begann, schneller zu werden. Wo Rauch war, war auch Feuer – und das Feuer musste nah sein. Hinter der nächsten Straßenecke schlug ihm die blendende Hitze entgegen. Hills Haus brannte lichterloh. Die Flammen hatten sich vom Keller hinauf schon bis zum Dach gefressen und mit Gewalt die Fensterscheiben aus ihren Rahmen gesprengt. Ein breites Lächeln schlich sich auf Charles‘ Gesicht, als das erhebende Gefühl der Genugtuung ihn durchströmte. Dies hier war Alans Werk, aber der Anblick fühlte sich trotzdem befreiend an – bis er seinen Namen hörte. Eine Frau rief ihn mitten aus dem Inferno zu sich, um ihr zu helfen.
„Nein!“, entfuhr es Charles. Das war nicht seine Antwort… er verfiel vor Entsetzen in Panik. Er war sich sicher, dass das Gebäude leer gewesen war. Er hatte sich um die Haushälterin gekümmert – sie konnte nicht hier sein! Sie durfte es einfach nicht! Charles kämpfte sich durch die Masse an schwarzen, gesichtslosen Leibern, die sich versammelt hatten, um dem Spektakel beizuwohnen. Eilig sprang er die Stufen zur Haustür hinauf und stürzte sich hindurch. Auf der anderen Seite wartete jedoch nicht die alte Mrs. Newcomb auf ihn. Es handelte sich um Sofia, Johannas Mutter. Sie war in ein zartes Nachthemd gehüllt, so wie sie es oft gewesen war, als er des Nachts in ihr Schlafzimmer geklettert war. Diese junge, sanfte Haut… Charles blieb unschlüssig stehen, denn ihr Gesicht war tränenbenetzt und als sie ihn ansah, erkannte er Wut und Enttäuschung. Die Flammen um sie herum verloren an Bedeutung.

„Sieh, was du mir angetan hast!“, keifte die junge Frau mit einem Mal und hielt ihm ein schreiendes Baby entgegen.
Charles hob beschwichtigend die Hände und wich langsam zurück. „Es ist nicht so, wie du denkst“, gedachte er, sie zu beruhigen. „Ich wollte nicht…“
„Was? Mich heiraten? Mich schwängern? Du bist ein verdammter Feigling, Charles! Du hast uns beide sitzen lassen!“
„Nein, so war das nicht!“, versuchte Charles zu erklären. „Ich wusste es nicht… Es war nicht meine Schuld!“
Charles wich immer weiter zurück.
„ Schlampe nennen Sie mich; Hure! Du hast mich meinem Schicksal überlassen. Wessen Schuld soll es sonst gewesen sein?“, fragte Sofia sarkastisch.
Charles schüttelte den Kopf und wich weiter zurück. Er wollte das Kind nicht nehmen, das sie ihm entgegenhielt. Allein der Gedanke daran machte ihm Angst. „Nein, das war nicht meine Absicht…“
Er stand wieder auf der Straße. Die strahlende Hitze des Hausbrands verschwand.

„Redest du schon wieder mit dir selbst, Charlie?“, sprach ihn jemand an, der hinter ihm leger auf der Couch in einem schäbigen Zimmer saß, das zu einem dieser Wohnblöcke gehörte, die man für die wachsende Arbeiterschicht der Stadt errichtet hatte. Charles erkannte das zu der Stimme passende, ihm wohlbekannte Gesicht, als er sich umwandte. Manche sagten, es sei seinem eigenen so ähnlich, dass man sie für Zwillinge halten konnte.
„Nenn mich nicht so, Tim“, brummte Charles missmutig. „Was willst du von mir? Ich hasse es, dass du dich immer so anschleichst.“
„Vater sucht dich. Ich soll dich zu ihm bringen.“
„Warum kommt er nicht selbst, wenn er sich wieder eine neue Strafe für mich ausgedacht hat?“
Timothy lachte. „Weil wir beide seine Schoßhündchen sind und nicht umgekehrt.“
Charles lachte nicht. „Verschwinde.“
Sein Bruder verschränkte die Arme hinter dem Kopf und machte es sich noch ein bisschen bequemer.
„Du könntest dir ruhig etwas Besseres leisten als diese Absteige“, meinte Timothy naserümpfend. „Ich fürchte, ich habe gleich Läuse, wenn ich wieder aufstehe.“
Charles ging nicht darauf ein. „Sag ihm, dass ich Besseres zu tun habe.“
„Wir beide wissen, dass das nicht stimmt. Und Vater wird nur noch wütender, wenn du ihn warten lässt.“
Charles zuckte mit den Schultern. „Er ist seit einem Monat ununterbrochen noch wütender als im Moment zuvor.“
„Was erwartest du? Du hast Carthick vor unseren Arbeitern zusammengeschlagen und tust noch nichtmal so, als ob es dir leidtut.“
Charles ging auf diese Bemerkung nicht ein. Was an jenem Tag geschehen war, war berechtigt gewesen. Ein Vorarbeiter, der seine Untergebenen, vor allem die Kinder, zu sehr in die Schranken wies, verdiente die Behandlung, die Charles ihm hatte zuteilwerden lassen. Der große William Norly sah das natürlich anders. Der große William Norly hielt seinen zweiten Sohn für schwach und unbeherrscht. Der große William Norly hatte kein Fünkchen Anstand im Leib –  und Tim leckte diesem despotischen Fettsack auch noch die Füße.
„Vielleicht bringt ihn seine Enttäuschung um, wenn ich noch etwas warte“, überlegte Charles laut und ging einfach. Die Straße empfing ihn wie ein alter Freund. Die Luft war trüb vom Regen, aber dieser vertrieb wenigstens den Staub und den Ruß und ließ Charles freier atmen.
Er hatte keine Lust, sich mit seinem Bruder zu streiten. Er war einfach frustriert und aufgewühlt. Die Vorstellung, England bald den Rücken kehren zu müssen, machte ihm Angst. Dabei war es aber nicht das, was vor ihm lag, das, was ihn beunruhigte, sondern was er hinter sich lassen würde.

„Ich habe eine neue Aufgabe für dich, mein Sohn. Du wirst Mr. Tunning begleiten. Ihr nehmt den Zug nach London am übernächsten Mittwoch. Euer Schiff legt am 25. ab.“

Charles war allein. Seine Familie wollte ihn nicht. Das schmerzte so atemberaubend sehr. Vielleicht würde man ihn wieder willkommenheißen, wenn er die Reise hinter sich gebracht hatte. Diese Hoffnung tat aber genauso weh wie die Gewissheit, dass er gerade sowieso nichts mehr zu verlieren hatte. Es hieß: Charles allein gegen die Welt.
„Es ist die niemals endende Geschichte, Junge“, sagte Ed, so wie er so oft den Lauf der Dinge kommentierte. Nun erst bemerkte Charles die Kutsche, die ihn in Schrittgeschwindigkeit begleitete. Sofort überkam ihn ein sehr schlechtes Gewissen.
Doch Ed hielt ihm anbietend die Hand entgegen. „Komm, steig auf. Reden wir.“
Charles ließ sich auf den Kutschbock helfen und nahm nehmen Ed Platz. Es war ihm unangenehm, nun hier zu sein.
„Es erschüttert mich zutiefst, was dir widerfahren ist“, versuchte Charles, sich zu entschuldigen, nachdem sie beide einen unangenehmen Moment des Schweigens hinter sich gebracht hatten. „Ich finde… keine Worte.“
Ed stieß einen belustigten Laut aus. „Du und sprachlos? Dass ich das noch erleben darf!“
Charles hatte das Gefühl, dass Ed nicht verstand. „Du bist tot, Ed.“ Wie sollte er das nur erklären? „Es tut mir so unendlich leid.“
Ed verstand noch immer nicht. Er war ein viel zu gutgläubiger Kerl. Nun saß er da, in sich zusammengesunken,  mit einem klaffenden Loch im Bauch, aus dem Eingeweide und Blut quollen.
„Ich war es“, gestand Charles verzweifelnd. „Ich habe dich umgebracht.“
Das Messer lag noch in seinen Händen. Und nun, während er sich über seinen reglosen Freund beugte, hob er es wieder an. Er setzte die Klinge an Eds erschlaffter Wange an und zog sie mit einer sanften Bewegung über die Haut des in die Jahre gekommenen Mannes, der nun seinen letzten Schlaf schlief. Aus dem Schnitt floss kein Blut. Vernarben würde er ebenfalls nicht mehr können.
Ein lauter Aufschrei einer Frau ließ Charles von seinem Werk hochschrecken. Doch es war niemand zu sehen.
„Wenigstens hast du mich zuvor betäubt, Charles“, sagte Eds Stimme. Die Leiche rührte sich nicht. „Ein wahrer Freundschaftsdienst.“
„Das habe ich nicht getan, um es dir leichter zu machen“, gab Charles geknickt zu und kletterte von der Kutsche. Er begann zu rennen, denn er wollte diesen Ort möglichst schnell weit hinter sich lassen.

Leider kam er nicht weit, bis er Verfolger hatte. Die Hill und seine Schergen waren ihm auf den Fersen. Sie jagten ihn unerbittlich und kamen mit jedem Atemzug näher. Charles lief immer schneller um sein Leben, während die Zeit immer langsamer zu werden schien. Sein eigener, angestrengter Atem und das Hallen seiner Schritte auf den Pflastersteinen, das zwischen den eng stehenden, aufragenden Gebäuden stumpf klang, begleiteten ihn auf seinem Weg. Er spürte, wie ihn langsam die Kräfte verließen. Es gab kein Versteck – er musste sich zusammenreißen. Er glaubte, dass er entkommen konnte. Das schaffte er immer.
Dann aber hörte er Hill rufen: „Lasst die Hunde los!“
Das Knurren und Kläffen dieser blutrünstigen Viecher versetzte Charles augenblicklich in höchste Panik.
„Nein!“, protestierte er keuchend gegen dieses höchst unsportliche Mittel, ihn zu fangen. Aber was hieß hier „fangen“? Die Köter würden ihn in Stücke reißen! Charles kämpfte gegen seinen bereits stark protestierenden Körper an. Er musste schleunigst von der Straße hinunter. Doch er sah keine Türen, ja, nichtmal Fenster, in den Mauern der Gebäude, die er passierte.
Charles begann, Haken zu schlagen. Links, rechts, links, geradeaus, rechts… Er hatte keine Chance. Eine enorme Kraft erfasste seinen linken Arm und brachte ihn zu Fall. Den Aufschlag auf den Boden spürte Charles kaum – der stechende Schmerz in seinem Unterarm, der gerade zerfetzt wurde, lenkte ihn davon ab.
Schreiend und um sich schlagend sowie tretend, versuchte er, das Biest abzuschütteln und ergriff, aus einer Eingebung heraus, seinen Revolver. Peng! Der Griff des Hundekiefers lockerte sich sofort und das stinkende Ungetüm starb. Charles rollte sich auf den Rücken, um Platz zum Aufstehen zu gewinnen, da sprang ihm schon der nächste, befellte Dämon entgegen. Dieser schwarze Höllenhund landete mit seinen breiten Tatzen mitten auf seinem Körper – er spürte, wie das Gewicht des Tieres ihm sofort das Atmen schwermachte –, allerdings war das weitaus Entsetzlichere an der Situation, dass das Biest versuchte, Charles‘ Gesicht anzufallen. Dass er es schützend mit den Armen abschirmte, führte dazu, dass sich auch dieser Hund in seinem Arm verbiss… wieder der linke. Überall war Blut. Rinnsale, Bäche, Flüsse, Ozeane.
„Nein!“, flehte Charles. „Lasst ab von mir! Helft mir!“
Doch Hill würde die Biester sicher nicht zurückpfeifen. Sie würden ihn fressen. Seine Hand hatten sie schon. Egal, was er tat, er konnte den Köter auf sich nicht abschütteln. Und in seinem Revolver waren keine Kugeln mehr. Er drückte mehrmals ab, doch er folgte nur leeres Klicken.



Lloyd Bowen paffte seine Pfeife, während er Randolph zu Wort kommen  ließ. Mit wieder verschränkten Armen lehnte er im Türrahmen und lauschte er der Entschuldigung sowie der darauf folgenden Nachfrage des Chirurgen. Der tätowierte Mann schien Randolph seine Neugier nicht übel zu nehmen.
„Ich verschwende wenig Zeit damit, mir bessere Lösungen für vergangene Situationen auszudenken“, erwiderte er die kritische Äußerung des Doktors. „Allerdings schätze ich, dass der Ärger unumgänglich gewesen ist. Charles wird es genau bewusst gewesen sein, dass ich von seinem Auftauchen hier nicht begeistert sein würde, nach dem, was mit Ed passiert ist, gerade mit einer Meute Fremder im Schlepptau. Er weiß, dass wir unter uns bleiben wollen.“
Er stieß mit einem langen Zug Rauch aus, bevor er weitersprach.
„Um ehrlich zu sein: Für das, was er Rosie angetan hat, hätte ich ihn gründlicher aufmischen sollen.“
Bowen blickte Randolph ernst und nachdenklich an. „Sie ist seit Tagen nur am Weinen. Was soll ich sagen? Ich kann es nicht ertragen, wenn mein Mädchen leidet. Ich selbst trauere übrigens auch um Ed. Er war ein anständiger Kerl… So ein verficktes Ende hat niemand verdient.“
Darüber konnte er nur den Kopf schütteln.
„Nur, weil Charles ein Freund ist, heißt es nicht, dass er mich nicht wütend macht, wenn er Scheiße baut. Ich hätte nicht erwartet, dass dieser weichliche Dandy schon beim ersten Schlag umkippt. Aber selbst, wenn es nicht so gekommen wäre, hätte es ihn nicht schlimmer erwischt. Rosie hätte das nicht zugelassen. Sie gibt ihm nicht die Schuld am Tod ihres Vaters. Im Gegensatz zu mir. Selbst, wenn er nicht eigenhändig das Messer benutzt hat, hat er den Mörder zu Ed geführt. Man muss nicht Scarface selbst sein, um ein Arschloch zu sein. Verstehen Sie mich nicht falsch: Sie wären nun nicht unsere Gäste, wenn Charles hier nicht doch auf irgendeine Weise willkommen wäre. Vielleicht wären Sie sogar tot, um genau zu sein. Eine kleine Bewegung von mir vorhin auf dem Hof oder ein Schuss von Ihnen hätte gereicht und Sie wären alle mit Blei gefüttert gewesen, Doktor. Ich glaube, Ihnen ist nicht wirklich bewusst…“
Er unterbrach sich selbst.
„Nun, egal. Was führt Sie die Treppe hinunter? Ich bezweifle, dass Sie sich hierhergequält haben, nur um sich bei mir zu entschuldigen und mir dann vorzuwerfen, Chaos zu stiften.“



Maura hatte Glück, dass sie nicht lange suchen musste. Zwar brachte der erste Griff sie nicht zum Erfolg – in der Schublade des Nachtschränkchens hatte sich ein Hauch von Nichts befunden –, aber in dem Kleiderschrank, der voll von sauberen Hemden und mehrteiligen Anzugkombinationen war (nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität war Luxus), lag ein Schlüssel an der vorderen Kante des obersten Regalbretts. Zu ihrer Erleichterung konnte sie feststellen, dass er tatsächlich die Balkontür zu öffnen vermochte. Es war ein großflächiger, mit Holzdielen ausgelegter Balkon, der wohl zu anderen Jahreszeiten als privater Entspannungsort genutzt werden konnte. Nun war er ein nasser, ungemütlicher, leerstehender Ort. Als Maura an das Geländer herantrat, hatte sie einen besseren Überblick – leider war dies kein Überblick, der ihr gefiel. Ein kleiner Rundgang verriet ihr, dass es an keiner Stelle die Möglichkeit gab, die Absprunghöhe zu verringern. Natürlich konnte man es trotzdem wagen. Ein Stockwerk tiefer wartete eine Wiese. Zum Glück bemerkte sie rechtzeitig, dass sie nicht allein draußen war: Auf der Rückseite des Hauses trugen drei Männer einen reglosen Vierten auf einem Bettlaken davon. Als sie vorsichtig um die Ecke spähte, bemerkte sie auch Norlys Freund aus der Lagerhalle, der am Hintereingang stehengeblieben war. Vermutlich würde er bald ins Haus zurückkehren – und nach Mr. Wright und ihr suchen. Bevor es so weit war, musste ein sicherer Fluchtweg gefunden worden sein, oder eben die Bereitschaft, ein Wagnis einzugehen.
Maura zog sich gerade vom Balkonrand zurück, um nicht noch von Norlys Freund entdeckt und begann, sich zur Sicherheit noch einmal umzusehen, als ein Rufen ihre Aufmerksamkeit erregte.
„Heda, Madam! Kommen sie herunter! Wir müssen uns mit Ihnen unterhalten.“
Zwei Männer kamen vom Vordereingang des Grundstückes auf das Haus zu. Sie hatten sie entdeckt.



Das nächste Zimmer, das Gilbert betrat, war dasjenige, in dem er von Oxley untergebracht worden war. Sein unvollendetes Gemälde und sein Koffer mit den Medikamenten, die er nicht zurücklassen durfte, warteten hier auf ihn. Er konnte die Gelegenheit nutzen, auf die Schnelle alles an sich zu nehmen, was er mit sich nehmen wollte. Aber die Fenster hier boten auch einen ernüchternden Blick Richtung Boden. Der Maler verlor keine Zeit und wechselte in den Raum, in dem der Butler und er Maura zum Aufwachen zurückgelassen hatten. In der letzten Nacht hatte die Frau in Norlys Begleitung hier geschlafen. Gilbert interessierten allerdings in seiner Situation in erster Linie die Fenster. Hier auf der Vorderseite des Hauses schien jedoch auch nur die Fluchtoption zu bleiben, einen Sprung aus dem Fenster zu riskieren. Dann plötzlich bemerkte er Bewegung unten auf dem Pfad, der zum Haus führte. Zwei Männer näherten sich. Den einen von ihnen erkannte er sofort wieder: Es war der Scotland Yard-Inspektor, der ihn am gestrigen Morgen verhaftet und vernommen hatte – Hayes war sein Name. Und auch den anderen meinte Gilbert, auf der Polizeiwache gesehen zu haben.


Zuletzt von Umbra am Mi Jan 06 2016, 19:43 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Beitrag von Elli Mi Nov 11 2015, 16:25

Die regelmäßige Atmung von Charles und die Wärme die er ausstrahlte machten Melinda etwas schläfrig. Sie überlegte was sie nun als nächsten machen würde. Es zog sie nach London zurück und der Gedanken alleine zurückzureisen manifestierte sich immer mehr in ihren Kopf.
Sie konnte den anderen ja durchaus sagen, wo sie hinwollte. Ihre Wohnung würde es wohl kaum mehr geben und in der Gegend sollte sie nach der Geschichte mit Ginger und Leeland nicht auftauchen. Nichts destotrotz wurden ihre finanziellen Mittel knapp und sie musste dringend arbeiten gehen. Bestehlen konnte sie hier niemanden. Weder bei Charles noch bei Randy wollte sie das tun. Gilbert sah nicht aus, als hätte er viel Geld in der Tasche und Maura? Naja, die wäre vielleicht noch eine Lösung. Charles wurde etwas unruhig neben ihr und bewegte sich unstet. Melinda nahm das zwar zur Kenntnis . beschloss aber ihn alleine gegen seine Dämonen kämpfen zu lassen. Er brauchte Schlaf und das dringend. Also kehrte sie wieder zu ihrem Gedankenspiel zurück. Nach London, dort etwas arbeiten, es gab schließlich Kunden die auf sie warteten, obwohl ihr bei der Überlegung auffiel, dass die schwarzen Kutschen etwas abgenommen hatte. Ob es an ihr lag? Hatte sie Wünsche nicht zu Genüge erfüllt? War sie nicht gut genug gewesen?
Ach bitte, du bist eine Hure wie aus dem Lehrbuch – würde es dafür eins geben. Du hast noch nie einen Wunsch ausgeschlagen, wenn die Kohle gestimmt hat, geldgeiles Stück!
Charles begann nun zu murmeln und seine Bewegungen wurden noch unruhiger. Melinda glaubte einmal einen Namen zu verstehen. War es Sandra gewesen?
Ein bisschen mehr von dem Bild das sie von Charles hatte, bröckelte ihn ihr. Sandra oder was auch immer er gesagt hatte. Er träumte von Frauen und nicht von ihr. Sie war vermutlich wirklich nicht mehr als eine Ablenkung bei dieser ganzen Aktion.
ACH?! Hast du es auch endlich mal begriffen. Er hatte seine erste Truppe ausgesucht, wegen den Fähigkeiten. Du weißt schon Erfinder und sowas! Was meinst du für was er eine Hure wollte? Für die Buchhaltung. Dumme Gans! Er brauchte was zum vögeln, damit ihm nicht langweilig wird. Eine Hure, die das Bett wärmt, wann immer man es möchte. Hat es so aussehen lassen, als müsstest du ihn erst ködern. Ich hab auch erst gedacht, er wäre die Maus die es zu fangen gilt, aber ich, ja ICH, habe ihn schon lange durchschaut. Er brauchte dich nur zum Beine breit machen, Mäuschen.
Melinda setzte sich auf. Die Gedanken die sie da hörte, verletzten sie. Vermutlich weil sie wahr waren. Was hatte sie sich bloß dabei gedacht? Die meisten Frauen hätten nun vermutlich geweint, doch das war nicht ihr Stil. Sie weinte nur, wenn es von Vorteil war. Einfach für sich alleine zu heulen brachte doch niemandem weiter, da musste schon ein Mann dabei sei und es musste damit lukrativ werden. So brachte das doch nichts. Traurig war sie trotzdem. Randy hatte Charles, ihren Fels in der Brandung zum wanken gebracht.
Ihre Gedanken schweiften jedoch nicht lange ab, den Charles bewegte sich nun mehr als unruhig und murmelte aufgebracht. Schweiß war auf seine Stirn getreten.
Sie beobachtete ihn eine ganze Weile während sie folgerte das der Albtraum in dem er sich gerade befand, wohl nicht enden wollte. Ab und zu kamen ihm klare Worte über die Lippen. Er sagte Tod und Schuld. Dann schon fast ein Aufschrei. Ein lautes Nein entkam seinem Mund. Er sah regelrecht panisch aus. Auch wenn Melinda gerade nicht wusste, was sie von all dem halten sollte, fand sie das es nicht fair war ihn so da liegen zu lassen. Alleine mit seinen Dämonen. Sie rüttelte ihn an der Schulter. “Charles. Hey, Charles. Das ist nur ein Albtraum. Los. Augen aufmachen. Charles!“
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Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte - Seite 11 Empty Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte

Beitrag von Leo Mo Nov 16 2015, 16:51

Pech, Pech, nichts als Pech!
Maura lag ein hässlicher Fluch auf der Zunge, doch sie zwang sich, ihn herunterzuschlucken. Der Balkon war nicht nur völlig unbrauchbar für ihre Fluchtpläne, er hatte sie auch noch fremden Blicken ausgesetzt. Feindlichen Blicken? Wer wusste das schon. In diesem seltsamen Spiel gab es wohl ohnehin keine wirklichen Freunde. Selbst Wright war höchstens eine Zwangskameradschaft …
Sie trat instinktiv einen Schritt zurück und wandte den Kopf, als sie die Stimme hörte. Sie gehörte einem Mann, den Maura noch nie gesehen hatte, doch er klang selbstbewusst, als sei er es gewohnt, Befehle zu erteilen. Ob er es auch gewohnt war, dass sie nicht befolgt wurden?
Was sollte sie jetzt tun? Sowohl Hinterausgang als auch Vorderausgang waren jetzt versperrt, und auf keiner der Seiten würde man sie freundlich empfangen. Großartige Idee, Wright. Ein toller Plan, genau in die Höhle des Löwen zu rennen. Sie würden noch beide hier verrecken. Ein lächerlicher Plan nahm in ihrem Kopf Gestalt an. Sie könnte die hilflose alte Frau mimen – eine Rolle, die ihr seit jeher lag – damit die Männer von vorne (die ihr sicher helfen wollten) ins Haus locken, dann im richtigen Moment über den Balkon türmen und …
So ein Unsinn. Du wirst bald 41, Maura. Nicht unbedingt ein Alter für waghalsige Sprünge in die Tiefe. Noch dazu in Eile. Nein, das würde nicht funktionieren. Aber was dann? Nach oben? Sie meinte sich zu erinnern, auf dem Flur eine Dachbodenluke gesehen zu haben … aber da oben würden sie bloß in der Falle sitzen, selbst, wenn sie es auf’s Dach schafften. Norlys Freund hätte alle Zeit der Welt, sie zu erledigen.
Es dauerte ein paar Sekunden, bis sie den Männern von vorne antwortete. Dann setzte sie ein engelsholdes Lächeln auf. „Einen Moment bitte, meine Herren. Ich komme herunter und öffne Ihnen!“ Dann verschwand sie wieder in dem Schlafzimmer.
Einen Teufel würde sie tun. Sollte Norlys Freund doch öffnen. Oder sein Butler, ihr war es gleich. Aber Tatsache war: Der Weg nach vorn kam nun nicht mehr infrage.
Und nach hinten? Der Scharfschütze würde sicher gleich hineinkommen, und dann wäre der Weg frei – vorausgesetzt, die Männer mit der Bahre kamen nicht zurück. Ein Risiko, aber wohl eines, das sie eingehen mussten. Oder? War Norlys Freund zu trauen? Vielleicht war es besser, einfach hier oben auf ihn zu warten … oder aber – eine Variante, die Maura deutlich besser gefiel – ihn gleich zu überwältigen. Zwei gegen einen … außerdem hatte der Kerl immer noch ihren Revolver, den er ihr im Lagerhaus abgenommen hatte. Wenn sie das Überraschungsmoment nutzten, hatten sie vielleicht eine Chance …
Aber allein wurde das nichts. Sie musste zurück zu Wright, sofort. Vielleicht hatte er ja einen Ausweg gefunden …
Es waren nur ein paar Schritte bis zum Flur. „Wright?“ Sie zischte so leise wie möglich, trotzdem schien es verräterisch laut zu sein. Verdammt, wo war der Kerl?
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Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte - Seite 11 Empty Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte

Beitrag von Thorgrimm Di Nov 17 2015, 15:28

Als Gilbert das Zimmer betrat, in dem er eine Nacht hatte verbringen dürfen, fiel sein Blick augenblicklich auf die Reisekoffer. Er hatte zwar nicht viel Zeit, alles zu durchsuchen aber zumindest seine Medikamente musste er an und mit sich nehmen. Der Rest würde wohl oder übel hier bleiben müssen, da ihn die Koffer bei einer Flucht nur behindern und verlangsamen würden. Noch einmal würde er nicht hierher zurückkommen und da Gilbert bezweifelte, dass man ihm die Koffer hinterhertragen würde, musste er sich wohl von ihnen verabschieden. Schade um die ganzen Sachen. Er war zwar nicht gerade arm und konnte sich zur Not alles neu kaufen aber ein Verschwender war er auch nicht. Gilbert beließ es also dabei, den kleinen Medikamentenkoffer an sich zu nehmen, einen kurzen Blick aus dem Fenster zu werfen und ohne weitere Zeit zu verlieren, in das nächste Zimmer zu gehen.
Dort reichte ihm auch schon ein kurzer Blick, um festzustellen, dass die Fenster ihre einzige Möglichkeit zur Flucht waren. Doch auch hier wurde er enttäuscht. Es schien fast so, als müssten sich er und Ms. Thomson entweder mit dem Sprung aus dem Fenster oder dem Freund Norlys begnügen. Gerade als er sich wieder abwenden und für einen Moment, um Luft zu holen und sich zu sammeln, aufs Bett setzen wollte, nahm er eine Bewegung aus den Augenwinkeln war. Zwei weitere Männer kamen auf das Haus zu aber zu Gilberts Überraschung, waren es keine Fremden oder Verbündete Norlys. Es waren Polizisten.
Im ersten Moment war der Maler wirklich erleichtert. Die beiden Männer waren wie die Rettung in letzter Sekunde und würden schon dafür sorgen, dass er und die alte Frau hier unverletzt herauskamen. Wie hieß es so schön: Polizei, dein Freund und Helfer.
Dann erinnerte er sich allerdings daran, dass er sich schon verdächtig gemacht hatte, als er mit einem Revolver in der Hand auf dem Bahnhof entdeckt worden war. Das Wiedersehen im Haus eines Verdächtigen würde sicherlich nicht so fröhlich werden. Es würde mindestens eine weitere Fahrt zum Polizeipräsidium bedeuten. In Handschellen. Dann würden einige unangenehme Fragen folgen, über deren Antworten sich Gilbert selbst noch nicht ganz sicher war.
Er hörte seinen Namen, bevor er sich überlegen konnte, was als Nächstes zu tun war und dann hatte er einen Geistesblitz. "Natürlich, wieso habe ich nicht schon vorher daran gedacht?!" Ms. Thomson war wie dafür geschaffen, mit der Polizei zu reden. Sie konnte wieder die arme, schwache Frau mimen und von ihrer Entführung berichten. Während sie die Polizisten und damit auch gezwungenermaßen die anderen Männer im Haus ablenkte, konnte er sich vorsichtig auf seine Flucht vorbereiten. Nur wie entkam dann Thomson?
"Ms. Thomson, kommen sie rein!" flüsterte er in ihre Richtung, öffnete die Tür und winkte sie herein. Er schloss die Tür hinter ihr und erzählte anschließend von seiner Entdeckung. "Es kommen zwei Männer auf das Haus zu. Es sind Polizisten, die Norly bereits festgenommen hatten. Einer von ihnen ist Scotland-Yard-Inspektor Hayes. Was meinen Sie, können wir diesen Zufall für uns nutzen? Die Fenster scheinen keine Option zu sein."
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Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte - Seite 11 Empty Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte

Beitrag von Darnamur Mi Nov 18 2015, 18:30

Randolphs Lippen bildeten eine schmale, blutleere Linie in seinem bleichen Gesicht. Falten bildeten sich auf seiner Stirn und den Rändern seiner Augen, während er Reynard aufmerksam zuhörte. Seine linke Hand stützte sich auf den kühlen Bärenkopf seines Stocks.
Kühler und ruhiger schien auch er selbst zu werden. Der Aufstieg dieses Höllenwerks von einer Treppe hatte ihm sämtliche Kräfte abverlangt und auch der Abstieg war nicht unbedingt angenehm gewesen. Und nun? Er stand mit seinem instabilen Bein in der Gegend herum. Auch nicht gerade wohltuend, wenn er es recht überlegte. Aber mit der Gehhilfe als Unterstützung war es ihm möglich in einer weitaus angenehmeren Position zu verharren.
Von dieser Position aus musterte er den sogenannten „King“. Ob ihn tatsächlich auch nur irgendjemand so nannte, davon war er selbst noch nicht wirklich überzeugt, aber er nahm es als gegeben hin. Er hatte Wichtigeres zu tun, als sich mit solchem Firlefanz auseinanderzusetzen. Es galt dieses Rätsel um Scarface, Charles Norly, die Morde und den Scotland Yard endgültig zu lösen. Im Vergleich erschien ihm das als Thema um einiges interessanter.
Doch was King Reynold zu sagen hatte, lockerte nicht die Zweifel mit denen er diese extravagante, obskure Gestalt behaftet hatte. Im Gegenteil: Seine Worte verstärkten diese nur noch.
Allerdings schätze ich, dass der Ärger unumgänglich gewesen ist. Allein diese Aussage, kam ihm schon verdammt blödsinnig vor. Hast du deinen Körper etwa nicht unter Kontrolle, Bursche? Selbst wenn Norly nicht willkommen gewesen war, dann hätte man das auch auf friedliche Art und Weise erledigen können. Reynard schien ein Mann zu sein, der primär mit seinen Fäusten dachte.
Auch die nachfolgenden Worte darüber wie seine Frau trauerte…wie er selbst trauerte…welche Scheiße Charles gebaut hatte…Randolphs Gesichtsausdruck verfinsterte sich weiter. Ich bin mir sicher Charles ist auch alles andere als glücklich über diesen Tod, du Bastard. Und Ed ist ihm vermutlich freiwillig gefolgt, wenn er wirklich ein Freund war.
Auch wenn dieser Kerl ihm eben einen Gehstock geschenkt hatte: Sämtliche Sympathie für ihn war bereits wieder verflogen. Nur weil sich dieser Hohlkopf nicht kontrollieren konnte und es geschafft hatte Norly mit nur einem einzigen Schlag auszuknocken, wäre es beinahe zu einem Blutbad gekommen. Insbesondere, wenn man seinen Worten glauben schenken konnte.
Eine kleine Bewegung von mir vorhin auf dem Hof oder ein Schuss von Ihnen hätte gereicht und Sie wären alle mit Blei gefüttert gewesen, Doktor.
Randolph hatte sich auf dem Hof gut umgesehen gehabt, daran erinnerte er sich noch. Er hatte an einem Fenster eine Gestalt erkannt und die Kinder gesehen. Aber von einer lauernden Bedrohung war nichts zu erkennen gewesen. Konnte es sein, dass Bowen log? Oder war dem Doktor tatsächlich etwas entgangen? Zumindest die Worte des Tätowierten klangen nämlich ehrlich. Verdammt. Wenn das stimmt…dann habe ich Melinda in tödliche Gefahr gebracht.
Randolph blinzelte und bemerkte, dass sein Gegenüber auf eine Antwort von ihm wartete. Ich muss mir den Hof nochmal genauer vornehmen. Später. Irgendetwas musste er wohl übersehen haben. Aber was?
„Sie haben vollkommen Recht. Das war nicht meine Absicht“, meinte er zu Reynard. Es ist wohl ohnehin nicht wirklich ergiebig, mit Ihnen über dieses Thema zu diskutieren. „Eigentlich wollte ich nachsehen, ob noch etwas von dem Essen übrig ist, das ihre Frau und ihre Töchter zubereitet haben. Es ist schon länger her, seit ich nun das letzte Mahl eine vernünftige Mahlzeit zu mir nehmen konnte.“
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Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte - Seite 11 Empty Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte

Beitrag von Leo Sa Nov 21 2015, 22:51

Als hätte Wright ihre Gedanken gelesen, tauchte die Gestalt des Mannes nur kurz darauf in einer Tür auf. Er winkte sie herein, und Maura kam dem nach, auch wenn sie sich ernstlich Sorgen machte. Wie viel Zeit blieb ihnen noch? Wenn sie nicht bald hier heraus kamen, war es um sie geschehen … auf die eine oder andere Art.
Bei dem, was Wright ihr erzählte, presste sie die Lippen zusammen. Sie sagte eine Weile lang nichts, doch die Gedanken rannten in ihrem Kopf im Kreis. Scotland Yard? Aus London? Aber bedeutete das, dass Scarface – Norly, verbesserte sie sich – bis hierher von ihnen verfolgt wurde? Und jetzt – jetzt waren sie hinter ihr und Wright her? Oder hinter Norlys Freund? Das wurde wirklich immer konfuser … wer hatte sie hierher geschickt? Purer Zufall? Bestimmt nicht …
Sie fuhr sich nachdenklich über den Mund. Wie dumm, dass die Polizisten sie nun bereits gesehen hatten, das machte die Sache nicht gerade einfacher. Und sich dafür nun eine Ausrede einfallen zu lassen … schwierig. Machbar? Vielleicht.
Sie könnte dafür sorgen, dass die beiden Polizisten sich Zutritt zum Haus verschafften, aber war das wirklich ein Vorteil für sie? Noch eine Partei mehr in diesem Haus, von der sie nicht einmal wussten, wegen wem sie hier waren? Vermutlich wegen Norlys Freund, aber wie konnten sie sich da sicher sein? Maura war keine Freundin der Polizei – das gehörte wohl dazu, wenn man einen Menschen auf dem Gewissen hatte – und die beiden hatten nicht gerade übermäßig freundlich reagiert, als sie sie auf dem Balkon gesehen hatten. Womöglich hielten sie sie sogar für Komplizen von Norly, ebenso wie den Schützen. Großartig …
Hören Sie, Mr Wright, ich fürchte, wir haben keine große Wahl. Die Polizisten haben mich bereits angesprochen, als ich auf dem Balkon nach Auswegen gesucht habe; sie wirkten nicht sehr freundlich. Ich weiß nicht, ob meine Fähig- … ob ich sie überzeugend täuschen kann, und ich kann diesen beiden Herren beim besten Willen keinen guten Grund nennen, aus dem ich hier bin.“ Den gab es ja auch nicht. „Ich denke, wir sollten ihre Gesellschaft meiden … und das können wir nur auf zwei Wege. Entweder, wie fliehen im richtigen Moment, oder wir riskieren ein Zusammentreffen mit dem Mörder von O’Sullivan.
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Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte - Seite 11 Empty Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte

Beitrag von Umbra Mo Nov 30 2015, 23:02

Charles riss sich schützend die Hände vors Gesicht, in Erwartung von mehr Schmerz und Blut und spitzen Zähnen, die ihm die Hand zerfetzten und ihm das Fleisch vom Schädel reißen wollten. Doch all dies blieb aus. Keuchend und mit Herzrasen registrierte er seinen Handschuh, der seine Prothese verbarg, und durch einen kleinen Spalt zwischen seinen Armen eine hölzerne Zimmerdecke, die ihm sehr bekannt vorkam. Er lag auch nicht auf der Straße, sondern auf weicherem Untergrund – einer Couch. Ein Traum – es war alles nur ein Albtraum gewesen. Die Hunde… ausgerechnet Hunde. Das Blut, nicht mehr als eine Ausgeburt seines Unterbewusstseins, das ihn zu quälen gedachte. Der Schmerz nicht echt, aber die Situation hatte sich trotzdem so real angefühlt. Charles war erleichtert, dass es vorbei war. Schweißgebadet, wie er nun war, klebte seine Kleidung unangenehm an ihm. Noch war zu aufgewühlt, als dass er fror, aber das würde wohl nicht lang auf sich warten lassen. Er spürte, wie ihm die Kälte des Raums bereits in die Glieder kroch, dennoch war diese nicht der Grund dafür, dass er zitterte. Charles konnte sich schon nicht mehr an alle Details seines Traums erinnern, allerdings war er (mal wieder) verstörend gewesen. Es war leider nichts Neues für ihn. Nicht einmal im Schlaf war ihm Ruhe gegönnt, zumindest meist nicht. Er fühlte sich wie gerädert.
Charles bemerkte, dass er nicht allein war, als er die Arme aus seinem Gesicht nahm. Melinda saß nackt neben ihm und schaute auf ihn herab. Auch wenn das der wahrhaft schönste Anblick war, den er sich in diesem Moment hatte erhoffen können, war es ihm auch unangenehm, dass Melinda ihn so sah. Er fühlte sich in einem schwachen, verletzlichen Moment ertappt.
Charles richtete seinen Oberkörper auf, wobei er kurz seine Mimik verzog und seine Seite mit einer Hand unterstützte, als Schmerz ihn durchfuhr. Dann, jedoch, brachte er ein verlegenes Lächeln zustande.
„Ich bitte um Vergebung, meine Liebe“, sagte er, immer noch außer Atem. Gezielt versuchte er, flacher Luft zu holen. Er würde noch ein bisschen brauchen, um sich wieder zu beruhigen.
„Ich habe Sie nicht hineinkommen gehört“, gestand Charles entschuldigend und wischte sich mit der Hand den Schweiß ein wenig aus dem Gesicht. Genau genommen, als er nun darüber nachdachte, glaubte er sich daran zu erinnern, ihre Stimme gehört zu haben, die seinen Namen gerufen hatte. Die Ahnung einer Berührung an seiner Schulter. Es dämmerte ihm, dass sie ihn geweckt hatte – eine äußerst willkommene Erlösung. So durcheinander und desorientiert Charles sich gerade auch fühlte, konnten seine Augen nicht anders, als über ihren wohlproportionierten Körper zu huschen. Das hielt ihm im Moment immer noch davon ab, zu frieren. Doch sobald ihm das selbst bewusst wurde, wurde er verlegen. Er entdeckte seine Taschenuhr neben sich auf dem Polster und steckte sie in seine Westentasche zurück – dorthin, wo sie hingehörte. Wie lange hatte er wohl geschlafen? Sicher nicht mehr als wenige Stunden… vermutlich sogar nur für sehr kurze Zeit. Ausgeruht fühlte er sich ganz und gar nicht. Er verzichtete in Melindas Anwesenheit darauf, nach der Uhrzeit zu sehen, und besann sich darauf, ein Gentleman zu sein.
„Verzeihen Sie mir meine Unbedachtheit“, bat er schuldbewusst und griff nach seinem Mantel, unter dem er geschlafen hatte, und bot an, ihn Melinda um die Schultern zu legen. „Ihnen muss kalt sein.“
Charles selbst kehrte langsam wieder in die Realität zurück.
„Es tut mir wirklich leid, wie unsere Reise hierher verlaufen ist“, fuhr er fort. „Auch, wie der heutige Tag angefangen hat. So haben Sie sich Ihren Geburtstag mit Sicherheit nicht vorgestellt.“
Charles lächelte geknickt. „Ich ebenfalls nicht, muss ich gestehen.“
Dann, jedoch, versuchte er, das Vergangene und soeben Geträumte zumindest emotional hinter sich zu lassen.
„Es wäre mir eine Freude, Sie zur Entschädigung heute Abend ausführen zu dürfen, Melinda. Wir könnten tanzen gehen“, schlug er, nun wieder ganz gefasst und freudig, obwohl sich sein Puls in ihrer Anwesenheit nicht beruhigen wollte, vor. „Ich könnte Ihnen die Stadt zeigen… Was immer Sie wünschen.“




Lloyd Bowen betrachtete Randolph einen Augenblick, Pfeife paffend, bevor er reagierte. Dann zuckte er mit den Schultern und wandte sich der Haustür zu.
„Folgen Sie mir, Doc“, meinte er, während er gemächlich voranschritt, sodass Randolph auch humpelnd Schritt halten konnte, „wir haben die Küche in die Fabrik verlegt. Im Haus wurde es etwas eng.“
Draußen war es ruhig, das Gelände wirkte genauso verlassen, wie es schon beim ersten Anblick während der Ankunft der Gruppe den Eindruck gemacht hatte. Die Luft war kalt und es roch nach Regen. Im Vergleich zu Londons Atmosphäre, schienen hier fast schon ländliche Verhältnisse zu herrschen. Der Gestank nach Industrie lag aber trotzdem über allem.
„Essen ist in der Regel immer genug da“, erklärte der King. „Die Kinder kommen und gehen. Die meiste Zeit verbringen sie draußen in der Stadt, aber wenn sie herkommen, müssen sie nicht auf feste Mahlzeiten warten. Wer will, kann sich selbst etwas von dem warmmachen, das übriggeblieben. So ist es am einfachsten für alle.“
Der Tätowierte erzählte das nicht ohne Selbstzufriedenheit in der Stimme.
„Die meisten sind übrigens nicht meine, soweit ich weiß“, korrigierte er nun im Nachhinein noch Randolphs offenkundige Annahme, er sei der Vater von allen Kindern hier, und lachte über die gemachte Anspielung.
„Rosie und ich haben zwei Burschen…“, offenbarte Bowen. „Der Rest ist uns zugelaufen, sozusagen, er biss auf das Mundstück seiner Pfeife, während ihn irgendetwas an seiner Formulierung breit grinsen ließ.
„Dennoch betrachten wir uns alle als Familie. Wir geben aufeinander Acht. Ich weiß nicht, wie ich Ihren finsteren Blick deuten soll, aber das sollten Sie immer im Hinterkopf behalten, wenn Ihnen die Idee kommt, jemandem hier ans Bein zu pissen. Machen Sie sich locker. Wenn Sie weiterhin so dreinsehen, als ob Sie jeden hier abstechen wollen, wird man Ihnen das glatt abkaufen. Es ist nicht sehr klug, in diesem Hornissennest herumzustochern nach Ihrer Aktion hier auf dem Hof vorhin. Das ist nun keine Drohung, sondern ein Rat. Hier herrschen die Regeln der Straße, Doc.“
Inzwischen hatten sie den gepflasterten Abschnitt zwischen Lagerhalle und Fabrik erreicht, dem man ansah, dass die Prioritäten von Bowens „Familie“ nicht bei der Grundstückspflege lagen. Möglicherweise war es aber auch Absicht, den Eindruck zu erwecken, dass sich hier nichts tat. Randolph hatte sich zwar vorgenommen, sich den Hof genauer anzusehen, aber Zeit dazu hatte er in dieser Situation herzlich wenig Zeit dafür. Außer, dass von alle drei Gebäuden Fenster zum Hof zeigten, war nichts Offensichtliches zu erkennen.
Bowen ging auf einen Seiteneingang des Fabrikgebäudes zu und klopfte seine Pfeife an der Wand daneben aus, bevor er seinem Begleiter die Tür aufhielt.
„Willkommen im Reich der Bruisers, Doc“, verkündete er, scheinbar vergnügt, als Randolph einen ersten Blick über Schwelle warf, und schritt dann selbst voran.
So wenig Eindruck das Fabrikgebäude von außen gemacht hatte, so sehr zeigte es nun seinen aktuellen Zweck von innen. Direkt hinter der Tür hatte man einen wohl schon vorhandenen Geschäftsraume – eine von der Fabrikhalle abgetrennte Holzbaracke – in einen Schankraum mit Bar umfunktioniert. Neben der Aussicht auf Alkohol, versprachen auch ein Billardtisch und kleine, runde Tische, die sich perfekt zum Kartenspiel eigneten, Beschäftigung. Vielleicht in den Abendstunden, zumindest – nun war dieser Raum, absehen von Randolph und Bowen selbst, menschenleer. Ein offener Durchgang erlaubte jedoch einen Blick auf einen angrenzenden, ebenfalls mit Bretterwänden begrenzten Raum, in dessen Mitte man eine kleine Arena mit aufgestapelten Kisten, Sesseln und Stühlen als Zuschauerränge aufgebaut hatte, die den mit Sand ausgelegten Boden in ihrer Mitte kreisförmig umringten. Überall angekleisterte Plakate und Stoffbanner zeigten Fahndungsplakate und anstößige Bilder, und kündeten von Bier- und Schnapspreisen, Mindestwetteinsätzen, vom „Bruisers Brawl“ sowie von Reynard, dem „King of the Ring“. Zwei Halbwüchsige hatten es sich dort auf zwei Sesseln bequem gemacht. Einer starrte Randolph finster entgegen, der andere schnitzte gedankenverloren an einem Stück Holz herum. Auf den Fingerknöcheln und dem Rücken der Hand, mit der der zweite sein Messer führte, prangten scheinbar Tattoos ähnlich derer, mit denen auch King Reynards Haut verziert war, auch wenn Randolph die Motive auf diese Entfernung nicht erkennen konnte. Der erste Bursche, den man wohl schon an der Schwelle zum Mannesalter sehen konnte, besaß nicht nur Tätowierungen an beiden Händen, mit denen er übrigens eine Flasche umklammerte, sondern auch am rechten Unterarm. Bowen ging an den Burschen und der Arena vorbei durch einen langen, zwischen den Holzwänden verlaufenden Flur, scheinbar, auf den Duft von frischem Brot und Gekochtem zu, der von irgendwo hier kam.



Während Maura und Gilbert sich austauschten, war zu hören, dass das Warten dem Mann, der Maura auf dem Balkon angesprochen hatte, zu lange dauerte. Ungeduldiges, lautes Pochen an der Haustür war zu vernehmen, sowie eine bestimmte, durch das Türblatt gedämpfte Aufforderung, die trotzdem hinauf bis in die erste Etage drang: „Öffnen Sie die Tür, Madam! Ich bin Detective Inspector Hayes vom Scotland Yard. Ich habe einige Fragen.“
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Beitrag von Thorgrimm Do Dez 03 2015, 16:34

"Vermutlich haben Sie Recht." Gilbert strich sich über seinen Schnurrbart und dachte angestrengt nach. Er hatte keinerlei Interesse daran, ein weiteres Mal mit den Polizisten in Kontakt zu kommen. "Ich kann mich leider auch nicht mit den beiden Polizisten beschäftigen." Wie viel konnte und vor allem sollte er Thomson verraten? Er entschied sich dazu, noch vage zu bleiben. Ob er der Frau wirklich vertrauen konnte, wusste er immer noch nicht. Bis jetzt arbeiteten sie nur zusammen, weil sie es mussten, um hier unbeschadet aus dem Haus zu kommen.
"Ich hatte schon einmal das Vergnügen, mich mit Inspektor Hayes unterhalten zu dürfen und ich bezweifle, dass er sehr erfreut wäre, mich hier wiederzusehen." Das konnte Thomson auch falsch verstehen aber sie hatten jetzt wirklich keine Zeit, groß und breit über vergangene Ereignisse zu reden. Langsam mussten sie handeln und endlich einen geeigneten Ausweg finden.
Gilbert begann, in dem Raum auf und ab zu gehen. Bewegung konnte seine grauen Zellen vielleicht etwas in Gang bringen. "Die Fenster, die ich gesehen habe, bringen uns allerdings auch nicht weiter. Sie hängen zu hoch und wir könnten uns beim Sprung verletzen." Ihm gefiel es zwar überhaupt nicht das zugeben zu müssen aber nachdem der Inspektor nun auch anklopfte, mussten sie sich entweder auf ihr Glück verlassen oder ein Risiko eingehen.
"Das ist nicht gut, überhaupt nicht gut. Wir könnten warten, bis dem Inspektor geöffnet wird und dann aus dem Fenster springen. Solange sind alle Parteien beschäftigt. Was anderes fällt mir leider nicht ein. Ich glaube nicht, dass wir uns auf unser Glück verlassen und darauf hoffen können, dass es eine Auseinandersetzung zwischen den beiden Parteien geben wird." Gilbert setzte sich einen Moment auf das Bett und da kam ihm eine Idee. "Vielleicht können wir Matratzen, Kissen und andere weiche Dinge benutzen, um die Verletzungsgefahr zu verringern. Was meinen Sie?"
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Beitrag von Leo Fr Dez 04 2015, 18:37

Maura schürzte die Lippen. Soso … der feine Mr Wright hatte also Probleme mit der Polizei? Auf den ersten Blick sah er gar nicht so verwegen aus, aber vielleicht entführte er ja regelmäßig fremde Frauen. Doch in diesem Fall machte ihn das auf seltsame Weise sympathischer – immerhin hielt sie selbst nicht viel von der Polizei. Als Mörderin wohl Berufsrisiko. Verdient hatte er es trotzdem …
Matratzen und Kissen?“ Sie gab sich alle Mühe, den Spott aus ihrer Stimme zu bannen, doch er war kaum zu überhören, wie ein Misston in einem Dreiklang. „Damit jeder sofort sehen kann, in welche Richtung wir uns davongemacht haben? Kommen Sie, Wright. Mit Verlaub, Sie sind kein großer Sportler, nehme ich an, und ich habe meine besten Jahre hinter mir.Leider. Maura sah zum Fenster und unterdrückte ein Seufzen. „Wir sollten uns wohl besser eingestehen, dass eine Flucht völlig sinnlos wäre, denken Sie nicht?
Sie war versucht, sich zu Mr Wright auf die Bettkante zu setzen, doch ihr klangen die Rufe des Polizisten an der Tür noch in den Ohren. Sie hatten keine Zeit, nicht jetzt. Jetzt mussten sie weg. Und das konnten sie nur, wenn sie sich entweder der Polizei anschlossen – oder Norlys Gefolgschaft.
Pest oder Cholera?
Mit einem entschiedenen Ruck zog sie ihr Oberteil zurecht, dann öffnete sie die Tür. Es half ja doch nichts. Sie konnten sich nicht ewig hier oben verstecken. Und sie war nie jemand gewesen, der sich versteckt hatte. Jedenfalls nicht im wörtlichen Sinne.
Kommen sie, Mr Wright.“ Ihre Stimme klang grimmiger, als es beabsichtigt gewesen war. „In diesem Fall bleibt uns nur die Flucht nach vorn. Und vergessen Sie nicht – wir sind zu zweit, und Norlys Freund ist allein.“ Mit anderen Worten: Sollte er Probleme machen, würde er es bereuen. Hoffentlich. Und hoffentlich hatte Wright überhaupt eine Waffe – sie selbst hatte ihre schließlich im Lagerhaus eingebüßt.
Es waren nur ein paar Schritte bis zur Treppe, und Maura ging zügig. Das Gepolter an der Tür war noch nicht verklungen – hoffentlich war der greise Butler klug genug, nicht zu öffnen, sondern lieber das Weite zu suchen. Mit eiligen Schritten machte sie sich an den Abstieg.
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Beitrag von Elli Di Dez 08 2015, 12:01

DDie Gedanken von Melinda waren keinesfalls so strukturiert, wie sie ihr sonst erschienen. Normalerweise fühlte sie sich nur so wenn sie entweder sehr lange nichts getrunken hatte, oder aber das Gegenteil, sehr viel getrunken hatte.
Doch das war beides momentan nicht der Fall. Es lag wohl eher daran, dass es ihr langsam dämmerte, dass es mit Charles laufen würde, wie mit allen anderen auch – sie war eine Hure und würde es auch immer bleiben. Waren die Worte auch noch so nett, die man ihr gegenüber aussprach, so änderte das nichts daran, dass sie bald wieder alleine da stehen würde. Um eine Erfahrung reifer, die sie aber schon einige Male gemacht hatte, aber alleine. Sie hatte im Grunde genommen nichts und niemanden. Die einzigen Konstanten die ihr Leben bisher irgendwie bereichert hatten, standen auf wackeligen Beinen. Aber bitte, bitte. Wer wird denn hier gleich ausflippen? Selbstmitleid, was? Wer ist den Schuld daran das Randy in diesem ganzen Kasperletheater mitspielt? Du! Du hast die anderen dort hingeführt. Du bist die, die man nicht Freund nennen sollte. Du hast den Doc in Gefahr gebracht!
Sobald sie jedoch dabei war einen klaren Gedanken zu fassen, rissen sie Erinnerungsstücke aus ihren Gedankengängen und einzelne Gesprächsfetzen und Gesichter tauchten vor ihr auf.

Randolph der auf das Buch tippte.
DU BIST EIN NICHTS!
Hills Gesicht - wutverzerrt.
Leeland, in seinem Blut und doch grinsend.
Schmerzen.
Charles der vor Bone zurück wich.
NOCH KEINE ZEHN JAHRE ALT UND SCHON SIEHT MAN DAS DU AUF DEM STRICH LANDEN WIRST! HURE!
Wieder Randolph der sie flehend ansah.
Die Hand von Charles die über ihre Hüfte wanderte.
Johanna die auf der Treppe stand und sie anschrie.
Wright, wie er auf die Kutsche stieg und floh.
…Norly ist ein sehr spezieller Mensch…
Alan ans Bett gefesselt.
Ein Freier der ihr ein Messer an die Kehle hielt.
Gesichter, verschwommen im Laudanumrausch.
ACH GEFÄLLT DAS DER HURE NICHT? SO EIN ÄRGER. HALT STILL!!!
Maura die auf einem Stuhl saß.
Sie selbst, wie sie in einer Gasse erwachte und sich nach Hause schleppte.
Charles mit einem Glas in der Hand. Lächelnd. Melinda.
Mama Stead’s Kopf der nach hinten klappte.
AUS DIR WIRD NIE ETWAS WERDEN!
Ein jüngerer Randolph der einer Frau nachsah, die sich liebevoll verabschiedet hatte.
Dieser Erfinder, deren Namen sie vergessen hatte, dem sie die kleinen Bomben angenommen hatte.
Eine Hand die auf ihr Gesicht zuflog.
HAU AB DU MISTSTÜCK, DICH WILL HIER NIEMAND!


Es schien ihr als seien es nur Schemen die sie wahrnahm, als Charles langsam wach wurde. Was zur Hölle machte sie hier? Warum hielt sie an jemandem fest von dem sie so gut wie nichts wusste? Der sie offenbar angelogen hatte? Termaine hatte ihr Beweise geliefert. Doch sie wollte sie nicht wahrhaben. Musste sie aber. Was sollte sie nun tun?
Erst als Charles sie ansprach kehrte sie langsam in die Gegenwart zurück und ließ die Schemen, die Bilder und die Gesprächsfetzen hinter sich. Langsam manifestierte sich ein Plan in ihrem Kopf.
“It’s ShowTime, Baby.”
Mit einer kurzen Handbewegung wehrte sie den angebotenen Mantel ab.
“Danke, aber die Körperwärme hatte mir eben gereicht. Zudem hätte ich nicht vermutet, dass der erste Gedanke wäre mich zu verhüllen.“ Sie zwinkerte Charles zu.
Geburtstag. Sie hatte Geburtstag? Heute? Sie hatte nicht einmal daran gedacht. Meist fiel ihr erst Wochen später auf, dass sich ihr vermuteter Geburtstag wieder einmal gejährt hatte.
Der Teil des Planes, der darin bestand noch heute nach London zurückzukehren, begann leicht zu wanken. Noch nie hatte ihr jemand gratuliert. Verwirrt blickte sie zu ihrem Gegenüber.
“Ich habe mir meinem Geburtstag ehrlich gesagt nicht anders vorgestellt – ich hatte nämlich nicht einmal im Blick dass ich heute Geburtstag habe.“
Es war erstaunlich wie schnell ihr Hirn noch zu Änderungen von Plänen in der Lage war, wo es doch schon seit Jahren von Alkohol durchtränkt war.
“ …heute Abend, ist heute Abend. Ich denke es ist kein guter Zeitpunkt sich offen zu zeigen und…tanzen…zu gehen.
Tatsächlich war Melinda noch nie in ihrem Leben tanzen gewesen. Sie tanzte, natürlich, aber eher auf einem Schoss, wie auf einer Tanzfläche. In so manchem Pub hatte sie ihre Beine und Kleid geschwungen, aber vermutlich waren es andere Lokalitäten an die Charles dachte. Abgesehen davon, war ihr keiner der Standarttänze mit denen die höheren Gesellschaftsschichten ihre Freizeit totschlug, ihren Füßen geläufig.
“Da ich aber nun gerade erst bemerkt habe, dass ich Geburtstag habe, fängt er auch erst jetzt an, würde ich sagen… Mit einem Lächeln schwang sie ihr rechtes Bein über ihn, so dass sie auf seiner Hüfte zum Sitzen kam.
“Happy Birthday, hm?”
Ihr Plan sah nun etwas anders aus.
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Beitrag von Darnamur So Dez 13 2015, 19:58

Bowen musterte ihn, während er an seiner Pfeife paffte. Vermutlich versuchte der „King“ ihn einzuschätzen. Auf ein psychologisches Gutachten schien er letztendlich aber zu verzichten, als er schulterzuckend kehrtmachte. Er hatte wohl nichts Verwerfliches daran gefunden dem Doktor Zugang zu den häuslichen Nahrungsmitteln zu beschaffen.
Um diese zu erreichen mussten sie erstmal wieder über den Hof hinken. Randolphs Gehstock schlug lautstark auf. In diesem Moment kam ihm ein Gedanke: Was wenn Bowen ihm den Stock nur gegeben hatte, damit er sich nicht weiter geräuschlos bewegen konnte. So konnte man immer hören, wo Randolph gerade entlang humpelte. Bestimmt war es so. Was versprach sich der Kerl sonst für einen Vorteil? Dass er seine Besucher so schnell wie möglich wieder loswerden wollte, hatte er ja schon angemerkt.
Und dieser Bursche war also einer von Norlys Freunden. Von diesen hatte er bisher wenig gute Eindrücke sammeln können. Der eine wäre ihm fast verreckt, der andere hatte den Iren abgeschossen und somit auch zugleich die Polizei auf den Plan gerufen. Und dieser hier hatte seinen Kameraden nun erst mal eine kräftige Faust in die Narbenfratze gemeißelt.
Randolphs Bllick schwanke düster zwischen den verschiedenen Gebäuden herum. Was zur Hölle habe ich übersehen? Die grauen Augen des Doktors verzinkten sich. Angestrengt spähte er durch die Gegend, doch auf Anhieb konnte er keine auffällige Unregelmäßigkeit ausmachen. Später. Wenn er Lloyd wieder losgeworden war. Während er sich vergeblich umsah, stach ihm wieder der widerliche Industriegestank in die Nase. Schon, als er das erste Mal Fuß auf dieses Pflaster gesetzt hatte, war ihm das aufgefallen. Der Geruch schien wie eine Wolke über dem gesamten Fabriksbezirk zu wabern.
Der Gesichtsausdruck des Doktors wurde noch etwas säuerlicher.
Bowen schien die Gelegenheit nutzen zu wollen, um ihn ungefragt über seine familiären Verhältnisse aufzuklären zu können. Ganz der vorbildliche Gastgeber eben. Aber er hätte sich keine Sorgen machen müssen. Randolph fühlte sich alles andere als gelangweilt. Er fühlte sich eher etwas verspannt. Bowen hingegen meinte wohl ein Bedürfnis zur Unterhaltung seines Gastes erkannt zu haben.
Die meisten sind übrigens nicht meine, soweit ich weiß. Weißt du überhaupt irgendetwas? Randolph lachte nicht mit, als Bowen, der gerade auf die Kinder zu sprechen kam, erklärte, dass viele ihnen zugelaufen seien. Zugelaufen also.
Eigentlich war das durchaus respektabel. Sogar sehr nobel, dass sich Bowen um diese Kinder kümmerte. Aber Randolph wusste nicht, ob er diesem Kerl wirklich dafür Respekt zollen sollte. Er war zu dem Schluss gekommen, dass er ihn nicht sonderlich mochte. Außerdem: Warum musste der King ihn nun ausgerechnet über sein wohltätiges Handeln aufklären? Randolph prahlte ja auch nicht sofort vor jedem Fremden, wie viele Menschenleben er schon gerettet hatte. Mürrisch trottete er weiter hinter dem Tätowierten hinterher ohne etwas zu entgegnen.
Seine Missbilligung vergrößerte sich noch, als Bowen meinte ihn über die Regeln der Straße aufklären zu müssen. Randolph hatte wohl mehr Huren und Penner zusammengeflickt als jeder andere Arzt von Soho. Er sah auch keinen Anlass sich für den freundlich gemeinten „Rat“ zu bedanken.
„Sie irren sich, Bowen“, meinte er. Er war nicht in der Laune jemandem ans Bein zu pissen, eher fühlte er sich selbst gerade angepisst. „Das hier ist mein fröhlicher Gesichtsausdruck. Sehen sie nicht wie fröhlich ich bin?“ Er entblößte die Zähne zu einer sarkastischen Grimasse.
„Sehen sie? Kein Grund zur Besorgnis. Ich fühle mich nicht in der Laune jemanden abzustechen. Sollte es mir dennoch in den Sinn kommen, lasse ich es sie zuvor wissen. Was das Lockermachen betrifft wird es wohl hingegen ein klein wenig problematischer. Ist leider nicht unbedingt einfach mit einem zerstörten Bein.“
Er stapfte an Bowen, der die Tür aufhielt vorbei ins Innere. Das Heim der Bruiser also. Beschaulich.
Zugegeben: Der Doc hatte nicht mit einem solchen Anblick gerechnet, die wohl verdeutlichte, dass sich hier nicht nur Bowens Familie regelmäßig versammelte. Auch wenn die zwei Burschen, die sich hier herumtrieben vermutlich seinem Samen entsprungen waren. Aber diese improvisierte Arena und auch die Bar wirkten durchaus so, als würden sie regelmäßig genutzt werden. Boxkämpfe im Untergrund also. Das war also das Metier des Kings. Jetzt machte zumindest der Name etwas mehr Sinn. Mit dieser Auflösung hatte er nicht gerechnet.
Randolph war nicht unbedingt ein Freund von Boxkämpfen. Villeicht half es diesen Kerlen ihre Aggressionen loszuwerden, aber der Doktor sah allgemein nicht viel Sinn darin, dass sich zwei Menschen zur Unterhaltung anderer das Leben aus dem Leib droschen und sich malträtierten. Später musste sich dann irgendein Arzt um die Brüche und Verletzungen kümmern. Während andere Patienten tatsächlich dringender Hilfe bedurften.
Aber gewissen Leuten schien es gefallen, wenn sich der Mensch auf die Ebene seiner tierischen Ahnen begab und sich im Zweikampf gegenübersah. Sie wollten sehen, wer der Stärkste, wer der Mächtigste war. Zumindest Randolph hatte Besseres zu tun, als sich mit solchem Unsinn zu beschäftigen.
Den beiden Heranwachsenden schenkte er nur kurz Aufmerksamkeit. Für eine Sekunde erwiderte er den Blick des finster dreinblickenden Burschen, dann ließ er seine Augen weiterschweifen. Der ihm entgegenströmende, warme Geruch lenkte ihn ab. Das war doch mal vielversprechend.
„Nett haben sie es hier“, urteilte er schließlich. „Sind sie immer noch im Boxgeschäft unterwegs?“
Das würde den sofortigen Knock-Out von Norly erklären. Und es würde ihm sagen, was er von Bowen erwarten konnte. Es war immer gut, sich schon im Voraus über seine möglichen, zukünftigen Feinde zu informieren. Wer wusste schon, wie sich diese Situation noch weiter entwickeln würde?
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Beitrag von Thorgrimm Di Dez 22 2015, 02:58

Zugegeben, es war kein besonders guter Plan gewesen aber zumindest hatte er einen Vorschlag gemacht, der nicht vollkommen hirnrissig war. Eine Flucht in den Wald hatte einiges für sich: Erstens mussten eine der Parteien ihre Flucht überhaupt erst bemerken - was dauern konnte, wenn die Polizisten auf Oxley trafen - und Zweitens war der Wald sicherlich dicht genug, um dort entkommen zu können. Ms. Thomson hatte die Schwachstelle des Plans allerdings erkannt. Sie waren beide nicht besonders fit und würden gegen die Polizisten überhaupt keine Chance haben, wenn es auf eine Verfolgung hinauslaufen würde. Der Erfolg wäre also abhängig davon, wie viel Vorsprung sie bekommen würden. Natürlich durften sie sich bei dem Sprung aus dem Fenster auch nicht verletzen, was selbst mit Matratzen und Kissen immer noch eine Gefahr war.
Die alte Frau hatte also wieder einmal Recht. Das gefiel ihm zwar nicht aber damit musste Gilbert leben. Womit er auch leben musste, war die Tatsache, dass sie sich entweder der Polizei oder Norlys Freund würden anschließen müssen. Eine Seite mussten sie wählen, nur welche war die Richtige? Welche würde sie aus dieser Situation bringen - mit den wenigsten Folgen? Was Norlys Freund mit ihnen vorhatte, war immer noch nicht klar. Die Polizisten würden sie vermutlich festnehmen, befragen und schließlich in eine Zelle stecken.
Thomson hatte es anscheinend eilig, denn sie verschwand, ohne auf seine Antwort zu warten. Gut, ihm war das nur recht. Er würde sich weiterhin im Hintergrund halten, so gut es ging. Hoffentlich erkannte ihn Inspektor Hayes nicht wieder aber das war recht unwahrscheinlich. Es war schließlich sein Job, sich Gesichter merken zu können.
Weitaus weniger enthusiastisch folgte er Ms. Thomson und lief die Treppe ebenfalls herunter.
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Beitrag von Umbra Di Dez 29 2015, 16:51

Charles fühlte sich nicht mehr desorientiert: Er wusste, wo er war und welche Umstände ihn hierhergeführt hatten. Weder das eine, noch das andere gefiel ihm. Das alte Büro seines Vaters – sein altes Büro im Verwaltungsgebäude der Norman Mill war ein Ort, der mit so vielen unliebsamen Erinnerungen getränkt war, dass Charles sich nicht wunderte, von dieser Atmosphäre einen Albtraum bekommen zu haben. Die Details des Geträumten verblassten immer mehr. Am präsentesten waren natürlich diese verdammten Mistköter, die versucht hatten, ihn zu fressen; aber auch die anderen Geschehnisse und Gesichter, an die Charles sich erinnerte, waren keineswegs angenehm gewesen. Ed, Sofia… Timothy.
Tim.
Charles hatte gerade das Bedürfnis, etwas Starkes zu trinken, das vermochte, Kummer zu betäuben… und die durchschwitzte Kleidung loszuwerden und ein Bad zu nehmen… aber gleichzeitig auch nicht. Jetzt aufzustehen, würde bedeuten, auf Melindas Nähe verzichten zu müssen – und sie kam ihm gerade äußerst nah. Seine Gedanken rasten, während sein Blut sich allerdings in einer tiefer gelegenen Körperregion sammelte, was es ihm schwer machte, noch klare Überlegungen anzustellen. Gegen das, was Melinda offenbar gerade vorhatte, hatte er nichts einzuwenden, im Gegenteil – gemeinsames Liebesspiel war viel tröstlicher als Alkohol – jedoch wollte er seine Einladung, sie auszuführen, nicht unter den Tisch fallen lassen.
Im Allgemeinen wirkte Melinda diesbezüglich nicht abgeneigt, fand Charles, jedoch schien sie sich Sorgen zu machen, die er ihr gern noch nehmen wollte, bevor sie beide anderes im Sinn haben würden.
„Auch wenn ich beim besten Willen genug davon habe, mich zu verstecken“, versicherte Charles lächelnd und so galant, wie es ihm gerade möglich war, „werde ich Sie in keine Bredouille bringen – bei meiner in Verruf geratenen Ehre! Wir haben schon genug Ärger am Hals. Nein, dieser Abend soll nur Ihnen gehören und er wird von niemandem gestört werden. Eure Wünsche sind mir Befehl, Mylady – Sie verraten mir, wonach Ihnen der Sinn steht, egal, was es auch sein mag, und ich lasse mir eine Lösung einfallen.“
Nichts lag ihm ferner, als sie in Gefahr zu bringen. Und er selbst wollte den Abend auch genießen können.
„Aber Sie haben Recht: Heute Abend ist erst heute Abend. Bis dahin… bin ich Ihnen selbstverständlich auch zu Diensten, Melinda.“
Charles ließ den Klang ihres Namens auf seiner Zunge zergehen. Obwohl die Bilder seines vergangenen Traumes versuchten, sich einen Weg in den Vordergrund zu drängen, genoss er die durchaus sehr realen Reize, die sich ihm stattdessen boten. Melindas nackter Körper hatte eine angenehm ablenkende Wirkung, die seine Aufmerksamkeit schon nach wenigen Atemzügen komplett für sich einnahm. Mit seiner Hand tat er es seinen Augen gleich und erforschte Melindas zarte, blasse Haut, bevor er sie auf seinem Schoß festhielt, um sie dann mit einem leidenschaftlichen Kuss unter sich auf die Couch bugsieren zu können. Bevor er noch mehr Nähe suchte und mit dem Vorspiel begann, zog er seinen Revolver aus dem Hosenbund, der dort nur unangenehm im Weg sein würde, und ließ diesen neben der Couch zu Boden gleiten. Dies war einer dieser Momente, in denen er plötzlich überhaupt nicht mehr an seine Sorgen und seine körperliche Verfassung dachte und sich einfach dem Glücksrausch hingab, der ihn überkam.



„Öffnen Sie die Tür, Madam, sonst verschaffen wir uns anderweitig Zutritt!“, dröhnte es durch das vor Maura und Gilbert liegende Hindernis hindurch, hinter dem die Männer vom Scotland Yard immer ungehaltener wurden.
Doch als Maura und Gilbert die „Flucht nach vorn“ antraten, bemerkten sie schnell, dass das Klopfen des Inspektors an der Fronttür auch von Norlys Freund und dem Butler nicht unbemerkt geblieben war. Sowohl Harry, als auch Oxley traten unter der Treppe hervor (sie hatten sich wohl zuletzt im hinteren Teil des Erdgeschosses aufgehalten und kamen, so schloss Gilbert, aus dem Flur) zeigten sich im Eingangsbereich des Hauses. Den Vorhängen, die die Fenster um die Haustür verdeckten, war es wohl zu verdanken, dass alle wenigstens aus dem Blickfeld der Polizei blieben.
Norlys Freund begrüßte die beiden mit verschränkten Armen, finsterem Blick und schroffen Worten:
„Äußerst clever, Wright, hierher zurückzukehren und sie auch noch mitzunehmen“, knurrte er sarkastisch, aber blieb leise, damit er draußen nicht zu hören war.
„Kommen Sie, hier entlang“, forderte er Gilbert auf und machte Anstalten, in den Flur zurückzukehren, „wenn Sie Ihren Verrat nicht noch komplett machen wollen… Wäre sowieso kein idealer Moment dazu. Ich schätze, selbst die Spatzenhirne da draußen werden darauf kommen, dass Sie hier nicht hingehören.“
„Was auf Sie auch zutrifft, Madam“, wandte der Butler sich an Maura und sprach ebenfalls leise. Seine buschigen, weißen Augenbrauen berührten sich, so sehr lag seine Stirn vor Ernsthaftigkeit in Falten.
„Doch man hat Sie gesehen. Ich werde Ihnen helfen, sich herauszureden, wenn Sie mitspielen. Eine Hand wäscht die andere. Dies hier ist Charles Norlys Haus, falls Ihnen das noch nicht bewusst ist. Also sagen Sie denen, Sie seien meine Nichte und nur zu Besuch, sonst wird das auch übel für Sie enden. Ich bin Thomas Oxley.“
Oxley verschwand schon einmal in den Flur und wartete, mit der Türklinke in der Hand, auf Harry – und auf Gilbert, sollte dieser der Aufforderung nachkommen und Harry folgen.

Karte Erdgeschoss:
Karte 1. Etage:



Lloyd Bowen hatte für Randolphs missgelaunten Sarkasmus nicht viel mehr als einen skeptischen Blick übrig. Die Präsentation seines Herrschaftsgebiets schien den King ohnehin schnell abzulenken und mit der Nachfrage des  Docs, ob er immer noch im Boxgeschäft unterwegs sei, tat ihr Übriges.
„Das will ich doch wohl meinen!“, entgegnete der Amerikaner mit einem selbstverständlichen Lachen. „ Zweimal die Woche haben wir hier volles Haus. Die ganze Sache ist ein nettes Zusatzeinkommen. Sie können sich gern selbst davon überzeugen – heute Abend, bereits. Sie haben Glück, dass Donnerstag ist!“, meinte er zufrieden mit sich.
„Ein Tipp unter Freunden: Wetten Sie nicht gegen Pretty Perce, der prügelt die Scheiße aus fast jedem heraus – auch außerhalb des Rings, wenn er Lust darauf hat. Meiden Sie am besten Augenkontakt.“
Dann glitt King Reynards Blick zu den beiden Jugendlichen herüber – insbesondere zu demjenigen, der immer noch finster herüberblickte.
„Wo wir schon dabei sind: Hör auf zu glotzen, Fish, und bring dem netten Onkel Doktor und mir einen Drink, solang du selbst noch nüchtern genug bist, um gerade zu laufen. Nimm was starkes, der Doc hat Schmerzen.“
Der Bursche schien wenig begeistert über diese Aufgabenzuteilung zu sein, antwortete allerdings gehorsam mit einem mürrischen „Aye, Boss“, bevor er noch einmal einen Schluck aus seiner Flasche nahm, diese auf einer der Kisten des Rings abstellte und sich schlurfend in Richtung Bar aufmachte.
Bowen beachtete den Jungen bereits seit seinem Befehl nicht mehr und redete stattdessen ohne Unterbrechung, wieder an Randolph gerichtet, weiter: „Ich bin auch nicht schlecht, wenn Sie das meinen, aber als Herr des Hauses kümmere ich mich hauptsächlich um das Geschäftliche. Nur hin und wieder einen Kampf, um in Form zu bleiben – Sie verstehen?“
Der Tätowierte grinste wieder diebisch.
„Und abseits davon zeige ich den jungen Bruisern, wie man richtig zulangt… und auch den ein oder anderen praktischen Kniff. Auf der Straße muss man sich behaupten können.“
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Beitrag von Leo Sa Jan 02 2016, 00:55

Keine pfeifenden Revolverkugeln erwarteten sie im Untergeschoss, und Maura erlaubte sich, in einem unbeobachteten Moment tief durchzuatmen. Norlys Freund tat ihnen nichts zuleide – eine große Erleichterung. Stattdessen reagierte er nüchtern, fast schon besorgt, was Maura ehrlich überraschte; bisher hatte sie den Mann als skrupellosen Killer eingeschätzt, der zudem relativ leicht die Beherrschung verlor. Vorausgesetzt, eine (mittel-)alte Frau stellte ihm die richtigen Fragen.
Nur diese nervigen Bobbies standen immer noch vor der Tür. Und wollten rein. Dabei wollte sie nur hier raus. Wie absurd …
Sie hörte sich Oxleys Vorschlag schweigend an. Klang gar nicht schlecht, auch wenn sie das nie zugegeben hatte. Klar, der Plan hatte Lücken, zum Beispiel kannte sie gerade mal Oxleys Namen und konnte sein Alter ungefähr schätzen, aber mehr war in der Kürze der Zeit nun einmal nicht möglich … aber was blieb ihnen schon übrig? Oxley hatte recht – wenn man sie hier erwischte, wie sie mit Norly-Anhängern (scheinbar) paktierte, würde sie genauso Ärger bekommen wie alle anderen hier. Vielen Dank auch, Wright … Also schön. Onkel und Nichte. Wenn das mal gut ging …
Ich hoffe, Sie haben einen Plan, wie wir die“, sie zeigte mit dem Daumen auf die Haustür, „wieder loswerden, Mr. Oxley! Aber schön, versuchen wir es.“ Es gefiel Maura gar nicht, sich auf die Pläne anderer Leute einlassen zu müssen, aber hatte sie eine Wahl? Das einzig Gute war, dass sie sich so mehr oder weniger frei im Haus bewegen konnte – Norlys Handlanger und Wright blieb nicht viel anderes übrig, als in Deckung zu gehen, und Oxley würde wohl bei der Tür bleiben müssen, wenn die Polizisten sie nicht eintreten sollten. Und sie hatte auch schon eine Idee, was sie als erstes tun würde …
Onkel Thomas, würdest du die Tür für mich öffnen?“, flötete sie – so laut, dass man es auch hinter der Tür hören musste – nur um sich kurz darauf wieder von Oxley zu entfernen. Das waren wichtige Sekunden, die ihr hier geschenkt wurden, und sie würde sie nicht verstreichen lassen. Wo war denn nun dieser Raum, den sie suchte …
Sie war durch die hintere Tür unter der Treppe verschwunden und in einen weiteren Flur geraten, doch erst jetzt wurde ihr bewusst, wie groß Norlys Haus tatsächlich war. Der Typ führte sich also nicht nur auf wie ein reicher Schnösel – er war ganz offensichtlich auch einer. Und obwohl Maura in einem Haus aufgewachsen war, das dem hier nicht unähnlich war – wenn es auch in London gestanden hatte – fühlte sie sich hier drin kein bisschen wohl. All die teuren Möbel, das dunkle Holz … Gemälde an den Wänden, die mit toten Augen auf sie herabstarrten … Sie hatte Gemälde nie gemocht, schon gar nicht diejenigen, die einem mit den Augen folgten. Ihren Blick spürte sie im Nacken wie Eiswürfel. Unheimlich.
Die ersten beiden Türen, die sie öffnete, schlug sie gleich wieder zu, doch bei der dritten hatte sie Erfolg: ein langer Tisch zeugte davon, dass hier wohl das Speisezimmer sein musste. Wunderbar, dann war sie ja fast da …
Das Speisezimmer wirkte genau so kalt wie die anderen Räumlichkeiten der Norlys, obwohl ein großes Fenster den Raum mit Sonnenlicht flutete. Einen Moment lang war Maura versucht, einfach den schnellsten Weg nach draußen zu nehmen, aber wie lange würden die Polizisten brauchen, um ihre Abwesenheit zu bemerken? Dann würden sie nach ihr suchen lassen … mit Erfolg, denn sie hatten sie bereits gesehen. Verdammt, warum hatte sie unbedingt auf diesen verfluchten Balkon gehen müssen?! Sie schlug mit der Faust gegen den Kamin, an dem sie vorbeiging, doch das machte die Sache nicht besser. Na, komm, Maura. Gleich am Ziel …
Dieses Mal hatte sie Glück. Die nächste Tür führte sie genau in den Raum, den sie gesucht hatte – und den Charles Norly sicher höchst selten persönlich betrat. Die Küche. Sie war gefliest und verfügte ebenfalls über Fenster, die Maura aber lieber nicht zu genau in Augenschein nahm. Nicht, dass sie noch in Versuchung kam … dazu war sie auch gar nicht hergekommen. Sofort begann sie, zu suchen, zog erst eine Schublade auf, dann die nächste … und wurde schließlich fündig. Zufrieden zog sie ein langes Küchenmesser als der Schublade. Es hatte keine Zacken, sondern eine glatte, scharfe Klinge und einen soliden Holzgriff – alles in allem ein Messer, wie es in einem ihrer Romane hätte vorkommen können. Und zwar im Hals des Opfers.
Hoffentlich würde es in dieser Geschichte nicht so weit kommen müssen.
Sie sah sich noch einmal um, dann ließ sie, sich unbeobachtet wähnend, das Messer in ihrer Manteltasche verschwinden. Besser, wenn niemand von seiner Existenz wusste, nicht einmal Wright. So hatte sie wenigstens noch einen letzten Trumpf, ein Ass im Ärmel. Im Bestfall würde sie auch gar nicht damit zustechen müssen – jemanden zu erstechen war schließlich eine äußerst blutige Angelegenheit. Nein, meist reichte es ja schon, überzeugend zu drohen, damit Menschen taten, was sie sollten.
Sie atmete tief durch, während sie die Hand wieder aus der Tasche zog. Endlich wieder bewaffnet zu sein war ein gutes Gefühl. Seit sie ihren Revolver verloren hatte, hatte sie sich seltsam entblößt gefühlt … nun jedoch konnte sie sich wieder angemessen wehren, wenn es sein musste. Das Messer schlug ihr im Takt ihrer Schritte gegen den Oberschenkel, doch es bewegte sich nicht und war dank des dicken Stoffs auch nicht von außen zu erkennen. Hauptsache, sie bekam es im Notfall schnell genug aus der Tasche. Und wer wusste schon, wie bald dieser Notfall eintreffen könnte.
Sie fühlte sich bedeutend besser, als sie sich auf den Rückweg machte. Nun denn. Sollten sie doch kommen, die Polizisten … durchsuchen würden sie sie schon nicht. Nicht eine harmlose Dame, wie sie eine war.
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Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte - Seite 11 Empty Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte

Beitrag von Thorgrimm Sa Jan 02 2016, 05:29

Innerlich bereitete sich Gilbert bereits auf das Zusammentreffen mit Norlys Freund vor. Das dieser ihn oder seine Begleitung direkt angreifen würde, war unwahrscheinlich. Der Mann schien zwar skrupellos aber nicht dumm zu sein. Vor der Tür warteten die Polizisten und es wäre ein großer Fehler, jetzt Thomson oder ihm irgendetwas anzutun und damit dem Inspektor einen guten Grund zu liefern, um aus dieser ganzen Sache noch etwas Großes zu machen. Die Frage blieb, was der Inspektor und sein Kollege überhaupt hier zu verloren hatten. Noch während Gilbert mit dieser Fragestellung zu kämpfen hatte, sprach ihn Norlys Freund an.
Den sarkastischen Tonfall ignorierend, folgte er dem Mann ohne weitere Worte in den Flur und entfernte sich noch einige Schritte weiter von der Tür. Schließlich konnte er aber dann doch nicht mehr einfach so das hinnehmen, was ihm Norlys Freund vorwarf. Verrat? Wie kam er denn jetzt darauf? War Gilbert vielleicht doch schon viel tiefer in diese ganze Sache hineingerutscht, als er angenommen hatte? Es schien fast so. Wenn dieser Mann von Verrat sprach, dann ging er davon aus, dass Gilbert ein Verbündeter war und dessen war sich der Maler überhaupt nicht sicher. Das würde er dem Mann jetzt aber nicht einfach so auf die Nase binden und damit einen Vorteil wegwerfen. Wenn er ihn für einen Verbündeten, vielleicht sogar für einen Freund hielt - oder gehalten hatte - dann konnte das Gilbert vielleicht ausnutzen.
"Hören Sie." zischte er dem Mann zu. "Ich habe ihnen geholfen weil ich neugierig bin. Weil ich wissen will, ob Mr. Norly wirklich der ist, der er behauptet zu sein." Gilbert schüttelte langsam den Kopf und fuhr leise fort. "Ich habe nicht damit gerechnet, dass Leute sterben. Das Unschuldige, wie Ms. Thomson, ohne mein Einverständnis überfallen werden, um sie irgendwie bewusstlos zu machen."
Er hatte gesehen, wie diese Leute wirklich waren. Verrückte. Kranke Menschen. Mörder. Die Vorwürfe sparte er sich jetzt allerdings. Er hatte bereits zu viel gesagt.
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Beitrag von Umbra So Jan 03 2016, 19:38

Harry und Oxley schauten beide irritiert und finster drein, als Maura, anstatt sich der Haustür zuzuwenden, lautstark Oxley diese Aufgabe zugedachte, und dann an ihnen in den Flur vorbeischlüpfte, um zu beginnen eine Tür nach der anderen zu öffnen und dann ins Esszimmer zu verschwinden.
Niemand von den beiden kommentierte das. Im Hintergrund hörte das Klopfen auf, als Gilbert das Gespräch mit Harry begann.
Norlys Freund reagierte recht ablehnend Gilberts Einstellung gegenüber: „Das ist bei Weitem das Dümmste, was mir in letzter Zeit zu Ohren gekommen ist“, entgegnete in gedämpfter Lautstärke, um unauffällig zu bleiben.
„Mit ihrer verdammten Neugier und weil Sie den Helden spielen müssen, haben Sie nicht nur sich selbst in die Scheiße geritten. Das hat bereits am Bahnhof nicht funktioniert“, erinnerte er Gilbert ungehalten. Von den Vorgängen dort, wusste Norlys Freund also.
Oxley kehrte unterdessen in den Eingangsbereich zurück und schloss die Flurtür hinter sich.
„Sie sollten mal selbst darüber nachdenken, was für Folgen ihr Handeln hat, bevor Sie handeln“, fuhr dieser fort. „Niemand hat sich den Lauf der Dinge so gewünscht, wie es passiert ist. Glauben Sie etwa, es hätte mir Spaß gemacht, den Iren zu erschießen?“, erkundigte er sich und schnaubte.
„Nein“, stellte er klar. Dafür, dass er O’Sullivan erschossen hatte, wollte er sich offenbar rechtfertigen.
„Doch hätte ich es nicht getan, hätte er Charles abgestochen. Oder die Frau. Oder den Doktor. Ich handele, im Gegensatz zu Ihnen, nicht vollkommen kopflos und eigennützig.“
Dass Norlys Freund mit der Gesamtsituation äußerst unzufrieden war und er Gilbert nun den Kopf waschen wollte, war ihm leicht anzumerken. Er dachte nicht daran, den Maler zu Wort kommen zu lassen, sondern griff das Thema sofort auf und wies in die Richtung, in die Maura verschwunden war.
„Was hat diese dreiste Person hier zu suchen?“, wollte er wissen, wartete allerdings keine Antwort ab.
„Wenn Sie mich fragen, war es die beste Entscheidung, sie zu betäuben und in Sicherheit zu bringen, wo sie sich selbst und der Gruppe keinen Schaden zufügen kann“, beurteilte er diese Angelegenheit und ließ es auch nicht aus, dies zu begründen:
„Was glauben Sie, was nun passieren wird? Sie ist eine Zeugin und sie hat bewiesen, dass sie gefährlich ist. Sie wird Sie nicht als Ihren Retter darstellen: sie wird mit dem Finger auf Sie zeigen. Diesmal wird der gütige Inspektor Sie sicher nicht laufen lassen. Erst recht nicht, wenn er Sie ausgerechnet hier auffinden wird. Erst recht nicht, wenn sie ihm sagt, dass Sie mit Charles gemeinsame Sache machen. Mehr Beweise brauchen Sie nicht, um Sie einzubuchten oder sogar aufzuhängen“, nannte der Mann die Sache beim Namen.
Harry fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht und schien sich etwas abzuregen. Aber nicht minder ernst, setzte er wieder zum Sprechen an:
„Ich bin nur hier, um Arthur aus der Gefahrenzone zu bringen und mich um Mr. Oxleys Verbleib zu kümmern – nicht, um Ihnen den Arsch zu retten.“, brummte Harry und schritt ins Zimmer, in dem man am Vorabend den schwerverletzten Arthur unterbracht hatte. Nun war das Bett, bis auf Blut, das an den Laken klebte, leer. Allerdings schien Oxley bereits im Zimmer zu warten. Er musste es auf einem anderen Weg betreten haben.
Harry wandte sich an der Schwelle zu Gilbert um, während er weitersprach:
„Nehmen Sie Ihre neue Freundin besser an die Leine. Da sie offenbar anderes vorhat, anstatt uns zu helfen, den Yard loszuwerden, müssen Sie beide selbst sehen, wo Sie bleiben“, verkündete er düster.
„Ich bin hier fertig.“
Er schlug die Tür zu und drehte sofort den Schlüssel im Schloss herum.



Maura hatte unterdessen auch bemerkt, dass der Inspektor mit der Klopferei aufgehört hatte. Allerdings nahm sie vor den Küchenfenstern plötzlich Bewegung wahr: Sie erkannte den zweiten Polizisten, den Begleiter von Hayes, wie dieser um das Haus herumging und sich dann bückte. Sie beobachtete ihn, wie er eine Flügeltür am Boden an der Haushinterseite öffnete – offenbar die Kohlenluke. Nun machte der Mann Anstalten, dort hineinzusteigen.
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Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte - Seite 11 Empty Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte

Beitrag von Darnamur So Jan 03 2016, 22:10

Randolph humpelte weiterhin mürrisch dem King hinterher. Er konnte mit dieser ganzen Boxer-Scheiße nichts anfangen. Stupide Prüglereien für die man bezahlt wurde. Als ob das Leben in Manchesters Straßen noch nicht blutig und elend genug wäre. Aber bestimmt gab es einige Penner, die in der Hoffnung auf ein paar Dollar gerne eine handvoll Zähne oder eine Platzwunde in Kauf nahmen. Und dann gab es noch solche begeisterte Chaoten wie Reynard, die glaubten das solche Boxkämpfe einen wirklich auf ein Leben auf der Straße vorbereiteten. Sicher, man konnte dann besser austeilen, aber Randolphs langjährige Arzterfahrung sagte ihm etwas anderes: Wenn man gut in den Straßen klar kommen wollte, zahlte es sich um einiges mehr aus Ärger aus dem Weg zu gehen und sich nicht zu irgendwelcher Scheiße verleiten zu lassen.
Auch wenn man seine Kämpfe gewann, würde man irgendwann ein Messer in den Rücken bekommen. Das war der Preis, den man zu zahlen hatte, wenn man Konflikten nur mit der Faust begegnete.
Hier schieden sich also ihrer beiden Geiste. Und nicht nur in diesem Punkt. Was sollte Randolph denn nun mitten am Tag mit einem Drink anfangen? Er wollte sich nicht besaufen, er war nur hierhergekommen, um etwas zu sich zu nehmen. Er entschied sich den Drink anzunehmen, weil er hier Gast war und dieser Fish, wie Reynard seinen stumpf stierenden Abkömmling nannte, sich bereits daran gemacht hatte, etwas vorzubereiten. Der Doktor würde es aber ruhig angehen und vielleicht würde sich der King ja auch damit begnügen, wenn er nur ein wenig davon trank.
Dass Bowen so sehr von seinem Geschäft schwärmte war hingegen seine eigene Schuld. Er hatte den Kerl darauf angesprochen. Und es war vielleicht nicht die beste Idee gewesen. Eine Sache, die der Boxer erzählte, war aber dennoch alles andere als uninteressant…
Im Kopf des Doktors begann es bereits zu arbeiten. Ursprünglich war er nur hierher gekommen, weil er etwas essen wollte. Doch sollte sich ihm eine gute Gelegenheit bieten...
„Ich verstehe schon“, meinte Randolph. „Und ihr habt sicher Recht, wenn ihr sagt, dass die Straßen von Manchester, vor allem in gewissen Vierteln, unsicher sein können. Ich kenne mich hier nicht wirklich aus, aber in London ist es nicht anders. Und was ich bisher von eurer schönen Stadt gesehen habe, lässt mich auch nicht an diesem Bild zweifeln.“ Soweit war das auch nicht gelogen. Er hatte nicht vor mit diesem Kerl eine Diskussion über diese Thematik zu beginnen. Damit fuhr er hier nur mit einer Kutsche gegen eine massive Wand.
„Aber wenn ich nochmal auf diesen Boxkampf zu sprechen kommen darf. Diese Angelegenheit würde mich natürlich schon interessieren…allerdings weiß ich nicht, was Charles Pläne für die Nacht sind. Denken sie denn er ist ein Mann, der solche Kämpfe wertschätzt?“
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