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Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
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Umbra
Sensemann
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Als Rosie zu lachen begann und sich schließlich wirklich darauf einließ, ihm beim Aufstieg zu helfen, verkrampften sich Randolphs Gesichtsmuskeln. Der Geschmack von bitterer Galle steckte ihm in der Kehle und er wandte sich ab, damit sie nicht die Gram und Verzweiflung aus seinem Gesicht herauslesen konnte. Tochter? Charles hat eine Tochter? Ihr Lachen klang mit tragikomischer Absurdität in seinem Schädel nach.
„Ja“, murmelte er und räusperte sich. Dann begann er loszuhumpeln. Als sie den Innenhof überquerten, zuckte sein Blick hin und her über die große Freifläche. Wieder war niemand zu sehen. Schließlich kam die Treppe. Und schon von unten konnte er Charles‘ Stimme vernehmen. Wusste er etwa schon Bescheid? War er deshalb wach? Dann musste er selbst ihm die Botschaft nicht mehr überbringen. Andererseits war dann die Frage, wie viel Charles wusste.
Fast wünschte er sich der Treppenaufstieg würde langsamer vonstatten gehen. Je weiter sie sich dem obersten Geschoss näherten, desto mehr nahm das Gefühl der Beklommenheit in ihm zu. Es kristallisierten sich nun auch andere Stimmen heraus. Das waren Mr. Wright und Thomson. Anscheinend hatte man sie wieder mit ins Boot geholt. Das war gut. Sehr gut.
„Ich danke ihnen“, flüsterte er Rosie zu, als sie angekommen waren. Ob sie nun blieb oder ging, überließ er ihr. Als er Wright erreichte begrüßte er ihn lediglich mit einem knappen „Gut das sie hier sind“. Ansonsten konnte er von seiner Position aus erstmal nur Charles und Melinda erkennen. Er versuchte ihrem Blick so gut wie möglich auszuweichen und sie nicht anzusehen. Wieder begannen seine angespannten Augen zu schimmern und seine bleiche Faust krallte sich noch härter um den Griff des Krückstocks.
„Mr. Norly.“, brachte er hervor. Er versuchte nicht aufdringlich zu wirken. „Ich bin zurückgekehrt, weil ich etwas Wichtiges mit Ihnen bereden muss. Vielleicht haben sie später noch Zeit für ein Gespräch unter zwei Augen.“
Er hob den Blick um Norly ins Gesicht sehen zu können. Bei seinem Anblick sollte er hoffentlich merken, wie ernst er es meinte. Mehr sagte er erstmal nicht, sondern blieb stumm in gewissem Abstand zu Wright stehen und wartete ab.
„Ja“, murmelte er und räusperte sich. Dann begann er loszuhumpeln. Als sie den Innenhof überquerten, zuckte sein Blick hin und her über die große Freifläche. Wieder war niemand zu sehen. Schließlich kam die Treppe. Und schon von unten konnte er Charles‘ Stimme vernehmen. Wusste er etwa schon Bescheid? War er deshalb wach? Dann musste er selbst ihm die Botschaft nicht mehr überbringen. Andererseits war dann die Frage, wie viel Charles wusste.
Fast wünschte er sich der Treppenaufstieg würde langsamer vonstatten gehen. Je weiter sie sich dem obersten Geschoss näherten, desto mehr nahm das Gefühl der Beklommenheit in ihm zu. Es kristallisierten sich nun auch andere Stimmen heraus. Das waren Mr. Wright und Thomson. Anscheinend hatte man sie wieder mit ins Boot geholt. Das war gut. Sehr gut.
„Ich danke ihnen“, flüsterte er Rosie zu, als sie angekommen waren. Ob sie nun blieb oder ging, überließ er ihr. Als er Wright erreichte begrüßte er ihn lediglich mit einem knappen „Gut das sie hier sind“. Ansonsten konnte er von seiner Position aus erstmal nur Charles und Melinda erkennen. Er versuchte ihrem Blick so gut wie möglich auszuweichen und sie nicht anzusehen. Wieder begannen seine angespannten Augen zu schimmern und seine bleiche Faust krallte sich noch härter um den Griff des Krückstocks.
„Mr. Norly.“, brachte er hervor. Er versuchte nicht aufdringlich zu wirken. „Ich bin zurückgekehrt, weil ich etwas Wichtiges mit Ihnen bereden muss. Vielleicht haben sie später noch Zeit für ein Gespräch unter zwei Augen.“
Er hob den Blick um Norly ins Gesicht sehen zu können. Bei seinem Anblick sollte er hoffentlich merken, wie ernst er es meinte. Mehr sagte er erstmal nicht, sondern blieb stumm in gewissem Abstand zu Wright stehen und wartete ab.
Darnamur- Jünger des Pinguins
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Stumm verfolgte Gilbert den Austausch zwischen Mrs. Thomson und dem Mann, der vermutlich ein Serienmörder war. Natürlich hieß das nicht, dass ihn diese Sache kalt ließ. Viel mehr war der Maler ein weiteres mal einfach nur geschockt darüber, was Thomson für eine Person war. Sie wollte nicht nur einfach mit Norly - oder Scarface - reden, sondern sich ihm auch noch anschließen und helfen. Hätte er von Anfang an gewusst, auf was genau diese Sache hinauslief, dann hätte er sich geweigert, sie hierher zurückzubringen - trotz all seiner Bedenken. Die Schlussfolgerung seiner Begleiterin war einfach nur falsch. Wieso sollte sie - selbst wenn die Polizei ihr kein Gehör schenken würde, was er für ein Gerücht hielt - bei einem von der Polizei gesuchten Serienmörder sicherer sein? Das erhöhte nur die Chance, von der Polizei erwischt zu werden. Es ergab einfach überhaupt keinen Sinn.
Zumindest schien Scarface das genauso zu sehen und seine Meinung zu teilen. Das musste man ihm schon lassen. Er war vielleicht ein verrückter Mörder, der Menschen manipulierte aber er war auch äußerst intelligent. Nicht selten lagen Genie und Wahnsinn sehr nah beieinander. Innerlich dankte Gilbert dem Mann für den Versuch, Mrs. Thomson von ihrem Vorhaben abbringen zu wollen. Vielleicht würde sie ja zuhören, wenn der Mann, dem sie helfen wollte, ihre Hilfe gar nicht wollte. Aufzwingen konnte sie sich ihm schließlich nicht... oder doch? Ihr war vieles zuzutrauen.
Schließlich wandte sich Scarface an ihn und er schien nicht erfreut über die Entscheidung zu sein, die bewusstlose Frau in sein Herrenhaus zu bringen. Das der Mann auch noch glaubte, ihn nach allem was passiert war, so angehen zu können, ließ Gilbert wieder aufkochen. Die Wut, die er schon den ganzen Tag spürte, trat ein weiteres mal an die Oberfläche. So zeigte sich wieder eine Seite des Malers, die er selbst gar nicht so gut kannte.
"Es tut mir wirklich Leid, Scarface, dass ich eine bewusstlose Frau in einer gestohlenen Kutsche an den einzigen Ort gebracht habe, an dem mir keine Fragen gestellt werden. Ich bin sicher, dass sie mit all ihrer Erfahrung in diesem zwielichtigen und kriminellen Gebiet sicherlich eine bessere Entscheidung hätten treffen können aber leider bin ich nur ein verdammter Maler." Doch noch war Gilbert nicht fertig mit dem Mann vor sich. Oh nein, die vor Sarkasmus triefenden Worte waren noch nicht alles gewesen. "Nach allem was sie und ihre Freunde mir eingebrockt haben, haben sie gar nicht das Recht, mich so anzugehen. Sie können von Glück sagen, dass ich nicht mit dem Yard kollaboriere. Ich wollte nur Urlaub machen und jetzt bin ich Mittäter bei einem Mordfall, habe eine Kutsche gestohlen und werde von der Polizei verfolgt. Ich muss das Land verlassen. Meine Heimat. Gegen Ende verließ Gilbert die Wut und auch die Kraft, weiterzureden. Die Aufzählung der Folgen, die er davontragen muss, waren zu viel. Er hatte genug. Gerade als er geendet hatte und sich zum Gehen wenden wollte, kam der Doktor die Treppe hochgekrochen. Na wunderbar, da war die ganze Bande ja versammelt. Gilbert wusste nicht, ob er die Worte des Doktors ernst nehmen sollte oder nicht. In seinen Ohren klangen sie zu diesem Zeitpunkt eher wie Spott und Hohn. Er ließ den Mann ausreden und wandte sich dann noch einmal an die versammelte Mannschaft.
"Ich werde hier wohl nicht mehr gebraucht." Er hatte etwas von seiner alten Selbstbeherrschung zurückerlangt. "Ich habe Mrs. Thomson wieder hierhergebracht und damit ist meine Aufgabe erledigt. Ich muss mich darum kümmern, nicht in einer Zelle zu enden und dieses Land mit der wenigen Freiheit und Selbstachtung zu verlassen, die mir geblieben ist. Auf wiedersehen." Er verbeugte sich leicht und wandte sich schließlich zum gehen.
Zumindest schien Scarface das genauso zu sehen und seine Meinung zu teilen. Das musste man ihm schon lassen. Er war vielleicht ein verrückter Mörder, der Menschen manipulierte aber er war auch äußerst intelligent. Nicht selten lagen Genie und Wahnsinn sehr nah beieinander. Innerlich dankte Gilbert dem Mann für den Versuch, Mrs. Thomson von ihrem Vorhaben abbringen zu wollen. Vielleicht würde sie ja zuhören, wenn der Mann, dem sie helfen wollte, ihre Hilfe gar nicht wollte. Aufzwingen konnte sie sich ihm schließlich nicht... oder doch? Ihr war vieles zuzutrauen.
Schließlich wandte sich Scarface an ihn und er schien nicht erfreut über die Entscheidung zu sein, die bewusstlose Frau in sein Herrenhaus zu bringen. Das der Mann auch noch glaubte, ihn nach allem was passiert war, so angehen zu können, ließ Gilbert wieder aufkochen. Die Wut, die er schon den ganzen Tag spürte, trat ein weiteres mal an die Oberfläche. So zeigte sich wieder eine Seite des Malers, die er selbst gar nicht so gut kannte.
"Es tut mir wirklich Leid, Scarface, dass ich eine bewusstlose Frau in einer gestohlenen Kutsche an den einzigen Ort gebracht habe, an dem mir keine Fragen gestellt werden. Ich bin sicher, dass sie mit all ihrer Erfahrung in diesem zwielichtigen und kriminellen Gebiet sicherlich eine bessere Entscheidung hätten treffen können aber leider bin ich nur ein verdammter Maler." Doch noch war Gilbert nicht fertig mit dem Mann vor sich. Oh nein, die vor Sarkasmus triefenden Worte waren noch nicht alles gewesen. "Nach allem was sie und ihre Freunde mir eingebrockt haben, haben sie gar nicht das Recht, mich so anzugehen. Sie können von Glück sagen, dass ich nicht mit dem Yard kollaboriere. Ich wollte nur Urlaub machen und jetzt bin ich Mittäter bei einem Mordfall, habe eine Kutsche gestohlen und werde von der Polizei verfolgt. Ich muss das Land verlassen. Meine Heimat. Gegen Ende verließ Gilbert die Wut und auch die Kraft, weiterzureden. Die Aufzählung der Folgen, die er davontragen muss, waren zu viel. Er hatte genug. Gerade als er geendet hatte und sich zum Gehen wenden wollte, kam der Doktor die Treppe hochgekrochen. Na wunderbar, da war die ganze Bande ja versammelt. Gilbert wusste nicht, ob er die Worte des Doktors ernst nehmen sollte oder nicht. In seinen Ohren klangen sie zu diesem Zeitpunkt eher wie Spott und Hohn. Er ließ den Mann ausreden und wandte sich dann noch einmal an die versammelte Mannschaft.
"Ich werde hier wohl nicht mehr gebraucht." Er hatte etwas von seiner alten Selbstbeherrschung zurückerlangt. "Ich habe Mrs. Thomson wieder hierhergebracht und damit ist meine Aufgabe erledigt. Ich muss mich darum kümmern, nicht in einer Zelle zu enden und dieses Land mit der wenigen Freiheit und Selbstachtung zu verlassen, die mir geblieben ist. Auf wiedersehen." Er verbeugte sich leicht und wandte sich schließlich zum gehen.
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
„Und Sie haben MICH offenbar nicht verstanden, Mr. Norly.“ Mauras Stimmlage rutschte sofort eine Stufe tiefer. Ihr gezwungenes Lächeln verschwand, als sie sich vom Sofa erhob.
Langsam aber sicher hatte sie wirklich genug von all diesen männlichen Schwachköpfen, die sich hier tummelten. Sabbelten in einem fort, über Gefahr, Verantwortung und Risiko, jammerten über ihr Schicksal, statt es endlich in die Hand zu nehmen. Verflucht nochmal! „Hören Sie schon auf mit Ihrem Gerede über Verantwortung! Das habe ich schon Mr. Wright erklärt – ich kann sehr gut Verantwortung für mich selbst übernehmen, aber das habt ihr Männer ja noch nie verstanden.“ Ja, klar war das Verallgemeinerung, aber Maura stand gerade wirklich nicht der Sinn nach politischer Korrektheit. „Ich weiß sehr gut, was ich Ihnen da anbiete, und ich tue es mit Überzeugung, Norly. Ich habe keine Lust, ständig davonzurennen und mich zu verstecken, und ich werde nicht umdrehen. Die Flucht nach vorn war mir immer schon lieber. Im Übrigen verzeihe ich Ihnen ihre Grobheit nicht, aber das können wir auch an anderer –“
Sie stockte, als sie die Gestalt an der Treppe erblickte. Klasse … der hatte ihr noch gefehlt. Sie musterte den Doktor kurz und sah dann gleich wieder weg. Mit diesem Typen wollte sie lieber kein erneutes Gespräch provozieren.
Norly schien aber ohnehin wenig Interesse an einem Gespräch mit ihr zu zeigen; stattdessen wandte er sich an Mr. Wright, der nun offenbar wieder ganz sein verzagtes, altes Ich hervorgekramt hatte. Und ewig das männliche Gejammer … Auswandern wollte er. Weglaufen. Natürlich. Sie schüttelte den Kopf. Also hatte er nichts verstanden. Die Polizei kannte sogar seinen Namen – und er wollte in aller Ruhe über die Grenze spazieren? Das hier war der Scarface-Fall! Da würde Scotland Yard keine Gnade kennen. Je mehr sie die Bevölkerung beruhigen konnten, desto besser, und Köpfe in der Schlinge waren immer ein gutes Argument.
Langsam verlor Maura ihre Geduld mit dem konfliktscheuen Mann. Irgendwie mochte sie ihn zwar, aber andererseits konnte sie ihn beim besten Willen nicht verstehen. Er musste das doch auch sehen! Es war nun einmal die einzige dauerhafte Lösung! Natürlich konnte er vor der Polizei davonlaufen, aber für wie lange? Manchmal musste man eben in den sauren Apfel beißen, das Leben war nicht immer fair.
„Mr. Wright …“ Sie wechselte wieder auf einen warmen, verständnisvollen Ton und berührte ihren ‚Gefährten‘/Entführer von hinten an der Schulter. „Wenn sie wirklich Ihre Selbstachtung behalten wollen, dann machen Sie sich nicht selbst zum gebrochenen Mann. Statt zu flüchten, bleiben Sie hier! Sie werden frei sein, sobald all das hier geklärt ist, und vielleicht leisten Sie dabei sogar etwas Großes, und sühnen ein Unrecht.“ Vorausgesetzt, Norly war wirklich kein Mörder. Davon war sie noch lange nicht überzeugt. „Fassen Sie sich ein Herz. Bleiben Sie. Ich tue es auch – wenn das eine Frau kann, können Sie das auch.“ So, genug Schmalz für heute. Maura merkte schon, wie ihr von diesem salbungsvollen Gerede übel wurde. Aber wenn es half, Wright vor seinem selbstgewählten Unglück zu bewahren, war es das wert.
Langsam aber sicher hatte sie wirklich genug von all diesen männlichen Schwachköpfen, die sich hier tummelten. Sabbelten in einem fort, über Gefahr, Verantwortung und Risiko, jammerten über ihr Schicksal, statt es endlich in die Hand zu nehmen. Verflucht nochmal! „Hören Sie schon auf mit Ihrem Gerede über Verantwortung! Das habe ich schon Mr. Wright erklärt – ich kann sehr gut Verantwortung für mich selbst übernehmen, aber das habt ihr Männer ja noch nie verstanden.“ Ja, klar war das Verallgemeinerung, aber Maura stand gerade wirklich nicht der Sinn nach politischer Korrektheit. „Ich weiß sehr gut, was ich Ihnen da anbiete, und ich tue es mit Überzeugung, Norly. Ich habe keine Lust, ständig davonzurennen und mich zu verstecken, und ich werde nicht umdrehen. Die Flucht nach vorn war mir immer schon lieber. Im Übrigen verzeihe ich Ihnen ihre Grobheit nicht, aber das können wir auch an anderer –“
Sie stockte, als sie die Gestalt an der Treppe erblickte. Klasse … der hatte ihr noch gefehlt. Sie musterte den Doktor kurz und sah dann gleich wieder weg. Mit diesem Typen wollte sie lieber kein erneutes Gespräch provozieren.
Norly schien aber ohnehin wenig Interesse an einem Gespräch mit ihr zu zeigen; stattdessen wandte er sich an Mr. Wright, der nun offenbar wieder ganz sein verzagtes, altes Ich hervorgekramt hatte. Und ewig das männliche Gejammer … Auswandern wollte er. Weglaufen. Natürlich. Sie schüttelte den Kopf. Also hatte er nichts verstanden. Die Polizei kannte sogar seinen Namen – und er wollte in aller Ruhe über die Grenze spazieren? Das hier war der Scarface-Fall! Da würde Scotland Yard keine Gnade kennen. Je mehr sie die Bevölkerung beruhigen konnten, desto besser, und Köpfe in der Schlinge waren immer ein gutes Argument.
Langsam verlor Maura ihre Geduld mit dem konfliktscheuen Mann. Irgendwie mochte sie ihn zwar, aber andererseits konnte sie ihn beim besten Willen nicht verstehen. Er musste das doch auch sehen! Es war nun einmal die einzige dauerhafte Lösung! Natürlich konnte er vor der Polizei davonlaufen, aber für wie lange? Manchmal musste man eben in den sauren Apfel beißen, das Leben war nicht immer fair.
„Mr. Wright …“ Sie wechselte wieder auf einen warmen, verständnisvollen Ton und berührte ihren ‚Gefährten‘/Entführer von hinten an der Schulter. „Wenn sie wirklich Ihre Selbstachtung behalten wollen, dann machen Sie sich nicht selbst zum gebrochenen Mann. Statt zu flüchten, bleiben Sie hier! Sie werden frei sein, sobald all das hier geklärt ist, und vielleicht leisten Sie dabei sogar etwas Großes, und sühnen ein Unrecht.“ Vorausgesetzt, Norly war wirklich kein Mörder. Davon war sie noch lange nicht überzeugt. „Fassen Sie sich ein Herz. Bleiben Sie. Ich tue es auch – wenn das eine Frau kann, können Sie das auch.“ So, genug Schmalz für heute. Maura merkte schon, wie ihr von diesem salbungsvollen Gerede übel wurde. Aber wenn es half, Wright vor seinem selbstgewählten Unglück zu bewahren, war es das wert.
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Charles war überrascht, aber auch erleichtert, dass mit einem Mal Dr. Tremaine wieder auf der Bildfläche auftauchte. Wie erwartet, hatte dessen Beruhigungsspaziergang nicht allzu lang gedauert. Es wäre ärgerlich gewesen, ihn in Manchester zurücklassen zu müssen. Charles gedachte nicht, seinen Aufenthalt hier künstlich in die Länge zu ziehen. London rief nach ihm.
Rosie hatte den Chirurgen nach oben begleitet, blieb aber im Flur und hielt sich so im Hintergrund, wenn sie auch das Gespräch sichtbar verfolgte.
„Natürlich, Doktor“, antwortete Charles auf Randolphs Bitte nach einem vertraulichen Gespräch, „geben Sie mir einen kleinen Moment.“
Das Erscheinen des Chirurgen half Charles, seinen aufkeimenden Zorn verfliegen zu lassen. Allerdings ärgerte es ihn trotzdem, dass Gilbert seine Frage nicht beantwortete, sondern stattdessen seinerseits ausfällig wurde und sich lieber auf Anschuldigungen beschränkte, als die eigene Schuld an der eigenen Bredouille einzusehen. Im Gegensatz zum Flucht ergreifenden Maler, bestand Mrs. Thomson darauf, Charles gut gemeinten Rat in den Wind zu schlagen, ihm den Rücken zu kehren, und wollte auch noch Mr. Wright überzeugen, sich auf das Risiko einzulassen.
Charles resignierte innerlich. Er wollte wirklich nicht, dass die beiden zu Schaden kommen würden. Er hatte Vorsicht walten lassen wollen. Charles sah die Gefahr nicht nur von Seiten seiner Gegenspieler von außerhalb – er hatte Alan und O’Sullivan zu nah herangelassen, was noch viel größeren Schaden angerichtet hatte. Charles wusste, dass er vorsichtig sein musste, wem er vertraute, und die jüngsten Ereignisse hatten ihm gezeigt, dass er nicht unbedingt zu vertrauensselig, sondern zu kompromissbereit war.
Nun, allerdings, überschattete seine Müdigkeit seinen Widerwillen.
„Versuchen Sie nicht, ihn zu zwingen, Madam“, sagte er Maura, die Gilbert umzustimmen gedachte. „Es ist keine Schande, sein Leben über falschen Stolz zu stellen. Es steht Ihnen beiden frei, zu gehen, ich werde Sie nicht aufhalten. Aber ich werde Sie auch nicht mehr bitten, zu gehen. Schließen Sie sich mir an, wenn es Sie glücklich macht.“
Charles merkte selbst, dass dies etwas unfreundlich klang. Er redete einfach weiter, bedacht darauf, seinen Tonfall nicht mehr so negativ zu gestalten.
„Ich werde Sie beschützen, soweit es mir möglich ist. Am besten wird das funktionieren, wenn Sie in meiner Nähe bleiben. Die erwähnten Anschläge hat es immer in meiner Abwesenheit gegeben. Allerdings überlasse ich es Ihnen, inwieweit Sie das umzusetzen gedenken. Schließlich will ich mich nicht anmaßen, Ihnen ungefragt einen Rat zu geben…“
Er hob die Mundwinkel zu einem müden Lächeln.
„Ich danke Ihnen“, meinte er mit einem anerkennenden Nicken zu Maura. „Sie beweisen Courage.“
Dann fixierte er wieder Gilbert mit seinem Blick.
„Lassen Sie sich nicht allzu lang aufhalten, Mr. Wright, aber gewähren Sie mir nur noch kurz das Wort.“
Er war so frei, auch ohne Bestätigung weiterzusprechen.
„Seitdem dieser Komplott gegen mich im Gange ist, musste ich Dinge tun, die mir normalerweise sehr fernliegen würden, und ich halte sie selbst für zwielichtig und kriminell. Warum bin ich nicht ins Ausland geflohen?, fragen Sie sich sicherlich. Warum habe ich mich nicht gestellt? – Ich versichere Ihnen, mit diesem Gedanken habe ich schon mehrmals gespielt. Für mich ist es Freiheit, dort zu bleiben, wo meine Heimat ist“, erklärte er, „selbst wenn ich dort nicht willkommen bin; und meine Selbstachtung verbietet es mir, all dem den Rücken zu kehren. Das käme einer Kapitulation gleich, die mich bis zum Rest meiner Tage verfolgen würde. Ich weiß, dass die Anschuldigungen gegen mich nicht stimmen, und, bei meiner in Verruf geratenen Ehre, ich werde es beweisen oder es zumindest, sollte ich scheitern, bis zum Ende versuchen. Ich bin es mir schuldig, meinen Weg zu gehen. Und ich bin nicht das einzige Opfer. Die Toten, ihre Familien… alle, die in diesem Land für fragwürdige Ziele anderer ausgenutzt werden.“
Charles beobachtete Gilberts Mimik nicht wenig neugierig.
„Sie sind mir hingegen nicht schuldig, sich für mich und andere einzusetzen“, versicherte er ihm. „Bleiben Sie, gehen Sie, wählen Sie die Flucht, wenn dies ihr Weg ist. Sollten Sie das wirklich wollen, lassen Sie mich Ihnen helfen. Ich weiß, wie man erfolgreich untertaucht. London ist der Knotenpunkt der Welt. Von dort aus können Sie überall hinreisen. Ich habe genügend Beziehungen, um das zu veranlassen. Wenn Sie uns zumindest bis dorthin begleiten, tue ich Ihnen diesen Gefallen.“
Es war ein ernstgemeintes Angebot.
„Wir brechen auf, sobald es dunkel wird“, hatte Charles beschlossen. „Bis dahin sind Sie an diesem Ort sicher. Es mag zwar keine Entschädigung sein, die Sie, wie ich zwischen Ihren Worten lese, gern von mir hätten, aber zumindest ebnet es Ihnen den Pfad in eine Zukunft fernab vom Scotland Yard und meiner Wenigkeit. Geben Sie mir die Schuld an Ihrer Situation, wenn es Ihnen so bessergeht. Ich will an dieser Stelle anmerken, dass es zuvor allein Ihre Entscheidung war, mir zu helfen, und Sie hätten ahnen können, dass die Polizei nicht erfreut sein wird, Sie dabei zu erwischen… Allerdings ändert dies nichts am Ergebnis.“
Genug davon, es war vermutlich Verschwendung des Atems. Als würde man versuchen, eine Katze dazu überreden, ein Ei zu legen.
Allerdings blieb Charles hartnäckig, was seine Frage betraf.
„Und nun, bevor Sie vielleicht gehen und ich mir Zeit für den Doktor nehme“, äußerte er erneut dieses Anliegen, „bitte ich Sie noch einmal im Guten, mir zu verraten, was Oxley und Arthur widerfahren ist.“
Rosie hatte den Chirurgen nach oben begleitet, blieb aber im Flur und hielt sich so im Hintergrund, wenn sie auch das Gespräch sichtbar verfolgte.
„Natürlich, Doktor“, antwortete Charles auf Randolphs Bitte nach einem vertraulichen Gespräch, „geben Sie mir einen kleinen Moment.“
Das Erscheinen des Chirurgen half Charles, seinen aufkeimenden Zorn verfliegen zu lassen. Allerdings ärgerte es ihn trotzdem, dass Gilbert seine Frage nicht beantwortete, sondern stattdessen seinerseits ausfällig wurde und sich lieber auf Anschuldigungen beschränkte, als die eigene Schuld an der eigenen Bredouille einzusehen. Im Gegensatz zum Flucht ergreifenden Maler, bestand Mrs. Thomson darauf, Charles gut gemeinten Rat in den Wind zu schlagen, ihm den Rücken zu kehren, und wollte auch noch Mr. Wright überzeugen, sich auf das Risiko einzulassen.
Charles resignierte innerlich. Er wollte wirklich nicht, dass die beiden zu Schaden kommen würden. Er hatte Vorsicht walten lassen wollen. Charles sah die Gefahr nicht nur von Seiten seiner Gegenspieler von außerhalb – er hatte Alan und O’Sullivan zu nah herangelassen, was noch viel größeren Schaden angerichtet hatte. Charles wusste, dass er vorsichtig sein musste, wem er vertraute, und die jüngsten Ereignisse hatten ihm gezeigt, dass er nicht unbedingt zu vertrauensselig, sondern zu kompromissbereit war.
Nun, allerdings, überschattete seine Müdigkeit seinen Widerwillen.
„Versuchen Sie nicht, ihn zu zwingen, Madam“, sagte er Maura, die Gilbert umzustimmen gedachte. „Es ist keine Schande, sein Leben über falschen Stolz zu stellen. Es steht Ihnen beiden frei, zu gehen, ich werde Sie nicht aufhalten. Aber ich werde Sie auch nicht mehr bitten, zu gehen. Schließen Sie sich mir an, wenn es Sie glücklich macht.“
Charles merkte selbst, dass dies etwas unfreundlich klang. Er redete einfach weiter, bedacht darauf, seinen Tonfall nicht mehr so negativ zu gestalten.
„Ich werde Sie beschützen, soweit es mir möglich ist. Am besten wird das funktionieren, wenn Sie in meiner Nähe bleiben. Die erwähnten Anschläge hat es immer in meiner Abwesenheit gegeben. Allerdings überlasse ich es Ihnen, inwieweit Sie das umzusetzen gedenken. Schließlich will ich mich nicht anmaßen, Ihnen ungefragt einen Rat zu geben…“
Er hob die Mundwinkel zu einem müden Lächeln.
„Ich danke Ihnen“, meinte er mit einem anerkennenden Nicken zu Maura. „Sie beweisen Courage.“
Dann fixierte er wieder Gilbert mit seinem Blick.
„Lassen Sie sich nicht allzu lang aufhalten, Mr. Wright, aber gewähren Sie mir nur noch kurz das Wort.“
Er war so frei, auch ohne Bestätigung weiterzusprechen.
„Seitdem dieser Komplott gegen mich im Gange ist, musste ich Dinge tun, die mir normalerweise sehr fernliegen würden, und ich halte sie selbst für zwielichtig und kriminell. Warum bin ich nicht ins Ausland geflohen?, fragen Sie sich sicherlich. Warum habe ich mich nicht gestellt? – Ich versichere Ihnen, mit diesem Gedanken habe ich schon mehrmals gespielt. Für mich ist es Freiheit, dort zu bleiben, wo meine Heimat ist“, erklärte er, „selbst wenn ich dort nicht willkommen bin; und meine Selbstachtung verbietet es mir, all dem den Rücken zu kehren. Das käme einer Kapitulation gleich, die mich bis zum Rest meiner Tage verfolgen würde. Ich weiß, dass die Anschuldigungen gegen mich nicht stimmen, und, bei meiner in Verruf geratenen Ehre, ich werde es beweisen oder es zumindest, sollte ich scheitern, bis zum Ende versuchen. Ich bin es mir schuldig, meinen Weg zu gehen. Und ich bin nicht das einzige Opfer. Die Toten, ihre Familien… alle, die in diesem Land für fragwürdige Ziele anderer ausgenutzt werden.“
Charles beobachtete Gilberts Mimik nicht wenig neugierig.
„Sie sind mir hingegen nicht schuldig, sich für mich und andere einzusetzen“, versicherte er ihm. „Bleiben Sie, gehen Sie, wählen Sie die Flucht, wenn dies ihr Weg ist. Sollten Sie das wirklich wollen, lassen Sie mich Ihnen helfen. Ich weiß, wie man erfolgreich untertaucht. London ist der Knotenpunkt der Welt. Von dort aus können Sie überall hinreisen. Ich habe genügend Beziehungen, um das zu veranlassen. Wenn Sie uns zumindest bis dorthin begleiten, tue ich Ihnen diesen Gefallen.“
Es war ein ernstgemeintes Angebot.
„Wir brechen auf, sobald es dunkel wird“, hatte Charles beschlossen. „Bis dahin sind Sie an diesem Ort sicher. Es mag zwar keine Entschädigung sein, die Sie, wie ich zwischen Ihren Worten lese, gern von mir hätten, aber zumindest ebnet es Ihnen den Pfad in eine Zukunft fernab vom Scotland Yard und meiner Wenigkeit. Geben Sie mir die Schuld an Ihrer Situation, wenn es Ihnen so bessergeht. Ich will an dieser Stelle anmerken, dass es zuvor allein Ihre Entscheidung war, mir zu helfen, und Sie hätten ahnen können, dass die Polizei nicht erfreut sein wird, Sie dabei zu erwischen… Allerdings ändert dies nichts am Ergebnis.“
Genug davon, es war vermutlich Verschwendung des Atems. Als würde man versuchen, eine Katze dazu überreden, ein Ei zu legen.
Allerdings blieb Charles hartnäckig, was seine Frage betraf.
„Und nun, bevor Sie vielleicht gehen und ich mir Zeit für den Doktor nehme“, äußerte er erneut dieses Anliegen, „bitte ich Sie noch einmal im Guten, mir zu verraten, was Oxley und Arthur widerfahren ist.“
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Norly wirkte angeschlagen. Es beruhigte ihn aber, dass er zumindest seine Ankunft hier relativ gut aufnahm. Mit Mrs. Thomson und Mr. Wrights Anwesenheit schien er hingegen weniger zufrieden zu sein. Was Randolph in gewisser Hinsicht auch gut verstehen konnte. Er begrüßte es, das die Beiden wieder zur Gruppe zurückgekehrt waren, aber wenn er gerade nicht schon massenhaft andere Sorgen hätte, dann würde ihm Thomsons penetrante Persönlichkeit auch auf den Geist gehen.
Den Worten entnahm er, dass sie Wright zur Rückkehr überredet hatte…und nun wollte sie sich Norly scheinbar anschließen. Die Frau war ihm höchst suspekt. Gerade nach den Ereignissen in der Lagerhalle.
Er hatte beschlossen sich aus diesem Gespräch herauszuhalten. Sein Blick wechselte zwischen Norly und Wright, während er versuchte ruhig durch die Nase ein und auszuatmen. Als sich der Maler jedoch zum Gehen wandte, beugte sich der Doktor zu ihm hinüber: „Mr. Wright. Ich kann es gut verstehen, wenn sie gehen möchten, aber bleiben sie bitte noch eine Weile hier im Haus. Ich würde gerne mit ihnen sprechen, sobald ich mit Mr.Norly fertig bin.“
Mehr sagte er nicht mehr und überließ den Rest erstmal Charles. Vielleicht würde das den Künstler ja auch zum Bleiben überreden. Es klang zumindest schlüssig.
Währenddessen überlegte Randolph bereits, wie er es Norly sagen sollte. Er könnte es ihm einfach entgegen schmeißen: Deine Tochter wurde ermordet. Aber sonderlich einfühlsam war das wohl kaum. Das war dasselbe wie einer Mutter einfach ins Gesicht zu sagen, dass ihr Neugeborenes die erste Woche seines Lebens nicht überleben würde.
Andererseits war Johanna bereits tot. Er stellte sich vor, wie sie immer noch dort in ihrem Haus von der Decke baumelte, weil die Polizei noch beschäftigt war den Tatort abzusuchen.
Randolph war mit seiner grundsätzlichen zynischen Art bestimmt nicht der Mensch, der gut darin war solche Botschaften zu übermitteln. Er würde sich natürlich bemühen, das stand außer Frage, denn das war er Norly schuldig. Wenn er ihm schon nicht die Wahrheit sagen konnte. Und das konnte er nicht. Er musste ihm verschweigen, wer seine eigene Tochter getötet hatte. Die eigene Tochter. Er konnte es sich nicht einmal ausmalen, wie er reagiert hätte, wenn jemand Melinde umgebracht hätte. Vermutlich wäre er vollkommen ausgerastet. Er wusste natürlich nicht, wie tief die Beziehung der Beiden nun letztendlich gewesen war, das Ganze war ihm von Anfang an recht seltsam vorgekommen. Anscheinend hatte Norly ja erst vor Kurzem selbst erfahren, dass er von seiner Tochter begleitet wurde.
Er wartete einfach ab. Sein Kopf fühlte sich gerade seltsam betäubt und leer gefegt an und er war froh, wenn er all das, was ihm bevorstand, bald hinter sich hatte. Leicht würde es bestimmt nicht werden mit Norly zu sprechen. Und dann musste er sich natürlich auch noch um Melinda kümmern…
Den Worten entnahm er, dass sie Wright zur Rückkehr überredet hatte…und nun wollte sie sich Norly scheinbar anschließen. Die Frau war ihm höchst suspekt. Gerade nach den Ereignissen in der Lagerhalle.
Er hatte beschlossen sich aus diesem Gespräch herauszuhalten. Sein Blick wechselte zwischen Norly und Wright, während er versuchte ruhig durch die Nase ein und auszuatmen. Als sich der Maler jedoch zum Gehen wandte, beugte sich der Doktor zu ihm hinüber: „Mr. Wright. Ich kann es gut verstehen, wenn sie gehen möchten, aber bleiben sie bitte noch eine Weile hier im Haus. Ich würde gerne mit ihnen sprechen, sobald ich mit Mr.Norly fertig bin.“
Mehr sagte er nicht mehr und überließ den Rest erstmal Charles. Vielleicht würde das den Künstler ja auch zum Bleiben überreden. Es klang zumindest schlüssig.
Währenddessen überlegte Randolph bereits, wie er es Norly sagen sollte. Er könnte es ihm einfach entgegen schmeißen: Deine Tochter wurde ermordet. Aber sonderlich einfühlsam war das wohl kaum. Das war dasselbe wie einer Mutter einfach ins Gesicht zu sagen, dass ihr Neugeborenes die erste Woche seines Lebens nicht überleben würde.
Andererseits war Johanna bereits tot. Er stellte sich vor, wie sie immer noch dort in ihrem Haus von der Decke baumelte, weil die Polizei noch beschäftigt war den Tatort abzusuchen.
Randolph war mit seiner grundsätzlichen zynischen Art bestimmt nicht der Mensch, der gut darin war solche Botschaften zu übermitteln. Er würde sich natürlich bemühen, das stand außer Frage, denn das war er Norly schuldig. Wenn er ihm schon nicht die Wahrheit sagen konnte. Und das konnte er nicht. Er musste ihm verschweigen, wer seine eigene Tochter getötet hatte. Die eigene Tochter. Er konnte es sich nicht einmal ausmalen, wie er reagiert hätte, wenn jemand Melinde umgebracht hätte. Vermutlich wäre er vollkommen ausgerastet. Er wusste natürlich nicht, wie tief die Beziehung der Beiden nun letztendlich gewesen war, das Ganze war ihm von Anfang an recht seltsam vorgekommen. Anscheinend hatte Norly ja erst vor Kurzem selbst erfahren, dass er von seiner Tochter begleitet wurde.
Er wartete einfach ab. Sein Kopf fühlte sich gerade seltsam betäubt und leer gefegt an und er war froh, wenn er all das, was ihm bevorstand, bald hinter sich hatte. Leicht würde es bestimmt nicht werden mit Norly zu sprechen. Und dann musste er sich natürlich auch noch um Melinda kümmern…
Darnamur- Jünger des Pinguins
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Thomsons Worte und Geste schafften es zumindest, dass Gilbert nicht weiter auf die Treppe zuging. Sie brachten ihn allerdings nicht dazu, sich umzudrehen und seine Entscheidung zu revidieren. Denn ihre Argumente waren in seinen Augen nur dann richtig, wenn es sich bei Chalres Norly nicht um Scarface handelte. Wenn der Mann es mit der Hilfe aller Anwesenden schaffen sollte, den richtigen Täter zu finden, dann mochte das wirklich eine große Tat sein und das Unrecht sühnen, dass Norly angetan wurde aber wenn es sich bei ihm um einen Serienmörder handelte und Gilbert ihm half, dann würde er mit diesen Taten nicht mehr Leben können. Zu wissen, dass er mehrere Menschen auf dem Gewissen hatte, weil er Scarface nicht nur nicht an seinen Taten gehindert, sondern ihm sogar geholfen hatte, würde dem Maler den Rest geben. Er trug schon jetzt eine zu große Last mit dem Wissen, für den Tod seines Vaters verantwortlich zu sein.
Das Thomson auch noch an seine Männlichkeit appellierte, half in diesem Fall auch nicht weiter. In Gilberts Augen hatte die Frau einen Knoten im Gehirn, wenn sie wirklich freiwillig hier blieb und ihre Meinung auch noch derart stark und verbissen verteidigte. Eines musste er allerdings zugeben: Sie hatte wirklich Mut, war sehr zielgerichtet und stur wie ein Esel. All das würde wichtig sein, wenn sie bei Scarface blieb. Wenn es eine Person gab, die hierhergehörte, dann war sie es und nicht er. Ganz unabhängig vom Geschlecht. Was seine Selbstachtung anging, hatte er diese sowieso schon zum Großteil verloren. Wenn er jetzt ging, mochte er zumindest noch ein Fünkchen davon behalten. Er seufzte und drehte sich schließlich um - sagte allerdings kein Wort.
Als nächstes sprach Charles Norly a.k.a. Scarface ihn an. Da Gilbert sowieso schon hier herum stand, konnte er dem Mann auch noch zuhören. Er hatte ja nichts zu verlieren und außerdem würden ihn die Worte nicht von seinem Vorhaben abbringen können. Ganz nebenbei interessierte es ihn, was der vermutliche Serienmörder zu sagen hatte. Während er Scarface zuhörte, versuchte Gilbert immer wieder daran zu denken, dass Manipulation wahrscheinlich die größte Stärke des Mörders war. Irgendetwas versprach er sich von davon, Gilbert von seinem Vorhaben abbringen zu wollen. Vielleicht wollte er insgeheim doch Hilfe? Von ihm? Das war zu bezweifeln.
Interessanterweise brachte er ein paar Punkte an, die den Maler doch trafen. London war seine Heimat. Er wollte dort bleiben. Ganz egal, ob das Probleme mit sich brachte. Doch er konnte nicht. Gilbert gab es nicht gerne zu aber er war nicht so mutig wie Ms. Thomson oder der Rest, der anscheinend freiwillig und auf die Gefahr hin, einem Serienmörder zu helfen, bei Norly blieb. Er hatte es ja schon oft gesagt. Er war ein Maler. Ein ganz einfacher Mensch, der die Ruhe genoss und sich stundenlang mit dem Malen eines Gemäldes beschäftigen konnte. Ja, er war neugierig gewesen und hatte sich deshalb Norly angeschlossen aber er hatte auch erkannt, dass das ein Fehler gewesen war. Er wollte wieder zurück in sein friedliches Leben - auch wenn das bedeutete, dass er eine Zeit lang im Ausland verbringen musste, bis Gras über die Sache gewachsen war. Er wollte doch Urlaub haben... genau den würde er bekommen.
Norlys Angebot kam da gerade recht. Gilbert bezweifelte nicht, dass der Mann tatsächlich entsprechende Kontakte hatte. Er gab ja selbst zu, seine eigenen Taten als kriminell und zwielichtig anzusehen. Doch ob man ihm trauen konnte, war eine andere Frage. Gilbert wusste zu viel. Vielleicht war das nur ein Trick, um ihn von der Gruppe abzuspalten und dann umzubringen - oder umbringen zu lassen - um damit einen Zeugen weniger zu haben. Im Moment war er noch unentschlossen. Norlys Kontakte würden dafür sorgen, dass er sicher aus dem Land gebracht wurde - wenn Norly denn die Wahrheit gesagt hatte. Es war ein gutes Angebot aber auch ein Risiko. Doch hatte Gilbert in seiner Situation überhaupt eine Wahl?
Wie auch schon bei Thomsons Worten vorher, verließ kein Laut seinen Mund. Lediglich seine Augen und Brauen regten sich, als er nachdachte. Schließlich fasste er sich mit der linken Hand an die Stirn und schüttelte leicht den Kopf. Er wusste einfach nicht was er tun sollte. Norlys Angebot war zu gut, um es abzulehnen aber das Risiko war zu groß, um es anzunehmen. In diesem Moment konnte Gilbert keine Entscheidung treffen. Zumindest konnte er während der Reise nach London bei der Gruppe bleiben. Da würde ihm sicherlich nichts passieren und bevor er aus dem Land verschwand, wollte er noch ein, zwei Dinge erledigen.
Die Schuldzuweisung des Mannes ignorierend, versuchte er sich daran zu erinnern, was genau Oxley und Arthur widerfahren war. Zumindest das war er Norly schuldig und er sah keinen Grund, es seinem Gegenüber zu verschweigen. Es war ja nicht so, dass solche Informationen zu einem weiteren Mord führen konnten... oder doch? Gilbert wischte diese Sorgen weg und räusperte sich, bevor er seine Stimme erhob.
"Ich weiß nicht, was aus den beiden geworden ist." antwortete er wahrheitsgemäß. "Anscheinend war ihr Freund aus dem Lagerhaus unzufrieden mit der Situation. Er hat sich in einen Raum mit Oxley eingeschlossen und hat uns uns selbst überlassen. Arthur war der Verletzte?" Nachdem Gilbert mit einem Nicken geantwortet wurde, fuhr er fort. "Den habe ich nicht gesehen. Das Bett, in dem er gelegen hatte, war leer. Ihr Freund sagte, dass er nur im Haus sei, um Arthur aus der Gefahrenzone zu bringen und sich um Oxleys Verbleib zu kümmern. Da der Yard hinter uns her war und sich Arthur und Oxley eingeschlossen hatten, blieb uns nur die Flucht."
Schließlich war es nur noch der Doktor, der auch noch mit ihm reden wollte. Es war schon interessant, dass so viele Personen ihn zum bleiben überreden wollten. Machte er vielleicht doch einen Fehler, indem er floh? Er wusste es wirklich nicht. Da sich Gilbert aber sowieso schon dazu entschieden hatte, mit nach London zu kommen, würde er noch genug Zeit haben, sich mit dem Doktor zu unterhalten.
"In Ordnung." meinte er abschließend. "Ich werde bleiben und mit ihnen nach London reisen. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich ihr großzügiges Angebot annehmen werde aber ich mache mir auf dem Weg nach London Gedanken darüber und treffe eine Entscheidung."
Das Thomson auch noch an seine Männlichkeit appellierte, half in diesem Fall auch nicht weiter. In Gilberts Augen hatte die Frau einen Knoten im Gehirn, wenn sie wirklich freiwillig hier blieb und ihre Meinung auch noch derart stark und verbissen verteidigte. Eines musste er allerdings zugeben: Sie hatte wirklich Mut, war sehr zielgerichtet und stur wie ein Esel. All das würde wichtig sein, wenn sie bei Scarface blieb. Wenn es eine Person gab, die hierhergehörte, dann war sie es und nicht er. Ganz unabhängig vom Geschlecht. Was seine Selbstachtung anging, hatte er diese sowieso schon zum Großteil verloren. Wenn er jetzt ging, mochte er zumindest noch ein Fünkchen davon behalten. Er seufzte und drehte sich schließlich um - sagte allerdings kein Wort.
Als nächstes sprach Charles Norly a.k.a. Scarface ihn an. Da Gilbert sowieso schon hier herum stand, konnte er dem Mann auch noch zuhören. Er hatte ja nichts zu verlieren und außerdem würden ihn die Worte nicht von seinem Vorhaben abbringen können. Ganz nebenbei interessierte es ihn, was der vermutliche Serienmörder zu sagen hatte. Während er Scarface zuhörte, versuchte Gilbert immer wieder daran zu denken, dass Manipulation wahrscheinlich die größte Stärke des Mörders war. Irgendetwas versprach er sich von davon, Gilbert von seinem Vorhaben abbringen zu wollen. Vielleicht wollte er insgeheim doch Hilfe? Von ihm? Das war zu bezweifeln.
Interessanterweise brachte er ein paar Punkte an, die den Maler doch trafen. London war seine Heimat. Er wollte dort bleiben. Ganz egal, ob das Probleme mit sich brachte. Doch er konnte nicht. Gilbert gab es nicht gerne zu aber er war nicht so mutig wie Ms. Thomson oder der Rest, der anscheinend freiwillig und auf die Gefahr hin, einem Serienmörder zu helfen, bei Norly blieb. Er hatte es ja schon oft gesagt. Er war ein Maler. Ein ganz einfacher Mensch, der die Ruhe genoss und sich stundenlang mit dem Malen eines Gemäldes beschäftigen konnte. Ja, er war neugierig gewesen und hatte sich deshalb Norly angeschlossen aber er hatte auch erkannt, dass das ein Fehler gewesen war. Er wollte wieder zurück in sein friedliches Leben - auch wenn das bedeutete, dass er eine Zeit lang im Ausland verbringen musste, bis Gras über die Sache gewachsen war. Er wollte doch Urlaub haben... genau den würde er bekommen.
Norlys Angebot kam da gerade recht. Gilbert bezweifelte nicht, dass der Mann tatsächlich entsprechende Kontakte hatte. Er gab ja selbst zu, seine eigenen Taten als kriminell und zwielichtig anzusehen. Doch ob man ihm trauen konnte, war eine andere Frage. Gilbert wusste zu viel. Vielleicht war das nur ein Trick, um ihn von der Gruppe abzuspalten und dann umzubringen - oder umbringen zu lassen - um damit einen Zeugen weniger zu haben. Im Moment war er noch unentschlossen. Norlys Kontakte würden dafür sorgen, dass er sicher aus dem Land gebracht wurde - wenn Norly denn die Wahrheit gesagt hatte. Es war ein gutes Angebot aber auch ein Risiko. Doch hatte Gilbert in seiner Situation überhaupt eine Wahl?
Wie auch schon bei Thomsons Worten vorher, verließ kein Laut seinen Mund. Lediglich seine Augen und Brauen regten sich, als er nachdachte. Schließlich fasste er sich mit der linken Hand an die Stirn und schüttelte leicht den Kopf. Er wusste einfach nicht was er tun sollte. Norlys Angebot war zu gut, um es abzulehnen aber das Risiko war zu groß, um es anzunehmen. In diesem Moment konnte Gilbert keine Entscheidung treffen. Zumindest konnte er während der Reise nach London bei der Gruppe bleiben. Da würde ihm sicherlich nichts passieren und bevor er aus dem Land verschwand, wollte er noch ein, zwei Dinge erledigen.
Die Schuldzuweisung des Mannes ignorierend, versuchte er sich daran zu erinnern, was genau Oxley und Arthur widerfahren war. Zumindest das war er Norly schuldig und er sah keinen Grund, es seinem Gegenüber zu verschweigen. Es war ja nicht so, dass solche Informationen zu einem weiteren Mord führen konnten... oder doch? Gilbert wischte diese Sorgen weg und räusperte sich, bevor er seine Stimme erhob.
"Ich weiß nicht, was aus den beiden geworden ist." antwortete er wahrheitsgemäß. "Anscheinend war ihr Freund aus dem Lagerhaus unzufrieden mit der Situation. Er hat sich in einen Raum mit Oxley eingeschlossen und hat uns uns selbst überlassen. Arthur war der Verletzte?" Nachdem Gilbert mit einem Nicken geantwortet wurde, fuhr er fort. "Den habe ich nicht gesehen. Das Bett, in dem er gelegen hatte, war leer. Ihr Freund sagte, dass er nur im Haus sei, um Arthur aus der Gefahrenzone zu bringen und sich um Oxleys Verbleib zu kümmern. Da der Yard hinter uns her war und sich Arthur und Oxley eingeschlossen hatten, blieb uns nur die Flucht."
Schließlich war es nur noch der Doktor, der auch noch mit ihm reden wollte. Es war schon interessant, dass so viele Personen ihn zum bleiben überreden wollten. Machte er vielleicht doch einen Fehler, indem er floh? Er wusste es wirklich nicht. Da sich Gilbert aber sowieso schon dazu entschieden hatte, mit nach London zu kommen, würde er noch genug Zeit haben, sich mit dem Doktor zu unterhalten.
"In Ordnung." meinte er abschließend. "Ich werde bleiben und mit ihnen nach London reisen. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich ihr großzügiges Angebot annehmen werde aber ich mache mir auf dem Weg nach London Gedanken darüber und treffe eine Entscheidung."
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Innerlich freute sich Maura natürlich, dass Norly schließlich nachgab und ihr nicht länger im Weg stand. Aber ob sie auch wirklich die richtige Entscheidung getroffen hatte? Immerhin kannte sie diese Menschen kaum. Sie musste an ihren Sohn denken, der jetzt wohl noch mit jeder Menge Arbeit beschäftigt war. Ob es ihr so gelingen würde, ihn aus diesen Wirren herauszuhalten? Sie sollte ihm auf jeden Fall noch eine Nachricht zukommen lassen, und wenn sie noch so kurz war. Es schien, als würde sie länger als nur zwei Tage wegbleiben erst recht wenn es nach London ging, und er sollte sich keine Sorgen machen.
London … ihre alte Heimat. Unwillkürlich fühlte sie sich an ihre Kindheit erinnert, die durch ihre viel zu langen Ehejahre ziemlich in den Hintergrund gedrängt wurde. Verwaschene Bilder von ihr mit ihren Brüdern mit schmutzigen Gesichtern und zerzausten Haaren, aber breit grinsend … im Hintergrund die rufenden Stimmen ihrer Eltern … dann, sie selbst mit 11 Jahren, wie sie dem 14-jährigen George auf der Brust saß und ihn im Schwitzkasten hatte … sie hatte sich nie gefragt, ob sie eigentlich wirklich die stärkste unter ihren Geschwistern gewesen war, oder ob sie sie nur immer hatten gewinnen lassen. Nostalgie … ein so sinnloses und doch fröhliches Gefühl.
Was ihre Brüder heute wohl so trieben? Die letzten Briefwechsel waren Monate her, aber soweit sie wusste, hatte Edmund die Fabrik und das Elternhaus übernommen und lebte nun glücklich im East End, mit seiner französischen Frau und einem Haufen Kinder, deren Namen Maura immer wieder vergaß. George dagegen, das schwarze Schaf der Familie, war unverheiratet und hatte sich zum Künstler berufen gefühlt; er turnte wohl auch heute noch als Schauspieler über irgendwelche zwielichtigen Londoner Bühnen. Ein Wunder, dass er sich Briefpapier und Tinte hin und wieder noch leisten konnte.
Zu Charles‘ Ausführungen sagte sie nichts, nur ein knappes „Um ‚glücklich‘ geht es hier nicht unbedingt, Mr. Norly.“ Machte es sie eigentlich glücklich, hierher geraten zu sein? Schwer zu sagen … es war aufregend, das schon. Es spannte ihre Neugierde auf eine arge Probe. Aber ‚glücklich‘? Das würde sie wohl erst wissen, wenn es alles vorbei war … Glück erkannte man meist erst dann, wenn es wieder fort war. „Aber ich werde mich bemühen, nicht mehr Gefahr als nötig heraufzubeschwören.“ Natürlich nicht. Noch vor wenigen Wochen hatte sie sich das Leben nehmen wollen und es dann einem anderen genommen. Jetzt sah sie keinen Grund mehr dazu, vorzeitig abzugehen. Schließlich gab es auch in ihrem verkorksten Leben Dinge, für die es sich zu überleben lohnte …
Auch Gilbert schien nun endlich einzulenken; wenigstens sagte er zu, mit nach London kommen zu wollen, was Maura ein wenig erleichterte. Vielleicht würde dem jungen Mann ein wenig Abstand zu den Geschehnissen in dieser Stadt helfen, um doch noch zur Besinnung zu kommen. Das sprach sie jedoch lieber nicht an; zu groß war die Befürchtung, dass Wright es sich doch wieder anders überlegen könnte. „Ihr verletzter Freund“ – Arthur, den Namen sollte sie sich unbedingt merken – „hat das Haus meines Wissens nach sicher verlassen. Ihre Leute haben ihn mit sich genommen, bevor die Polizei ankam.“ Vorausgesetzt, er war der Mann auf der Trage gewesen, die Maura gesehen hatte; davon war aber auszugehen.
Den Butler erwähnte Maura jedoch lieber nicht; schließlich war es ja diese kleine verräterische Kröte gewesen, wegen der sie überhaupt erst hatten fliehen müssen. Hatte sie einfach als Eindringlinge hingestellt … Maura hätte nicht übel Lust gehabt, Oxley ebenfalls das Gesicht zu verzieren, wie es Norlys Schießer-Freund wohl getan hatte. So unangebracht das auch sein mochte. „Leider kann auch ich nicht mehr dazu sagen. Unsere Flucht war recht … überstürzt.“
London … ihre alte Heimat. Unwillkürlich fühlte sie sich an ihre Kindheit erinnert, die durch ihre viel zu langen Ehejahre ziemlich in den Hintergrund gedrängt wurde. Verwaschene Bilder von ihr mit ihren Brüdern mit schmutzigen Gesichtern und zerzausten Haaren, aber breit grinsend … im Hintergrund die rufenden Stimmen ihrer Eltern … dann, sie selbst mit 11 Jahren, wie sie dem 14-jährigen George auf der Brust saß und ihn im Schwitzkasten hatte … sie hatte sich nie gefragt, ob sie eigentlich wirklich die stärkste unter ihren Geschwistern gewesen war, oder ob sie sie nur immer hatten gewinnen lassen. Nostalgie … ein so sinnloses und doch fröhliches Gefühl.
Was ihre Brüder heute wohl so trieben? Die letzten Briefwechsel waren Monate her, aber soweit sie wusste, hatte Edmund die Fabrik und das Elternhaus übernommen und lebte nun glücklich im East End, mit seiner französischen Frau und einem Haufen Kinder, deren Namen Maura immer wieder vergaß. George dagegen, das schwarze Schaf der Familie, war unverheiratet und hatte sich zum Künstler berufen gefühlt; er turnte wohl auch heute noch als Schauspieler über irgendwelche zwielichtigen Londoner Bühnen. Ein Wunder, dass er sich Briefpapier und Tinte hin und wieder noch leisten konnte.
Zu Charles‘ Ausführungen sagte sie nichts, nur ein knappes „Um ‚glücklich‘ geht es hier nicht unbedingt, Mr. Norly.“ Machte es sie eigentlich glücklich, hierher geraten zu sein? Schwer zu sagen … es war aufregend, das schon. Es spannte ihre Neugierde auf eine arge Probe. Aber ‚glücklich‘? Das würde sie wohl erst wissen, wenn es alles vorbei war … Glück erkannte man meist erst dann, wenn es wieder fort war. „Aber ich werde mich bemühen, nicht mehr Gefahr als nötig heraufzubeschwören.“ Natürlich nicht. Noch vor wenigen Wochen hatte sie sich das Leben nehmen wollen und es dann einem anderen genommen. Jetzt sah sie keinen Grund mehr dazu, vorzeitig abzugehen. Schließlich gab es auch in ihrem verkorksten Leben Dinge, für die es sich zu überleben lohnte …
Auch Gilbert schien nun endlich einzulenken; wenigstens sagte er zu, mit nach London kommen zu wollen, was Maura ein wenig erleichterte. Vielleicht würde dem jungen Mann ein wenig Abstand zu den Geschehnissen in dieser Stadt helfen, um doch noch zur Besinnung zu kommen. Das sprach sie jedoch lieber nicht an; zu groß war die Befürchtung, dass Wright es sich doch wieder anders überlegen könnte. „Ihr verletzter Freund“ – Arthur, den Namen sollte sie sich unbedingt merken – „hat das Haus meines Wissens nach sicher verlassen. Ihre Leute haben ihn mit sich genommen, bevor die Polizei ankam.“ Vorausgesetzt, er war der Mann auf der Trage gewesen, die Maura gesehen hatte; davon war aber auszugehen.
Den Butler erwähnte Maura jedoch lieber nicht; schließlich war es ja diese kleine verräterische Kröte gewesen, wegen der sie überhaupt erst hatten fliehen müssen. Hatte sie einfach als Eindringlinge hingestellt … Maura hätte nicht übel Lust gehabt, Oxley ebenfalls das Gesicht zu verzieren, wie es Norlys Schießer-Freund wohl getan hatte. So unangebracht das auch sein mochte. „Leider kann auch ich nicht mehr dazu sagen. Unsere Flucht war recht … überstürzt.“
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Charles war mit Gilberts Entscheidung, zumindest den Weg nach London gemeinsam mit ihnen zu beschreiten, einverstanden. Das war ihm lieber, als Mr. Wright komplett sich selbst zu überlassen. Nach all den Schwierigkeiten, die dieser Mann ihm bereitet hatte, gönnte Charles es ihm trotzdem nicht, von der Polizei erwischt zu werden und womöglich im Gefängnis zu landen. „Aus den Augen, aus dem Sinn“ war nicht unbedingt die beste Herangehensweise, sich von Störenfrieden zu trennen, die zukünftig ihre eigenen Wege gehen wollten, wofür Alan Stirling sich als Beispiel erwiesen hatte. Zugegebenermaßen war die andere Möglichkeit, nämlich den Störenfried erstmal im Auge zu behalten, um ihn in einem passenden Moment loszuwerden, auch nicht immer ideal: O’Sullivan. Charles ärgerte sich über Alan und bedauerte, das gewaltsuchende Wesen des Iren unterschätzt zu haben.
Er hatte so vieles unterschätzt.
Jedoch war nun nicht der richtige Zeitpunkt, um sich zu verkriechen und die Wunden zu lecken. Schlaf… Schlaf wäre das einzig Richtige, um Kraft für Körper und Geist schöpfen zu können. Ein wenig nur würde vielleicht schon ausreichen, um wieder konzentriert den Verlauf der Dinge wieder in die eigene Hand zu nehmen.
Man ließ ihn nicht.
Er konnte nicht. Nicht jetzt. Die Aussicht auf die Fortsetzung des Schlafs nach diesem Gespräch verflüchtigte sich ebenfalls, während Maura und Gilbert sich ergänzten und berichteten, was sie über Oxleys und Arthurs Verbleib wussten. Diese Beschreibung der Ereignisse kam ihm hochgradig seltsam vor. Charles nahm durchaus an, dass Mrs. Thomson und Mr. Wright die Wahrheit schilderten, allerdings klang das alles nicht so, wie er es von Harry und Oxley erwartet hätte. Wenigstens war es eine Erleichterung, dass Arthur in Sicherheit gebracht worden war.
Charles runzelte nachdenklich, aber auch irritiert die Stirn.
„Danke“, entgegnete er jedoch nickend, nachdem Maura und Gilbert ihm den Gefallen erwiesen hatten, ihm seine Frage zu beantworten. Er machte sich sogleich auf den Weg zur Couch, auf der er Platz nahm und sich seine Schuhe wieder anzog. In der Zeit, in der er seine Handprothese schon trug, hatte er auch gelernt, das zügig zu meistern, obwohl die Art, wie er es tat, für Außenstehende wohl gewöhnungsbedürftig aussehen durfte. Die Metallhand war schließlich nicht ganz so beweglich wie eine aus Fleisch und Blut und Feinmotorik war damit auch nicht seine Stärke.
„Ich werde Daheim“, eine Bezeichnung mit bitterem Beigeschmack, „nach dem Rechten sehen“, erklärte Charles sogleich, als er sich wieder erhob und gleichzeitig seinen Mantel vom Sitzpolster klaubte, den er eben noch als Decke verwendet hatte.
Als nächstes schritt er so eilig, wie er es seinem geschundenen Körper zutraute, auf den wuchtigen Tropenholzschreibtisch zu, auf dem er seine eigene, besudelte Kleidung (ordentlich zusammengefaltet) deponiert hatte.
„Ich wollte ohnehin noch einige meiner Habseligkeiten abholen, bevor wir aufbrechen werden“, fügte er hinzu. Auch wenn Teile von ihm es wirklich verlockender fanden, den Schlaf voranzustellen, wäre er um den Besuch in seinem Haus nicht herumgekommen. Wichtiger war allerdings, dass Charles sich um Oxley sorgte.
Charles fischte seine Taschenuhr aus dem Kleiderstapel (er wunderte sich, dass er sie nicht bereits an sich genommen hatte), und forschte dann nach dem einzig anderen Gegenstand, der eigentlich noch hätte dort sein sollen: sein Notizbuch. Irritiert, dass er es schon nicht in der üblichen Westeninnentasche fand, tastete er auch nach anderen, allerdings war die Suche nicht von Erfolg gekrönt. Insgesamt verschwendete er damit nur drei, vier Sekunden, obwohl er danach, wieder stirnrunzelnd, noch die Taschen seiner derzeit getragenen Kleidung abtastete, seinen Blick über Schreibtisch und umliegenden Boden schweifen ließ und sich kurz bückte, um auch unter dem Schreibtisch und, von seiner entfernten Position aus, auch unter die Couch zu blicken.
Möglicherweise war ihm das Buch beim Umziehen im Bad aus der Tasche gerutscht. Charles beschloss, dem noch nachzugehen, bevor er aufbrechen würde.
„Ich bin in Kürze zurück“, kündigte Charles an, und trat, in Gedanken schon unterwegs, an Dr. Tremaine heran.
„Da vorn ist eine kleine Küche, da sind wir ungestört“, Charles wies auf die Tür auf der gegenüberliegende Seite des Flurs.
„Nach Ihnen.“
Als sie aufbrachen, fügte Charles hinzu: „Ich hoffe, unser letztes Gespräch steht nun nicht zwischen uns. Schön, dass Sie zurückgekehrt sind. Ich fürchtete kurz schon, nach Ihnen suchen lassen zu müssen.“
Er hatte so vieles unterschätzt.
Jedoch war nun nicht der richtige Zeitpunkt, um sich zu verkriechen und die Wunden zu lecken. Schlaf… Schlaf wäre das einzig Richtige, um Kraft für Körper und Geist schöpfen zu können. Ein wenig nur würde vielleicht schon ausreichen, um wieder konzentriert den Verlauf der Dinge wieder in die eigene Hand zu nehmen.
Man ließ ihn nicht.
Er konnte nicht. Nicht jetzt. Die Aussicht auf die Fortsetzung des Schlafs nach diesem Gespräch verflüchtigte sich ebenfalls, während Maura und Gilbert sich ergänzten und berichteten, was sie über Oxleys und Arthurs Verbleib wussten. Diese Beschreibung der Ereignisse kam ihm hochgradig seltsam vor. Charles nahm durchaus an, dass Mrs. Thomson und Mr. Wright die Wahrheit schilderten, allerdings klang das alles nicht so, wie er es von Harry und Oxley erwartet hätte. Wenigstens war es eine Erleichterung, dass Arthur in Sicherheit gebracht worden war.
Charles runzelte nachdenklich, aber auch irritiert die Stirn.
„Danke“, entgegnete er jedoch nickend, nachdem Maura und Gilbert ihm den Gefallen erwiesen hatten, ihm seine Frage zu beantworten. Er machte sich sogleich auf den Weg zur Couch, auf der er Platz nahm und sich seine Schuhe wieder anzog. In der Zeit, in der er seine Handprothese schon trug, hatte er auch gelernt, das zügig zu meistern, obwohl die Art, wie er es tat, für Außenstehende wohl gewöhnungsbedürftig aussehen durfte. Die Metallhand war schließlich nicht ganz so beweglich wie eine aus Fleisch und Blut und Feinmotorik war damit auch nicht seine Stärke.
„Ich werde Daheim“, eine Bezeichnung mit bitterem Beigeschmack, „nach dem Rechten sehen“, erklärte Charles sogleich, als er sich wieder erhob und gleichzeitig seinen Mantel vom Sitzpolster klaubte, den er eben noch als Decke verwendet hatte.
Als nächstes schritt er so eilig, wie er es seinem geschundenen Körper zutraute, auf den wuchtigen Tropenholzschreibtisch zu, auf dem er seine eigene, besudelte Kleidung (ordentlich zusammengefaltet) deponiert hatte.
„Ich wollte ohnehin noch einige meiner Habseligkeiten abholen, bevor wir aufbrechen werden“, fügte er hinzu. Auch wenn Teile von ihm es wirklich verlockender fanden, den Schlaf voranzustellen, wäre er um den Besuch in seinem Haus nicht herumgekommen. Wichtiger war allerdings, dass Charles sich um Oxley sorgte.
Charles fischte seine Taschenuhr aus dem Kleiderstapel (er wunderte sich, dass er sie nicht bereits an sich genommen hatte), und forschte dann nach dem einzig anderen Gegenstand, der eigentlich noch hätte dort sein sollen: sein Notizbuch. Irritiert, dass er es schon nicht in der üblichen Westeninnentasche fand, tastete er auch nach anderen, allerdings war die Suche nicht von Erfolg gekrönt. Insgesamt verschwendete er damit nur drei, vier Sekunden, obwohl er danach, wieder stirnrunzelnd, noch die Taschen seiner derzeit getragenen Kleidung abtastete, seinen Blick über Schreibtisch und umliegenden Boden schweifen ließ und sich kurz bückte, um auch unter dem Schreibtisch und, von seiner entfernten Position aus, auch unter die Couch zu blicken.
Möglicherweise war ihm das Buch beim Umziehen im Bad aus der Tasche gerutscht. Charles beschloss, dem noch nachzugehen, bevor er aufbrechen würde.
„Ich bin in Kürze zurück“, kündigte Charles an, und trat, in Gedanken schon unterwegs, an Dr. Tremaine heran.
„Da vorn ist eine kleine Küche, da sind wir ungestört“, Charles wies auf die Tür auf der gegenüberliegende Seite des Flurs.
„Nach Ihnen.“
Als sie aufbrachen, fügte Charles hinzu: „Ich hoffe, unser letztes Gespräch steht nun nicht zwischen uns. Schön, dass Sie zurückgekehrt sind. Ich fürchtete kurz schon, nach Ihnen suchen lassen zu müssen.“
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Melinda die sich still zurückgehalten hatte, blickte Charles nach als dieser den Raum verließ. Nun stand sie eben dort mit Maura und Gilbert. Am liebsten hätte sie ihren mittleren Finger in die Höhe gehalten und wäre gegangen. Aber das würde wohl nicht passen.
"Tja...nun stehen wir also hier. Will jemand was trinken? Ich hätte noch Absinth anzubieten. Vielleicht werden dann die meisten ihm Raum hier mal was lockerer und ziehen sich die Stöcke aus dem Arsch." sie lächelete ihr bestes Lächeln.
"Tja...nun stehen wir also hier. Will jemand was trinken? Ich hätte noch Absinth anzubieten. Vielleicht werden dann die meisten ihm Raum hier mal was lockerer und ziehen sich die Stöcke aus dem Arsch." sie lächelete ihr bestes Lächeln.
Elli- Piratenpinguin
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Schon in dem Moment, in dem Gilbert zugestimmt hatte mit nach London zu kommen, wusste er nicht mehr, ob das die richtige Entscheidung gewesen war. Ob er sich jemals bei einer Entscheidung, die Scarface und seine Gruppe mit einschloss, sicher sein konnte, war allerdings fraglich. Vermutlich nicht. Alles schien hier mit einem Risiko behaftet zu sein. Für den Moment wollte es der Maler aber erst einmal dabei belassen. Er wollte ja sowieso aus dieser Stadt raus und London war keine schlechte Wahl. Zumindest für den Anfang.
Da das Thema damit abgehackt zu sein schien, beobachtete er Norly dabei, wie dieser sich für einen kleinen Hausbesuch fertig machte. Gilbert fiel ein, dass er noch immer seine Reisetaschen in dem Haus hatte. Auch seine Medikamente lagen noch dort.
"Mein Gepäck liegt noch immer bei ihnen Zuhause." warf er einfach mal so in den Raum. "Vielleicht sollte ich sie begleiten. Es gibt einige Dinge, die ich unbedingt benötige." Nur ungern wollte er ohne sein Gepäck nach London zurückkehren. Es enthielt immerhin all die Utensilien, die er zum malen benötigte. Natürlich konnte er sich auch andere ganz einfach neue Pinsel und Farben kaufen aber diese benutzte er nun mal schon eine lange Zeit und er hatte sich an sie gewöhnt.
Nachdem also Norly schließlich den Raum verlassen hatte, wandte sich Gilbert an Miss Benton und ihr nettes Angebot. Vielleicht war etwas Alkohol jetzt genau das richtige. Schon früher hatte er ihm dabei geholfen, über seine Ängste hinwegzusteigen. Jetzt war etwas angetrunkener Mut vermutlich gar nicht so falsch. Soweit es ging, ignorierte er den Grund dafür, dass Benton überhaupt dieses Angebot gemacht hatte. Stock im Arsch? Er doch nicht.
"Ich könnte wohl einen Schluck vertragen." antwortete er ganz schlicht. "Wenn ich fragen darf, Miss Benton, was bringt sie dazu, diesem Mann zu helfen? Sind sie von seiner Unschuld überzeugt?"
Da das Thema damit abgehackt zu sein schien, beobachtete er Norly dabei, wie dieser sich für einen kleinen Hausbesuch fertig machte. Gilbert fiel ein, dass er noch immer seine Reisetaschen in dem Haus hatte. Auch seine Medikamente lagen noch dort.
"Mein Gepäck liegt noch immer bei ihnen Zuhause." warf er einfach mal so in den Raum. "Vielleicht sollte ich sie begleiten. Es gibt einige Dinge, die ich unbedingt benötige." Nur ungern wollte er ohne sein Gepäck nach London zurückkehren. Es enthielt immerhin all die Utensilien, die er zum malen benötigte. Natürlich konnte er sich auch andere ganz einfach neue Pinsel und Farben kaufen aber diese benutzte er nun mal schon eine lange Zeit und er hatte sich an sie gewöhnt.
Nachdem also Norly schließlich den Raum verlassen hatte, wandte sich Gilbert an Miss Benton und ihr nettes Angebot. Vielleicht war etwas Alkohol jetzt genau das richtige. Schon früher hatte er ihm dabei geholfen, über seine Ängste hinwegzusteigen. Jetzt war etwas angetrunkener Mut vermutlich gar nicht so falsch. Soweit es ging, ignorierte er den Grund dafür, dass Benton überhaupt dieses Angebot gemacht hatte. Stock im Arsch? Er doch nicht.
"Ich könnte wohl einen Schluck vertragen." antwortete er ganz schlicht. "Wenn ich fragen darf, Miss Benton, was bringt sie dazu, diesem Mann zu helfen? Sind sie von seiner Unschuld überzeugt?"
Zuletzt von Thorgrimm am Mi Jun 15 2016, 19:35 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Ob Gilbert auch für Laudanum zugänglich sein würde? Das wäre äußerst spannend. Doch dafür würde es sicher bessere Zeitpunkte geben, dass herauszufinden, als jetzt. Stattdessen nickte sie ihm zu, nach sie begriffen hatte, dass er sie meinte, als er Miss. Benton sagte.
Sie legte den Kopf nach rechts, bevor sie antwortete
"Sicherlich ist der Ausdruck, 'Der, der ohne Sünde sei, werfe den ersten Stein', Von welcher Unschlud genau sprechen wir? Das er die ihm angelasteten Morde in London verübt haben soll? Da bin ich von seiner Unschuld überzeugt. Jedoch ist das nicht der einzige Grund, dass ich ihm helfe. Man könnte sagen, ich bin so etwas, wie seine älteste Vertraute in unserer kleinen illustren Runde."
Obwohl es so absurd klang, entsprach es der Wahrheit.
Sie ging zur Tür und stieß sie auf. "Na dann hopp, auf zum Absinth. Nicht so griesgrämig gucken Wright, man muss nur Augen und Geist öffnen, dann versteht man Norly."
Sie legte den Kopf nach rechts, bevor sie antwortete
"Sicherlich ist der Ausdruck, 'Der, der ohne Sünde sei, werfe den ersten Stein', Von welcher Unschlud genau sprechen wir? Das er die ihm angelasteten Morde in London verübt haben soll? Da bin ich von seiner Unschuld überzeugt. Jedoch ist das nicht der einzige Grund, dass ich ihm helfe. Man könnte sagen, ich bin so etwas, wie seine älteste Vertraute in unserer kleinen illustren Runde."
Obwohl es so absurd klang, entsprach es der Wahrheit.
Sie ging zur Tür und stieß sie auf. "Na dann hopp, auf zum Absinth. Nicht so griesgrämig gucken Wright, man muss nur Augen und Geist öffnen, dann versteht man Norly."
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Mit leerem, taubem Schädel trottete der Doktor Charles hinterher. Begleitet vom klackenden Geräusch seines Krückstocks mündeten seine Schuhe vor der Küchentür, die er mit unheilvollem Knirschen hinter sich zuzog. Er kam noch dazu einen letzten Blick auf den Gang hinauszuwerfen, dann war er alleine mit Norly im Raum.
Wieder musste Randolph ekelerregenden, bitteren Speichel hinunterwürgen.
„Setzen sie sich bitte“, meinte er, als er sich schließlich umdrehte und den Blick von der Maserung im Türholz löste. Er wusste immer noch nicht, wie er es sagen sollte. Dabei hatte er schon oft Angehörigen mitteilen müssen, dass nichts mehr zu machen war. Dass das Leben aus seinem Patienten gewichen war und es nichts gab, was ihn zurückbringen könnte.
Aber hier war es anders. Johanna war nicht einfach gestorben. Sie war niederträchtig, kaltblütig und auf abartige Weise gemeuchelt worden. Anders konnte man das, was er erfahren hatte, nicht deuten. Und das Schlimmste daran war, dass nicht irgendein Fremder dafür verantwortlich war. Auch nicht Hill oder Stirling, jemanden auf den er die Schuld hätte abschieben können. Er konnte Norly nicht mal die Wahrheit sagen.
Oder doch. Natürlich könnte er das. Er könnte es einfach sagen. Die Wahrheit. Alles bis ins kleinste Detail. Dann würde man ihn zumindest nicht als Lügner bezeichnen können, wenn man ihn in seinen Sarg verfrachtete. Seine vernagelte, hölzerne Kiste ins Erdreich hinab ließ, bis er irgendwann zu Erde und einem von Maden zerfressenen Skelett verkam. Von ihm würde nichts zurückbleiben, außer bleichen Knochen. So bleich wie seine Haut. Bereits jetzt war er im Grunde schon eine Leiche, konnte man gut behaupten. Randolphs Finger krümmten sich langsam.
Was sollte er tun? Was sollte er verdammt nochmal tun? Er hatte keinen Plan dieses Mal. Hatte nicht lange überlegt. Nicht die Eventualitäten berechnet. Er hatte auch keinen gottverdammten Nerv dazu. Er könnte schon mal Ehrlichkeit beweisen, indem er den Diebstahl des Buches eingestand. Aber dann würde er auch wieder nur verheimlichen müssen, was er damit getan hatte. Das er es hergegeben hatte, in fremde Hände. Eigentlich spielte es keine Rolle was Norly nach diesem Gespräch noch von ihm dachte. Aber er wollte Crowne, der ihm bislang zur Seite gestanden und mit Informationen versorgt hatte nicht in den Rücken fallen. Und er wollte Melinda beschützen. Auch wenn sie eine geistige Störung besaß. Es…es musste einen Weg geben, etwas dagegen zu tun. Sie wieder zur Vernunft zu bringen. Sie überzeugen, dass das was sie getan hatte, nicht richtig war.
Randolph rieb sich mit der freien Hand das linke Auge. Er wusste nicht, was er sagen sollte.
„Unser Gespräch spielt keine Rolle mehr. Zumindest für mich nicht mehr.“
Der Inhalt war schwachsinnig und unbedeutend gewesen, im Grunde genommen.
„Ich bin auch nicht zurückgekommen, um mich für etwas zu entschuldigen, falls sie das vermuten. Aber sie müssen von den Dingen erfahren, mit denen ich in der kurzen Zeit, in der ich weg war, konfrontiert wurde.“
Langsam geriet er mehr in Redefluss, fiel es ihm leichter zu sprechen. Er redete es einfach herunter ohne große Hintergedanken, in der Hoffnung intuitiv das Richtige zu sagen. Aber vermutlich gab es in einer Situation, wie dieser auch gar keine richtigen Entscheidungen. Zumindest war er nicht in der Lage eine von ihnen zu treffen.
Oh, doch. Vermutlich gibt es eine. Sie ruht scharf und blank poliert im Inneren meines schwarzen Mantels und giert nur nach meinem verdorbenen, schwarzen Blut. Will sich daran tränken, meinen Sehnen zerreißen, meine Adern durchbeißen. Mein ewiges, treues Werkzeug.
Und eine Zweite ruht hinter meinem Gürtel. Ein Klicken der Mündung und ich kann diese wertlose, beschissene Welt, die es jeden Tag aufs Neue schafft mich krank zu machen, krank, körperlich wie geistig, hinter mir lassen.
„Die Nachrichten, die ich ihnen bringe, Mr. Norly, sind, wie sie sich denken können nicht besonders schöner oder fröhlicher Natur.“
Er versuchte ihn darauf vorzubereiten einzustimmen. Oder auch sich selbst dazu einzustimmen, es endlich auszusprechen. Seine Fingerspitzen und seine Augen begannen wieder zu zucken. Er versuchte nun seinen Blick wirklich auf Norly zu richten. Er wollte ihm dabei in die Augen sehen. Auch wenn es unnötige Qual war, irgendwie erschien ihm das wichtig. Zumindest in dieser einen Angelegenheit ihm nicht heuchlerisch den Rücken zuzudrehen.
Und dann…wenn ich ihm nicht die ganze Wahrheit erzähle, lüge ich ihm doch auch nur ins Gesicht. Elendiger, dummer Engländer. Zu hässlich und zu dumm, dass selbst die Jahrmarkt- und Wanderzirkusbesitzer ihn seinen Eltern nicht abkaufen wollten…
Er musste es einfach nur aus sich herausbringen. Damit er es hinter sich hatte. Aber er konnte es Charles doch schlecht einfach nur ins Gesicht schmettern. Es war seine Tochter, verdammt. Sein eigen Fleisch und Blut. Randolph hatte keine eigene Tochter, aber er hatte Melinda. Wenn er sie verlieren würde, würde es ihn hart treffen. Und wenn er hören würde, dass jemand sie umgebracht hatte, nein, sie vermutlich davor auch noch gequält und zum Selbstmord gezwungen hätte, dann würde er diesen Bastard suchen, mit aller Kraft, die er hatte. Und dann würde er…Randolph verharrte in seinen Gedankengängen. Was lief nur falsch mit ihm? Warum dachte er darüber nach? Wie kam er nun wieder zu diesem Gedanken? Er musste es einfach nur sagen…sagen…
Er räusperte sich erneut. Dass es ihm unangenehm war darüber zu reden, hatte Norly bei den Pausen mittlerweile sicher bemerkt. Aber vermutlich war er nun eher ungeduldig und genervt, als darauf vorbereitet, was er zu sagen hatte. Immerhin hatte er sich hingesetzt.
„Es hat nicht lange gedauert, bis ich auf das Gerücht stieß. Aber ich wollte es nicht glauben. Habe weiter nachgefragt, recherchiert.“
Und schon begann er zu Lügen. Sein Netz aus Lügen begann sich weiter zusammen zu spinnen. Und mit jeder Lüge würde es unübersichtlicher, aber nicht dichter werden. So unübersichtlich, dass bei nur einem Fehler das gesamte Netz einfach hinfort gefegt werden würde.
„Es tut mir Leid, Mr. Norly.“
Das war zumindest eine ehrliche Aussage. Eine voll und ganze ehrliche Aussage. Ihm tat vieles Leid. Sehr Vieles.
„Johanna…ihre Tochter ist tot. Sie wurde heute Morgen kaltblütig ermordet.“
Wieder musste Randolph ekelerregenden, bitteren Speichel hinunterwürgen.
„Setzen sie sich bitte“, meinte er, als er sich schließlich umdrehte und den Blick von der Maserung im Türholz löste. Er wusste immer noch nicht, wie er es sagen sollte. Dabei hatte er schon oft Angehörigen mitteilen müssen, dass nichts mehr zu machen war. Dass das Leben aus seinem Patienten gewichen war und es nichts gab, was ihn zurückbringen könnte.
Aber hier war es anders. Johanna war nicht einfach gestorben. Sie war niederträchtig, kaltblütig und auf abartige Weise gemeuchelt worden. Anders konnte man das, was er erfahren hatte, nicht deuten. Und das Schlimmste daran war, dass nicht irgendein Fremder dafür verantwortlich war. Auch nicht Hill oder Stirling, jemanden auf den er die Schuld hätte abschieben können. Er konnte Norly nicht mal die Wahrheit sagen.
Oder doch. Natürlich könnte er das. Er könnte es einfach sagen. Die Wahrheit. Alles bis ins kleinste Detail. Dann würde man ihn zumindest nicht als Lügner bezeichnen können, wenn man ihn in seinen Sarg verfrachtete. Seine vernagelte, hölzerne Kiste ins Erdreich hinab ließ, bis er irgendwann zu Erde und einem von Maden zerfressenen Skelett verkam. Von ihm würde nichts zurückbleiben, außer bleichen Knochen. So bleich wie seine Haut. Bereits jetzt war er im Grunde schon eine Leiche, konnte man gut behaupten. Randolphs Finger krümmten sich langsam.
Was sollte er tun? Was sollte er verdammt nochmal tun? Er hatte keinen Plan dieses Mal. Hatte nicht lange überlegt. Nicht die Eventualitäten berechnet. Er hatte auch keinen gottverdammten Nerv dazu. Er könnte schon mal Ehrlichkeit beweisen, indem er den Diebstahl des Buches eingestand. Aber dann würde er auch wieder nur verheimlichen müssen, was er damit getan hatte. Das er es hergegeben hatte, in fremde Hände. Eigentlich spielte es keine Rolle was Norly nach diesem Gespräch noch von ihm dachte. Aber er wollte Crowne, der ihm bislang zur Seite gestanden und mit Informationen versorgt hatte nicht in den Rücken fallen. Und er wollte Melinda beschützen. Auch wenn sie eine geistige Störung besaß. Es…es musste einen Weg geben, etwas dagegen zu tun. Sie wieder zur Vernunft zu bringen. Sie überzeugen, dass das was sie getan hatte, nicht richtig war.
Randolph rieb sich mit der freien Hand das linke Auge. Er wusste nicht, was er sagen sollte.
„Unser Gespräch spielt keine Rolle mehr. Zumindest für mich nicht mehr.“
Der Inhalt war schwachsinnig und unbedeutend gewesen, im Grunde genommen.
„Ich bin auch nicht zurückgekommen, um mich für etwas zu entschuldigen, falls sie das vermuten. Aber sie müssen von den Dingen erfahren, mit denen ich in der kurzen Zeit, in der ich weg war, konfrontiert wurde.“
Langsam geriet er mehr in Redefluss, fiel es ihm leichter zu sprechen. Er redete es einfach herunter ohne große Hintergedanken, in der Hoffnung intuitiv das Richtige zu sagen. Aber vermutlich gab es in einer Situation, wie dieser auch gar keine richtigen Entscheidungen. Zumindest war er nicht in der Lage eine von ihnen zu treffen.
Oh, doch. Vermutlich gibt es eine. Sie ruht scharf und blank poliert im Inneren meines schwarzen Mantels und giert nur nach meinem verdorbenen, schwarzen Blut. Will sich daran tränken, meinen Sehnen zerreißen, meine Adern durchbeißen. Mein ewiges, treues Werkzeug.
Und eine Zweite ruht hinter meinem Gürtel. Ein Klicken der Mündung und ich kann diese wertlose, beschissene Welt, die es jeden Tag aufs Neue schafft mich krank zu machen, krank, körperlich wie geistig, hinter mir lassen.
„Die Nachrichten, die ich ihnen bringe, Mr. Norly, sind, wie sie sich denken können nicht besonders schöner oder fröhlicher Natur.“
Er versuchte ihn darauf vorzubereiten einzustimmen. Oder auch sich selbst dazu einzustimmen, es endlich auszusprechen. Seine Fingerspitzen und seine Augen begannen wieder zu zucken. Er versuchte nun seinen Blick wirklich auf Norly zu richten. Er wollte ihm dabei in die Augen sehen. Auch wenn es unnötige Qual war, irgendwie erschien ihm das wichtig. Zumindest in dieser einen Angelegenheit ihm nicht heuchlerisch den Rücken zuzudrehen.
Und dann…wenn ich ihm nicht die ganze Wahrheit erzähle, lüge ich ihm doch auch nur ins Gesicht. Elendiger, dummer Engländer. Zu hässlich und zu dumm, dass selbst die Jahrmarkt- und Wanderzirkusbesitzer ihn seinen Eltern nicht abkaufen wollten…
Er musste es einfach nur aus sich herausbringen. Damit er es hinter sich hatte. Aber er konnte es Charles doch schlecht einfach nur ins Gesicht schmettern. Es war seine Tochter, verdammt. Sein eigen Fleisch und Blut. Randolph hatte keine eigene Tochter, aber er hatte Melinda. Wenn er sie verlieren würde, würde es ihn hart treffen. Und wenn er hören würde, dass jemand sie umgebracht hatte, nein, sie vermutlich davor auch noch gequält und zum Selbstmord gezwungen hätte, dann würde er diesen Bastard suchen, mit aller Kraft, die er hatte. Und dann würde er…Randolph verharrte in seinen Gedankengängen. Was lief nur falsch mit ihm? Warum dachte er darüber nach? Wie kam er nun wieder zu diesem Gedanken? Er musste es einfach nur sagen…sagen…
Er räusperte sich erneut. Dass es ihm unangenehm war darüber zu reden, hatte Norly bei den Pausen mittlerweile sicher bemerkt. Aber vermutlich war er nun eher ungeduldig und genervt, als darauf vorbereitet, was er zu sagen hatte. Immerhin hatte er sich hingesetzt.
„Es hat nicht lange gedauert, bis ich auf das Gerücht stieß. Aber ich wollte es nicht glauben. Habe weiter nachgefragt, recherchiert.“
Und schon begann er zu Lügen. Sein Netz aus Lügen begann sich weiter zusammen zu spinnen. Und mit jeder Lüge würde es unübersichtlicher, aber nicht dichter werden. So unübersichtlich, dass bei nur einem Fehler das gesamte Netz einfach hinfort gefegt werden würde.
„Es tut mir Leid, Mr. Norly.“
Das war zumindest eine ehrliche Aussage. Eine voll und ganze ehrliche Aussage. Ihm tat vieles Leid. Sehr Vieles.
„Johanna…ihre Tochter ist tot. Sie wurde heute Morgen kaltblütig ermordet.“
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Charles nickte Gilbert einwilligend zu, bevor er mit Dr. Tremaine den Raum verließ. Er hätte nichts dagegen, wenn Gilbert sich ihm anschließen würde, um einige Sachen aus seinem Haus abzuholen. Und auch wenn Charles sein Gewehr und sein Werkzeug brauchte, war es ihm wichtiger Oxley in Sicherheit zu wissen. Er musste einfach wissen, wie es seinem Butler ergangen war, nachdem er zusammen mit Harry und der Polizei zurückgeblieben war.
Charles Planungen waren aber nicht nur bei Oxley oder seinem eigenen Hab und Gut, sondern bereits, zwischen Gedankengängen, die dank seiner Müdigkeit ins Leere oder zu einem gemütlichen Schlafplatz führten, sondern auch beim Rückweg nach London, der der Gruppe als nächstes bevorstand. Bis zum Abend war es noch ein wenig Zeit (und Abend musste es zum Zeitpunkt des Aufbruchs sein, denn Dunkelheit war wichtig), allerdings durfte Charles sich dieses Mal keine Fehler erlauben. Er reiste nicht allein. Mehr Leute bedeuteten mehr Probleme.
Währenddessen trat er grüßend an Rosie vorbei, die im Flur gewartet hatte, ohne sein Büro näher in Augenschein zu nehmen oder sich verbal zu beteiligen, und setzte sich auf einen der Stühle in der Küche, nachdem Randolph die Tür hinter ihnen geschlossen und ihn darum gebeten hatte.
Was er von diesem bevorstehenden Gespräch, um das der Doktor ihn gebeten hatte, halten sollte, wusste er noch nicht so recht. Charles platzierte seine Hände recht entspannt auf der kleinen Tischplatte vor sich. Es tat so gut, zu sitzen. Einiges an körperlicher Anspannung, die allein den Schmerzen seiner Glieder zu verdanken war, fiel von ihm ab. Allerdings versuchte er, diese Erleichterung nicht zu sehr zu genießen. Er wollte nun und hier nicht einschlafen.
Nicht nur, weil es unpassend wäre. In Charles regte sich das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Dass Dr. Tremaine ihm etwas Wichtiges zu sagen hatte, äußerte dieser selbst, und Charles wurde mit jedem weiteren Wort, mit dem Randolph daraufhin um den heißen Brei herumredete oder es durch Schweigen herauszögerte, wieder zunehmend angespannter.
Es würden keine guten Neuigkeiten sein, das war ihm bewusst, noch bevor der Doktor ausdrückte, dass es ihm leidtat. Es war weder zu überhören, noch zu übersehen gewesen.
Doch als Charles endlich erfuhr, worum es ging, was es nun war, das der Dr. Tremaine ihm beibringen wollte, traf es Charles wie ein Schlag auf Brustkorb und in die Magengrube zugleich. Übelkeit sprang ihn genauso ein, wie Schreck, Trauer und das Gefühl, nicht atmen zu können.
Charles schaute dem Mann vor sich einen kurzen Moment lang erstarrt entgegen, bevor er sich, wie benommen, wieder von dem Platz erhob, auf dem er sich gerade erst niedergelassen hatte.
„Nein…“, hauchte er kopfschüttelnd. Das konnte nicht wahr sein. Das konnte es einfach nicht. Doch es war wahr. So kaltblütig wahr, wie es nur sein konnte. Charles wusste es. Er glaubte es. Und es durchbohrte sein Herz und riss es entzwei.
Er stieß sich förmlich vom Tisch ab und begann, auf der kleinen Fläche, die ihm zur Verfügung stand, erregt auf und ab zu gehen.
„Nein, nein, nein“, murmelte er dabei vor sich hin, die Anwesenheit des Doktors kurz völlig ausblendend, als er an der Erkenntnis, erneut versagt zu haben, erneut Schuld an einem Tod zu sein, ihm seine Familie erneut aus den Händen glitt, verzweifelte, „nein, NEIN!“
Allein dieses letzte Nein brach donnernd aus ihm heraus, als er frustriert nach dem Stuhl schlug, auf dem er gerade noch gesessen hatte, und dieser mit einem nicht minder lauten Knall gegen die Küchenfront und dann zu Boden krachte.
Charles raufte sich die Haare, soweit das mit seinem Kopfverband, den er dabei ignorierte, überhaupt möglich war, und floh zum Fenster, wo links und rechts mit den Händen Halt am Rahmen suchte… genauso wie er dort Fassung, als er durch die trübverschmutzten Scheibe hinab auf unkrautbewucherte Pflastersteine in der Tiefe starrte.
Er brauchte einige Sekunden, um sich zu sammeln.
„Wie?“
Charles atmete aufgebracht und schnaubend durch die Nase aus. Der Fabrikhof verschwamm vor seinen Augen, also schloss er sie und spürte heiße Tränen wie Rinnsale aus Lava an seinen Wangen herunterlaufen.
„Wie genau ist es passiert?“
Er musste es wissen.
Kaltblütig. Kaltblütig ermordet.
Charles Worte kamen nun leise und plötzlich ohne jegliches Aufbrausen über seine Lippen. Es war überwältigender Schmerz, der ihn vereinnahmt hatte, und würde er sich nicht stützend an den hölzernen Fensterrahmen krallen, der vor allem unter dem Griff seiner metallenen Hand knarzend protestierte, wüsste er nicht, welches Ventil er sonst für den Sturm gesucht hätte, der gerade in ihm tobte und nach Freiheit verlangte. Sein ganzer Körper bebte.
Charles Planungen waren aber nicht nur bei Oxley oder seinem eigenen Hab und Gut, sondern bereits, zwischen Gedankengängen, die dank seiner Müdigkeit ins Leere oder zu einem gemütlichen Schlafplatz führten, sondern auch beim Rückweg nach London, der der Gruppe als nächstes bevorstand. Bis zum Abend war es noch ein wenig Zeit (und Abend musste es zum Zeitpunkt des Aufbruchs sein, denn Dunkelheit war wichtig), allerdings durfte Charles sich dieses Mal keine Fehler erlauben. Er reiste nicht allein. Mehr Leute bedeuteten mehr Probleme.
Währenddessen trat er grüßend an Rosie vorbei, die im Flur gewartet hatte, ohne sein Büro näher in Augenschein zu nehmen oder sich verbal zu beteiligen, und setzte sich auf einen der Stühle in der Küche, nachdem Randolph die Tür hinter ihnen geschlossen und ihn darum gebeten hatte.
Was er von diesem bevorstehenden Gespräch, um das der Doktor ihn gebeten hatte, halten sollte, wusste er noch nicht so recht. Charles platzierte seine Hände recht entspannt auf der kleinen Tischplatte vor sich. Es tat so gut, zu sitzen. Einiges an körperlicher Anspannung, die allein den Schmerzen seiner Glieder zu verdanken war, fiel von ihm ab. Allerdings versuchte er, diese Erleichterung nicht zu sehr zu genießen. Er wollte nun und hier nicht einschlafen.
Nicht nur, weil es unpassend wäre. In Charles regte sich das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Dass Dr. Tremaine ihm etwas Wichtiges zu sagen hatte, äußerte dieser selbst, und Charles wurde mit jedem weiteren Wort, mit dem Randolph daraufhin um den heißen Brei herumredete oder es durch Schweigen herauszögerte, wieder zunehmend angespannter.
Es würden keine guten Neuigkeiten sein, das war ihm bewusst, noch bevor der Doktor ausdrückte, dass es ihm leidtat. Es war weder zu überhören, noch zu übersehen gewesen.
Doch als Charles endlich erfuhr, worum es ging, was es nun war, das der Dr. Tremaine ihm beibringen wollte, traf es Charles wie ein Schlag auf Brustkorb und in die Magengrube zugleich. Übelkeit sprang ihn genauso ein, wie Schreck, Trauer und das Gefühl, nicht atmen zu können.
Charles schaute dem Mann vor sich einen kurzen Moment lang erstarrt entgegen, bevor er sich, wie benommen, wieder von dem Platz erhob, auf dem er sich gerade erst niedergelassen hatte.
„Nein…“, hauchte er kopfschüttelnd. Das konnte nicht wahr sein. Das konnte es einfach nicht. Doch es war wahr. So kaltblütig wahr, wie es nur sein konnte. Charles wusste es. Er glaubte es. Und es durchbohrte sein Herz und riss es entzwei.
Er stieß sich förmlich vom Tisch ab und begann, auf der kleinen Fläche, die ihm zur Verfügung stand, erregt auf und ab zu gehen.
„Nein, nein, nein“, murmelte er dabei vor sich hin, die Anwesenheit des Doktors kurz völlig ausblendend, als er an der Erkenntnis, erneut versagt zu haben, erneut Schuld an einem Tod zu sein, ihm seine Familie erneut aus den Händen glitt, verzweifelte, „nein, NEIN!“
Allein dieses letzte Nein brach donnernd aus ihm heraus, als er frustriert nach dem Stuhl schlug, auf dem er gerade noch gesessen hatte, und dieser mit einem nicht minder lauten Knall gegen die Küchenfront und dann zu Boden krachte.
Charles raufte sich die Haare, soweit das mit seinem Kopfverband, den er dabei ignorierte, überhaupt möglich war, und floh zum Fenster, wo links und rechts mit den Händen Halt am Rahmen suchte… genauso wie er dort Fassung, als er durch die trübverschmutzten Scheibe hinab auf unkrautbewucherte Pflastersteine in der Tiefe starrte.
Er brauchte einige Sekunden, um sich zu sammeln.
„Wie?“
Charles atmete aufgebracht und schnaubend durch die Nase aus. Der Fabrikhof verschwamm vor seinen Augen, also schloss er sie und spürte heiße Tränen wie Rinnsale aus Lava an seinen Wangen herunterlaufen.
„Wie genau ist es passiert?“
Er musste es wissen.
Kaltblütig. Kaltblütig ermordet.
Charles Worte kamen nun leise und plötzlich ohne jegliches Aufbrausen über seine Lippen. Es war überwältigender Schmerz, der ihn vereinnahmt hatte, und würde er sich nicht stützend an den hölzernen Fensterrahmen krallen, der vor allem unter dem Griff seiner metallenen Hand knarzend protestierte, wüsste er nicht, welches Ventil er sonst für den Sturm gesucht hätte, der gerade in ihm tobte und nach Freiheit verlangte. Sein ganzer Körper bebte.
Zuletzt von Umbra am Sa Jun 18 2016, 11:53 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Wie war sie gestorben…
Sie hatte gelitten. Melinda hatte sie gepackt, ihre Klauen in ihre Beute geschlagen. Sie gezwungen ihren Abschiedsbrief zu schreiben, während heiße Tränen ihre jugendlichen Wangen benetzten. Die Momente mussten an ihr hoffnungslos und schwarz vorübergezogen sein. Vielleicht hatte sie versucht es hinauszuzögern. Indem sie mehr schrieb als nötig, indem sie einfach weiter schrieb. Doch alles musste zu einem Ende kommen. Randolph sah wie Johanna Tinte und Feder beiseite legte.
Und sie dann die Schlinge vor sich baumeln sah. Der Drang zu Würgen und kalte Panik mussten in ihrem Körper hochgekrochen sein. Und ihr Blick hilflos auf ihre leblose Mutter gefallen sein, die dort saß, in sich zusammengesackt. Machtlos dem Tod ihres Kindes beiwohnend. Des Kindes das sie all die Jahre vermutlich vor Norly gewarnt hatte. Eisige Kälte begann Randolphs Herz zu ummanteln, als er daran dachte wie das Mädchen sich den Galgen um den Hals legte. Wie sich die Schlinge zuzog, wie um ein gefangenes Kaninchen. Wie ihr die Luft abgeschnürt wurde, bis ihr Gesicht blaue Töne annahm, während sie mit dem Mund japsend nach Sauerstoff schnappte und ihr nichts übrig blieb als lautlos zu Schreien, während sie in Melindas bestimmt grinsendes Gesicht starrte. Wie ihr langsam die Augen aus den Höhlen hervortraten, ihre Beine zappelten, bis sie schließlich mit einem letzten rasselnden Geräusch in Ohnmacht fiel, ihr Körper erschlaffte und ihr Blick glasig wurde.
Randolphs Augen zuckten, während er Charles Ausfall beobachtete und sein Magen krümmte sich in eisigem Schmerz zusammen. Er empfand in diesem Augenblick nichts als Mitgefühl für ihn. Doch er wusste nicht, ob er ihm helfen konnte. Er konnte ihm nicht alles sagen, das rief er sich stets wieder ins Gedächtnis.
Als er ihn dort am Fenster stehen sah, verzweifelt und erschüttert, fiel es ihm schwer zu sprechen. Als er gerade ansetzen wollte, fiel ihm ein, dass er vergessen hatte zu erwähnen, dass Johannas Mutter auch tot war. Das war vielleicht auch nicht gerade unbedeutend für Charles. Scheiße. Wieso musste er ihm das alles beibringen…
„Und…Mr.Norly…“
Er hätte Charles gesagt, aber er wusste dass der Mann empfindlich darauf reagierte und lieber gesiezt wurde, von daher blieb er dann doch bei der förmlichen Anrede.
„Ihre Mutter, Johannas Mutter ist ebenfalls tot.“
Er machte eine kurze Pause, rieb sich den Kehlkopf, während er Charles Rücken musterte. Unsicher glitten seine Augen über den Hinterkopf des Mannes.
„Anscheinend ist jemand ins Innere des Hauses eingedrungen. Verdächtigt wird der junge Jonathan Porter. Ich persönlich…ich denke nicht, dass er es war. Ich konnte den Mann einige Zeit kennen lernen. Er ist bestimmt nicht der Mörder.“
Er begann nun selbst etwas im Raum umherzugehen. Er hoffte, dass die Gesellschaft draußen nicht allzu viel mitbekommen hatte, von dem was hier vor sich ging.
„Man hat Johanna zum Selbstmord gezwungen. Sie sollte einen Abschiedsbrief schreiben und sich dann erhängen. Ich konnte das natürlich nicht genau überprüfen, aber mir wurde gesagt, dass in dem Brief angeblich eindeutige Hinweise enthalten waren, dass sie das Ganze nicht freiwillig gemacht hat. Zudem wurde ihrer Mutter die Kehle aufgeschlitzt. Was dort genau vorgefallen ist, kann ich selbst nicht genau sagen.“
Randolph wusste, dass das Alles vermutlich nicht wirklich einfühlsam klang. Aber er wusste auch nicht, wie er es anders sagen konnte. Er zerraufte sich mit der Linken das Haar.
„Sobald ich…von der Sache erfuhr, bin ich hierher zurückgeeilt. Es tut mir wirklich Leid.“
Er räusperte sich ein weiteres Mal, als ihm ein Kloß in der Kehle steckte.
„Wenn ich Anzeichen bemerkt hätte, wenn ich irgendwie geglaubt hätte, dass sie dort nicht sicher wäre, hätte ich sie nicht bei ihrer Mutter abgeliefert. Aber anscheinend…war das ein Irrtum.“
Sie hatte gelitten. Melinda hatte sie gepackt, ihre Klauen in ihre Beute geschlagen. Sie gezwungen ihren Abschiedsbrief zu schreiben, während heiße Tränen ihre jugendlichen Wangen benetzten. Die Momente mussten an ihr hoffnungslos und schwarz vorübergezogen sein. Vielleicht hatte sie versucht es hinauszuzögern. Indem sie mehr schrieb als nötig, indem sie einfach weiter schrieb. Doch alles musste zu einem Ende kommen. Randolph sah wie Johanna Tinte und Feder beiseite legte.
Und sie dann die Schlinge vor sich baumeln sah. Der Drang zu Würgen und kalte Panik mussten in ihrem Körper hochgekrochen sein. Und ihr Blick hilflos auf ihre leblose Mutter gefallen sein, die dort saß, in sich zusammengesackt. Machtlos dem Tod ihres Kindes beiwohnend. Des Kindes das sie all die Jahre vermutlich vor Norly gewarnt hatte. Eisige Kälte begann Randolphs Herz zu ummanteln, als er daran dachte wie das Mädchen sich den Galgen um den Hals legte. Wie sich die Schlinge zuzog, wie um ein gefangenes Kaninchen. Wie ihr die Luft abgeschnürt wurde, bis ihr Gesicht blaue Töne annahm, während sie mit dem Mund japsend nach Sauerstoff schnappte und ihr nichts übrig blieb als lautlos zu Schreien, während sie in Melindas bestimmt grinsendes Gesicht starrte. Wie ihr langsam die Augen aus den Höhlen hervortraten, ihre Beine zappelten, bis sie schließlich mit einem letzten rasselnden Geräusch in Ohnmacht fiel, ihr Körper erschlaffte und ihr Blick glasig wurde.
Randolphs Augen zuckten, während er Charles Ausfall beobachtete und sein Magen krümmte sich in eisigem Schmerz zusammen. Er empfand in diesem Augenblick nichts als Mitgefühl für ihn. Doch er wusste nicht, ob er ihm helfen konnte. Er konnte ihm nicht alles sagen, das rief er sich stets wieder ins Gedächtnis.
Als er ihn dort am Fenster stehen sah, verzweifelt und erschüttert, fiel es ihm schwer zu sprechen. Als er gerade ansetzen wollte, fiel ihm ein, dass er vergessen hatte zu erwähnen, dass Johannas Mutter auch tot war. Das war vielleicht auch nicht gerade unbedeutend für Charles. Scheiße. Wieso musste er ihm das alles beibringen…
„Und…Mr.Norly…“
Er hätte Charles gesagt, aber er wusste dass der Mann empfindlich darauf reagierte und lieber gesiezt wurde, von daher blieb er dann doch bei der förmlichen Anrede.
„Ihre Mutter, Johannas Mutter ist ebenfalls tot.“
Er machte eine kurze Pause, rieb sich den Kehlkopf, während er Charles Rücken musterte. Unsicher glitten seine Augen über den Hinterkopf des Mannes.
„Anscheinend ist jemand ins Innere des Hauses eingedrungen. Verdächtigt wird der junge Jonathan Porter. Ich persönlich…ich denke nicht, dass er es war. Ich konnte den Mann einige Zeit kennen lernen. Er ist bestimmt nicht der Mörder.“
Er begann nun selbst etwas im Raum umherzugehen. Er hoffte, dass die Gesellschaft draußen nicht allzu viel mitbekommen hatte, von dem was hier vor sich ging.
„Man hat Johanna zum Selbstmord gezwungen. Sie sollte einen Abschiedsbrief schreiben und sich dann erhängen. Ich konnte das natürlich nicht genau überprüfen, aber mir wurde gesagt, dass in dem Brief angeblich eindeutige Hinweise enthalten waren, dass sie das Ganze nicht freiwillig gemacht hat. Zudem wurde ihrer Mutter die Kehle aufgeschlitzt. Was dort genau vorgefallen ist, kann ich selbst nicht genau sagen.“
Randolph wusste, dass das Alles vermutlich nicht wirklich einfühlsam klang. Aber er wusste auch nicht, wie er es anders sagen konnte. Er zerraufte sich mit der Linken das Haar.
„Sobald ich…von der Sache erfuhr, bin ich hierher zurückgeeilt. Es tut mir wirklich Leid.“
Er räusperte sich ein weiteres Mal, als ihm ein Kloß in der Kehle steckte.
„Wenn ich Anzeichen bemerkt hätte, wenn ich irgendwie geglaubt hätte, dass sie dort nicht sicher wäre, hätte ich sie nicht bei ihrer Mutter abgeliefert. Aber anscheinend…war das ein Irrtum.“
Darnamur- Jünger des Pinguins
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Melinda ging einige Schritte, als sie stehen blieb, da aus den Räumlichkeiten nicht weit von ihr entfernt, eine laute Stimme zu hören war. Sie vermutete Charles zu erkennen, doch bevor sie sich sicher sein konnte, donnerte es aus dem Raum.
Hmmm. Da ist wohl jemand ziemlich schlecht drauf. Was hat unser Randy-Boy denn nun angestellt?
Wäre sie ihrem ersten Implus gefolgt, wäre sie wohl einfach in den Raum gestürmt um zu sehen, was vor sich ging. Doch stattdessen blieb sie stehen und wartete ab, dabei warf sie einen Blick zurück zu Gilbert.
Hmmm. Da ist wohl jemand ziemlich schlecht drauf. Was hat unser Randy-Boy denn nun angestellt?
Wäre sie ihrem ersten Implus gefolgt, wäre sie wohl einfach in den Raum gestürmt um zu sehen, was vor sich ging. Doch stattdessen blieb sie stehen und wartete ab, dabei warf sie einen Blick zurück zu Gilbert.
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Der Einladung Miss Bentons folgend, machte sich Gilbert Gedanken, was genau ihre Worte bedeuteten. Sie war also von seiner Unschuld überzeugt, was die Morde anging. Allerdings gab sie auch zu, dass sie seine älteste Vertraute war. Das schwächte in seinen Augen ihre Einschätzung zu den Morden schon wieder ab. Selbst wenn Norly für diese schrecklichen Taten verantwortlich war, würde seine älteste und engste Vertraute dann von ihm weichen? Bedeutete das vielleicht sogar, dass sie Gilbert einfach anlügte und genau wusste, was vor sich ging? Vielleicht war sie ja sogar in entsprechende Pläne und Vorgehensweisen eingeweiht und deckte ihren Vertrauten.
Dabei war natürlich auch interessant, was genau Miss Benton mit "älteste Vertraute" meinte. Es war schon eine seltsame Ausdrucksweise. War sie vielleicht nur eine alte Bekannte? Verband sie einfach nur eine Freundschaft? Oder waren es die Morde, die sie irgendwie miteinander verbanden? Gilbert war sich zu diesem Zeitpunkt nur bei einer Sache sicher: Er würde Miss Benton in Zukunft genauestens im Auge behalten. Wenn er noch bis London bei der Gruppe blieb, musste er auf sich aufpassen. Er hatte das Gefühl, dass neben Norly, von Miss Benton die meiste Gefahr ausging. Ganz einfach aus dem Grund, dass sie seine älteste Vertraute war - was genau das auch genau bedeuten mochte.
"Ich kann Norly also erst verstehen, wenn ich sturzbetrunken bin?" fragte er auf die letzte Bemerkung der Frau etwas scherzhaft. Das waren ja gute Vorrausstzungen. Statt sich weiter mit dem Thema zu beschäftigen, ging er endlich in den Raum hinein. Er blieb wieder stehen, als ein Krachen aus dem Zimmer kam, in das sich Norly und der Doktor zurückgezogen hatten. Irgendetwas schien dort wohl nicht zur Zufriedenheit zu laufen. Mit einem Schulterzucken wandte er sich wieder an Miss Benton.
"Es scheinen wohl sehr schlechte Nachrichten zu sein." kommentierte er nur aber überließ die beiden dann wieder sich selbst. Er wollte sich nicht schon wieder irgendwo einmischen und sich damit weitere Probleme machen. Außerdem schien es bisher nicht auszuarten und nach dem einen lauten Geräusch, folgten auch keine weiteren mehr. Gilbert setzte sich auf einen Stuhl und sah sich nach dem Absinth um.
Dabei war natürlich auch interessant, was genau Miss Benton mit "älteste Vertraute" meinte. Es war schon eine seltsame Ausdrucksweise. War sie vielleicht nur eine alte Bekannte? Verband sie einfach nur eine Freundschaft? Oder waren es die Morde, die sie irgendwie miteinander verbanden? Gilbert war sich zu diesem Zeitpunkt nur bei einer Sache sicher: Er würde Miss Benton in Zukunft genauestens im Auge behalten. Wenn er noch bis London bei der Gruppe blieb, musste er auf sich aufpassen. Er hatte das Gefühl, dass neben Norly, von Miss Benton die meiste Gefahr ausging. Ganz einfach aus dem Grund, dass sie seine älteste Vertraute war - was genau das auch genau bedeuten mochte.
"Ich kann Norly also erst verstehen, wenn ich sturzbetrunken bin?" fragte er auf die letzte Bemerkung der Frau etwas scherzhaft. Das waren ja gute Vorrausstzungen. Statt sich weiter mit dem Thema zu beschäftigen, ging er endlich in den Raum hinein. Er blieb wieder stehen, als ein Krachen aus dem Zimmer kam, in das sich Norly und der Doktor zurückgezogen hatten. Irgendetwas schien dort wohl nicht zur Zufriedenheit zu laufen. Mit einem Schulterzucken wandte er sich wieder an Miss Benton.
"Es scheinen wohl sehr schlechte Nachrichten zu sein." kommentierte er nur aber überließ die beiden dann wieder sich selbst. Er wollte sich nicht schon wieder irgendwo einmischen und sich damit weitere Probleme machen. Außerdem schien es bisher nicht auszuarten und nach dem einen lauten Geräusch, folgten auch keine weiteren mehr. Gilbert setzte sich auf einen Stuhl und sah sich nach dem Absinth um.
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
"Gegenfrage: Sie brauchen Alkohol um Geist und Augen zu öffnen? Sie sollten dringend mit Randolph sprechen - er ist ein ausgezeichnter Arzt." Trotz der beunruhigenden Geräusche in dem Raum, setzte sie ihre Maske auf und lachte. Vielleicht ließ sich immerhin was mit ihm anfangen, bei Maura sah die Hure da eher schwarz. Sie war einfach so seltsam stur und auf ihre Frage hatte sie auch nicht reagiert. Sei's drum.
Melinda holte, nachdem sie noch einmal in die Richtung geblickt hatte in der Charles und Randy verschwunden waren, rasch den Absinth und diesmal auch zwei Gläser.
"Auf Zucker und Feuer müssen wir leider verzichten, aber man kann diesen hier auch pur genießen." Sie hob das Glas zum prosten.
"In der Tat scheinen es keine guten Neuigkeiten zu sein. Aber Norly und der Doc sind auch nicht die besten Freunde die man sich vorstellen kann."
Melinda holte, nachdem sie noch einmal in die Richtung geblickt hatte in der Charles und Randy verschwunden waren, rasch den Absinth und diesmal auch zwei Gläser.
"Auf Zucker und Feuer müssen wir leider verzichten, aber man kann diesen hier auch pur genießen." Sie hob das Glas zum prosten.
"In der Tat scheinen es keine guten Neuigkeiten zu sein. Aber Norly und der Doc sind auch nicht die besten Freunde die man sich vorstellen kann."
Elli- Piratenpinguin
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Maura fühlte sich nach Norlys Abgang etwas orientierungslos, also blieb sie einfach im Vorraum, als er verschwand. Etwas unschlüssig ließ sie sich auf der Sofakante nieder (in etwas weiblicherer Position jedoch, als noch zuvor) und folgte scheinbar teilnahmslos dem entbrennenden Gespräch zwischen der jungen Miss Benton und Wright. Vielleicht war es für den Anfang das Beste, sich an ihren ‚Entführer‘ zu halten; schließlich war er der einzige hier, den sie halbwegs zu kennen glaubte.
Die junge Frau, die den unsympathischen Doktor hinaufbegleitet hatte, war ebenfalls im Raum geblieben, doch sie verspürte wenig Wunsch danach, sie anzusprechen. Sie sah jedenfalls aus, als würde sie genau in dieses Milieu passen. Maura warf ihr nicht mehr als einen kurzen Blick zu, dann folgte sie Wright stumm.
Sie stockte jedoch vor der Tür, hinter der Norly verschwunden war. Das hörte sich ja höchst interessant an … leider verstand sie nicht, was gesprochen wurde, doch Norly schien äußerst gereizt zu sein. Zu gerne hätte sie die Tür einfach geöffnet, doch Norly hatte vom Ungestörtsein gesprochen, und sie wollte ihn nicht vergraulen; also blieb sie einfach vor der Tür stehen und lauschte, so gut sie konnte. Zumindest, bis ihr einfiel, wer sich noch im Raum befand. Sie entschied, keinen Blick zurück zu werfen, sondern doch einfach wieder Wright zu folgen, als wäre nichts gewesen. Verdammt! So hätte sie bestimmt wichtige Informationen sammeln können …
… und stattdessen folgte sie einer Trinkerin. Absinth … um Gottes Willen. Ein Teufelscocktail, von dem sie sich bisher ferngehalten hatte, aus gutem Grund. Schließlich hörte man ja immer wieder Geschichten …
Als sie ankam, war das dämonische Zeug schon ausgeschüttet. Mit möglichst unbeteiligter Miene ergriff sie den Stuhl, der am weitesten von Charles ‚ältester Bekannter‘ entfernt war, mischte sich jedoch nicht in das laufende Gespräch ein.
So, sie waren also keine guten Freunde …? Na, wenn sich das nicht eines Tages mal verwerten ließ.
Die junge Frau, die den unsympathischen Doktor hinaufbegleitet hatte, war ebenfalls im Raum geblieben, doch sie verspürte wenig Wunsch danach, sie anzusprechen. Sie sah jedenfalls aus, als würde sie genau in dieses Milieu passen. Maura warf ihr nicht mehr als einen kurzen Blick zu, dann folgte sie Wright stumm.
Sie stockte jedoch vor der Tür, hinter der Norly verschwunden war. Das hörte sich ja höchst interessant an … leider verstand sie nicht, was gesprochen wurde, doch Norly schien äußerst gereizt zu sein. Zu gerne hätte sie die Tür einfach geöffnet, doch Norly hatte vom Ungestörtsein gesprochen, und sie wollte ihn nicht vergraulen; also blieb sie einfach vor der Tür stehen und lauschte, so gut sie konnte. Zumindest, bis ihr einfiel, wer sich noch im Raum befand. Sie entschied, keinen Blick zurück zu werfen, sondern doch einfach wieder Wright zu folgen, als wäre nichts gewesen. Verdammt! So hätte sie bestimmt wichtige Informationen sammeln können …
… und stattdessen folgte sie einer Trinkerin. Absinth … um Gottes Willen. Ein Teufelscocktail, von dem sie sich bisher ferngehalten hatte, aus gutem Grund. Schließlich hörte man ja immer wieder Geschichten …
Als sie ankam, war das dämonische Zeug schon ausgeschüttet. Mit möglichst unbeteiligter Miene ergriff sie den Stuhl, der am weitesten von Charles ‚ältester Bekannter‘ entfernt war, mischte sich jedoch nicht in das laufende Gespräch ein.
So, sie waren also keine guten Freunde …? Na, wenn sich das nicht eines Tages mal verwerten ließ.
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Dr. Tremaines Schilderung traf Charles hart. Er war selbst schuld, er hatte es wissen wollen – wissen müssen… dennoch: Die Bilder, die die Beschreibung des Mordes vor Charles innerem Auge hervorriefen, rissen die Wunden in seinem ohnehin schon gebrochenen Selbst weiter ein. Viel weiter.
Jedes Wort schien einen immer dichter werdenden Schleier durchqueren zu müssen, ehe es zu Charles vordrang.
Sofia war auch tot.
Aufgeschlitzt wie ein Rind auf der Schlachtbank. Die schöne Sofia Stead… er erinnerte sich an sie, als wäre es gestern gewesen. Er hatte ihre gemeinsame Zeit genossen. Er war dumm gewesen. Jung und leichtsinnig. Schwach. Doch wie hätte er bei ihr nicht schwach werden können? Er hatte sich zu wenig unter Kontrolle gehabt. Hatte sich von der Lust den Verstand vernebeln lassen. Hatte zu spät bemerkt, dass er ihr falsche Hoffnungen gemacht hatte… Hätte er nur damals schon gewusst, dass daraus Johanna hervorgegangen war… Hätte sein Vater die schwangere Sofia nicht verjagt und es Charles verschwiegen, so wie Johanna es geschildert hatte… Charles verspürte zwischen all dem Schmerz und der Wut, die ihn ohnehin schon vereinnahmt hatten, nun wieder eine auflodernde Flamme des Hasses, die er für seinen Vater verspürte. William Norly war die Wurzel allen Übels in Charles Leben – die Wurzel, die selbst nach dem Tod dieses selbstgerechten Tyranns noch überdauerte. Und je älter Charles wurde, desto mehr erkannte er in seinem Spiegelbild das Gesicht seines Vaters. Er war aus der Saat dieses Mannes entstanden. Kein Wunder also, dass er ebenfalls andere ins Unglück stürzte…
Charles konnte das Grauen nicht ermessen, das Johanna und Sofia Stead in ihren letzten Augenblicken hatten erleben müssen. Hatte man sie gezwungen, sich gegenseitig beim Sterben zuzusehen?
Eigentlich mochte er nicht darüber nachdenken.
Zum Glück war in seinen Armen genug Anspannung, um sich aufrecht zu halten. Seine Beine, zumindest, fühlten sich weich an wie Brei.
Charles fragte sich, wie es nun wohl wäre, einfach auf das Fensterbrett zu steigen, die Scheibe zu ignorieren und hindurchzubrechen. Zu fallen.
Ein kurzer, letzter Moment voller geladener Energie und Freiheit, bevor Knochen zerbarsten, Eingeweide zerquetschten und Blut in alle Richtungen schwappte.
War es das, was man nun von ihm erwartete?
War es das, wozu man ihn treiben wollte?
Es reichte ihnen nicht, seinen Ruf zu zerstören, ihm seinen Besitz zu verwehren – nein, sie wollten ihm alles nehmen, was ihn ausmachte, was ihm wichtig war, und ganz zum Schluss seinen Lebenswillen, um ihr Werk zu vollenden.
Es war ihr Plan, ihn Stück für Stück zu vernichten, von Anfang an.
Johanna…
Sie war doch gerade erst in sein Leben getreten, und nun hatte man sie kaltblütig wieder daraus entfernt. Er hatte sie hier in Manchester vorerst in Sicherheit gewähnt, aber befürchtet, dass es nicht ewig so bleiben würde. Deswegen hatte er sich, trotzdem sie ihn, zu seiner Verwunderung und zu seinem Schmerz, davongejagt hatte, als er das Polizeigewahrsam verlassen konnte und sie besucht hatte, um eine Flucht für sie und ihre Mutter kümmern wollen. Genau deswegen hatte er seine alten Freunde um Hilfe gesucht, was aber schlussendlich auch wieder nur einen unglücklichen Verlauf genommen hatte. Arthur hätte fast nicht überlebt… und Johanna… und Sofia…
Charles fürchtete, ihren Mörder geradewegs zu ihnen geführt zu haben. Er hätte Johanna in Ruhe lassen sollen. Zurück bei ihrer Mutter, hätte sie unbeschadet weiterleben können. Er hätte mit seinem Besuch dort nicht zeigen sollen, dass Johanna ihm wichtig war. Er…
Er machte sich Vorwürfe. Natürlich. Aber er war nicht der Schurke in dieser Verschwörung. Er war das Opfer. Wie krank musste man sein, um so viele Menschen zu ermorden, nur um ihn zu vernichten? Wie skrupellos? Wer könnte so viel Hass gegen ihn schüren und gleichzeitig zu so etwas fähig sein? Darauf wusste Charles noch immer keine Antwort.
Doch er würde sie bekommen.
Nun erst recht.
Ihn von der Gesellschaft zu isolieren, indem man unschuldige Fremde oder flüchtige Bekannte von ihm umbrachte, war eine Sache. Aber Ed umzubringen… Johanna und ihre Mutter umzubringen… Charles hatte sich gerade erst mit dem Gedanken angefreundet, eine Tochter zu haben. Und nun… Das war nicht richtig.
Was zu weit ging, ging zu weit.
Vielleicht hatten sie nicht damit gerechnet, dass er so lang standhaft bleiben würde. Vielleicht hatten sie aber genau das gehofft.
Johanna…
Hatten sie von Anfang an von ihr gewusst? Vielleicht hatten sie in seiner Vergangenheit herumgeschnüffelt und waren auf sie gestoßen. Vielleicht war sie deswegen in London gewesen, so weit weg von ihrer Heimat, und so nah bei ihm… bei den Nachbarn von Hill. Konnte das wirklich Zufall gewesen sein? War es Zufall gewesen, dass dieser Porter ihnen in Manchester am Bahnhof aufgelauert hatte?
„Verdächtigt wird der junge Jonathan Porter.“
Charles Hände glitten am Fensterrahmen hinab und formten sich neben seinem Körper, immer noch bebend, zu Fäusten. Tatsächlich konnte er sich auch ohne ihre Stütze auf den Beinen halten.
Es mochte schon eine Weile vergangen sein, seitdem der Doktor wieder ins Schweigen verfallen war und begonnen hatte, auf eine Reaktion zu warten. Charles hatte nicht im Sinn, zu antworten. Was sollte er schon dazu sagen? Es fiel ihm schwer, nun nicht einfach zu Boden zu sinken und den Tränen freien Lauf zu lassen. Oder sich zu übergeben. Oder beides. Andererseits war er gerade in der Stimmung, die gesamte Einrichtung dieses Zimmers zu zerlegen. Splitterndes Holz, zerspringendes Glas. Sein eigenes Blut würde fließen, wenn er mit bloßen Händen auf alles eindreschen würde, was ihm in die Quere kam. Dieses Zimmer hier war beim letzten Mal verschont geblieben… Er war in der Stimmung, fremde Knochen zu brechen. Und nicht nur das.
Charles Kehle war wie zugeschnürt.
Er fühlte sich hier in diesem beengten Raum plötzlich klaustrophobisch. Langsam wich er vom Fenster zurück und spürte, dass er unsicher auf den Beinen war.
„Diese gottlosen Bastarde…“, brachte er dann endlich mit belegter Stimme krächzend hervor.
Er musste hier raus.
Also begann er zu rennen. Die ersten Schritte zur Tür taumelte er noch leicht, aber dann brach er auf den Flur und stürmte die Treppe hinab, als wäre der Leibhaftige hinter ihm her.
Dabei war es eher umgekehrt.
Charles nahm am Rande wahr, wie Rosie seinen Namen rief, kurz nachdem er sie beinahe umgerannt hatte, aber er hatte nur ein Ziel vor Augen. Besonders seine Seite schrie, als er die letzten Stufen jedes Treppenabschnitts mit einem Sprung hinabnahm und dabei einige Male durch den Schwung auch fast an die gegenüberliegenden Wände prallte, doch dann hangelte er sich einfach daran entlang und stürmte weiter.
Er musste hier raus.
Jedes Wort schien einen immer dichter werdenden Schleier durchqueren zu müssen, ehe es zu Charles vordrang.
Sofia war auch tot.
Aufgeschlitzt wie ein Rind auf der Schlachtbank. Die schöne Sofia Stead… er erinnerte sich an sie, als wäre es gestern gewesen. Er hatte ihre gemeinsame Zeit genossen. Er war dumm gewesen. Jung und leichtsinnig. Schwach. Doch wie hätte er bei ihr nicht schwach werden können? Er hatte sich zu wenig unter Kontrolle gehabt. Hatte sich von der Lust den Verstand vernebeln lassen. Hatte zu spät bemerkt, dass er ihr falsche Hoffnungen gemacht hatte… Hätte er nur damals schon gewusst, dass daraus Johanna hervorgegangen war… Hätte sein Vater die schwangere Sofia nicht verjagt und es Charles verschwiegen, so wie Johanna es geschildert hatte… Charles verspürte zwischen all dem Schmerz und der Wut, die ihn ohnehin schon vereinnahmt hatten, nun wieder eine auflodernde Flamme des Hasses, die er für seinen Vater verspürte. William Norly war die Wurzel allen Übels in Charles Leben – die Wurzel, die selbst nach dem Tod dieses selbstgerechten Tyranns noch überdauerte. Und je älter Charles wurde, desto mehr erkannte er in seinem Spiegelbild das Gesicht seines Vaters. Er war aus der Saat dieses Mannes entstanden. Kein Wunder also, dass er ebenfalls andere ins Unglück stürzte…
Charles konnte das Grauen nicht ermessen, das Johanna und Sofia Stead in ihren letzten Augenblicken hatten erleben müssen. Hatte man sie gezwungen, sich gegenseitig beim Sterben zuzusehen?
Eigentlich mochte er nicht darüber nachdenken.
Zum Glück war in seinen Armen genug Anspannung, um sich aufrecht zu halten. Seine Beine, zumindest, fühlten sich weich an wie Brei.
Charles fragte sich, wie es nun wohl wäre, einfach auf das Fensterbrett zu steigen, die Scheibe zu ignorieren und hindurchzubrechen. Zu fallen.
Ein kurzer, letzter Moment voller geladener Energie und Freiheit, bevor Knochen zerbarsten, Eingeweide zerquetschten und Blut in alle Richtungen schwappte.
War es das, was man nun von ihm erwartete?
War es das, wozu man ihn treiben wollte?
Es reichte ihnen nicht, seinen Ruf zu zerstören, ihm seinen Besitz zu verwehren – nein, sie wollten ihm alles nehmen, was ihn ausmachte, was ihm wichtig war, und ganz zum Schluss seinen Lebenswillen, um ihr Werk zu vollenden.
Es war ihr Plan, ihn Stück für Stück zu vernichten, von Anfang an.
Johanna…
Sie war doch gerade erst in sein Leben getreten, und nun hatte man sie kaltblütig wieder daraus entfernt. Er hatte sie hier in Manchester vorerst in Sicherheit gewähnt, aber befürchtet, dass es nicht ewig so bleiben würde. Deswegen hatte er sich, trotzdem sie ihn, zu seiner Verwunderung und zu seinem Schmerz, davongejagt hatte, als er das Polizeigewahrsam verlassen konnte und sie besucht hatte, um eine Flucht für sie und ihre Mutter kümmern wollen. Genau deswegen hatte er seine alten Freunde um Hilfe gesucht, was aber schlussendlich auch wieder nur einen unglücklichen Verlauf genommen hatte. Arthur hätte fast nicht überlebt… und Johanna… und Sofia…
Charles fürchtete, ihren Mörder geradewegs zu ihnen geführt zu haben. Er hätte Johanna in Ruhe lassen sollen. Zurück bei ihrer Mutter, hätte sie unbeschadet weiterleben können. Er hätte mit seinem Besuch dort nicht zeigen sollen, dass Johanna ihm wichtig war. Er…
Er machte sich Vorwürfe. Natürlich. Aber er war nicht der Schurke in dieser Verschwörung. Er war das Opfer. Wie krank musste man sein, um so viele Menschen zu ermorden, nur um ihn zu vernichten? Wie skrupellos? Wer könnte so viel Hass gegen ihn schüren und gleichzeitig zu so etwas fähig sein? Darauf wusste Charles noch immer keine Antwort.
Doch er würde sie bekommen.
Nun erst recht.
Ihn von der Gesellschaft zu isolieren, indem man unschuldige Fremde oder flüchtige Bekannte von ihm umbrachte, war eine Sache. Aber Ed umzubringen… Johanna und ihre Mutter umzubringen… Charles hatte sich gerade erst mit dem Gedanken angefreundet, eine Tochter zu haben. Und nun… Das war nicht richtig.
Was zu weit ging, ging zu weit.
Vielleicht hatten sie nicht damit gerechnet, dass er so lang standhaft bleiben würde. Vielleicht hatten sie aber genau das gehofft.
Johanna…
Hatten sie von Anfang an von ihr gewusst? Vielleicht hatten sie in seiner Vergangenheit herumgeschnüffelt und waren auf sie gestoßen. Vielleicht war sie deswegen in London gewesen, so weit weg von ihrer Heimat, und so nah bei ihm… bei den Nachbarn von Hill. Konnte das wirklich Zufall gewesen sein? War es Zufall gewesen, dass dieser Porter ihnen in Manchester am Bahnhof aufgelauert hatte?
„Verdächtigt wird der junge Jonathan Porter.“
Charles Hände glitten am Fensterrahmen hinab und formten sich neben seinem Körper, immer noch bebend, zu Fäusten. Tatsächlich konnte er sich auch ohne ihre Stütze auf den Beinen halten.
Es mochte schon eine Weile vergangen sein, seitdem der Doktor wieder ins Schweigen verfallen war und begonnen hatte, auf eine Reaktion zu warten. Charles hatte nicht im Sinn, zu antworten. Was sollte er schon dazu sagen? Es fiel ihm schwer, nun nicht einfach zu Boden zu sinken und den Tränen freien Lauf zu lassen. Oder sich zu übergeben. Oder beides. Andererseits war er gerade in der Stimmung, die gesamte Einrichtung dieses Zimmers zu zerlegen. Splitterndes Holz, zerspringendes Glas. Sein eigenes Blut würde fließen, wenn er mit bloßen Händen auf alles eindreschen würde, was ihm in die Quere kam. Dieses Zimmer hier war beim letzten Mal verschont geblieben… Er war in der Stimmung, fremde Knochen zu brechen. Und nicht nur das.
Charles Kehle war wie zugeschnürt.
Er fühlte sich hier in diesem beengten Raum plötzlich klaustrophobisch. Langsam wich er vom Fenster zurück und spürte, dass er unsicher auf den Beinen war.
„Diese gottlosen Bastarde…“, brachte er dann endlich mit belegter Stimme krächzend hervor.
Er musste hier raus.
Also begann er zu rennen. Die ersten Schritte zur Tür taumelte er noch leicht, aber dann brach er auf den Flur und stürmte die Treppe hinab, als wäre der Leibhaftige hinter ihm her.
Dabei war es eher umgekehrt.
Charles nahm am Rande wahr, wie Rosie seinen Namen rief, kurz nachdem er sie beinahe umgerannt hatte, aber er hatte nur ein Ziel vor Augen. Besonders seine Seite schrie, als er die letzten Stufen jedes Treppenabschnitts mit einem Sprung hinabnahm und dabei einige Male durch den Schwung auch fast an die gegenüberliegenden Wände prallte, doch dann hangelte er sich einfach daran entlang und stürmte weiter.
Er musste hier raus.
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Diese gottlosen Bastarde…
Das war alles, was Charles sagte, bevor er aus dem Raum stürmte. Aber obwohl er schon ganz andere Beleidungen gehört hatte, trugen diese drei Worte allein eine solche Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit in sich, dass sie Randolph Stiche versetzten. Er konnte nichts tun, konnte ihm nicht helfen, das war das Schlimmste daran. Was würde er nun dafür geben einfach nur Norlys Hass teilen zu können, ihm seine Hilfe zusichern zu können und ihm solidarisch zur Seite stehen zu können. Doch das war ihm unmöglich. Es war alles eine einzige Lüge. Lüge.
Das Wort donnerte hasserfüllt in seinem Schädel, während er einfach nur dastand und Charles beobachtete, wie er fassungs- und orientierungslos dastand und schließlich in einem wilden Ausbruch aus dem Raum stürmte. Dieses Verhalten kam ihm vertraut vor. Auch er hatte hin und wieder einfach nur das Bedürfnis zu fliehen, Raum und Zeit für sich alleine zu haben. Er erinnerte sich, wie er die Runde am Mittagstisch verlassen hatte.
Mit klopfenden Herzen lauschte er den Geräuschen, als Charles die Treppe hinunter polterte. Der Doktor selbst starrte mit glasigen Augen unverwandt aus dem Fenster. Mit dem Krückstock humpelte er näher an die schmutzige Scheibe heran, dort wo vorher noch Norly gestanden hatte. Finster starrte er auf den Innenhof herab. Weit erstreckte sich das eintönige, graue Pflaster. Dazwischen wucherte Unkraut, das die Oberfläche durchbrach. Eine wuchernde Krankheit, die sich durch das Gestein nicht aufhalten ließ. Das Fabrikgelände war verwahrlost.
Randolph stützte sich mit der freien Hand am Fensterbrett ab. Er spürte Feuchtigkeit an seinen Fingerspitzen. Du beschissener Bastard.
Er hätte sich nie in das Leben dieser Menschen einmischen dürfen. Nicht er.
Seine Faust ballte sich. Mit düsterem Blick zog er Donnys Revolver hervor, den er sich hinter den Gürtel gesteckt hatte. Er betätigte den Hebel an seiner Seite, öffnete die Trommel. Die Patronen stecken. Sechs Stück. Er klappte die Trommel wieder zu. Steckte sich den Revolver wieder in den Gürtel. Er konnte es nicht länger aufschieben. Er musste tun, was zu tun war.
Mit dem Krückstock humpelte er in den Flur hinaus. Er wusste nicht, wie die anderen auf Charles Flucht reagiert hatten, aber er bezweifelte, dass ihn in seinem Zustand jemand hätte aufhalten können. Die Geräusche, die er gehört hatte, deuteten darauf hin, dass die anderen sich ein paar Zimmer weiter einquartiert hatten.
„Mrs. Benton“, rief er mit harter, eisiger Stimme. Kein Mensch sprach seine Frau so an. Aber er wollte Melinda unmissverständlich klar machen, dass es dringend war und er es ernst meinte. „Würden sie sich bitte für einen Moment zu mir begeben. Es gibt etwas zu besprechen.“
Mit düsterer Laune humpelte er zurück in die kleine Küche, um ans Fenster heranzutreten. Vielleicht würde er gleich Charles Abgang bewundern können. Sein Körper fühlte sich taub an. Schwarze Gedanken tobten hinter Randolphs in Falten gelegter Stirn. Er erwartete Melindas Kommen, während seine bleichen, knochigen Finger auf dem Fensterbrett trommelten.
Doch er ahnte bereits, dass er nicht mehr in der Lage war den Schaden zu reparieren. Egal, was er nun tat, es gab nichts was die Dinge wieder gerade biegen könnte. Aber er musste es versuchen. Das war er Melinda schuldig. Und er würde die notwendigen Konsequenzen ziehen müssen.
Das war alles, was Charles sagte, bevor er aus dem Raum stürmte. Aber obwohl er schon ganz andere Beleidungen gehört hatte, trugen diese drei Worte allein eine solche Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit in sich, dass sie Randolph Stiche versetzten. Er konnte nichts tun, konnte ihm nicht helfen, das war das Schlimmste daran. Was würde er nun dafür geben einfach nur Norlys Hass teilen zu können, ihm seine Hilfe zusichern zu können und ihm solidarisch zur Seite stehen zu können. Doch das war ihm unmöglich. Es war alles eine einzige Lüge. Lüge.
Das Wort donnerte hasserfüllt in seinem Schädel, während er einfach nur dastand und Charles beobachtete, wie er fassungs- und orientierungslos dastand und schließlich in einem wilden Ausbruch aus dem Raum stürmte. Dieses Verhalten kam ihm vertraut vor. Auch er hatte hin und wieder einfach nur das Bedürfnis zu fliehen, Raum und Zeit für sich alleine zu haben. Er erinnerte sich, wie er die Runde am Mittagstisch verlassen hatte.
Mit klopfenden Herzen lauschte er den Geräuschen, als Charles die Treppe hinunter polterte. Der Doktor selbst starrte mit glasigen Augen unverwandt aus dem Fenster. Mit dem Krückstock humpelte er näher an die schmutzige Scheibe heran, dort wo vorher noch Norly gestanden hatte. Finster starrte er auf den Innenhof herab. Weit erstreckte sich das eintönige, graue Pflaster. Dazwischen wucherte Unkraut, das die Oberfläche durchbrach. Eine wuchernde Krankheit, die sich durch das Gestein nicht aufhalten ließ. Das Fabrikgelände war verwahrlost.
Randolph stützte sich mit der freien Hand am Fensterbrett ab. Er spürte Feuchtigkeit an seinen Fingerspitzen. Du beschissener Bastard.
Er hätte sich nie in das Leben dieser Menschen einmischen dürfen. Nicht er.
Seine Faust ballte sich. Mit düsterem Blick zog er Donnys Revolver hervor, den er sich hinter den Gürtel gesteckt hatte. Er betätigte den Hebel an seiner Seite, öffnete die Trommel. Die Patronen stecken. Sechs Stück. Er klappte die Trommel wieder zu. Steckte sich den Revolver wieder in den Gürtel. Er konnte es nicht länger aufschieben. Er musste tun, was zu tun war.
Mit dem Krückstock humpelte er in den Flur hinaus. Er wusste nicht, wie die anderen auf Charles Flucht reagiert hatten, aber er bezweifelte, dass ihn in seinem Zustand jemand hätte aufhalten können. Die Geräusche, die er gehört hatte, deuteten darauf hin, dass die anderen sich ein paar Zimmer weiter einquartiert hatten.
„Mrs. Benton“, rief er mit harter, eisiger Stimme. Kein Mensch sprach seine Frau so an. Aber er wollte Melinda unmissverständlich klar machen, dass es dringend war und er es ernst meinte. „Würden sie sich bitte für einen Moment zu mir begeben. Es gibt etwas zu besprechen.“
Mit düsterer Laune humpelte er zurück in die kleine Küche, um ans Fenster heranzutreten. Vielleicht würde er gleich Charles Abgang bewundern können. Sein Körper fühlte sich taub an. Schwarze Gedanken tobten hinter Randolphs in Falten gelegter Stirn. Er erwartete Melindas Kommen, während seine bleichen, knochigen Finger auf dem Fensterbrett trommelten.
Doch er ahnte bereits, dass er nicht mehr in der Lage war den Schaden zu reparieren. Egal, was er nun tat, es gab nichts was die Dinge wieder gerade biegen könnte. Aber er musste es versuchen. Das war er Melinda schuldig. Und er würde die notwendigen Konsequenzen ziehen müssen.
Darnamur- Jünger des Pinguins
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Als die Tür aufschwang und Charles herausstürmte, blickte Melinda ihm nur hinterher. Ihn einzuholen wäre ihr nun nicht möglich gewesen, dass wusste sie. Laufen war keine ihrer Kernkompetenzen. Stattdessen trank sie einen Schluck von dem Absinth, der sie mit dem brennenden Gefühl begrüßte, dass sie nur zu gut kannte.
Was zur Hölle ist jetzt schon wieder passiert? Lebt Randy noch? Oder hat er ihn umgebracht?
Möglich war ja eine Menge, was da gerade passiert sein konnte. Doch aus einem nicht bekannten Grund, war die Hure extrem entspannt. Was sollte ihr schon passieren? Sollte Randy wirklich tot dort in dem Raum liegen, wäre das nur eine weitere Enttäuschung auf ihrem Lebensweg, und dieser würde vermutlich nicht mehr sehr lange sein.
Sie glaubte kaum, dass sie noch viele Jahre auf den Buckel bekommen würde. Schon gar nicht mit diesen "Freunden".
Als der Doc dann ihren Namen rief, fing sie an zu lächeln und stand auf.
"Entschuldigung. Ich werde offenbar gebraucht, hier der Absinth. Kann ruhig leer werden."
Ohne jede Eile schlenderte sie zu ihm herüber und schloss die Türe hinter sich.
"Ja? Dr. Benton?"
Was zur Hölle ist jetzt schon wieder passiert? Lebt Randy noch? Oder hat er ihn umgebracht?
Möglich war ja eine Menge, was da gerade passiert sein konnte. Doch aus einem nicht bekannten Grund, war die Hure extrem entspannt. Was sollte ihr schon passieren? Sollte Randy wirklich tot dort in dem Raum liegen, wäre das nur eine weitere Enttäuschung auf ihrem Lebensweg, und dieser würde vermutlich nicht mehr sehr lange sein.
Sie glaubte kaum, dass sie noch viele Jahre auf den Buckel bekommen würde. Schon gar nicht mit diesen "Freunden".
Als der Doc dann ihren Namen rief, fing sie an zu lächeln und stand auf.
"Entschuldigung. Ich werde offenbar gebraucht, hier der Absinth. Kann ruhig leer werden."
Ohne jede Eile schlenderte sie zu ihm herüber und schloss die Türe hinter sich.
"Ja? Dr. Benton?"
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Melinda kündigte sich bereits durch das Klopfen ihrer Schritte auf dem hölzernen Bodenbelag an. Randolphs rechte Faust krallte sich um den silbernen Bärenschädel. Sein Blick war unverwandt auf den Hof gerichtet. Sein Gehör konzentrierte sich hingegen angespannt auf ihre Schritte, das Krachen der zufallenden Tür. Er wusste, dass das, was sie zu besprechen hatten, unter keinen Umständen an fremde Ohren dringen durfte.
Der Doktor regulierte seinen Atem, versuchte ruhig zu bleiben, während er ohne Überraschung eine rasche Steigerung in seiner Pulsfrequenz registrierte. Als er ihre Stimme in seinem Rücken vernahm fügte sich vor seinen Augen das Bild eines kleinen Mädchens zusammen, das an der Türschwelle seiner Praxis stand und mit fragilen Saphiraugen zu ihm aufblickte. Sie trug ihr blondes Haar lang und schon damals fand sich darin die auffällige graue Strähne. Doch die Zeit, in der sie dieses Mädchen gewesen war lag hinter ihr. Spätestens nach den letzten Ereignissen sollte ihm das endgültig klar geworden sein.
Er drehte sich um. Seine farblosen, grauen Augen bohrten sich in sie, musterten sie. Melinda war immer noch nicht sehr groß mit ihren 1,50. Noch immer dasselbe Haar. Noch immer dieselben Augen, die ihn ansahen. Sie schien ein wenig zu lächeln und wirkte ganz und gar unbesorgt. Dabei hatte sie doch eigentlich Grund zum Misstrauen. Schließlich war ihr vergötteter Norly gerade wie ein Wahnsinniger die Treppe hinunter gestürmt. Randolph wusste nicht, was er sagen sollte. Wie er anfangen sollte. Kurz kam ihm der Gedanke es einfach sein zu lassen, es einfach totzuschweigen und besser auf sie aufzupassen, damit sich das Getane niemals wieder wiederholen konnte. Doch das konnte er nicht. Sie hatte sie umgebracht, verdammt. Wenn man C. glauben schenken durfte. Aber…es fügte sich einfach alles perfekt zusammen. Er glaubte nicht, dass es eine Lüge war. Melinda hatte sie kaltblütig umgebracht. Einfach so. Weil es ihr gerade gefiel. Weil sie psychisch labil war. Labiler, als er erwartet hatte.
Warum. Warum hast du das getan?
Er räusperte sich.
„Ich weiß nicht, ob du es schon mitbekommen hast“, fing er an. „Johanna Stead ist tot. Charles Tochter. Ich habe es ihm gerade mitgeteilt.“
Randolph drehte sich um, um wieder ans Fenster heranzutreten und den Innenhof im Blick zu behalten. Er bemühte sich seine Stimme kalt und kontrolliert klingen zu lassen: „Sie wurde erhängt in ihrer Wohnung aufgefunden, neben ihrer Mutter, der die Kehle aufgeschlitzt worden war. Es sollte wie ein Selbstmord und Mord von ihrer Seite aussehen. Deshalb wurde sie gezwungen einen Abschiedsbrief zu schreiben. Aber der Erpresser hatte sich das Schriftstück wohl nie selbst angesehen oder war nicht im Stande ihre Schrift zu entziffern, scheint es. In dem Brief fanden sich eindeutige Hinweise dazu, dass sie sich nicht freiwillig das Leben genommen hat. Das Ganze ist noch nicht lange her. Es muss zu dem Zeitpunkt gewesen sein, als ihr Vater sich gerade in seinen Gemächern im Dämmerschlaf befand und ich mir das Buch besorgte.“
Er wartete eine Reaktion ab, während seine Augen gefühlslos und eisern durch das Glas hinabstarrten, wie die eines Ausschau haltenden Raubvogels.
Der Doktor regulierte seinen Atem, versuchte ruhig zu bleiben, während er ohne Überraschung eine rasche Steigerung in seiner Pulsfrequenz registrierte. Als er ihre Stimme in seinem Rücken vernahm fügte sich vor seinen Augen das Bild eines kleinen Mädchens zusammen, das an der Türschwelle seiner Praxis stand und mit fragilen Saphiraugen zu ihm aufblickte. Sie trug ihr blondes Haar lang und schon damals fand sich darin die auffällige graue Strähne. Doch die Zeit, in der sie dieses Mädchen gewesen war lag hinter ihr. Spätestens nach den letzten Ereignissen sollte ihm das endgültig klar geworden sein.
Er drehte sich um. Seine farblosen, grauen Augen bohrten sich in sie, musterten sie. Melinda war immer noch nicht sehr groß mit ihren 1,50. Noch immer dasselbe Haar. Noch immer dieselben Augen, die ihn ansahen. Sie schien ein wenig zu lächeln und wirkte ganz und gar unbesorgt. Dabei hatte sie doch eigentlich Grund zum Misstrauen. Schließlich war ihr vergötteter Norly gerade wie ein Wahnsinniger die Treppe hinunter gestürmt. Randolph wusste nicht, was er sagen sollte. Wie er anfangen sollte. Kurz kam ihm der Gedanke es einfach sein zu lassen, es einfach totzuschweigen und besser auf sie aufzupassen, damit sich das Getane niemals wieder wiederholen konnte. Doch das konnte er nicht. Sie hatte sie umgebracht, verdammt. Wenn man C. glauben schenken durfte. Aber…es fügte sich einfach alles perfekt zusammen. Er glaubte nicht, dass es eine Lüge war. Melinda hatte sie kaltblütig umgebracht. Einfach so. Weil es ihr gerade gefiel. Weil sie psychisch labil war. Labiler, als er erwartet hatte.
Warum. Warum hast du das getan?
Er räusperte sich.
„Ich weiß nicht, ob du es schon mitbekommen hast“, fing er an. „Johanna Stead ist tot. Charles Tochter. Ich habe es ihm gerade mitgeteilt.“
Randolph drehte sich um, um wieder ans Fenster heranzutreten und den Innenhof im Blick zu behalten. Er bemühte sich seine Stimme kalt und kontrolliert klingen zu lassen: „Sie wurde erhängt in ihrer Wohnung aufgefunden, neben ihrer Mutter, der die Kehle aufgeschlitzt worden war. Es sollte wie ein Selbstmord und Mord von ihrer Seite aussehen. Deshalb wurde sie gezwungen einen Abschiedsbrief zu schreiben. Aber der Erpresser hatte sich das Schriftstück wohl nie selbst angesehen oder war nicht im Stande ihre Schrift zu entziffern, scheint es. In dem Brief fanden sich eindeutige Hinweise dazu, dass sie sich nicht freiwillig das Leben genommen hat. Das Ganze ist noch nicht lange her. Es muss zu dem Zeitpunkt gewesen sein, als ihr Vater sich gerade in seinen Gemächern im Dämmerschlaf befand und ich mir das Buch besorgte.“
Er wartete eine Reaktion ab, während seine Augen gefühlslos und eisern durch das Glas hinabstarrten, wie die eines Ausschau haltenden Raubvogels.
Darnamur- Jünger des Pinguins
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Tatsächlich wunderte sich Melinda, dass die Info von dem Tod so schnell bekannt geworden war. Dann auch noch bei Randy. Woher hatte er die Info? Das erklärte warum Charles herausgestürmt war, offensichtlich aber auch, dass er nicht wusste, dass sie es gewesen war.
"Charles Norly ist nicht der Vater von Johanna. Oder war es jemals. Ernsthaft wer glaubt denn an so einen Zufall? Einem Mann mit deinem Beruf hätte ich mehr Intellekt zugetraut."
Dass Johanna im Brief offenbar einen Hinweis gegeben hatte, fuchste Melinda außerordenltich. Sie hatte es erst wie einen Raubmord aussehen lassen wollen, aber hatte sich dann Charles zu liebe doch anders entschieden. Verdammt!
"Tragisch, dass ein so junges Ding von uns gehen musste, vielleicht aber auch besser so, dass sich solche Gene nicht weiter vermehren können."
Melinda trat an Randolph heran und sie streckte den Kopf nach hinten, damit sie im in die Augen sehen konnte. Sie stand so nah ihm, dass sie seine Körperwärme spürte.
Verwunderlich, das der alte Vogel noch Körperwärme abgibt. Hahaha
"Du meinst, als du Charles bestohlen hast? Dich an seinem Hab und Gut vergriffen hast. Stehlen ist eine Todsünde mein lieber Randolph." Sie lächelte.
"Charles Norly ist nicht der Vater von Johanna. Oder war es jemals. Ernsthaft wer glaubt denn an so einen Zufall? Einem Mann mit deinem Beruf hätte ich mehr Intellekt zugetraut."
Dass Johanna im Brief offenbar einen Hinweis gegeben hatte, fuchste Melinda außerordenltich. Sie hatte es erst wie einen Raubmord aussehen lassen wollen, aber hatte sich dann Charles zu liebe doch anders entschieden. Verdammt!
"Tragisch, dass ein so junges Ding von uns gehen musste, vielleicht aber auch besser so, dass sich solche Gene nicht weiter vermehren können."
Melinda trat an Randolph heran und sie streckte den Kopf nach hinten, damit sie im in die Augen sehen konnte. Sie stand so nah ihm, dass sie seine Körperwärme spürte.
Verwunderlich, das der alte Vogel noch Körperwärme abgibt. Hahaha
"Du meinst, als du Charles bestohlen hast? Dich an seinem Hab und Gut vergriffen hast. Stehlen ist eine Todsünde mein lieber Randolph." Sie lächelte.
Elli- Piratenpinguin
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Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Charles Norly ist nicht der Vater von Johanna.
Allein dass dies die ersten Worte Melindas waren, die sie zu dieser Situation fand, klangen in Randolphs Ohren fast wie ein Schuldbekenntnis. Sie bereute nichts. Dass das Mädchen tot war, war nebensächlich für sie. Wichtig war nur, dass sie Norly für sich allein haben konnte, ohne sich um seine „Tochter“ sorgen zu müssen.
Er bemerkte wie sie an ihn herantrat, spürte ihren Körper neben sich. Melinda legte den Kopf zurück und zwang ihn ihr ins Gesicht zu blicken. Dieses Lächeln. Als wäre nie etwas passiert. Randolphs Magen krampfte sich zusammen und sein Puls nahm weiter zu. War dies das Lächeln, das sie Johanna zugeworfen hatte, während sie sich die Schlinge um den Hals legte?
Er fühlte sich, als würde ihm selbst gerade eine Schlinge um den Hals geworfen werden.
Was wollte sie nun mit der Aussage zum Buch bezwecken? War sie nach der Nachricht etwa zu Scherzen aufgelegt? Oder sollte es eher eine subtile Drohung sein? Weil sie so geistig instabil und realitätsfern war, dass sie ihm in ihrer Obsession für Charles auch noch Vorwürfe machen wollte. Vorwürfe dafür, dass er ihr versucht hatte, die Wahrheit zu vermitteln, wie Charles ihr hinterherspioniert hatte, ihr Leben ausgeforscht hatte, um sie zu manipulieren. Aber vermutlich störte sie das kein bisschen. Vermutlich empfand sie es als romantisch.
Nein. Er würde das außen vor lassen und nicht darauf eingehen. Es ging um den Mord. Er hatte herausgefunden, was er herausfinden wollte. Dass der Mord Melinda vollkommen gleichgültig war. Sie schien sich noch nichtmal großartig Sorgen zu machen, über das, was in dem Brief stand. Wie leicht wäre es für Johanna gewesen einen eindeutigen Hinweis zu hinterlassen. Aber scheinbar hatte sie nicht gewusst, dass Melinda weder lesen noch schreiben konnte. Oder sie hatte die restliche Gruppe um Charles nicht gefährden wollen.
Mit brüchiger Stimme fuhr er fort: „Nun, auf jeden Fall ist sie die Tochter einer alten Liebschaft von Charles. Ich weiß nicht genau, wie sie zu euch gestoßen ist, aber ich würde es auf jeden Fall nicht ausschließen, dass sie sein Fleisch und Blut ist. Er selbst glaubt es jedenfalls.“
Die Finger seiner freien Hand kratzten über das furchige Holz des Fensterbretts. Mit seinen Nägeln fuhr er die Rillen nach. Währenddessen erwiderte er Melindas Blick nun aus angespannten, blutunterlaufenen Augen.
„Ich finde es eher persönlich seltsam, dass sie in ihrem Abschiedsbrief, das Gegenteil behauptet. Dort untermauert sie eher deine Überlegung, dass sie nicht Charles‘ Tochter sei. Ich frage mich, warum ihr Erpresser so viel wert darauf legte. Wenn er Norly mit dem Tod verletzen wollte, warum würde er sie dann diese Zeilen verfassen lassen?“
Der Doktor warf einen knappen Blick aus dem Fenster, um zu überprüfen, ob er dort bereits eine sich rasch entfernende Gestalt erspähen konnte.
„Von diesem Abschnitt des Texts habe ich ihm nichts erzählt. Charles ist nicht dumm.“
Damit griff er Melindas Aussage von vorher wieder auf, in der sie behauptete, dass man mit etwas Intelligenz klar erkennen müsste, dass Johanna nicht Norlys Tochter sei. „Er könnte herausfinden, was es damit auf sich hat.“
Sein Blick fiel wieder zurück auf Melinda. Er wollte ihre Reaktion sehen, auf das war er sagte, Ihre Augen, ihre Gesichtszüge. Nach kurzer Sprechpause, in der sie Zeit hatte, seine Worte einsacken zu lassen, fuhr er fort, eisern den Blickkontakt haltend: „Allerdings denke ich nicht, dass er oder auch die Polizei den wahren Täter so leicht ausfindig machen können. Die Hinweise deuten in Richtung des jungen Jonathan Porter. Schuld daran ist wohl der Augenzeugenbericht des Bettlers, den du dafür bezahlt hast.“
Allein dass dies die ersten Worte Melindas waren, die sie zu dieser Situation fand, klangen in Randolphs Ohren fast wie ein Schuldbekenntnis. Sie bereute nichts. Dass das Mädchen tot war, war nebensächlich für sie. Wichtig war nur, dass sie Norly für sich allein haben konnte, ohne sich um seine „Tochter“ sorgen zu müssen.
Er bemerkte wie sie an ihn herantrat, spürte ihren Körper neben sich. Melinda legte den Kopf zurück und zwang ihn ihr ins Gesicht zu blicken. Dieses Lächeln. Als wäre nie etwas passiert. Randolphs Magen krampfte sich zusammen und sein Puls nahm weiter zu. War dies das Lächeln, das sie Johanna zugeworfen hatte, während sie sich die Schlinge um den Hals legte?
Er fühlte sich, als würde ihm selbst gerade eine Schlinge um den Hals geworfen werden.
Was wollte sie nun mit der Aussage zum Buch bezwecken? War sie nach der Nachricht etwa zu Scherzen aufgelegt? Oder sollte es eher eine subtile Drohung sein? Weil sie so geistig instabil und realitätsfern war, dass sie ihm in ihrer Obsession für Charles auch noch Vorwürfe machen wollte. Vorwürfe dafür, dass er ihr versucht hatte, die Wahrheit zu vermitteln, wie Charles ihr hinterherspioniert hatte, ihr Leben ausgeforscht hatte, um sie zu manipulieren. Aber vermutlich störte sie das kein bisschen. Vermutlich empfand sie es als romantisch.
Nein. Er würde das außen vor lassen und nicht darauf eingehen. Es ging um den Mord. Er hatte herausgefunden, was er herausfinden wollte. Dass der Mord Melinda vollkommen gleichgültig war. Sie schien sich noch nichtmal großartig Sorgen zu machen, über das, was in dem Brief stand. Wie leicht wäre es für Johanna gewesen einen eindeutigen Hinweis zu hinterlassen. Aber scheinbar hatte sie nicht gewusst, dass Melinda weder lesen noch schreiben konnte. Oder sie hatte die restliche Gruppe um Charles nicht gefährden wollen.
Mit brüchiger Stimme fuhr er fort: „Nun, auf jeden Fall ist sie die Tochter einer alten Liebschaft von Charles. Ich weiß nicht genau, wie sie zu euch gestoßen ist, aber ich würde es auf jeden Fall nicht ausschließen, dass sie sein Fleisch und Blut ist. Er selbst glaubt es jedenfalls.“
Die Finger seiner freien Hand kratzten über das furchige Holz des Fensterbretts. Mit seinen Nägeln fuhr er die Rillen nach. Währenddessen erwiderte er Melindas Blick nun aus angespannten, blutunterlaufenen Augen.
„Ich finde es eher persönlich seltsam, dass sie in ihrem Abschiedsbrief, das Gegenteil behauptet. Dort untermauert sie eher deine Überlegung, dass sie nicht Charles‘ Tochter sei. Ich frage mich, warum ihr Erpresser so viel wert darauf legte. Wenn er Norly mit dem Tod verletzen wollte, warum würde er sie dann diese Zeilen verfassen lassen?“
Der Doktor warf einen knappen Blick aus dem Fenster, um zu überprüfen, ob er dort bereits eine sich rasch entfernende Gestalt erspähen konnte.
„Von diesem Abschnitt des Texts habe ich ihm nichts erzählt. Charles ist nicht dumm.“
Damit griff er Melindas Aussage von vorher wieder auf, in der sie behauptete, dass man mit etwas Intelligenz klar erkennen müsste, dass Johanna nicht Norlys Tochter sei. „Er könnte herausfinden, was es damit auf sich hat.“
Sein Blick fiel wieder zurück auf Melinda. Er wollte ihre Reaktion sehen, auf das war er sagte, Ihre Augen, ihre Gesichtszüge. Nach kurzer Sprechpause, in der sie Zeit hatte, seine Worte einsacken zu lassen, fuhr er fort, eisern den Blickkontakt haltend: „Allerdings denke ich nicht, dass er oder auch die Polizei den wahren Täter so leicht ausfindig machen können. Die Hinweise deuten in Richtung des jungen Jonathan Porter. Schuld daran ist wohl der Augenzeugenbericht des Bettlers, den du dafür bezahlt hast.“
Darnamur- Jünger des Pinguins
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Laune : katastrophal destruktiv
Re: Götterblut - Kapitel 4: Jäger und Gejagte
Scheinbar wollte irgendein böser Geist einfach nicht, dass sie mal zur Ruhe kam.
Kaum hatte Maura sich niedergelassen, überschlugen sie die Ereignisse erneut. Die Behauptung, dass Doktor und Norly tatsächlich keine guten Freunde sein konnten, manifestierte sich binnen kürzester Zeit, als Norly aus dem Raum gerast kam, als flüchtete er vor einer ganzen Bande irischer Messerstecher, wie sie manchmal nachts in ihrer Straße herumpöbelten.
Maura warf einen Blick über die Schulter, dann federte sie auch schon wieder von ihrem Stuhl. Irgendetwas an Norly wirkte falsch, oder zumindest äußerst besorgniserregend. Während sie losrannte, ohne noch groß darüber nachzudenken, kamen ihr Erinnerungen aus ihrer Kirchenerziehung in den Sinn … Die 7 Todsünden: Habgier. Hochmut. Neid. Zorn …
Zorn, Raserei, Sinnenlosigkeit. Der Mord, den sie begangen hatte, war ein Produkt dieses Zorns, vermutlich war er einer ihrer größten Fehler. Doch selten hatte sie einen so rasenden Menschen gesehen wie Norly jetzt. Und sie selbst wusste nur zu gut, in was eine derartige Verfassung münden konnte. Harold hatte keinen Verdacht geschöpft. Nicht im Geringsten … Sie hatte ihn geküsst, obwohl sie ihm dabei am liebsten in den Hals gekotzt hätte. Er hatte die Augen geschlossen, sie selbst sah nicht hin, tastete sich zum Weinglas, schüttete das Gift hinein, ohne hinzusehen, während sie sich vorstellte, das Glas zu nehmen und ihm ins Gesicht zu schleudern …
Sie musste Norly einholen, ihn aufhalten. Niemand in dieser Welt sollte denselben Fehler machen wie sie. Zorn zu befriedigen, führte niemals zum Glück, auch nicht, wenn er es mit noch so salbungsvoller Stimme versprach. Zorn war durch und durch giftig.
„Warten Sie!“ Sie erreichte die Treppe, stolperte fast an ihrer Kante, nahm dann immer zwei Stufen auf einmal. Dass hinter ihr der Doktor und die Trinkerin in der Küche verschwanden, merkte sie kaum. „Norly, warten Sie, verdammt! Warten Sie!“
Kaum hatte Maura sich niedergelassen, überschlugen sie die Ereignisse erneut. Die Behauptung, dass Doktor und Norly tatsächlich keine guten Freunde sein konnten, manifestierte sich binnen kürzester Zeit, als Norly aus dem Raum gerast kam, als flüchtete er vor einer ganzen Bande irischer Messerstecher, wie sie manchmal nachts in ihrer Straße herumpöbelten.
Maura warf einen Blick über die Schulter, dann federte sie auch schon wieder von ihrem Stuhl. Irgendetwas an Norly wirkte falsch, oder zumindest äußerst besorgniserregend. Während sie losrannte, ohne noch groß darüber nachzudenken, kamen ihr Erinnerungen aus ihrer Kirchenerziehung in den Sinn … Die 7 Todsünden: Habgier. Hochmut. Neid. Zorn …
Zorn, Raserei, Sinnenlosigkeit. Der Mord, den sie begangen hatte, war ein Produkt dieses Zorns, vermutlich war er einer ihrer größten Fehler. Doch selten hatte sie einen so rasenden Menschen gesehen wie Norly jetzt. Und sie selbst wusste nur zu gut, in was eine derartige Verfassung münden konnte. Harold hatte keinen Verdacht geschöpft. Nicht im Geringsten … Sie hatte ihn geküsst, obwohl sie ihm dabei am liebsten in den Hals gekotzt hätte. Er hatte die Augen geschlossen, sie selbst sah nicht hin, tastete sich zum Weinglas, schüttete das Gift hinein, ohne hinzusehen, während sie sich vorstellte, das Glas zu nehmen und ihm ins Gesicht zu schleudern …
Sie musste Norly einholen, ihn aufhalten. Niemand in dieser Welt sollte denselben Fehler machen wie sie. Zorn zu befriedigen, führte niemals zum Glück, auch nicht, wenn er es mit noch so salbungsvoller Stimme versprach. Zorn war durch und durch giftig.
„Warten Sie!“ Sie erreichte die Treppe, stolperte fast an ihrer Kante, nahm dann immer zwei Stufen auf einmal. Dass hinter ihr der Doktor und die Trinkerin in der Küche verschwanden, merkte sie kaum. „Norly, warten Sie, verdammt! Warten Sie!“
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